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Chronische Pansentympanie und morphologische Veränderungen des Oesophagus bei 4 Jungrindern – ein Fallbericht

Im Juni und Juli 2017 wurden 4 Jungrinder der Rasse Deutsche Holstein aus unterschiedlichen Milchkuhbetrieben in die Klinik für Rinder eingeliefert. Vorberichtlich hatten sich die Tiere zunächst während der Tränkephase normal entwickelt, waren jedoch unmittelbar nach dem Absetzen mit einer Tympanie des Pansens aufgefallen, welche seitdem dauerhaft bestand. Die Jungrinder stammten vom selben Bullen ab und waren zum Zeitpunkt der Aufnahme zwischen 9 und 11 Monate alt. Bei der Eingangsuntersuchung zeigten alle Tiere ein ungestörtes Allgemeinbefinden, waren in einem mäßigen Ernährungszustand und wiesen einen Kümmererhabitus auf. Es konnte bei allen 4 Rindern die vorberichtlich erwähnte Pansentympanie mit dorsaler Gasblase festgestellt werden. Die Tiere waren jedoch zum Ruktus in der Lage, weshalb der Grad der Tympanie allenfalls mittelgradig war. Durch die bereits seit längerem bestehende Tympanie war das Bauchvolumen deutlich vergrößert. Zudem wiesen die Tiere eine Aufkrümmung der Rückenlinie und zum Teil auch eine Seitwärtskrümmung der Wirbelsäule auf. Im Anschluss an die Allgemeinuntersuchung erfolgten eine Laboruntersuchung des Blutes, eine Sonographie des Abdomens, eine röntgenologische Untersuchung des Thorax und Halses sowie eine Endoskopie des Larynx, der Trachea, des Oesophagus und des kranialen Pansens. Bei den zwei zuerst eingelieferten Tieren wurde zudem ein CT des Thorax und bei den folgenden zwei Tieren eine Messung der Nervenleitungsgeschwindigkeit der Skelettmuskulatur durchgeführt. Labordiagnostisch konnten bei allen 4 Rindern Abweichungen verschiedener Leberwerte festgestellt werden. Bei drei Tieren lag eine deutliche Aktivitätserhöhung der Glutamatdehydrogenase (GLDH) vor. Zwei Tiere wiesen erniedrigte Cholesterinwerte auf. Die übrigen Laborparameter waren weitestgehend unauffällig. Die sonographische Untersuchung des Abdomens ergab, bis auf eine leichte Verdrängung der Bauchhöhlenorgane infolge des aufgegasten Pansens, bei allen Tieren keine Auffälligkeiten. Im Rahmen der endoskopischen Untersuchungen konnte bei drei Tieren im Bereich zwischen 55 und 90 cm der Endoskoplänge eine Erweiterung des Oesophagus mit dortiger Ansammlung grünlicher Flüssigkeit festgestellt werden. Diese lokalisierte Erweiterung des Oesophagus konnte auch durch die röntgenologischen Untersuchungen bestätigt werden. Zudem erfolgte bei zwei dieser Tiere eine Messung der Nervenleitungsgeschwindigkeit. Dabei konnte, abgesehen von der Muskulatur des Kehlkopfes, an allen gemessenen Muskeln eine normale motorische Nervenleitungsgeschwindigkeit festgestellt werden. Im Bereich der Kehlkopfmuskulatur zeigten sich mittelgradig pathologische Fibrillationspotentiale, was beispielsweise für eine Myopathie oder Denervation der Kehlkopfmuskulatur spricht. Bei dem vierten Tier waren außer einer geringgradigen Verdickung der Aryknorpel keine Auffälligkeiten in der Endoskopie und im Röntgen feststellbar. Ebenso war auch die computertomographische Untersuchung dieses Tieres unauffällig. Anhand der durchgeführten Diagnostik ergaben sich somit folgende klinische Diagnosen:

In 4 von 4 Fällen intermittierende ggr. - mgr. Pansentympanie mit dorsaler Gasblase

In 3 von 4 Fällen Megaoesophagus bzw. primäre Oesophagusdilatation (Achalsie)

Alle Tiere wurden nach Beendigung der Diagnostik euthanasiert und zur Sektion überwiesen. Im Rahmen der pathologischen Untersuchungen konnten die klinisch festgestellten Oesophagusdilatationen bei den 3 Jungrindern bestätigt werden. Bei einem Tier zeigten die Muskelfasern im Oesophagus histologisch eine ggr. – mgr. Kalibervariation und bei einem weiteren Tier wurden entzündliche Prozesse im Oesophagus, insbesondere um intramurale Ganglien herum, festgestellt. Gemeinsam mit den erhobenen klinischen Befunden deutete dies auf eine Passagestörung im Bereich des Oesophagus hin. Diese stand vermutlich mit dem Auftreten der intermittierenden Pansentympanien in Verbindung, da das Pansengas wohl nur unzureichend über den Ruktus ausgestoßen werden konnte. Für das Tier welches klinisch keine Veränderungen am Oesophagus aufwies, blieb auch nach der pathologischen Untersuchung die Ursache für die in vivo beobachtete Tympanie ungeklärt.

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