Bakteriämie und Keimausscheidung bei schweren Mastitiden
Mastitiden gehören zu den häufigsten und kostspieligsten Erkrankungen in Milchviehbetrieben und spielen nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem auch im Bereich des Tierwohls eine große Rolle. Trotz dessen, dass insbesondere die schweren Mastitiden aufgrund der hohen Sterberate und des Risikos einer Sepsis eine große Hürde für die Landwirte und Tierärzte darstellen, gibt es nicht viele Studien, die sich mit der Entwicklung dieser schweren Fälle und möglichen Bakteriämien beschäftigt haben. Schwere Mastitiden werden häufig grundsätzlich parenteral mit Antibiotika behandelt, um das Überleben des Tieres zu sichern. Parenterale Antibiosen beeinflussen jedoch nicht nur den lokalen Infektionsherd und es ist umstritten, ob damit ein Mehrwert in der Heilung erzielt werden kann. Die voranschreitenden Antibiotikaresistenzen und die damit geforderte Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes in der Mastitistherapie verschärft die Situation in den landwirtschaftlichen Betrieben. Um die Bedeutung von Bakteriämien und schweren Mastitiden bei Milchkühen zu bestimmen und mögliche Einflussfaktoren zu ermitteln, wurden zwei Studien durchgeführt, für die Proben von insgesamt 249 Milchkühen mit klinischer Mastitis aus 13 verschiedenen niedersächsischen Milchviehbetrieben mikrobiologisch untersucht wurden. In der ersten Studie wurden neben Milch- zusätzlich Blutproben von insgesamt 77 Kühen mit schwerer Mastitis entnommen. Für die Untersuchung auf Bakteriämien wurden Blutkulturen aerob und anaerob bebrütet und die isolierten Bakterien aus Blut- und dazugehöriger Milchprobe verglichen. Bei übereinstimmenden Bakterien aus der zytomikrobiologischen Untersuchung wurde mittels RAPD-PCR überprüft, ob es sich um identische Bakterien handelt. Identische Bakterien in Blut- und dazugehöriger Milchprobe wurde als Bakteriämie definiert. Zusätzlich wurde ein Limulustest durchgeführt, um mögliche Endotoxine im Blut nachzuweisen. In der zweiten Studie wurden zusätzlich Milchproben von Kühen mit leichter und moderater Mastitis gesammelt und mikrobiologisch untersucht. Außerdem wurde die Ausscheidungsrate quantitativ anhand der Kolonieanzahl bestimmt. Mittels tierindividueller Daten und Wetterdaten wurden mögliche Einflussfaktoren für das Auftreten schwerer Mastitiden und Bakteriämien ermittelt. In der vorliegenden Arbeit konnte eine Bakteriämierate von 15,5% ermittelt werden. In den meisten Blutproben (60,5%) konnten anhand des Limulustests Endotoxine nachgewiesen werden, was auf eine höhere Prävalenz von Bakteriämien hinweisen könnte. Die meisten Bakteriämiefälle wurden durch K. pneumoniae verursacht. E. coli verursachte hingegen die meisten schweren Mastitiden, gefolgt von Streptococcus spp. und Klebsiella spp. Die Bedeutung von Klebsiella spp. in schweren Mastitiden könnte unterschätzt werden, da sie im Vergleich zu E. coli häufiger Bakteriämien auslösten und auch eine höhere Sterberate (75%) aufwiesen. Obligate Anaerobier wurden nur in einem Fall einer moderaten Mastitis nachgewiesen und scheinen eher eine untergeordnete Rolle in der Entwicklung klinischer Mastitiden zu spielen. In dieser Studie waren 27,2% der Fälle leichte, 38,5% mittelgradige und 34,3% schwere Mastitiden. Da andere Studien eine entgegengesetzte Verteilung ermittelten, kann nicht ausgeschlossen werden, dass einige leichte Fälle in den Betrieben nicht erkannt worden sind. Keimausscheidung, niedrige SCC vor Auftreten der Mastitis, hohe Außentemperatur und hohe Luftfeuchtigkeit wurden als signifikante Einflussfaktoren für das Auftreten schwerer Mastitiden ermittelt. Schwere Mastitiden wiesen die höchsten Ausscheidungsraten auf (55.000 cfu/ml). In Bezug auf die beteiligte Erregerart, zeigten E. coli (91.200 cfu/ml) und Klebsiella spp. (70.800 cfu/ml) die höchsten Ausscheidungsraten. Ausscheidungsrate und Luftfeuchtigkeit wurden ebenfalls für das Auftreten von Bakteriämien als Einflussfaktoren ermittelt. Demnach könnte die Entwicklung schwerer Mastitiden und Bakteriämien ein multifaktorielles Geschehen sein. Die ermittelten Einflussfaktoren könnten jedoch im Zusammenhang stehen, da einige Studien Hinweise auf Einflüsse vom Wetter und dem angeborenen Immunsystem auf die Schwere klinischer Mastitiden geben. So könnte ein Immunsystem mit einer langsamen Reaktion der neutrophilen Granulozyten durch z.B Hitzestress, die Vermehrung von Bakterien im Euter begünstigen, was in einer hohen Ausscheidungsrate resultiert. Eine niedrige SCC könnte das Bakterienwachstum zusätzlich fördern. Eine hohe Ausscheidungsrate, die insbesondere Coliforme und Streptokokken zeigten, erhöht wiederum das Risiko einer zerstörten Blut-Euter-Schranke, sodass Bakterien in die Blutbahn gelangen und eine Bakteriämie und Sepsis auslösen können. Die Sterberate war für schwere Mastitiden am höchsten (34,5%), gefolgt von mittelschweren (21,7%) und leichten Mastitiden (4,4%). In 15,5% der Fälle wäre eine parenterale Antibiotikatherapie indiziert gewesen. Es ist es jedoch nicht möglich eine vorliegende Bakteriämie klinisch zu diagnostizieren und ein kultureller Nachweis ist zu aufwendig und zeitintensiv. Aus Tierschutzgründen und aufgrund des Risikos, dass sich bei schweren Mastitiden Bakteriämien entwickeln können, ist die parenterale Antibiotikatherapie insbesondere in durch Klebsiella spp. und E. coli verursachten schweren Fällen, hinsichtlich der hohen Sterberate, gerechtfertigt. Weitere Studien weisen jedoch daraufhin, dass die antibiotische Therapie in Mastitiden mit Nachweis gramnegativer Bakterien nicht notwendig ist, sondern der Einsatz von NSAIDs ausreichend ist. Es ist wichtig, dass zukünftig weitere Studien im Bereich schwerer Mastitiden bei Milchkühen durchgeführt werden, um insgesamt ein besseres Verständnis über die Entwicklung von Bakteriämien und klare Empfehlungen für die Mastitistherapie zu erhalten.
Mastitis is one of the most common and costly diseases on dairy farms and plays a major role in animal welfare. Even though severe mastitis represents a main problem for farmers and veterinarians due to the high mortality rate and the risk of sepsis, there are not many studies examined the development of these severe cases and bacteremia. Severe mastitis is often treated parenterally with antibiotics to ensure the animal's survival. However, parenteral antibiotics do not only affect the local infection and it is controversial whether the antibiotics are necessary for the cure. The increasing resistance of antibiotics and the required reduce of using antibiotics in mastitis therapy are aggravated the situation on dairy farms. Two studies were carried out examining samples from a total of 249 dairy cows with clinical mastitis from 13 different dairy farms in Lower Saxony to determine the importance of bacteremia and severe mastitis in dairy cows and to determine possible risk factors. In the first study, milk and blood samples were taken from a total of 77 cows with severe mastitis. For the examination of bacteremia, blood cultures were examined aerobically and anaerobically and the bacteria isolated from the blood and milk samples were compared. In case of matching bacteria in the microbiological examination, RAPD-PCR was used to check for identical bacteria. Identical bacteria in blood and corresponding milk sample were defined as bacteremia. In addition, a limulus test was carried out to detect possible endotoxins in the blood. In the second study, additional milk samples were collected from cows with mild and moderate mastitis and examined microbiologically. In addition, the shedding rate was quantitatively determined based on the number of colonies. Using animal-specific data and weather data, possible risk factors were determined for the occurrence of severe mastitis and bacteremia. In the present study, a bacteremia rate of 15.5% was determined. Endotoxins were detected in most blood samples (60.5%) using the Limulus test, what could indicate a higher prevalence of bacteremia. Most cases of bacteremia were caused by K. pneumoniae. However, E. coli caused most severe mastitis, followed by Streptococcus spp. and Klebsiella spp. The importance of Klebsiella spp. in severe mastitis could be underestimated because, Klebsiella spp. caused bacteremia more frequently and showed a higher mortality rate (75%) compared to E. coli. Obligate anaerobes were only detected in one case of moderate mastitis and seems to be of little importance in the development of clinical mastitis. In this study, 27.2% of cases were mild, 38.5% were moderate, and 34.3% were severe mastitis. Other studies found an opposite distribution of the severity, so it cannot be ruled out that some mild cases were not detected in the dairy farms. Bacterial shedding, low SCC before the onset of mastitis, high outside temperature and high humidity were identified as significant influencing factors for the occurrence of severe mastitis. Severe mastitis showed the highest excretion rates (55,000 cfu/mL). Regarding the pathogen species, E. coli (91,200 cfu/mL) and Klebsiella spp. (70,800 cfu/ml) showed the highest shedding rates. Shedding rate and humidity were also determined as influencing factors for the occurrence of bacteremia. Therefore, the development of severe mastitis and bacteremia could be a multifactorial event. However, there could be a relation in the influencing factors, as some studies showed influences from weather and the innate immune system on the severity of clinical mastitis. An immune system with a slow reaction of neutrophil granulocytes due to heat stress, could promote the bacterial growth in the udder, which results in a high shedding rate. Low SCC could further promote bacterial growth. High shedding rates increase the risk of a destroyed blood-milk barrier, so that bacteria can enter the bloodstream and trigger bacteremia and sepsis. The mortality rate was highest for severe mastitis (34.5%), followed by moderate (21.7%) and mild mastitis (4.4%). Parenteral antibiotic therapy would have been indicated in 15.5% of cases. However, it is not possible to diagnose bacteremia based on the clinical examination. Furthermore, cultural detection is not practicable in routine diagnostic. For animal welfare reasons and due to the risk of developing bacteremia in severe mastitis, parenteral antibiotic therapy is particularly recommended in severe cases caused by Klebsiella spp. and E. coli due to the high mortality rate. However, further studies indicate that antibiotic therapy is not necessary in mastitis with detection of gram-negative bacteria and that a therapy with NSAIDs is sufficient. It is important that further studies of severe mastitis in dairy cows are carried out to obtain a better understanding of the development of bacteremia and clear recommendations for mastitis therapy.
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