Investigation of potential viral etiology by using different molecular techniques in central nervous system disease syndromes of known and unknown cause in various species
Mehr als 50% der potenziell für Menschen gefährlichen Infektionserreger sind zwischen Mensch und Tier übertragbar und stellen somit Zoonosen dar. Darüberhinausgehend stammen über 75% der Pathogene mit zoonotischem Potenzial ursprünglich von wildlebenden Tieren. Dabei handelt es sich in einer Vielzahl der Fälle um Viren, die immer häufiger als Ursache neu auftretender Infektionskrankheiten identifiziert werden. In vielen Fällen, bei denen für Virusinfektionen charakteristische, lympho-histiozytäre Entzündungen des zentralen Nervensystems (ZNS) beobachtet werden, bleibt trotz weiterführender Untersuchungen die Ätiologie oft unklar. Zudem sind moderne, molekularbiologische Nachweismethoden oft zeit- und kostenintensiv, so dass alternative Ansätze mit Formalin-fixiertem Paraffin-eingebettetem (FFPE)-Material im Rahmen eines Screening-Ansatzes für eine gezielte Abklärung möglicher Virusinfektionen unerlässlich sind.
Die vorliegende Arbeit beruht auf der Hypothese, dass die kombinierte Anwendung von epidemiologischen Daten, Lichtmikroskopie und verschiedenen molekularbiologischen Techniken die Entdeckungsrate von bisher unbekannten Virusinfektionen bei einer Vielzahl von Tierarten erhöht. Zur Untersuchung gelangte sowohl natives Gefriermaterial als auch FFPE-Gewebe von marinen und terrestrischen Wildtieren sowie von Zootieren. Die Tiere wurden sowohl histopathologisch als auch virologisch unter Anwendung von Immunhistochemie, In situ-Hybridisierung, polymerase chain reaction (PCR), metagenomischer Sequenzierung (unter anderem next generation sequencing, NGS) sowie mittels phylogenetischer Analyse untersucht. Schließlich sollte ein kausaler Zusammenhang zwischen der mutmaßlichen viralen Ätiologie und der beobachteten Krankheit demonstriert werden. In der vorliegenden Studie wurden zudem drei immunhistochemische Marker für doppelsträngige Ribonukleinsäure (dsRNS) zum Nachweis viraler replikativer Zwischenprodukte vergleichend analysiert.
Die in dieser Arbeit untersuchten Fälle wiesen entweder aufgrund epidemiologischer Daten oder klinischer und/oder histopathologischer Befunde auf eine virale Ätiologie hin. Die kombinierte Anwendung dieser verschiedenen Disziplinen führte in dieser Studie zur Identifizierung von zwei bisher unbekannten sowie drei bereits bekannten Viren bei verschiedenen Tierarten.
(1) Im Rahmen einer retrospektiven Untersuchung von Wildvögeln und Vögeln aus zoologischen Einrichtungen aus Deutschland wurde eine Infektion mit dem Usutu-Virus (USUV) festgestellt. Die mittels NGS generierten USUV-Sequenzen wiesen phylogenetische Ähnlichkeiten mit Sequenzen von zwei bereits in Deutschland zirkulierenden Virusvarianten auf.
(2) Durch die Anwendung pathologischer und molekularbiologischer Methoden konnte bei drei Seehunden eine ungewöhnliche Meningoenzephalitis infolge einer Infektion mit hochpathogenen aviären Influenza-A-Viren (HPAIV) des Subtyps H5N8 nachgewiesen werden.
(3) Die molekularbiologische Untersuchung von Proben des zentralen Nervensystems (ZNS) von Pferdeantilopen (Hippotragus equinus) mit histopathologischen Läsionen, die dem pathomorphologischen Bild des Bösartigen Katarrhalfiebers (BKF) entsprechen, wiesen auf eine Infektion der Pferdeantilopen mit einem bisher unbekannten Virus der Gattung Macavirus aus der Familie der Herpesviridae hin.
(4) Die Ergebnisse einer retrospektiven Untersuchung von ZNS-Proben von Löwen (Panthera leo) mit einer nicht-eitrigen Meningoenzephalitis wiesen auf das Rustrelavirus (RusV) als ätiologische Ursache für eine Vielzahl von Fällen von unklaren Meningoenzephalitiden bei Löwen und anderen Großkatzen hin, die in den 1970er und 1980er Jahren in Deutschland vermehrt beobachtet wurden.
(5) Die Befunde der pathologischen und molekularbiologischen Untersuchung eines Streifenskunks (Mephitis mephitis) mit einer lympho-plasmazellulären Entzündung in verschiedenen Organen sprechen für die erste beschriebene Infektion eines Streifenskunks mit dem Skunk amdoparvovirus 4 in Deutschland.
In der vorliegenden Arbeit wurde gezeigt, dass eine kombinierte Anwendung pathologischer und virologischer Untersuchungsmethoden an Fällen unbekannter Ursache die Identifizierung und Charakterisierung bisher unbekannter sowie bereits bekannter Viren ermöglicht. Die Vorselektion potenzieller Fälle anhand epidemiologischer, klinischer und pathologischer Indizien, die hinweisend auf eine virale Ätiologie sind, erlaubte eine zielgerichtete Untersuchung. Dabei ergaben sich geringgradige Abweichungen bei der Anwendung verschiedener molekularbiologischer Methoden, die unter anderem auf unterschiedliche Sensitivitäten der angewandten Methoden zurückzuführen sind. Konventionelle Methoden wie Immunhistochemie und PCR ermöglichten Rückschlüsse auf die Virusverteilung in verschiedenen Organen der untersuchten Tiere. Durch die Identifizierung genomischer Sequenzen mithilfe metagenomischer Sequenzierung konnten die in der vorliegenden Studie untersuchten Viren genetisch charakterisiert werden. Am Beispiel der RusV-infizierten Löwen gelang mittels In situ-Hybridisierung die Darstellung einer partiellen Kolokalisation viraler Nukleinsäuren und histopathologischen Läsionen im ZNS. Die Untersuchung der Pferdeantilopen mit BKF-ähnlichen Symptomen mit Hilfe einer Herpesviridae-spezifischen PCR demonstrierte die erfolgreiche Anwendung von Primern zum Nachweis konservierter Regionen, die ein Screening auf das Vorhandensein mehrerer Viren einer bestimmten Gruppe zulassen. Im Gegensatz dazu stellt die metagenomische Sequenzierung eine sequenzunabhängige Methode dar, die ein Screening auf das Vorhandensein bislang unbekannter Viren ermöglicht. Aufgrund erheblicher antikörperspezifischer Unterschiede konnte die Eignung von Antikörpern, die virale dsRNS-Zwischenprodukte erkennen, nur eingeschränkt beurteilt werden. Während die Ergebnisse in USUV-infizierten Vögeln zeigten, dass die immunhistochemische Darstellung von dsRNS zum Nachweis einer viralen Infektion verwendet werden kann, konnte bei den Löwen aufgrund des Nachweises von dsRNS in allen Tieren, unabhängig vom Infektionsstatus, keine Unterscheidung zwischen infizierten und nicht-infizierten Tieren vorgenommen werden. Um mögliche tierartspezifische und/oder virusspezifische Unterschiede auszuschließen, bedarf es weiterführender Untersuchungen, um die tatsächliche Anwendbarkeit von dsRNS-Antikörpern als alternative Virusdetektionsmethode abschließend beurteilen zu können.
More than 50% of infectious agents possessing the ability to infect humans are zoonotic and can therefore be transmitted between humans and animals. In addition, more than 75% of pathogens with zoonotic potential arise from wildlife animals. Viruses constitute a large group within these pathogens and are frequently identified as the cause of new emerging infectious diseases. Despite further investigation, the cause of cases of unknown etiology but highly suspicious of a viral infection due to the presence of characteristic morphological lesions observed in histopathology remains undetermined. In addition, the investigation using molecular analysis is often time-consuming and cost-intensive. Therefore, alternative approaches using formalin-fixed paraffin-embedded (FFPE) material as part of a screening approach are indispensable for a targeted investigation of possible viral etiology.
The present study is based on the hypothesis that the combined application of epidemiological data as well as pathological findings and various molecular techniques will increase the detection rate of previously unknown as well as re-emerging, well-known viruses in a variety of animal species. In this study, frozen material as well as FFPE samples from marine and terrestrial wildlife and zoo animals were investigated. Animals were examined histopathologically and virologically using immunohistochemistry, in situ hybridization, polymerase chain reaction (PCR), metagenomic sequencing (including next generation sequencing, NGS), and phylogenetic analysis. Furthermore, three immunohistochemical anti-double-stranded ribonucleic acid (dsRNA) antibodies recognizing viral replicative intermediates were comparatively analyzed. Ultimately, a causal relationship between the putative viral etiology and the observed disease should be demonstrated. The cases included in this study were indicative of a viral etiology based on either epidemiological, clinical, and/or histopathological findings. The combined application of these different disciplines enabled the identification of two previously unknown viruses and three re-emerging, already known viruses in different animal species.
(1) A retrospective examination of wild and captive birds from Germany revealed an infection with Usutu virus (USUV). The USUV sequences generated by NGS exhibited phylogenetic similarities with sequences of two virus variants already circulating in Germany.
(2) The application of pathological and molecular techniques revealed an unusual meningoencephalitis caused by an infection with highly pathogenic avian influenza virus (HPAIV) subtype H5N8 in three harbor seals (Phoca vitulina).
(3) Molecular examination of central nervous system (CNS) samples of two roan antelopes (Hippotragus equinus) displaying histopathological lesions resembling those of malignant catarrhal fever (MCF) indicated an infection of roan antelopes with a previously unknown virus of the genus Macavirus of the family Herpesviridae.
(4) The results of a retrospective investigation of CNS samples of lions (Panthera leo) indicated Rustrela virus (RusV) as the etiological cause of a large number of cases of meningoencephalitis of unknown origin in lions, which was observed in Germany in the 1970s and 1980s.
(5) Pathological and molecular investigation of a striped skunk (Mephitis mephitis) displaying lympho-plasmacellular inflammation in various organs revealed the first case of skunk amdoparvovirus 4 infection in a striped skunk in Germany.
This study demonstrated that the combined application of pathological and virological investigation methods to cases of unknown etiology enabled the identification and characterization of previously unknown and already known viruses. Preselection of potential cases based on epidemiological, clinical and pathological evidence indicating a viral etiology allowed a targeted investigation. There were minor variations of the results by applying different molecular techniques, which can be caused by different sensitivities of the applied methods. The use of conventional methods such as immunohistochemistry and PCR enabled the investigation of the virus distribution within the organs of an affected animal. Identification of genomic sequences using metagenomic sequencing allowed genetic characterization of the viruses investigated in this study. The example of RusV-infected lions showed the successful demonstration of a partial co-localization of viral nucleic acids and histopathological lesions in the CNS. Examination of roan antelopes displaying MCF-like signs by using a Herpesviridae-specific PCR demonstrated the effective use of primers to detect conserved regions, allowing the screening for the presence of multiple viruses of a certain group. In contrast, metagenomic sequencing represents a sequence-independent method that allows screening for the presence of previously unknown viruses. Due to significant antibody-specific deviations, the suitability of antibodies recognizing viral dsRNA intermediates could be assessed to a limited extent. While results in USUV-infected birds demonstrated that immunohistochemical visualization of dsRNA can be used to detect viral infection, no distinction could be made between infected and non-infected lions. To rule out possible species-specific and/or virus-specific differences, further studies are needed to conclusively assess the applicability of dsRNA antibodies as a complementary virus detection method.
Preview
Cite
Access Statistic


