Evaluierung des Informationssystems „Tiergesundheit 4.0“ (TG 4.0) in NRW aus Sicht eines Veterinäramtes : Kann der rechtliche Auftrag zur Risikobewertung von landwirtschaftlichen Tierhaltungen (Art. 9 VO (EU) 2017/625) mithilfe von Tiergesundheit 4.0 erfüllt werden?
Landwirtschaftliche Tierhaltungen müssen von den Veterinärämtern regelmäßig risikobasiert kontrolliert werden (Art. 9 VO (EU) 2017/625). Bei der Ermittlung des jeweiligen Risikos sollen die zahlreichen veterinärrechtlichen Vorschriften berücksichtigt werden. In NRW wird dazu das Konzept zur Integrierten Risikobeurteilung landwirtschaftlicher Betriebe genutzt, mit dem die Betriebe einem geringen, mittleren oder hohen Risiko zugeordnet werden. Die Risikoermittlung erfolgt durch die Bewertung von z.B. Meldedaten zu Tierbewegungen, Antibiotikaanwendungen, Eigenkontrollen des Landwirtes und Vor-Ort-Kontrollen. Das 2021 gestartete Tiergesundheitssystem 4.0 (TG 4.0) in NRW soll die Veterinärämter bei dieser Bewertung unterstützen, indem es bereits verfügbare Daten aus verschiedenen Quellen bündelt übersichtlich zur Verfügung stellt. Mithilfe einer Online-Umfrage wurden die Veterinärämter zur bisherigen Nutzung von und Zufriedenheit mit TG 4.0 befragt. 7 von 23 Teilnehmern der Umfrage gaben an, TG 4.0 bereits zu nutzen, wobei 6 dieser Teilnehmer TG 4.0 bisher nur sporadisch nutzten. 4 der 7 Teilnehmer hielten es für (sehr) wahrscheinlich, dass sie TG 4.0 aufgrund der neuen Funktionen in Zukunft häufiger nutzen werden. Für die meisten Teilnehmer bietet TG 4.0 die Möglichkeit, sich eine Übersicht über die vorhandenen Betriebe zu verschaffen (allgemein und geografisch) und dabei Daten aus verschiedenen Quellen zu nutzen, auch wenn TG 4.0 noch keine Daten liefert, auf die die Teilnehmer bisher keinen Zugriff hatten. Von den 16 Teilnehmern, die TG 4.0 bisher nicht nutzten oder „nur mal ausprobiert“ hatten, gaben 7 an, es durch die neuen Funktionen zukünftig vielleicht zu nutzen, ein Teilnehmer hielt es für wahrscheinlich und 7 Teilnehmer hielten es für unwahrscheinlich. Gründe für die bisherige Nicht-Nutzung waren die fehlende Zeit und der bisher fehlende Mehrwert sowie nur wenige landwirtschaftlicher Betriebe im eigenen Zuständigkeitsbereich. Die Teilnehmer wünschten sich v.a. die Integration von Schlachtbefunddaten und Daten von den Tierkörperbeseitigungs-Dienstleistern, die Verwendung der Tierzahlen aus HI-Tier, Daten aus privaten Kontrollsystemen, der Tierarzneimitteldatenbank und zur Tiergesundheitsüberwachung sowie genauere Angaben zu den bereits erfolgten Kontrollen. Derzeit wird TG 4.0 somit noch nicht flächendeckend genutzt, was v.a. an der fehlenden personelle Kapazität liegt. Zudem fehle teilweise noch der Mehrwert. Mit weiteren Funktionen und sobald die IRL-Kontrollen routinemäßig von den Veterinärämtern durchgeführt werden, wird die Nutzung wahrscheinlich deutlich steigen. Gerade bei Abfragen zu anstehenden IRL-Kontrollen bei Betrieben, deren Kontrollintervall endet, kann TG 4.0 zukünftig eine große Hilfe sein und die Vorbereitung der notwendigen Kontrollen erleichtern und eine Arbeitszeitersparnis bewirken.
Agricultural livestock farms must be regularly inspected by the veterinary authorities on a risk basis (Art. 9 Regulation (EU) 2017/625). The numerous veterinary regulations should be taken into account when determining the respective risk. In NRW, the concept for the integrated risk assessment of farms (IRL) is used for this purpose, with which farms are assigned to a low, medium or high risk. The risk assessment is carried out by evaluating, for example, reporting data on animal movements, antibiotic use, the farmer's own inspections and on-site inspections. Tiergesundheit 4.0 (TG 4.0) in NRW, which was launched in 2021, is intended to support the veterinary authorities in this assessment by collecting available data from various sources and making it available for the veterinary offices. The veterinary offices were asked about their use of and satisfaction with TG 4.0 to date in an online survey. 7 out of 23 participants in the survey stated that they were already using TG 4.0, although 6 of these participants had only used TG 4.0 sporadically. 4 of the 7 participants considered it (very) likely that they would use TG 4.0 more frequently in the future due to its new functions. For most participants, TG 4.0 offers the possibility to get an overview of the existing farms (general and geographical) and to use data from various sources. Although TG 4.0 does not yet provide data that the participants have not yet had access to.
Of the 16 participants who had not yet used TG 4.0 or had "only tried it out", 7 stated that they might use it in the future due to the new functions, one participant thought it was likely and 7 participants thought it was unlikely. Reasons for not using it so far were the lack of time and the lack of added value so far, as well as only a few farms in their own area of responsibility. The participants particularly wanted the integration of data from slaughter inspections and data from animal carcass disposal, the use of animal numbers from HI-Tier, data from private inspection systems, the veterinary medicines database and animal health monitoring, as well as more precise information on the inspections already carried out. TG 4.0 is therefore not yet being used in most of the veterinary offices, which is mainly due to a lack of personnel capacity. In addition, there is still a lack of added value in some cases. With additional functions and as soon as IRL inspections are routinely carried out by the veterinary offices, usage is likely to increase significantly. TG 4.0 can be a great help in the future, especially for checking for which farms the inspection interval is coming to an end, making it easier to prepare the necessary inspections and thereby saving working time.