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Auswirkungen verschiedener Medikationen bei Anfallsleiden von Hunden auf die Wirksamkeit, die Compliance, die Zufriedenheit und die Lebensqualität von Patienten und deren Besitzer

In der Humanmedizin ist bekannt, dass Epilepsie bei Kindern nicht nur die Lebensqualität des Kindes, sondern auch die des Betreuers beeinflusst (Lv et al., 2009). Übertragend auf die Tiermedizin ist daher davon auszugehen, dass die Epilepsie des Hundes neben der Lebensqualität des Tieres auch die des Besitzers beeinträchtigt. In einer qualitativen Studie zeigten Interviews mit Besitzern von Hunden mit Epilepsie bereits die Auswirkungen auf das Leben der Besitzer (Pergande et al., 2020). Zudem neigen Notfallanfallsleiden wie der Status epilepticus und Clusteranfälle dazu, nicht spontan aufzuhören, da anhaltende Anfallsaktivitäten immer resistenter gegenüber der Behandlung werden (Charalambous et al., 2021; Fischer, 2013; Platt & McDonnell, 2000). Die frühzeitige Verabreichung von Notfallmedikamenten, insbesondere von Benzodiazepinen, durch Hundebesitzer zu Beginn eines Anfalls kann lebensrettend sein und das Gehirn schützen. Es gibt bereits klinische Studien bei Hunden, die den Einsatz von Notfallmedikamenten in einer klinischen Umgebung untersuchen, jedoch wurde die Sichtweise der Besitzer bisher noch nicht bewertet (Charalambous et al., 2017a; Charalambous et al., 2019).

Hunde, die an Epilepsie leiden, durchleben nicht nur die Phase vor und während eines Anfalls (präiktal und iktal), sondern auch die sogenannte postiktale Phase (Pottkämper et al., 2020). Bisher lag der Fokus der Forschung auf der Beschreibung der Symptome vor und während eines Anfalls sowie auf der therapeutischen Kontrolle dieser akuten Ereignisse. Die Erforschung der postiktalen Phase, sowohl in der Human- als auch in der Veterinärmedizin, ist jedoch bisher begrenzt (Rizvi et al., 2018; Subota et al., 2019; Xu et al., 2020).

Um neue Erkenntnisse aus der Perspektive der Besitzer selbst herauszufinden wurden Beobachtungsstudien basierend auf Online-Umfragen bei Besitzer von Hunden mit Anfallsleiden durchgeführt. 

Die rechtzeitige Verabreichung von wirksamen und schnell wirkenden Notfallmedikamenten durch die Besitzer zu Hause kann mehrere Vorteile mit sich bringen, darunter eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Beendigung von Anfällen, die Verhinderung von Klinikaufenthalten und die Verringerung der Sterblichkeitsraten im Zusammenhang mit refraktären Phasen des Status epilepticus. Die Verabreichung von BZDs wird im Allgemeinen als entscheidende Maßnahme für die Notfallbehandlung epileptischer Anfälle angesehen. Die Umfrage zeigt jedoch, dass viele Hundebesitzer in Notfallsituationen sehr frühzeitig tierärztliche Hilfe suchen, möglicherweise aufgrund verschiedener Faktoren wie mangelnder Erfahrung mit Notfallbehandlungen, Unterschätzung der Wirksamkeit von Notfallmedikamenten oder dem Fehlen solcher Medikamente zu Hause.

Die angewandten Verfahren zur Bewältigung von Notfallanfällen in häuslicher Umgebung variieren zwischen den Besitzern und in verschiedenen Ländern. Die Verabreichung von Diazepam per rektaler Applikation ist in Deutschland am häufigsten, während in Belgien Midazolam intranasal bevorzugt wird. Insgesamt zeigte sich, dass intranasales Midazolam bessere Erfolgsraten und eine höhere Compliance der Besitzer aufwies, zu früheren Zeitpunkten der Anfallsbeendigung führte und weniger häufig wiederholte Dosen erforderte im Vergleich zu rektalem Diazepam. Allerdings wurde die Anwendung und Vorbereitung von intranasalem Midazolam als anspruchsvoller bewertet als die von rektalem Diazepam. Dieses Problem könnte durch die Entwicklung von gebrauchsfertigen Geräten, die für veterinärmedizinische Patienten geeignet sind, oder durch geeignete Schulungen der Besitzer durch Tierärzte angegangen werden.

Die postiktale Phase, die nach epileptischen Anfällen auftritt, beeinflusst erheblich die Lebensqualität von Hunden und ihren Besitzern. Häufige Anzeichen in dieser Phase sind Desorientierung, Drangwandern, Ataxie und vorübergehende Blindheit. Es besteht die Herausforderung, dass Hunde nicht in der Lage sind, diese Symptome effektiv mitzuteilen, was die veterinärmedizinische Forschung vor Schwierigkeiten stellt. Fast 61% der Besitzer empfanden die Schwere der postiktalen Anzeichen als moderat oder schwerwiegend. Notfallmedikamente schienen keinen Einfluss auf die Kontrolle der postiktalen Anzeichen zu haben, wie von 71% der Befragten berichtet. Im Gegensatz dazu gab ein Großteil der Befragten an, dass andere Maßnahmen wie Ruhe, körperliche Nähe und eine ruhige, dunkle Umgebung 

eine positive Wirkung auf die postiktale Phase hatten. Es gibt keinen etablierten Leitfaden zur Behandlung dieser Phase. Es gibt jedoch Ansätze wie die Tiefenhirnstimulation, die in Tierexperimenten vielversprechend erscheint (Xu et al., 2020), sowie die Reduzierung der Hypoxie durch Vasodilatatoren (Farrell et al., 2016), die repetitive transkranielle Magnetstimulation (Charalambous et al., 2020) und die Stimulation des Vagusnervs (Harcourt- Brown & Carter, 2021; Hirashima et al., 2021; Muñana et al., 2002; Robinson et al., 2020; Vonck et al., 2010). Diese Untersuchungen haben jedoch noch keinen praktikablen Therapieansatz hervorgebracht.

Alles in allem ergab die Umfrage, dass spezifische postiktale Anzeichen häufig auftreten und einen signifikanten Einfluss auf die Lebensqualität sowohl der Hunde als auch ihrer Besitzer haben. Im Gegensatz zu anderen nicht-pharmakologischen Maßnahmen scheinen antiepileptische Medikamente in den meisten Fällen keine Auswirkungen auf die postiktale Phase zu haben. Daher ist weitere Forschung zur Bewältigung der postiktalen Phase von entscheidender Bedeutung, um die Lebensqualität von Hunden mit epileptischen Anfällen und ihrer Besitzern zu verbessern.

In human medicine, it is well-established that epilepsy in children not only affects the child's quality of life but also that of the caregiver (Lv et al., 2009). Extrapolating this to veterinary medicine, it can be assumed that canine epilepsy impacts not only the dog's quality of life but also that of the owner. Qualitative studies, including interviews with owners of dogs with epilepsy, have already shed light on the effects of epilepsy on the owners' lives (Pergande et al., 2020). Additionally, emergency seizure disorders such as status epilepticus and cluster seizures tend not to cease spontaneously, as prolonged seizure activity becomes increasingly resistant to treatment (Charalambous et al., 2021; Fischer, 2013; Platt & McDonnell, 2000). The early administration of emergency medications, particularly benzodiazepines, by dog owners at the onset of a seizure can be life-saving and brain-protective. Clinical studies in dogs have examined the use of emergency medications in a clinical setting, but the owners' perspective has not been assessed to date (Charalambous et al., 2017a; Charalambous et al., 2019).

Dogs suffering from epilepsy experience not only the pre-ictal and ictal phases but also the so- called postictal phase (Pottkämper et al., 2020). To date, research has predominantly focused on describing symptoms before and during a seizure, as well as on the therapeutic control of these acute events. However, the exploration of the postictal phase, in both human and veterinary medicine, has been limited (Rizvi et al., 2018; Subota et al., 2019; Xu et al., 2020). To gain insight from the owners' perspective, observational studies based on online surveys of owners of dogs with seizure disorders were conducted. The timely administration of effective and fast-acting emergency medications by owners at home can yield several benefits, including an increased likelihood of seizure termination, prevention of hospitalization, and a reduction in mortality rates associated with refractory stages of status epilepticus. The administration of benzodiazepines is generally considered a crucial measure for emergency seizure treatment. 

However, the survey reveals that many dog owners seek veterinary assistance very early in emergency situations, possibly due to various factors such as lack of experience with emergency treatments, underestimation of the effectiveness of emergency medications, or the absence of such medications at home.

The approaches used to manage emergency seizures at home vary among owners and across different countries. Rectal administration of diazepam is the most common approach in Germany, while intranasal midazolam is preferred in Belgium. Overall, intranasal midazolam demonstrated better success rates and higher owner compliance, resulting in earlier seizure termination and less frequent repeated doses compared to rectal diazepam. However, the application and preparation of intranasal midazolam were perceived as more challenging than those of rectal diazepam. This issue could be addressed through the development of ready-to- use devices suitable for veterinary patients or appropriate training of owners by veterinarians. The postictal phase that follows epileptic seizures significantly affects the quality of life of both dogs and their owners. Common signs during this phase include disorientation, compulsive walking, ataxia, and temporary blindness. The challenge arises from the fact that dogs cannot effectively communicate these symptoms, posing difficulties for veterinary research. Nearly 61% of owners perceived the severity of postictal signs as moderate or severe. Emergency medications appeared to have no influence on controlling postictal signs, as reported by 71% of respondents. In contrast, a majority of respondents indicated that other measures such as rest, physical closeness, and a calm, dark environment had a positive effect on the postictal phase. There is no established guideline for managing this phase. However, approaches like deep brain stimulation, which has shown promise in animal experiments (Xu et al., 2020) as well as the reduction of hypoxia through vasodilators (Farrell et al., 2016), repetitive transcranial magnetic stimulation (Charalambous et al., 2020), and vagus nerve stimulation (Harcourt-Brown & Carter, 2021; Hirashima et al., 2021; Muñana et al., 2002; Robinson et al., 2020; Vonck et al., 2010), have been explored. These investigations, however, have not yet resulted into a practical therapeutic approach.

Overall, the survey revealed that specific postictal signs are common and significantly impact the quality of life for both dogs and their owners. Unlike other non-pharmacological measures, antiepileptic medications do not appear to have an effect on the postictal phase in most cases. Therefore, further research on the management of the postictal phase is of paramount importance to enhance the quality of life for dogs with epileptic seizures and their owners.

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