Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Detection and characterization of viruses in free range and captive wildlife: “Finding the unexpected”

Ein proaktiver Ansatz zur Vorbereitung auf zukünftige Krankheitsausbrüche, Epidemien oder sogar Pandemien, die durch neu oder wieder auftretende Viren verursacht werden, ist die Einführung von Frühwarnsystemen zur Erkennung von Pathogenen vor oder zu Beginn der Übertragung auf Tiere und Menschen. Ziel dieser Dissertation ist es, etablierte und „neue“ Viren in der Tierwelt aufzuspüren und diejenigen Viren zu charakterisieren, die offensichtliche Auswirkungen auf einzelne Tiere und Populationen haben. Als Teil von Frühwarnsystemen dient diese Charakterisierung wiederum sofortigen Interventionsstrategien bei potenziellen Ausbruchsszenarien. Unsere Studien konzentrieren sich auf Virusinfektionen bei freilebenden und in Gehegen gehaltenen Wildtieren, einschließlich Wasservögeln sowie Land- und Meeressäugern. Ausgehend von klinischen, epidemiologischen und pathologischen Daten, die auf eine Virusinfektion hindeuten, erfolgte der Virusnachweis durch Virusanzucht in Zellkulturen oder durch molekulare Diagnostik mittels Virusfamilien-übergreifenden Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und next-generation sequencing (NGS). Letzteres ermöglicht die Gewinnung vollständiger Genomsequenzen für phylogenetische Aussagen und die Identifizierung molekularer Veränderungen im Virusgenom, die eine Anpassung des Virus an den neuen Wirt ermöglichen. Darüber hinaus wurden serologische Studien mit Virusneutralisationstests und ELISAs zur Überwachung von Virusinfektionen in Tierpopulationen durchgeführt. Im ersten Teil der Dissertation (Kapitel 2) werden die Ergebnisse des Nachweises und der stellenweisen Charakterisierung von Viren bei Landsäugetieren und Wasservögeln in Deutschland dargestellt. Zuerst haben wir bei einem Eurasischen Luchs (Lynx lynx) mittels Reverse-Transkriptase (RT)-PCR und Sanger-Sequenzierung eine Infektion mit dem Hundestaupe virus (CDV) nachgewiesen. Dieses Virus wurde nur im Gehirn nachgewiesen, was an die Fälle von „old-dog encephalitis“ erinnert. Anschließend fanden wir eine Infektion mit dem Felinen Leukämievirus (FeLV) als Ursache einer tödlichen Enteritis, die ebenfalls bei einem Eurasischen Luchs auftrat. Das Virus zeigte eine Homologie von 95% mit dem FeLV-A-Stamm von Feliden aus den USA und wurde der FeLV-A-Untergruppe zugeordnet, wobei die Klassifizierung der Untergruppe aufgrund der begrenzten genomischen Daten von FeLV-Stämmen in Europa unsicher bleibt. Schließlich haben wir Infektionen mit dem Umatilla Virus (UMAV), einem durch Stechmücken übertragenen aviären Orbivirus, das zwischen Culex spp. und Wildvögeln zirkuliert, bei an Hepatitis verstorbenen Kap-Pinguinen (Spheniscus demersus) in Zoos und durch eine retrospektive Seroprävalenzstudie bei in Deutschland gefangenen Wildvögeln (≤37 %) nachgewiesen. Genetische Analysen zeigten eine signifikante Variabilität auf der Ebene der Oberflächenproteine im Vergleich zu anderen zuvor entdeckten UMAV, was die Bedeutung einer kontinuierlichen Virusüberwachung bei Stechmückenarten, Wild- und Hausvögeln sowie potenziellen Säugetierwirten unterstreicht. Im zweiten Teil dieser Dissertation (Kapitel 3) werden die Ergebnisse der Virusdetektion und der partiellen Viruscharakterisierung bei Seehunden (Phoca vitulina) und Kegelrobben (Halichoerus grypus) an der niederländischen und deutschen Wattenmeerküste beschrieben. Im ersten Abschnitt wird die Entdeckung des ersten Stammes des Seehundhepatovirus (SealHAV_NL/PV/21) bei einem juvenilen Seehund mit Hepatitis durch Metagenomanalyse beschrieben. Fluoreszenz in situ Hybridisierung (FISH) konnte keinen Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein des Virus und Leberschäden zeigen, während die Genomanalyse Ähnlichkeiten mit dem humanen Hepatitis-A-Virus (HAV) offenbarte. Darüber hinaus deuteten serologische Befunde auf eine Antigen-Kreuzreaktivität zwischen SealHAV_NL/PV/21 und HAV hin, was Spekulationen über die Pathogenität des Virus für adulte Robben und seine Verbreitung unter anderen Robbenarten aufkommen lässt. Im zweiten Abschnitt wird der Nachweis und die Isolierung des hoch pathogenen aviären Influenzavirus A Subtyp H5N1 (HPAIV A/H5N1) der Klade 2.3.4.4b bei Kegelrobben beschrieben, die in den Niederlanden und in Deutschland an schwerer Enzephalitis verendet waren. Metagenomische Analysen wiesen die adaptive Mutation PB2-E627K in Viren einer Robbe nach, während serologische Analysen keine Hinweise auf eine frühere Exposition gegenüber aviären Influenzaviren ergaben. Dies unterstreicht das Risiko weiterer tödlicher Infektionen bei Robben in diesem Gebiet und die Notwendigkeit strenger Biosicherheitsmaßnahmen bei der Arbeit mit diesen Tieren. Der dritte Teil dieser Dissertation (Kapitel 4) befasst sich mit der eingehenden Charakterisierung von HPAIV A/H5N1 der Klade 2.3.4.4b, isoliert aus dem niederländischen Seehund (A/grey seal/NL/2023), um zur Entwicklung von Frühwarnsystemen und zur rechtzeitigen Entwicklung von Gegenmaßnahmen gegen Infektionen mit diesem Virus beizutragen. Im ersten Teil haben wir ein ex vivo System evaluiert, das manuell geschnittene Lungenschnittkulturen von geschlachteten Kälbern verwendet, um die Anfälligkeit dieser Tiere für Influenzaviren zu bewerten, indem die Replikation von HPAIV A/H5N1 und anderen Influenzaviren nachgewiesen wird. Das System hat sich als leicht zugängliches und relativ kostengünstiges Mittel zum Screening der Anfälligkeit von Wirten für diese Viren erwiesen. Im zweiten Teil wurden Frettchen (Mustela putorius furo) intratracheal mit A/grey seal/NL/2023 oder A/Indonesia/5/2005 infiziert, um mögliche Unterschiede in der Pathogenität aufzuzeigen. Wir konnten zeigen, dass A/grey seal/NL/2023 im Frettchen-Modell eine höhere Mortalität verursachte und häufiger replizierte als A/Indonesia/5/2005, was die Notwendigkeit neuerer Tiermodelle für klinische Impfstoffstudien und Tests antiviraler Wirkstoffe unterstreicht. Zusammenfassend zeigen die in dieser Thesis vorgestellten Arbeiten, dass eine gezielte und umfassende Charakterisierung ausgewählter Viren auch in einer relativ begrenzten Laborumgebung Daten mit praktischen Implikationen für die Erhaltung der Gesundheit von Menschen und Tier liefern kann. Um in Zukunft für die Gesundheit von Menschen und Tier relevante Viren effektiv identifizieren zu können, ist ein routinemäßiger Einsatz der Metagenomik in gut vorbereiteten klinischen (Krankenhäuser, Tierkliniken) Einrichtungen erforderlich. Für den Erfolg ist eine internationale Zusammenarbeit entscheidend, in der klinische, virologische, epidemiologische und pathologische Daten, die mit standardisierten Verfahren und Techniken der beteiligten Disziplinen gewonnen werden, zeitnah zusammenfließen.

The transmission of viruses from wildlife to new hosts resulting in emerging infectious diseases (EID) remains a largely unpredictable event. Focused studies on wildlife virus infections can produce data to implement strategies directed towards the preservation of human and animal health. We aimed to identify emerging and re-emerging wildlife viruses, characterize their molecular, biological properties and resulting infections, to deliver actionable early warnings prior to, or at the start of the virus spillover to other animal hosts or humans. The identification of a “brain-only” canine distemper virus infection in a lynx began ongoing investigations into the molecular determinants underlying development of persistent morbillivirus infections in the central nervous system of animals and humans. Next, we emphasised the need of combined systematic genomic surveillance and post-mortem investigations for feline leukaemia virus in wild felids in Europe and for that of seal hepatovirus in seal species, to elucidate virus ecology and facilitate prevention strategies against further pathogen spread. Likewise, the study of Umatilla virus in zoo-dwelling African penguins highlighted the health risks posed by this virus infections to this highly endangered bird species. In-depth characterization of HPAIV A/H5N1 from a seal led to a newly proposed contribution to early warning systems in the form of organ slice cultures to study virus species susceptibility in a rapid, cost-effective and reliable way. Finally, developing an updated animal model for this virus may facilitate the testing of preventive and therapeutics strategies for severe human respiratory infections. To conclude, our work showed that even in a relatively limited laboratory setting, a selective and comprehensive characterization of wildlife viruses can yield data to address practically the unexpected challenges posed by viral EID to human and animal health.

Monica Mirolo

 

Cite

Citation style:
Could not load citation form.

Access Statistic

Total:
Downloads:
Abtractviews:
Last 12 Month:
Downloads:
Abtractviews:

Rights

Use and reproduction: