Malabsorption im Zuge der Spulwurminfektion : Modulation des intestinalen porcinen Nährstofftransportes
Der Schweinespulwurm Ascaris suum ist der bedeutendste Endoparasit in der Schweinehaltung und darüber hinaus wegen seines zoonotischen Potenzials und enger Verwandtschaft zum humanen Spulwurm Ascaris lumbricoides von wissenschaftlichem Interesse. Aufgrund verminderter Futterverwertung und Gewichtszunahmen infizierter Schweine bzw. Mangelernährung bei humaner Ascariose sind mechanistische Erkenntnisse zur Modulation des intestinalen Nährstofftransports durch die Spulwurminfektion von großer Bedeutung. In der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene In-vitro- und In-vivo-Versuche durchgeführt, um ein umfassendes Bild über die Rolle verschiedener A. suum-Antigenfraktionen sowie parasitärer Entwicklungsstadien bei der Modulation des Nährstofftransports zu erhalten. Zunächst wurde die Wirkung verschiedener Antigene in vitro untersucht, indem porcine Jejunalschleimhaut mit ES-Gesamtantigenen, die durch In-vitro-Kultivierung adulter A. suum-Würmer gewonnen wurden, sowie mit kutikulär-somatischen (CSO) Antigenen aus homogenisierter A. suum-Kutikula inkubiert wurde, bevor eine Messung des Glukose-, Alanin- und Dipeptid-(Glycyl-L-Glutamin [GlyGln]) Transports in Kurzschlussstrom-(Ussing‑)Kammern erfolgte. Außerdem wurden die Nährstoffaufnahme und die ES-Antigen-Zusammensetzung von unbehandelten Würmern und Würmern mit durch Gewebekleber verschlossenen Mund- und Analöffnungen verglichen, um einen tieferen Einblick in den Stoffwechsel des Parasiten zu erhalten. In einem In-vivo-Versuch wurden Schweine oral einmalig mit 10.000 A. suum-Eiern sowie an 10 aufeinanderfolgenden Tagen mit jeweils 1.000 Eiern infiziert und 21, 35 und 49 Tage post infectionem (pi) untersucht, um die Effekte verschiedener parasitärer Entwicklungsstadien zu vergleichen. Um zu eruieren, ob die Larvenwanderung für die Modulation des Nährstofftransportes essentiell ist, wurden 30 adulte Würmer in den Magen Spulwurm-naiver Schweine eingebracht. Darüber hinaus wurden die In-vivo-Wirkungen von ES-Gesamt-Antigenen, über die Körperoberfläche der Würmer mit verklebten Mund- und Analöffnungen abgegeben (transkutikulären) ES-Antigenen, und von CSO-Antigenen durch direkte Injektion in das Duodenum von Schweinen nach dreitägiger Einwirkung untersucht. Bei allen Versuchsansätzen wurde der elektrogene Glukose- und Peptidtransport sowie die Fluxrate radioaktiv markierter Glukose an duodenalem, jejunalem und ilealem Gewebe im Ussing-Kammer-System quantifiziert. Des Weiteren wurde die Transkription acht Transport-relevanten Gene (SGLT1, GLUT1, GLUT2, Hif-1α, IL-4, IL-13, STAT6, PepT1) mittels qPCR analysiert und die Expression von SGLT1, pSGLT1, GLUT2, Na+/K+-ATPase, ASCT1 sowie PepT1 durch Immunoblot-Analysen bestimmt. Erstmalig konnte ein verminderter transepithelialer Transport von Glukose und Alanin nach in vitro-Exposition von jejunalem Gewebe mit A. suum-ES-Gesamtantigenen nachgewiesen werden, während CSO-Antigene den GlyGln-Transport steigerten. Ein Vergleich der Nährstoffaufnahme durch unbehandelte und verklebte Würmer zeigte, dass unbehandelte Würmer die Glukose vollständig und verklebte Würmer diese zu 90 % absorbierten, was eine vorwiegend kutikuläre Absorption bestätigte. Die Aminosäuren-Absorption war bei verklebten Würmern um 30 % und die Ammoniakausscheidung um 20 % reduziert, was auf eine rasche Anpassung des Metabolismus infolge der Nährstoffrestriktion hindeutet. Experimentelle Infektionen mit A. suum-Eiern führten 49 Tage pi zu einer signifikanten Verringerung der Alanin- und GlyGln-Absorption im Jejunum und Ileum sowie einer verringerten GLUT2-Expression im Ileum, während an Tag 21 und 35 pi nur geringfügige Veränderungen beobachtet wurden, was auf einen stärkeren Einfluss adulter Parasiten im Vergleich zu larvalen Stadien hindeutet. Als Reaktion auf 30 adulte A. suum wurde in vivo eine verringerte Transkription mehrerer relevanter Gene im Jejunum und Ileum sowie eine verringerte GLUT2- und PepT1-Expression im Ileum beobachtet, während keine Auswirkungen auf den Nährstofftransport zu verzeichnen waren, was möglicherweise auf die kurze Inkubationszeit von drei Tagen zurückzuführen ist. Bei den Schweinen, die CSO- und ES-Gesamtantigene erhielten, wurde ein signifikanter Anstieg des Alanin- und Dipeptid-Transports im Jejunum und Duodenum beobachtet, wohingegen die Glukose-Fluxrate durch CSO-Antigene im Ileum signifikant erniedrigt war. Entgegen der ursprünglichen Hypothese wurde im Duodenum und Jejunum eine generelle Aufregulierung, im Ileum hingegen eine Abregulierung der Transkription relevanter Gene erfasst. Diese Effekte könnten auf die einmalige Applikation einer sehr hohen Antigendosis und eine entsprechende Gegenregulation des Wirtes zurückzuführen sein. Zusammenfassend zeigte sich, dass Veränderungen des Nährstofftransportes allein durch parasitäre Antigene induziert werden können und die beobachteten Modulationen wahrscheinlich durch veränderte Transporteraktivitäten bedingt wurden, da sie in vitro bereits nach kurzer Zeit auftraten und nicht vollständig durch die Veränderungen auf Transkriptions- und Expressionsebene erklärt werden konnten. Künftige Studien sind nötig, um die verantwortlichen Antigen-Komponenten weiter einzugrenzen und zugrundeliegende molekulare Mechanismen zu identifizieren.
The large roundworm Ascaris suum is the most important endoparasite in the pig farming industry and is also of scientific interest due to its zoonotic potential and close genetic relationship to the human roundworm Ascaris lumbricoides. Due to reduced food conversion and growth rates of A. suum infected pigs as well as malnutrition in human ascariasis, mechanistic insights into intestinal nutrient transport modulation by roundworm infections are highly relevant. In the presented work, different in vitro and in vivo trials were conducted to obtain a comprehensive picture regarding the role of different A. suum antigen fractions as well as parasitic life stages in modulating nutrient transport. First, the effect of different antigens was studied in vitro by incubating porcine jejunal mucosa with total ES antigens, obtained by in vitro cultivation of adult A. suum worms, and with cuticular somatic (CSO) antigens derived from homogenized A. suum cuticles, followed by glucose, alanine and dipeptide (glycyl-L-glutamine [GlyGln]) transport measurements in short-circuit current (Ussing) chambers. Additionally, nutrient uptake and ES antigen patterns of untreated worms were compared to worms with sealed oral and anal openings by tissue glue, to gain deeper insights into the metabolism of the parasite. In an in vivo trial, pigs were orally infected once with 10,000 A. suum eggs or on 10 consecutive days with 1,000 eggs each, and examined 21, 35 and 49 days post infection (dpi) to compare the effects of different parasite development stages. To determine whether larval migration is essential for modulating nutrient transport, 30 adult worms were inserted into the stomach of roundworm-naïve pigs. Further, the in vivo effects of total ES antigens, as well as antigens secreted exclusively via the body surface of worms with sealed mouth and anal openings (trans-cuticular ES antigens), and CSO antigens were studied three days after injecting them directly into the pigs´ duodenum. Electrogenic glucose and peptide transport as well as the flux rate of radiolabelled glucose was quantified on duodenal, jejunal and ileal tissue using the Ussing chamber system. Furthermore, the transcription levels of eight genes involved in transport processes (SGLT1, GLUT1, GLUT2, Hif-1α, IL-4, IL-13, STAT6, PepT1) were studied by quantitative real-time PCR and the mucosal expression of SGLT1, pSGLT1, GLUT2, Na+/K+-ATPase, ASCT1 and PepT1 was determined by immunoblot analyses.
For the first time, decreased transepithelial transport of glucose and alanine was demonstrated after in vitro exposure of jejunal tissue to A. suum total ES antigens, whereas CSO antigens increased GlyGln transport. Comparison of nutrient uptake by untreated and sealed worms showed that untreated worms absorbed glucose completely, while sealed worms absorbed 90%, confirming predominantly cuticular absorption. Amino acid absorption in sealed worms was reduced by 30% and ammonia excretion by 20%, indicating a rapid metabolic adaptation as a result of nutrient restriction. Experimental infections with A. suum eggs significantly reduced alanine and glygln absorption in the jejunum and ileum, and decreased GLUT2 expression in the ileum at 49 dpi, whereas only minor alterations were observed at 21 and 35 dpi, suggesting a stronger influence of adult parasites compared to larval stages. In response to the transfer of 30 adult A. suum, decreased transcription of several relevant genes in the jejunum and ileum in addition to decreased GLUT2 and PepT1 expression in the ileum were observed in vivo, whereas no effects on nutrient transport were recorded, possibly due to an insufficient incubation period of three days. A significant increase in alanine and dipeptide transport in the jejunum and duodenum was observed in pigs receiving CSO and ES total antigens, while the glucose flux rate was significantly decreased by CSO antigens in the ileum. Contrary to the initial hypothesis, a general upregulation was recorded in the duodenum and jejunum, whereas a downregulated transcription of relevant genes was recorded in the ileum. These effects might be attributed to the single application of a high antigen dose and a corresponding counter regulation of the host. In summary, it can be concluded that changes in nutrient transport can be induced solely by parasitic antigens, and that the observed modulations were probably due to altered transporter activities, since they occurred rapidly in vitro and could not be fully explained by transcriptional and expression changes. Future studies are needed to further narrow down the responsible antigenic components and identify underlying molecular mechanisms.