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Zeckenabundanz und Prävalenz bakterieller Erreger in Schildzecken im Stadtgebiet Hannover und Vergleich mit vorherigen Studien

Zecken stellen insbesondere durch ihre Vektorfunktion für Mensch und Tier ein Gesundheitsrisiko dar. Um dieses im urbanen Raum besser einschätzen zu können, wurde in einem Teil dieser Arbeit die Abundanz der in Mitteleuropa dominierenden Schildzecke Ixodesricinus in zwei aufeinanderfolgenden Jahren an zehn Standorten im Stadtgebiet Hannover untersucht. Im zweiten Teil der Arbeit wurde an denselben Standorten im Jahr 2020 die Prävalenz von Borrelia spp., Anaplasma phagocytophilum und Rickettsia spp. bei Zecken erhoben und mit vorangegangenen Untersuchungen aus den Jahren 2005, 2020 und 2015 verglichen.

Für die Abundanzstudie wurden die in unterschiedlichen Habitaten (Laubwald, Mischwald und Park) gelegenen Standorte in den Jahren 2019 und 2020 von April bis Oktober mittels Flaggmethode untersucht. Monatlich wurde an jedem Standort eine Gesamtfläche von 100 m² beprobt, wobei Anfang und Mitte des Monats jeweils 50 m² beflaggt wurden. Zusätzlich wurden verschiedene Klima- und Umweltfaktoren erhoben, um deren Einfluss auf die Zeckendichte zu untersuchen. Anhand morphologischer Merkmale erfolgten die Speziesdifferenzierung und die Bestimmung des jeweiligen Entwicklungsstadiums der Zecken. Innerhalb des Untersuchungszeitraums wurde eine Gesamtsumme von 2512 Zecken gesammelt, von denen 2503 (99,6 %) der Art Ixodes ricinus angehörten. Außerdem wurde das Vorkommen der Art Ixodes frontalis an vier verschiedenen Standorten dokumentiert. Weiterhin konnte eine Nymphe als Ixodes hexagonus bestimmt werden. Ein für Mitteleuropa üblicher Frühjahrspeak der Zeckenabundanz wurde in den Monaten Mai bis Juni festgestellt. Das Aktivitätsprofil der Zecken wies in beiden Untersuchungsjahren jedoch keinen Herbstpeak auf. Während im Jahr 2019 die durchschnittliche Zeckendichte 19,8 Zecken/100 m² betrug, konnten in dem darauffolgendem Jahr 2020 16,0 Zecken/100 m2 gesammelt werden. Eine signifikante Veränderung der Zeckendichte verglichen mit den Jahren 2017 und 2018 konnte nicht festgestellt werden. Zwischen den Landschaftstypen variierte die Zeckendichte ebenfalls nicht signifikant. Abiotische Umweltfaktoren, die einen signifikanten Einfluss auf die Zeckendichte hatten, waren das Sättigungsdefizit sowie die Laubfeuchte und der Luftdruck in der Laub- bzw. Detritus- oder Moosschicht.

In die Pathogenanalyse gingen insgesamt 2100 von April bis Oktober 2020 mittels Flaggmethode gesammelte Zecken ein. Die Analyse mittels quantitativer real-time PCR ergab eine Gesamtprävalenz von 25,5 % für Borrelia spp., 36,0 % für Rickettsia spp. und 3,0 % für A. phagocytophilum. Der Vergleich mit den Vorjahren ergab eine konstante Gesamtprävalenz von Borrelien und A. phagocytophilum. Im Gegensatz dazu wurden schwankende Rickettsia-Prävalenzen beobachtet, mit einem Peak im Jahr 2015 in allen Entwicklungsstadien, aber ähnlichen Infektionsraten in den Jahren 2005 und 2020. Die Gesamt-Koinfektionsraten mit Borrelia spp., A. phagocytophilum und Rickettsia spp. blieben im Jahr 2020 im Vergleich zu den Vorjahren konstant. Die Borrelia-Spezies-Differenzierung mittels Reverse Line Blot war bei 67,3 % der im Jahr 2020 gesammelten Borrelia-positiven Zecken erfolgreich, wobei der Anteil der Infektionen, die auf B. afzelii zurückzuführen waren, im Jahr 2020 im Vergleich zu 2005 und 2015 deutlich erhöht war (59,2 % gegenüber 37,6 % bzw. 32,0 % der erfolgreich differenzierten Infektionen). Obwohl die Gesamtprävalenz konstant blieb, können Verschiebungen im Borrelia-Artspektrum das Gesundheitsrisiko aufgrund unterschiedlicher Pathogenität der verschiedenen Genospezies verändern.

Unter Berücksichtigung der Zeckenabundanz und der Prävalenz der verschiedenen bakteriellen Erreger lassen sich lokale und zeitliche Unterschiede im Infektionsrisiko ausmachen. Der Standort “Misburger Wald“ wies die höchste Dichte infizierter Nymphen (DIN) im Jahre 2020 auf und birgt somit eine große Gefahr eines potenziellen Kontaktes mit einer erregerpositiven Nymphe. Ein im Zuge des Klimawandels erhöhtes Infektionsrisiko ist anhand der Daten des 15-jährigen Untersuchungszeitraums bislang nicht zu verzeichnen. Dennoch wird die Langzeitstudie auch zukünftig fortgesetzt, da sich die klimatischen Auswirkungen auf die Zecken- und Reservoirwirtpopulationen möglicherweise erst mit Verzögerung auf die Erregerprävalenz in den Zecken auswirken. Diese Arbeit liefert somit ein Update zur Einschätzung des von Zecken ausgehenden Gesundheitsrisikos im Stadtgebiet Hannover und dient weiterhin als Grundlage für künftige Untersuchungen.

Due to their vector function, ticks pose a health risk to humans and animals. In order to better assess this risk in urban areas, one part of this study investigated the abundance of Ixodesricinus, the dominant tick in Central Europe, at ten sites in the urban area of Hannover in two consecutive years. In the second part of this work, the prevalence of Borrelia spp., Anaplasma phagocytophilum and Rickettsia spp. was analysed at the same ten sites in 2020 and compared with previous surveys conducted in 2005, 2020 and 2015.

For the abundance study, sites located in different habitats (deciduous forest, mixed forest and park) were investigated from April to October 2019 and 2020 by the flagging method. A total area of 100 m² was sampled monthly at each site, with 50 m² flagged in the beginning and middle of each month. In addition, various climatic and environmental factors were recorded to investigate their influence on tick density. Based on morphological characteristics, species differentiation and the determination of the respective developmental stage of the ticks were carried out. Within the study period, a total of 2512 ticks were collected, of which 2503 (99.6%) were assigned to Ixodes ricinus. In addition, occurrence of the species Ixodes frontalis was documented at four different sites. Furthermore, one nymph was determined as Ixodes hexagonus. A spring peak in tick abundance, common for Central Europe, was detected in May to June. However, the tick activity profile did not show an autumn peak in either study year. While the average tick density was 19.8 ticks/100 m² in 2019, only 16.0 ticks/100 m2 were collected in the following year. No significant change in tick density was noted as compared to the years 2017 and 2018. There was also no significant variation in tick density between different habitat types. Abiotic environmental factors that had a significant effect on tick density were saturation deficit and air humidity together with atmospheric pressure in the leaf litter/ detritus or moss layer.

In addition, 2100 ticks collected from April to October 2020 by the flagging method were subjected to pathogen detection. Analysis by quantitative real-time PCR revealed overall prevalences of 25.5% for Borrelia spp, 36.0% for Rickettsia spp. and 3.0% for A. phagocytophilum. Comparison with previous years revealed constant overall prevalences of Borrelia and A. phagocytophilum. In contrast, fluctuating Rickettsia prevalences were observed, with a peak in 2015 in all developmental stages, but similar infection rates in 2005 and 2020. Total coinfection rates with Borrelia spp, A. phagocytophilum, and Rickettsia spp remained constant in 2020, compared to previous years. Borrelia species differentiation by Reverse Line Blot was successful in 67.3% of Borrelia-positive ticks, with a significant increase in the proportion of infections attributable to B. afzelii in 2020 compared to 2005 and 2015 (59.2% versus 37.6% and 32.0% of successfully differentiated infections, respectively). Although the overall prevalence remained constant, shifts in the Borrelia species distribution may alter the health risk due to differences in pathogenicity among genospecies.

Taking both tick abundance and the prevalence of bacterial pathogens into account, significant local and temporal differences emerge. The location "Misburger Wald" had the highest density of infected nymphs (DIN) value in 2020 and thus poses the highest risk of potential contact with a pathogen-positive nymph. According to the data from the 15-year study period, an elevated risk of infection due to climate change has not been recorded thus far. Nevertheless, the long-term study will be continued in the future, as climatic effects on tick and reservoir host populations may have a delayed impact on pathogen prevalence. The present study provides an update on the current health risk posed by ticks in the city of Hannover, and will serve as a basis for further research.

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