Exploration und Evaluation zur Implementierung eines interprofessionellen Kommunikationstrainings in der tierärztlichen Ausbildung
Die Versorgung von Tieren in der tierärztlichen Praxis findet durch zunehmend verschiedenen Professionen und Spezialisten statt. Hierbei kann eine effektive und hochwertige gesundheitliche Versorgung nur durch effiziente und zielgerichtete Teamarbeit erfolgen. In humanmedizinischen Gesundheitsberufen hat man daher schon länger erkannt, dass Kommunikationsfähigkeiten im Rahmen von Ausbildung und Studium gelehrt werden sollten und dass es hilfreich sein kann, solche nicht- fachlichen Kompetenzen in einem interprofessionellen Umfeld zu erlernen. Hier zeigt sich in der Tiermedizin ein ähnlich hoher Bedarf, wenngleich die Forschungslücke in diesem Bereich noch sehr groß ist und noch keine Verankerung von Kommunikation in das staatliche Curriculum von Tiermedizinstudierenden vorgenommen wurde. Im Rahmen dieser Arbeit soll eine interprofessionelle Lehrveranstaltung für Studierende der Veterinärmedizin und Auszubildende Tiermedizinische Fachangestellte erstmalig durchgeführt und evaluiert werden. Dafür wurde 2022 eine Lehrveranstaltung im Blended-Learning-Format erstellt und im Rahmen der Wahlpflichtangebote im Wintersemester für Studierende und Auszubildende angeboten. Dieses Format wurde gewählt, um ein teilweise asynchrones Lernen für die beiden Professionen zu ermöglichen, die aufgrund der verschiedenen Tagesabläufe organisatorische Herausforderungen für synchrone Veranstaltungen stellen. Neben einem interaktiven, asynchronen Online-Kurs wurden ein Online-Seminar, ein Kommunikationscoaching und ein Simulationstraining mit professionellen Schauspieler*innen durchgeführt. Die Inhalte reichten von Kommunikationsgrundlagen über Teamarbeit und Konflikte bis hin zu Resilienz und Stressmanagement und wurden jeweils anhand von Videomaterial im Worst-Case und Best-Practice-Format in den Online-Kurs eingebettet. Es meldeten sich 13 Auszubildende und 18 Studierende an. Mittels eines Pre- und Posttests wurden das Wissen, die Bereitschaft für interprofessionelle Ausbildung und die Selbsteinschätzung der eignen Kommunikationsfähigkeiten vor und nach der Lehrveranstaltung abgefragt. Zusätzlich erfolgte nach dem Kurs eine umfangreiche Evaluation der gesamten Intervention. Ein Wissenszuwachs, gemessen an der Anzahl korrekter Antworten, erfolgte um 65,59 %. Auch die Selbsteinschätzung der eigenen Kommunikationsfähigkeiten verbesserte sich an manchen Stellen deutlich, besonders im Hinblick auf die Vorbereitung auf den Berufseinstieg wurden im Posttest höhere Antworten gegeben. Weiterhin gaben die Teilnehmenden im Posttest an, über ein verbessertes Rollenverständnis gegenüber der anderen Berufsgruppe zu verfügen. Um die Bereitschaft für interprofessionelle Ausbildung zu messen, wurde die Readiness for Interprofessional Learning Scale verwendet, auch hier kann teilweise eine höhere Bereitschaft nach Abschluss des Kurses gemessen werden. Aus der Evaluation des Kurses geht hervor, dass das Lernkonzept für die Vermittlung der Inhalte gut geeignet ist, wobei die mit Abstand positivste Bewertung das Simulationstraining mit den Schauspieler*innen betrifft. Hierfür wurden verschiedene Szenarien entworfen, die typische Konflikte in der tierärztlichen Praxis behandeln und jeweils mit zwei Teilnehmenden und Schauspieler*in durchgeführt. Dabei nahmen die professionellen Schauspieler*innen unterschiedliche Rollen ein. Anschließend wurden die Rollenspiele mittels 360-Grad Feedback reflektiert. Neben der Durchführung der Lehrveranstaltung wurden Einzelinterviews mit Tierärzt*innen und Tiermedizinischen Fachangestellten aus verschiedenen tierärztlichen Praxen und Kliniken durchgeführt. Ziel dieser Interviews war es persönliche Erfahrungen und Erwartungen zu Themen wie Teamarbeit, interprofessioneller Kommunikation, Rollenverständnis und Zuständigkeitsbereichen sowie Fehlerquellen und Konfliktursachen zu sammeln. Diese gesammelten Inhalte sollten dabei helfen die Inhalte der Veranstaltung und die Themenauswahl der Szenarien kritisch zu hinterfragen und ggf. neue Inhalte abgestimmt auf praxisrelevante Themen zu generieren. Eine der wichtigsten Kernaussagen aus diesen Interviews war, dass interprofessionelle Kommunikation einen hohen bis sehr hohen Stellenwert in der tierärztlichen Praxis einnimmt. Weiterhin wünschen sich fast alle Befragten häufigere Teamsitzungen und würden sich diese oft auch interprofessioneller, statt nach Professionen oder Abteilungen getrennt wünschen, um die Kommunikation und Abstimmung aufeinander zu erleichtern. Diese Aussagen könnten auch für Praxis- bzw. Klinikleiter*innen relevant sein, um die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter*innen besser berücksichtigen zu können. Weitere Forschung aufbauend auf diese Studie ergibt sich aus den Limitationen. Die kleine Stichprobe ist möglicherweise nicht aussagekräftig genug, sodass weitere Kursdurchgänge eine höhere Anzahl an auswertbaren Datensätzen ergeben und damit womöglich zu noch eindeutigeren Ergebnissen führen würde. Zusätzlich gilt es den langfristigen Effekt der Intervention zu beurteilen, was durch unsere Forschung nicht gegeben ist. Hierfür wären weitere Tests mehre Wochen oder Monate nach Beendigung des Kurses nötig, um einen langfristigen Effekt auf Wissen, Bereitschaft und Selbsteinschätzung abzubilden. Aufgrund der kleinen Stichprobe, der asymmetrischen Verteilung der Professionen und der teils nominalen Daten, die nicht numerisch codiert werden können, sind nur bedingte statistische Tests anzuwenden, Die angewendeten Tests zeigen eventuell aufgrund der Stichprobengröße keine signifikanten Unterschiede, was sich bei höheren Teilnehmerzahlen vermutlich deutlicher darstellen würde. Insgesamt soll diese Studie eine bestehende Forschungslücke im Bereich der veterinärmedizinischen interprofessionellen Kommunikationslehre füllen und erste Hinweise für die Etablierung ähnlicher Veranstaltungen für andere Einrichtungen bilden.
The care of animals in veterinary practice involves an increasingly diverse amount of different professions and specialists. Effective and high-quality healthcare for animals can only be achieved through efficient and targeted teamwork. In human healthcare professions, it has been recognized since several years that communication skills should be taught as part of education and training and that learning such non-technical competencies in an interprofessional environment can be beneficial. Similarly, there is a high demand for this in veterinary medicine, although the research in this area remains substantial and communication has not yet been integrated into the state curriculum for veterinary students. This study aims to conduct and evaluate an interprofessional course for veterinary students and veterinary assistant apprentices for the first time. To achieve this, a blended learning course was developed in 2022 and offered to students and trainees as an elective course during the winter semester. This format was chosen to allow partially asynchronous learning for the two professions, which face organizational challenges for synchronous events due to their differing daily schedules. In addition to an interactive asynchronous online course, an online seminar, communication coaching and simulation training with professional actors were conducted. The content ranged from communication basics to teamwork and conflict resolution to resilience and stress management, each embedded in the online course through video material as worst-case and best-practice format. 13 apprentices and 18 students enrolled in the course. A pre- and post-test assessed knowledge, readiness for interprofessional learning and self-assessment of communication skills before and after the course. Additionally, an extensive evaluation of the entire intervention was conducted after the course. There was a 65.59 % increase in knowledge, measured by the number of correct answers. Self-assessment of communication skills improved in some areas, particularly regarding preparedness for entry into the profession, with higher responses in the post-test. Furthermore, participants report improved understanding of roles within the other professional group in the post-test. The Readiness for Interprofessional Learning Scale was used to measure readiness for interprofessional education and some increase was observed after completing the course. The evaluation of the course indicates that the learning concept for delivering the content is well-suited, with the simulation training with actors receiving the most positive feedback. Various scenarios were designed to address typical conflicts in veterinary practice and were conducted with two participants and an actor playing different roles. Subsequently, the role-plays were reflected upon using 360-degree feedback. In addition to conducting the course, individual interviews were performed with veterinarians and veterinary assistants from various veterinary practices and clinics. The aim of these interviews was to gather personal experience and expectations regarding teamwork, interprofessional communication, understanding of roles and responsibilities, as well as sources of errors and causes of conflicts. These collected insights were intended to help critically assess the content of the course and the selection of scenarios and potentially generate new content tailored to practical topics. One of the most important findings from these interviews was that interprofessional communication holds a high to very high importance in veterinary practice. Furthermore, almost all respondents expressed a desire for more frequent team meetings, often preferring them to be interprofessional rather than separated by professions or departments to facilitate communication and coordination. These statements could also be relevant for practice or clinic managers to better consider the needs of their staff. Further research based on this study arises from its limitations. The small sample size may not be sufficiently informative, so further course iterations with a higher number of evaluable datasets may lead to more definitive results. Additionally, it is important to assess the long-term effect of the intervention, which our research did not provide. This would require further test weeks or months after course completion to capture a long-term effect on knowledge, readiness, and self-assessment. Due to the small sample size, the asymmetric distribution of professions and the partly nominal data that cannot be numerically coded, only conditional statistical tests could be applied. The tests used may not show significant differences due to the sample size, which would likely be more apparent with higher participant numbers. Overall, this study aims to address an existing research gap in veterinary interprofessional communication education and provide initial indications for the establishment of similar events for other institutions.
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