Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Retrospektive monozentrische Verlaufsuntersuchung zur besseren Einschätzung der Langzeitprognose von Hunden mit Bandscheibenvorfällen

Bandscheibenvorfälle gehören zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen bei 

Hunden. Durch die Anamnese und die klinischen Untersuchungen kann eine  Verdachtsdiagnose gestellt werden, welche Mithilfe von bildgebenden Verfahren  weiter untersucht wird. Anschließend wird ein individueller Behandlungsplan für den Patienten erstellt. Dieser kann eine konservative Therapie, chirurgische Therapie oder Euthanasie beinhalten. Die Prognose spielt eine entscheidende Rolle für den Besitzer bei der Wahl des entsprechenden Behandlungsplans nach Stellung der Diagnose. Es gibt einige Studien, die sich mit der Erfolgsrate der chirurgischen und konservativen  Behandlung von Bandscheibenerkrankungen befassen. Diese Studien zeigen jedoch häufig nur Kurzzeitprognosen auf und nur wenige Studien beinhalten Langzeitprognosen.
Der Fokus dieser Studie liegt auf der neurologischen Entwicklung, der Lebensqualität  des Hundes und deren Besitzer und vor allem soll untersucht werden, wie oft Hunde  nach Bandscheibenvorfällen zu Hause euthanasiert werden, weil die Lebensqualität der Hunde und deren Besitzer zu stark beeinträchtigt ist. Eine mögliche Einschränkung der Lebensqualität der Besitzer können Miktions- und Defäkationsstörungen sein. Die Behandlung einer Miktionsstörung ist von der jeweiligen Ursache abhängig. Eine Möglichkeit stellt die medikamentöse Behandlung mit dem Parasympathomimetikum Bethanecholchlorid (Myocholine®) dar, welches zu einer Detrusorkontraktion führt. Mithilfe dieser Studie sollen ebenfalls die unerwünschten Nebenwirkungen des Parasympathomimetikum Bethanecholchlorid (Myocholine®) untersucht werden.
Durch diese Studie sollten die Hypothesen bestätigt werden, dass eine Behandlung  mit dem Parasympathomimetikum Bethanecholchlorid keine oder nur geringfügige Nebenwirkungen hervorruft und dass Bandscheibenvorfälle bei wenigen Hunden zur Euthanasie führen.
In dieser retrospektiven Studie an der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche 
Hochschule Hannover wurde eine Verlaufsuntersuchung von Hunden mit 
Bandscheibenerkrankungen durchgeführt. Von den durch das Informations- und 
Verwaltungssystem EasyVET der Kleintierklinik konnten 1566 Hunde identifiziert 
werden. Nach der anschließenden Selektion wurden 416 Hunde in die Studie 
aufgenommen und deren Besitzer kontaktiert. Es stimmten 241 Besitzer einer 
Teilnahme zu, von denen 92% (n=222) den entsprechenden Fragebogen 
beantworteten. Von den in der Studie untersuchten Hunden mit 
Bandscheibenerkrankungen wurden 206 (206/222) operativ und 16 (16/222) 
konservativ behandelt.
34% (77/222) der untersuchten Hunde, die 1 Jahr bis 10 Jahre vor Studienbeginn 
vorstellig waren, sind bereits verstorben. 13% (29/222) der in der vorliegenden Studie untersuchten Hunde sind aufgrund eines Bandscheibenvorfalls euthanasiert worden. 4% (n=10) wurden aufgrund eines neu aufgetretenen Bandscheibenvorfalls, weitere  9% (n=19) wurden aufgrund desselben Bandscheibenvorfalls euthanasiert. Zur weiteren Auswertung wurde das statistische Verfahren exakter Fisher Test angewendet, welches zur Untersuchung der Wahrscheinlichkeit einer Euthanasie aufgrund eines Bandscheibenvorfalls genutzt wurde. Hierbei konnte ein p-Wert von 0,26 ermittelt werden. Dieser Wert liegt somit über dem in dieser Studie festgelegtem Maß der statistischen Signifikanz (p < 0,05), weshalb die Hypothese, dass nur wenige Hunde aufgrund eines Bandscheibenvorfalls euthanasiert werden, widerlegt wird. 41% (90/222) der Hunde haben das Parasympathomimetikum Bethanecholchlorid (Myocholine®) nach Entlassung aus der Klinik verschrieben bekommen. 30 (30/90)  Besitzer erinnerten sich an die Gabe des Medikaments. Die mittlere Dosierung des Medikaments Myocholine® liegt in dieser Studie bei 8,0 mg/Hund (1,2 mg/Hund bis 
14,9 mg/Hund) zwei bis dreimal täglich. In der Literatur wird eine Dosierung von 
1,25mg/Hund bis 25 mg/Hund alle 8 Stunden empfohlen. 13% (4/30) der Besitzer, die sich an die Gabe des Medikaments erinnern, gaben an, Nebenwirkungen von 
Myocholine® bei ihrem Hund beobachtet zu haben.
Keiner der Besitzer stufte die Nebenwirkungen als „stark“ ein. Ein Hund zeigte leichte Symptome von Nausea und Vomitus, bei zwei weiteren Patienten waren diese Nebenwirkungen mittelgradig ausgeprägt. zwei Besitzer berichteten von mittelstarken abdominalen Schmerzen. Diarrhoe, Ataxie und Hypersalivation wurden je einfach genannt. Zur Überprüfung der Hypothese, dass die Gabe von Myocholine® nur zu geringfügigen Nebenwirkungen führt, wurde das statistische Verfahren Chi Quadrat angewendet. Es konnte eine statistische Signifikanz (p=0,038) ermittelt werden, welches die Hypothese bestätigt, dass eine Behandlung mit dem Parasympathomimetikum Bethanecholchlorid keine oder nur geringfügige 
Nebenwirkungen hervorruft.Die vorliegende Studie lieferte Erkenntnisse zur neurologischen Entwicklung nach Bandscheibenerkrankungen über einen langen Zeitraum (1 Jahr bis 10 Jahre). Die Annahme, dass nur wenige Hunde nach angemessener Therapie aufgrund von Bandscheibenvorfällen euthanasiert werden, fand in dieser Studie keine Bestätigung. Eine umfassende Aufklärung der Besitzer über die kurz- und langfristige Prognose ist entscheidend, um eine hohe Lebensqualität für Hund und Besitzer zu gewährleisten. Die Ergebnisse deuten ebenfalls darauf hin, dass die Verabreichung von Bethanecholchlorid nur gelegentlich mit mittelschweren unerwünschten Effekten verbunden ist. Daher bleibt die Verwendung dieses Medikaments zur Unterstützung der Blasenentleerung bei Patienten mit Bandscheibenerkrankungen weiterhin gerechtfertigt. 

Intervertebral disc disease and herniation (IVDH) belongs to the most common 
neurological disorders in dogs. A diagnosis of IVDH is suspected based on the patient's medical history, clinical examinations and further investigated using imaging techniques. An individual treatment plan is composed for the patient and their owner. Treatment can include conservative or surgical therapy or euthanasia. The prognosis is important for the owners to choose the appropriate treatment plan following diagnosis. Several studies have addressed the success rates of surgical  and conservative treatments for IVDH. However most of these studies focus on short-term outcome, only few investigate long-term outcomes.
 This study focuses on the neurological development and quality of life of dogs and their owners, particularly investigating the frequency of euthanasia at home following IVDH due to significant impairment of the dogs and their owners' quality of life. Potential impairments to owners' quality of life may include micturition and defecation disorders. Treatment for micturition disorders depends on the underlying cause, with one option being the use of the parasympathomimetic Bethanechol (Myocholine®), which induces detrusor contraction. The aim of this study is to investigate the adverse effects of Bethanechol (Myocholine®). Through this study, hypotheses were to be confirmed that treatment with Bethanechol induces minimal or no adverse effects and that intervertebral disc herniation leads to euthanasia only in a few dogs. This retrospective study was conducted at the Small Animal Clinic of the University of Veterinary Medicine Hannover. 1566 dogs were identified, after selection 416 were included in the study, and their owners were subsequently contacted. Among them, 241 owners agreed to participate in the study, with 92% (n=222) completing the respective questionnaire. Among the dogs with intervertebral disc disease/herniationexamined in the study, 206 (206/222) were treated surgically, and 16 (16/222) conservatively.
34% (77/222) of the examined dogs in the study had already died. 13% (29/222) were euthanized due to IVDH. Additionally, 4% (n=10) were euthanized due to a newly occurring intervertebral disc herniation, while another 9% (n=19) were euthanized due to the same herniation. The statistical Fisher's exact test was used for further analysis to investigate the probability of euthanasia due to IVDH, yielding a p-value of 0.26, which exceeds the predetermined level of statistical significance (p < 0.05), thus refuting the hypothesis that only few dogs are euthanized due to IVDH. 41% (90/222) of the dogs were prescribed Bethanechol (Myocholine®) upon discharge from the clinic. Thirty (30/90) owners recalled the administration of the medication. The average dosage of Myocholine® in this study was 8.0 mg/dog (ranging from 1.2 mg/dog to 14.9 mg/dog) administered two to three times daily. Literature recommends a dosage of 1.25 mg/dog to 25 mg/dog every 8 hours. 13% (4/30) of owners who recalled the administration of the medication reported observing adverse effects of Myocholine® in their dogs. None of the owners classified the side effects as "severe." 
One dog exhibited mild symptoms of nausea and vomiting, while these side effects 
were moderate in two other patients. Two owners reported moderate abdominal pain. Diarrhea, ataxia, and hypersalivation were each mentioned once. To test the 
hypothesis that administration of Myocholine® leads only to minor adverse effects, the statistical test Chi-square was used, revealing statistical significance (p=0.038), 
confirming this hypothesis.This study provided insights into the neurological development after intervertebral disc herniation over a long period (1 year to 10 years). The assumption that few dogs are euthanized due to intervertebral disc disease after appropriate therapy was not confirmed in this study. Comprehensive education of owners regarding short- and longterm outcome is crucial for ensuring high quality of life for both dogs and their owners. Furthermore, the results suggest that administration of Bethanechol is not frequently associated with severe adverse effects and is only occasionally linked to moderate adverse effects. Therefore, the use of this medication to support the bladder function in patients with IVDH remains justified.

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