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Einfluss von Temperaturen unterhalb der Pasteurisierungsgrenze auf die Inaktivierung relevanter pathogener Keime in Milch

In milchverarbeitenden, handwerklichen Betrieben werden Temperaturen unterhalb der Pasteurisierungsgrenze nach wie vor als Wärmebehandlungsverfahren in Form der Thermisierung angewandt. Hierbei werden Temperaturen von 57 - 68 °C mit einer Heißhaltezeit von max. 30 s kombiniert, sodass ein nachträglicher Alkalinphosphatasetest positiv bleibt. Die Thermisierung stellt eine beliebte Wärmebehandlung in kleinen, traditionellen, handwerklichen Käsereien dar, in denen sie oftmals als Batch-Verfahren in Chargenpasteuren durchgeführt wird. Neben der Reduktion von Verderbniserregern und der daraus resultierenden verlängerten Lagerungsfähigkeit, auf die die Thermisierung abzielt, sind zudem die Aspekte der Lebensmittelsicherheit bedeutend. Hierbei liegt der Fokus auf milchassoziierten pathogenen Keimen, wie Listeria monocytogenes, Shiga-Toxin bildenden Escherichia coli, Salmonella enterica, Campylobacter jejuni oder Bacillus cereus, welche von besonderer gesundheitlicher Relevanz sind. Ziele der vorliegenden Studie waren folglich die Untersuchung des Inaktivierungspotenzials ausgewählter milchassoziierter pathogener Keime bei Temperatur-Zeit-Kombinationen unterhalb der Pasteurisierungsgrenze in Milch. Weitere Aspekte wie der Einfluss einer anschließenden Kühllagerung und Veränderungen der Matrix wurden darüber hinaus berücksichtigt. Nachfolgend wurde das Verhalten von Listeria innocua als Surrogatorganismus für L. monocytogenes während einer Thermisierung und anschließender Käseherstellung und –reifung analysiert. Eine parallel durchgeführte Befragung handwerklicher Betriebe sollte zusätzlich praxisnahe Informationen und Daten ermitteln, die neben einer allgemeinen Status-Quo-Erhebung in die Versuchsentwicklung einflossen. Im ersten Versuch wurden die Einflüsse unterschiedlicher Erhitzungstemperaturen unterhalb der Pasteurisierungsgrenze auf das Überleben pathogener Keime in Milch untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass L. monocytogenes im Vergleich zu den anderen pathogenen Keimen die höchste Hitzestabilität aufwies, während die vegetativen Zellen von B. cereus am hitzelabilsten waren. B. cereus Sporen wurden durch die Wärmebehandlung nicht reduziert und blieben im Verlauf der gesamten Lagerung auf einem konstanten Niveau. Während der Kühllagerung war L. monocytogenes im Gegensatz zu den anderen pathogenen Keimen in der Lage, sich zu erholen und zu vermehren. Der zweite Versuch befasste sich mit der praxisnahen Gestaltung einer Batch-Erhitzung unter Thermisierungsbedingungen. Des Weiteren wurden Einflüsse durch die Erregerkonzentrationen sowie durch die Begleitflora von Rohmilch untersucht. Die Ergebnisse deckten sich mit dem ersten Versuch. L. monocytogenes konnte selbst bei kleinen Inokulationskonzentrationen nicht vollständig inaktiviert werden. Bei der anschließenden Lagerung war eine Keimzahlvermehrung um mehrere Log-Stufen möglich, sodass eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden konnte. Die Gesamtkeimzahl der Ausgangmatrix und die Keimzahlzunahme von L. monocytogenes schienen sich dabei negativ aufeinander auszuwirken. Im dritten Versuch wurde das Verhalten von L. innocua während der Käseherstellung und –reifung mit einer vorherigen Thermisierung untersucht. L. innocua wurde insgesamt nicht vollständig eliminiert, konnte jedoch um mehrere Log-Stufen inaktiviert werden, sodass unter der Voraussetzung von niedrigen Ausgangskonzentrationen eine vollkommende Inaktivierung möglich wäre. Zusätzlich stellte die Thermisierung ein praktisches Verfahren zur Verbesserung der Milchhygiene dar und beeinflusste ähnlich wie die Pasteurisierung den pH-Wert des Käses am Ende der Reifung. Die für die praxisnahe Gestaltung des zweiten praktischen Versuchs relevante Befragung wurde im Zeitraum von Februar bis März 2022 mit der freundlichen Unterstützung des Verbands für handwerkliche Milchverarbeitung e.V. Deutschland an 750 Betriebe per E-Mail versendet. Mithilfe eines Online-Fragebogens wurden 20 Fragen zur Ermittlung demografischer und allgemeiner Daten sowie zum Erhitzungsmanagement und der Milchverarbeitung gestellt. Insgesamt konnten 113 der 134 beantworteten Fragebögen ausgewertet werden. Die deutschlandweit verteilten Betriebe waren meist parallel Milcherzeuger und verfügten über einen eigenen Tierbestand. Es wurde sowohl Kuh, als auch Ziegen- und Schafsmilch verarbeitet. Es lagen betriebsindividuell hohe Varianzen in der täglich verarbeiteten Milchmenge vor. Von der vielfältigen Produktpalette nahm die Käseherstellung einen Großteil ein. Aus der Befragung wurde zusätzlich deutlich, dass milchassoziierte Keime wie Listerien, E. coli, Campylobacter und Bacillen immer noch bedeutend für den Milchverarbeitungsbereich sind. Die Thermisierung stellte ein bekanntes Verfahren dar. Dabei war auffällig, dass hohe Varianzen in den eingesetzten Temperatur-Zeit-Kombinationen vorlagen. Eine Wärmebehandlung erfolgte im handwerklichen Betrieb häufig unter Rühren mit Temperaturkontrolle im Chargenpasteur. Im Rahmen der Studie konnte gezeigt werden, dass die Thermisierung als Erhitzungsverfahren nach wie vor eine Rolle in der handwerklichen Milch- und Käseverarbeitung spielt. Von einer sicheren, vollständigen Abtötung pathogener Keime durch die Erhitzung selber sowie im Hinblick auf eine anschließende Kühllagerung oder Käseherstellung kann aufgrund der erhobenen Daten nicht ausgegangen werden, was im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit berücksichtigt werden muss.

In milk-processing, artisanal dairies, temperatures below the pasteurization limit are still used as a heat treatment in the form of thermization. Temperatures of 57 - 68 °C are combined with a heat holding time of max. 30 s, so that a subsequent alkaline phosphatase test remains positive. Thermization represents a popular heat treatment in small traditional artisanal cheese dairies, where it is often performed in batch pasteurizers. Food safety aspects are also significant In addition to the reduction of spoilage flora and the resulting extended shelf life. The focus is on milk-associated pathogens such as Listeria monocytogenes, Shiga toxin-producing Escherichia coli, Salmonella enterica, Campylobacter jejuni or Bacillus cereus, which are of particular health relevance. Consequently, the aims of the present study were to investigate the inactivation potential of selected milk-associated pathogens at temperature-time combinations below the pasteurization limit in milk. Aspects such as the influence of subsequent cold storage and changes in the matrix were also considered. Furthermore, the behaviour of Listeria innocua as a surrogate organism for L. monocytogenes was analysed during thermization and a subsequent cheese production and ripening. A parallel survey of artisanal farms was carried out in order to obtain additional practical information and data, which, in addition to a general status quo survey, were incorporated into the development of the experiment. In the first experiment, the influences of different heating temperatures below the pasteurization limit on the survival of pathogens in milk were investigated. The results showed that L. monocytogenes had the highest heat stability compared to the other pathogens, while the vegetative cells of B. cereus were the most heat-labile ones. B. cereus spores were not reduced by heat treatment and remained at a constant level throughout storage. During cold storage, L. monocytogenes was able to recover and multiply, unlike the other pathogens. The second experiment dealt with the practical design of batch heating under thermization conditions. Furthermore, the influence of different pathogen concentrations as well as the accompanying flora of raw milk were investigated. The results were consistent with the first experiment. L. monocytogenes could not be completely inactivated even at low inoculation concentrations. During subsequent storage, the bacterial count increased by several log levels. Thus, a health hazard could not be ruled out. The total bacterial count of the initial matrix and the bacterial count increase of L. monocytogenes correlated negatively. In the third experiment, the behaviour of L. innocua during cheese production and ripening was investigated with prior thermization. L. innocua was not completely eliminated overall, but could be inactivated by several log levels. Consequently, a complete inactivation could be possible under the condition of low initial concentrations. In addition, thermization represented a practical procedure for improving milk hygiene and influenced the pH content of the cheese at the end of ripening similar to pasteurization. The survey, which was relevant for the practical design of the second experiment, was sent by e-mail to 750 farms in the period from February to March 2022 with the kind support of the Verband für handwerkliche Milchverarbeitung e.V. Deutschland. The farms were distributed throughout Germany. They were mostly milk producers who had their own livestock. Cow, goat and sheep milk were processed. There were high variances in the amount of milk processed daily on the individual farms. Cheese production took up a large part in the diverse product range. It became additionally clear that milk-associated pathogens such as Listeria spp., E. coli, Campylobacter spp. and Bacillus spp. are still significant for the milk-processing sector. Thermization represented a well-known process with high variances in the used temperature-time combinations. Heat treatment was often carried out under stirring with temperature control in the batch pasteurizer. The study was able to show that thermization as a heating process still plays a recognisable role in artisanal milk and cheese processing. Based on the data collected, it cannot be assumed that pathogens are reliably and completely killed by the heating process itself, the subsequent cold storage or cheese production, which must be considered with regard to food safety.

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