Inner ear of marine mammals
Cetacea (Wale, Delfine und Schweinswale) nutzen Geräusche für alle ihre täglichen Aktivitäten, wie Navigation, Beutesuche oder Kommunikation. Eine Veränderung ihres Hörvermögens kann daher schwerwiegende Folgen haben. Auch Pinnipedia (Robben, Seelöwen und Walrosse) sind in hohem Maße auf Geräusche angewiesen. Die Besorgnis darüber, wie sich die Lärmbelastung unter Wasser aufgrund zunehmender anthropogener Aktivitäten (Schifffahrt, seismische Untersuchungen, militärische Aktivitäten, Bau und Betrieb von Offshore-Windparks usw.) auf das Gehör von Meeressäugern auswirken kann, hat zugenommen. Dauerhafte ultrastrukturelle Veränderungen des sensorineuralen Epithels des Innenohrs können nach der Exposition gegenüber hochintensivem Lärm auftreten. Zu diesen Veränderungen gehört das Absterben der Sinneszellen (oder Haarzellen) des Corti-Organs, des Hörorgans. Das Hörorgan von Säugetieren besteht aus einer Reihe innerer Haarzellen (IHC), drei Reihen äußerer Haarzellen (OHC) und mehreren Arten von Stützzellen. Stirbt eine Sinneszelle ab, beteiligen sich die benachbarten Stützzellen aktiv an der Beseitigung der Haarzellen und der Versiegelung der retikulären Lamina, was zu einer deutlichen Narbe führt. Das Vorhandensein von Narben innerhalb der Haarzellenreihen ist dann ein wichtiges Kriterium für die Diagnose einer Hörstörung.
Wir haben neue Untersuchungsmethoden etabliert, um 1) die Ultrastruktur des Innenohrs zu beschreiben und 2) um Fälle von Hörverlust bei gestrandeten Meeressäugern zu erkennen. Hörschäden können durch verschiedene Faktoren verursacht werden, z. B. durch Lärmbelastung, ototoxische Medikamente oder Schadstoffe wie PCBs und Schwermetalle, Alter, Barotrauma, Explosionsverletzungen, angeborene oder immunologische Störungen und andere Infektionen. Abhängig von der Lage innerhalb der Cochlea-Spirale, der fokalen oder diffusen Ausbreitung der Läsion und der Länge der Übergangszone zwischen der Schädigung und dem normalen Epithel ist es möglich, potentielle Ätiologien zu bekräftigen oder zu verwerfen, wenn eine Läsion gefunden wird. Die Rasterelektronenmikroskopie (SEM) ermöglicht die hochauflösende Visualisierung der Kutikularplatte der Sinnes- und Stützzellen des Corti-Organs. Der Nachteil der SEM-Methode besteht darin, dass es nicht möglich ist, eine Narbe zu datieren oder die afferente Innervation vom Typ I mit der von uns angewandten Präparation darzustellen. Die Immunfluoreszenz hingegen ermöglicht die gleichzeitige Markierung von Sinneszellen und der zugehörigen Innervation. Wir haben eine Auswahl von Markern gefunden, die bei Meeressäugern durchweg gut funktionieren (Anti-Prestin-, Anti-Myosin-VI-, Anti-Neurofilament-H-, anti-acetylierte Tubulin-Antikörper, Phalloidin und DAPI). Ein weiterer Vorteil der Immunfluoreszenz ist die Möglichkeit, zwischen neu entstandenen Läsionen (die möglicherweise mit der Strandung in Verbindung stehen könnten) und alten Läsionen zu unterscheiden. Mit der Phalloidin-Markierung ist es möglich, innerhalb von 9 Stunden nach der Exposition gebildete Narben zu erkennen und mit der Anti-Prestin-Antikörper-Markierung solche, die innerhalb von 9-10 Tagen nach der Exposition gebildet wurden. SEM und Immunfluoreszenz (und die Kombination beider Verfahren) sind ideal, um Anzeichen für lärmbedingten Hörverlust zu detektieren, da das sensorische Epithel an allen Stellen der Cochlea-Spirale abgebildet werden kann. Die Histopathologie hingegen ist ideal, um Blutungen und Infektionen sowie Anomalien im Mittelohr zu erkennen. Wir kombinieren die Analysen außerdem mit hochauflösenden CT-Scans, um Veränderungen in der Knochenstruktur feststellen zu können. Die Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) ermöglicht eine sehr hohe Auflösung und eine ergänzende Betrachtung des sensorineuralen Epithels. Wir verwenden TEM, um die ultrastrukturellen Spezialisierungen der Zellen des Corti-Organs an verschiedenen Stellen der Spirale zu beschreiben. Alle Techniken, die ursprünglich zur Darstellung des Innenohrs von Walen eingesetzt wurden, können auch auf andere Gewebe angewandt werden, um das Innenohr anderer Tierarten, sowohl für anatomische Zwecke als auch zur Erkennung möglicher Fälle von Hörverlust, zu untersuchen. Wir haben die Ultrastruktur der Zellen des Corti-Organs beschrieben und ihre Formveränderungen entlang der Spirale bei Walen, die Echolokation nutzen, und Fledermäusen mit Hilfe linearer und geometrischer Morphometrie quantifiziert. Darüber hinaus haben wir den ersten Millimeter des Apex der Cochlea (wo die niedrigsten Frequenzen kodiert werden) von fünf Odontocetenarten charakterisiert. Der Apex ist die Region, in der wir die meisten Läsionen aufgrund von Lärmbelastung erwarten, da die meisten Unterwasserquellen eine große Komponente niedriger Frequenzen aufweisen. Dies ist jedoch die Region, in der die größte morphologische Variabilität des Corti-Organs bei Säugetieren zu beobachten ist, und häufig werden zwei oder drei Reihen von OHCs festgestellt. Wir haben festgestellt, dass bei zwei OHC-Reihen auch nur zwei Reihen unterstützender Deiters-Zellen vorhanden sind (und bei drei OHC-Reihen liegen auch drei Reihen Deiters-Zellen vor). Somit ist das OHC-Deiters-Zellpaar ein gutes Kriterium zur Unterscheidung zwischen normaler Variabilität und dem Vorhandensein von Läsionen. Um festzustellen, ob ein gestrandeter Meeressäuger einen dauerhaften Hörverlust erlitten hat, ist die Einbeziehung des Innenohrs in die vollständige Post-Mortem-Untersuchung erforderlich. Wir haben mehrere Fälle gefunden, bei denen es Hinweise auf eine Hörschädigung aufgrund verschiedener Faktoren gab. Wir analysierten das Innenohr eines Belugas (Delphinapterus leucas) in menschlicher Obhut, dessen auditorisch hervorgerufene Potenziale (Reaktion des Hirnstamms auf einen eingehenden Ton) gemessen wurden. Dies war das erste Individuum, bei dem wir einen mit elektrophysiologischen Techniken gemessenen Hörverlust mit einer Schädigung der Cochlea in Verbindung bringen konnten. Die wahrscheinlichste Ursache für den Hörverlust war eine Ischämie, die von einer bakteriellen Infektion ausgelöst wurde oder sekundär mit dieser zusammenhing. Darüber hinaus fanden wir einen selektiven IHC-Verlust (bis zu 84,6 %) in der Cochlea eines neugeborenen Seehunds (Phoca vitulina), der höchstwahrscheinlich angeboren war. In einem Fall verursachte ein Parasit, der morphologisch mit Stenurus minor übereinstimmt, schwere Blutungen im Innenohr eines Schweinswals (Phocoena phocoena),. Läsionen in der Cochlea, die mit lärmbedingtem Hörverlust vereinbar sind, wurden bei einem gestrandeten Langflossen-Grindwal (Globicephala melas) und bei zwei gestrandeten Schweinswalen festgestellt. Während bei dem Grindwal keine Todesursache festgestellt werden konnte, starb einer der Schweinswale an einer tödlichen Aspergillose und der andere an einer Toxoplasmose. Darüber hinaus wurde bei 30 % (8 von 24) der Schweinswale, die nach Munitionsexplosionen in der Ostsee gestrandet waren, als Todesursache eine Explosionsverletzung festgestellt. Für Meeressäugerarten sind Forschungsvorhaben zur Abschätzung der Cochlea-Frequenzkarten (d. h. der Frequenzverteilung entlang der Cochlea-Spirale) auf der Grundlage morphologischer Merkmale erforderlich. Wenn Läsionen gefunden werden, sind diese Frequenzkarten wichtig, um den beeinträchtigten Frequenzbereich zu bestimmen. Außerdem können diese Karten Informationen über den Hörbereich von Arten liefern, für die noch keine Audiogramme vorliegen, wie z. B. Mysticeti und einige Arten von Schnabelwalen. Darüber hinaus können Frequenzkarten bei lärmbedingtem Hörverlust letztlich wichtige Informationen über die Frequenzcharakteristika der ursächlichen Quellen der Schädigung in der Cochlea liefern. Neben der Fortsetzung unserer Forschung zur Vorhersage von Cochlea-Frequenzkarten für Meeressäuger planen wir auch die Untersuchung ultrastruktureller Anpassungen der Cochlea von Bartenwalen für das Hören niedriger Frequenzen. Darüber hinaus werden wir die verschiedenen Arten der Cochlea-Innervation untersuchen und ihr Potenzial zur Abschwächungdes Gehörs bei Cetacea bewerten. Schließlich möchten wir die für Wale angewandten Techniken auch auf andere aquatische Arten sowie auf wildlebende Säugetierarten mit unbekanntem Hörvermögen anwenden. Die Analyse des Innenohrs von Meeressäugern hat weitreichende Auswirkungen und ermöglicht die Gewinnung einzigartiger Informationen, die bei toten Tieren mit anderen Mitteln nicht erreicht werden können. Neben der Erweiterung unseres Wissens über das Gehör von Meeressäugern, Hörverlust und mögliche Auswirkungen der Lärmbelastung auf das Gehör kann die Innenohranalyse als Überwachungsinstrument für die Auswirkungen und die Wirksamkeit der derzeitigen Maßnahmen zur Abschwächung von Schallquellen eingesetzt werden. Die Analyse des Innenohrs ermöglicht durch die Detektion individuellen Hörverlusts auch die Identifizierung von Populationsgruppen, bei denen sofortige Maßnahmen erforderlich sein könnten, und kann den Regulierungsbehörden Informationen für die Entwicklung von Indikatoren im Rahmen des Deskriptors 11 der Meeresstrategie Rahmenrichtlinie liefern.
Cetaceans (group formed by whales, dolphins and porpoises) use sounds for all their daily activities, such as navigating, finding prey, or communicating. Thus, alterations in their hearing capabilities can have severe consequences. Pinnipeds (group formed by seals, see lions and walruses) are also high dependent on sound. There has been an increasing concern on how underwater noise pollution, due to increasing anthropogenic activities (shipping, seismic surveys, military activities, offshore wind parks construction and operation, etc), can affect marine mammal hearing. Permanent ultrastructural alterations of the sensorineural epithelium of the inner ear can occur after the exposure to high-intensity noise. These alterations include the death of the sensory cells (or hair cells) of the organ of Corti, the hearing organ. The hearing organ in mammals is comprised by one row of inner hair cells (IHCs), three rows of outer hair cells (OHCs), and several types of supporting cells. If a sensory cell dies, the neighboring supporting cells actively participate in hair cell elimination and sealing of the reticular lamina, resulting in a distinct scar. The presence of scars within hair cell rows is then an important criterion to diagnose a hearing impairment.
We have implemented techniques from scratch 1) to be able to describe the ultrastructure of the inner ear and 2) to detect cases of hearing loss in stranded marine mammals. Hearing impairment can be caused by several factors, including exposure to noise, ototoxic drugs, or pollutants such as Polychlorinated biphenyls (PCBs) and heavy metals, age, barotrauma, blast injury, congenital or immunological disorders, and other infections. Depending on the location within the cochlear spiral, focalization or spread of the lesion, and length of the transition zone between the damage and the normal epithelium, it is possible to support or discard potential aetiologies when a lesion is found. Scanning electron microscopy (SEM) allows visualizing the cuticular plate of sensory and supporting cells of the organ of Corti at very high resolution. The disadvantage of using SEM is that it is not possible to date a scar, nor image the type I afferent innervation with the current dissection that we use. Immunofluorescence, on the other hand, allows labelling sensory cells and associated innervation at the same time. We found a selection of markers that work consistently well with marine mammals (anti-prestin, anti-myosin VI, anti-neurofilament H antibodies, phalloidin and DAPI). Another advantage of using immunofluorescence is the possibility to distinguish between newly formed lesions (that could be potentially associated to the stranding) from old ones. With phalloidin labelling it is possible to detect scars formed within 9 hours post-exposure and with anti-prestin antibody labelling within 9-10 days post-exposure. SEM and immunofluorescence (and the combination of both) are ideal to find evidence of noise-induced hearing loss since it is possible to image the sensory epithelium in all the locations of the cochlear spiral. Histopathology, however, is ideal to detect hemorrhages and infections, and abnormalities within the middle ear. We also combine high-resolution CT scanning, to be able to detect alterations in the bone structure. Transmission electron microscopy (TEM) allows very-high resolution and complementary view of the sensorineural epithelium. We use TEM to describe the ultrastructural specializations of the cells of the organ of Corti in several locations of the spiral. All the techniques initially implemented to image the inner ear of cetaceans can be applied to other tissues, and to study the inner ear of other species, for both anatomical purposes, and to detect potential cases of hearing loss. We described the ultrastructure of the cells of the organ of Corti and quantified their changes in shape throughout the spiral in echolocating whales and bats using linear and geometric morphometrics. In addition, we characterized the first millimeter of the apex of the cochlea (where the lowest frequencies are encoded) of five odontocete species. The apex is the region where we expect to find most lesions due to noise exposure since most underwater sources have a large component at low frequencies. However, this is the region where the greatest morphological variability of the organ of Corti is observed in mammals, and it is common to observe two or three rows of OHCs. We found that when there are two rows of OHCs, there are also only two rows of supporting Deiters cells (and when there are three rows of OHCs there are also three rows of Deiters cells). Thus, the OHC-Deiters cell pair is a good criterion to distinguish between normal variability and the presence of lesions. Integration of the inner ear into full post-mortem examinations are needed to determine if a stranded marine mammal suffered a permanent hearing loss. We have found several cases with evidence of hearing impairment due to different factors. We analyzed the inner ear of a beluga (Delphinapterus leucas) in human care whose auditory evoked potentials (response to the brainstem to an incoming sound) were measured. This was the first individual in which we could correlate a hearing loss measured with electrophysiological techniques with damage in the cochlea. The most likely cause of the hearing loss was due to an ischemia, related to or secondary to a bacterial infection. In addition, we found selective IHC loss (up to 84.6% loss) in the cochlea of a neonate harbor seal (Phoca vitulina), most likely congenital. There was a case of a harbor porpoise (Phocoena phocoena) with the presence of a parasite morphological consistent with Stenurus minor in the inner ear, causing a severe hemorrhage. Lesions in the cochlea compatible with noise-induced hearing loss were found in a long-finned pilot whale (Globicephala melas) that mass stranded, and in two single strandings of porpoises. While for the pilot whale there was no cause of death determined, one of the porpoises died of a fatal aspergillosis and another because of a toxoplasmosis. In addition, the cause of death of 30% (8 out of 24) of the harbour porpoises that stranded after explosions of munition in the Baltic Sea took place, was determined as blast injury. Research on predicting the cochlear frequency maps (i.e., frequency distribution along the cochlear spiral) based on morphological features is needed for marine mammal species. If lesions are found, these frequency maps are important for determining the frequency range that is impaired. In addition, these maps can provide information on the hearing range of species whose audiograms are not yet available, like mysticetes and some species of beaked whales. Furthermore, in the cases of noise-induced hearing loss, frequency maps can ultimately provide key information on the frequency characteristics of the causal sources of the damage in the cochlea. Together with continuing our research on the prediction of cochlear frequency maps for marine mammals, we also plan on studying ultrastructural adaptions of the cochlea of baleen whales for low-frequency hearing. In addition, we will study the different types of cochlear innervation and evaluate their potential to intervene in attenuation of hearing in cetaceans. Finally, we would like to apply the techniques implemented for cetaceans to other aquatic species, as well as wild mammalian species with unknown hearing capabilities. The analysis of the inner ear in marine mammals has broad implications and allows gathering unique information, which can not be achieved by other means in dead animals. In addition to increasing our knowledge on hearing in marine mammals, hearing loss and potential impacts of noise exposure on hearing, inner ear analysis can be used a monitoring tool for the effects and effectiveness of current mitigation measures of sound sources. Inner ear analysis also allows identifying populations with individuals with hearing loss that might require an immediate action, and can bring information to regulators for the development of indicators within the descriptor 11 of the Marine Strategy Framework Directive.
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