Einander verstehen
Konfliktgespräche mit Schauspielerinnen und Schauspielern üben, über Rollenverteilungen sprechen und Vorurteile aus dem Weg räumen – im vergangenen Wintersemester konnten Tiermedizinstudierende und angehende Tiermedizinische Fachangestellte (TFA) ihre Kommunikationsfähigkeiten erstmals in einem gemeinsamen Kurs trainieren. In der tierärztlichen Praxis arbeiten verschiedene Professionen Hand in Hand, um Patienten sowie deren Besitzerinnen und Besitzer bestmöglich zu betreuen. Tierärztinnen und Tierärzte, Tiermedizinische Fachangestellte, Laborfachkräfte, physiotherapeutisch tätiges Fachpersonal, Hufschmiedinnen und Hufschmiede sowie Tierpflegerinnen und Tierpfleger müssen effizient zusammenarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Kommunikationsprobleme, unklare Arbeitsanweisungen, Unsicherheiten über Zuständigkeiten und Rollenüberschreitungen spielen sich jedoch tagtäglich ab und beeinträchtigen die Teamarbeit. Um den Umgang mit diesen Konfliktpotentialen nicht erst nach dem Studium oder der Ausbildung zu erlernen, bot das Zentrum für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung (ZELDA) im vergangenen Wintersemester für Tiermedizinstudierende und TFA im Clinical Skills Lab ein entsprechendes Training an. Das Angebot war eine Blended-LearningVeranstaltung mit neun Online-Modulen, einem Online-Seminar zu Vorurteilen und Verantwortlichkeiten, ein professionelles Coaching mit dem Schwerpunkt Resilienz und Stressbewältigung und ein Simulationstermin mit professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern. Die Online-Module konnten die Teilnehmenden in der Lernplattform Moodle absolvieren, wann und wo sie wollten. Im August 2022 erstellte das ZELDA-Team dafür im Clinical Skills Lab zahlreiche Videoaufnahmen mit professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern. Bei den Simulationsterminen im Clinical Skills Lab waren sie ebenfalls dabei: Studierende und Auszubildende erprobten gemeinsam mit ihnen verschiedene Szenarien und Konfliktsituationen in einem sicheren Umfeld. Anschließend analysierten sie die Videoaufnahmen der Situationen. „Die Studierenden und Auszubildenden konnten unter sicheren Bedingungen ihre Kommunikationsfähigkeiten austesten. Das Simulationstraining mit den Schauspielerinnen und Schauspielern war extrem hilfreich für beide Professionen“, sagt Sylva Heise, wissenschaftliche Mitarbeiterin am ZELDA, die den Kurs betreute, „aber auch die anderen Bestandteile des Kurses waren sehr wichtig. Ohne die theoretischen Grundlagen hätten die Einheiten in der Kommunikationszentrale des Clinical Skills Lab nicht so effektiv genutzt werden können.“ Das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert das interprofessionelle Pilotprojekt in dem Förderprogramm „Innovation plus“. Organisatorisch war der Kurs eine Herausforderung, denn die synchronen Termine, die für alle gleichzeitig angeboten wurden, fanden für die Studierenden im für Wahlpflichten vorgesehenen Zeitraum statt, zu dem die Auszubildenden durch Arbeit und Berufsschule jedoch oft anderweitig eingespannt waren. Dennoch gelang es, dass elf angehende TFA und 18 Studierende an mehreren Terminen gemeinsam zusammenkamen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt die interprofessionelle Ausbildung wie folgt: Wenn Studierende aus zwei oder mehr Berufen über, voneinander und miteinander lernen, um eine effektive Zusammenarbeit zu ermöglichen und das Gesundheitswesen zu verbessern. Die WHO ruft zur Anpassung von bestehenden Curricula und Integration von kollaborativen Lehr- und Lernformaten auf. „Um dies sowohl fachlich als auch zeitlich zu bewerkstelligen, sind sowohl personelle Berücksichtigung sowie mögliche Anpassungen der Lehrpläne für die an der TiHo vertretenen Berufsgruppen wünschenswert”, betont Dr. Christin Kleinsorgen, die das Projekt im Zentrum für E-Learning, Didaktik und Ausbildungsforschung leitete.
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