Tier- und herdenspezifische Einflussfaktoren auf den Schweregrad klinischer Mastitiden in nordwestdeutschen Milchviehbetrieben
Schwere Mastitiden können bei den erkrankten Milchkühen zu einigen schwerwiegenden Gesundheitskomplikationen, einschließlich Septikämien mit möglichen Todesfolgen, führen. Die Milchviehbetriebe bewegen sich in einem Spannungsfeld zwischen Tierwohl, gesellschaftlicher Akzeptanz (Ethik & Lebensmittelsicherheit) und Wirtschaftlichkeit. Unter Tierwohl wird sowohl eine optimale Tiergesundheit und somit auch eine gute Eutergesundheit als auch ein gutes und artgerechtes Wohlbefinden der Tiere verstanden. Insbesondere schwere Mastitiden belasten das Tierwohl sehr. Die vorliegende Studie hatte das Ziel, herauszufinden was schwere Mastitisverläufe hervorruft. Zentrale Fragestellungen waren dabei, warum Mastitiden bei Milchkühen unterschiedlich schwer verlaufen und warum Milchviehherden unterschiedliche Inzidenzen für schwere Mastitiden haben. Dazu sind in der vorliegenden Studie Assoziationen zwischen tier- und herdenspezifischen Einflussfaktoren und dem Schweregrad klinischer Mastitiden sowie Assoziationen zwischen herdenspezifischen Einflussfaktoren und der Inzidenz schwerer Mastitiden in Milchviehherden untersucht worden. Insgesamt wurden innerhalb eines Jahres 854 Mastitiden auf 65 nordwestdeutschen Milchviehbetrieben für die zytomikrobiologische Untersuchung beprobt und gemäß der Definitionen der International Dairy Federation (IDF, 1999) in Bezug auf den Schweregrad klassifiziert. Neben der Erhebung von tierspezifischen Gesundheitsparametern, wurde ein Betriebsbesuch zur Erhebung von herdenspezifischen Daten durchgeführt. Zahlreiche Parameter aus den Daten der Milchleistungsprüfungen (MLP) wurden herangezogen und geprüft. Analysen wurden mittels generalisierten linearen gemischten Modellen und einer binominalen Zielvariable (schwere Mastitiden vs. nicht schwere Mastitiden) vorgenommen. Die Analysen gaben Hinweise auf mehrere Risikofaktoren in signifikanter Assoziation mit dem Schweregrad klinischer Mastitiden. Im ersten Teil der Studie wurden gezielt erreger- und tierspezifische Einflussfaktoren auf den Schweregrad klinischer Mastitiden untersucht. Die Behandlung der erkrankten Milchkühe mit Kortikosteroiden innerhalb von 14 Tagen vor der Mastitis war signifikant assoziiert mit schweren Mastitisverläufen. Die Kombination aus coliformen Erregern als Mastitis verursachende Erreger und einer gleichzeitig hohen Erregerausscheidung dieser coliformen Erreger war signifikant assoziiert mit schweren Mastitisverläufen. Auch das Laktationsstadium der Frühlaktation war signifikant assoziiert mit schweren Mastitiden. Hingegen war die Vorerkrankung der Hypocalcämie bei den erkrankten Milchkühen innerhalb von 14 Tagen vor der Mastitis signifikant mit nicht schweren Mastitisverläufen assoziiert. Im zweiten Teil der Studie wurden zuerst gezielt herdenspezifische Einflussfaktoren auf den Schweregrad klinischer Mastitiden bei den erkrankten Milchkühen ausgearbeitet. Mastitisfälle in sauberen Milchviehherden waren signifikant assoziiert mit schweren Mastitisverläufen. Auch Mastitiden in Milchviehherden mit > zwei Melkungen pro Kuh und Tag zeigten signifikante Assoziationen mit schweren Mastitisverläufen. Das Neuinfektionsrisiko (NIR) in der Trockenperiode in der letzten MLP vor der Mastitis war signifikant assoziiert mit schweren Mastitiden, sodass Mastitisfälle in Milchviehherden mit einem NIR in der Trockenperiode ≤ 28,0 % signifikant mit schweren Mastitiden assoziiert waren. Die Mastitis verursachende Erregergruppe war ebenfalls signifikant assoziiert mit schweren Mastitiden. Anschließend wurden herdenspezifische Einflussfaktoren in Assoziation mit der Inzidenz schwerer Mastitiden in Milchviehherden geprüft. Dabei lag die mittlere Inzidenz für schwere Mastitiden unter allen Herden bei 4,1 schweren Mastitisfällen pro 100 Kuhjahre unter Risiko. Die mittlere Inzidenz schwerer Mastitisfälle pro 100 Kuhjahre unter Risiko lag bei Herden mit einem Milchproteingehalt < 3,4 % deutlich höher als bei Herden mit einem Milchproteingehalt ≥ 3,4 % (6,0 vs. 2,4). Der Milchweißgehalt der Herde, basierend auf dem Durchschnitt aller MLP während des Probenzeitraums, war signifikant assoziiert mit hohen Inzidenzen schwerer Mastitiden in Milchviehherden. Herden mit niedrigen Milcheiweißgehalten < 3,4 % waren signifikant assoziiert mit hohen Inzidenzen schwerer Mastitiden. Die Studie zeigt, dass es einige erreger-, tier- und herdenspezifische Risikofaktoren für schwere Mastitiden gibt. Diese Arbeit bietet somit eine Grundlage für folgende randomisierte kontrollierte Studien zu dem genauen Einfluss der einzelnen assoziierten Faktoren auf den Schweregrad klinischer Mastitiden und die Inzidenz schwerer Mastitiden in Milchviehherden.
Severe mastitis can lead to some serious health complications in the diseased dairy cows, including septicemia with possible fatalities. Dairy farms are caught between animal welfare, social acceptance (ethics & food safety) and profitability. Animal welfare is understood to mean both optimal animal health, and thus good udder health, and good and species-appropriate animal well-being. Severe mastitis in particular puts a strain on the animal welfare. The present study aimed to find out what causes severe mastitis courses. Central questions were why mastitis varies in severity in dairy cows and why dairy herds have different incidences of severe mastitis. For this purpose, associations between animal- and herd-related influencing factors and the severity of clinical mastitis, as well as associations between herd-related influencing factors and the incidence of severe mastitis were investigated in the present study. A total of 854 mastitis cases on 65 dairy farms in Germany were sampled for cytomicrobiological examination within one year and classified in terms of severity according to the definitions of the International Dairy Federation (IDF, 1999). In addition to collecting animal-related health parameters, a farm visit was conducted to collect herd-related data. Numerous parameters from the dairy herd improvement (DHI) test data were consulted and reviewed. Analyses were performed using generalized linear mixed models and a binomial outcome variable (severe mastitis vs. non severe mastitis). The analyses provided evidence for several risk factors in significant association with the severity of clinical mastitis. The first part of the study targeted pathogen- and animal-related factors influencing the severity of clinical mastitis. Treatment of the diseased dairy cow with corticosteroids within 14 days prior to mastitis was significantly associated with severe courses of mastitis. The combination of coliform pathogens as mastitis-causing pathogens and a concurrent high pathogen shedding of these coliform pathogens was significantly associated with severe mastitis courses. Early lactation stage was also significantly associated with severe mastitis. In contrast, prior hypocalcemia in the diseased dairy cows within 14 days before mastitis was significantly associated with non-severe mastitis courses. In the second part of the study, herd-related influencing factors on the severity of clinical mastitis in the diseased dairy cows were first specifically elaborated. Mastitis cases in clean dairy herds was significantly associated with severe mastitis. Mastitis in dairy herds with > two milkings per cow per day also showed significant associations with severe mastitis courses. The new infection risk (NIR) in the dry period in the last DHI test before mastitis was significantly associated with severe mastitis, such that mastitis cases in dairy herds with a NIR in the dry period ≤ 28.0% were significantly associated with severe mastitis. The mastitis-causing pathogen group was also significantly associated with severe mastitis. Herd-related factors were then tested in association with the incidence of severe mastitis in dairy herds. Here, the mean incidence for severe mastitis among all herds was 4.1 severe mastitis cases per 100 cow-years at risk. The mean incidence of severe mastitis cases per 100 cow-years at risk was significantly higher in herds with milk protein content < 3.4% than in herds with milk protein content ≥ 3.4% (6.0 vs. 2.4). Herd milk protein content, based on the average of all dairy herd improvement tests during the sample period, was significantly associated with high incidences of severe mastitis in dairy herds. Herds with low milk protein contents < 3.4% were significantly associated with high incidences of severe mastitis. The study shows that there are some pathogen-, animal- and herd-related risk factors for severe mastitis. This work thus provides a basis for subsequent randomized controlled studies on the exact influence of the individual associated factors on the severity of clinical mastitis and the incidence of severe mastitis in dairy herds.