Modifizierte Oberflächen von Cochlea-Implantaten: Effekte auf das Bindegewebswachstum und das Überleben der Spiralganglienzellen in vivo im Meerschweinchen
Das Ziel der vorliegenden Studie war die Optimierung von Cochlea-Implantaten (CIs) durch eine Reduktion des Bindegewebswachstums mittels antiinflammatorisch wirksamer Beschichtungen. Gleichzeitig wurde während der tierexperimentellen Versuche besonderes Augenmerk auf die Umsetzung des 3R-Prinzipes gelegt. In entsprechenden Versuchen wurden Meerschweinchen CIs implantiert mit Dexamethason im Grundkörper und zusätzlicher Beschichtung mit Poly-L-Lactiden (PLLA) mit den Medikamenten Diclofenac und Immunophilin-Inhibitor MM284. Über einen Versuchszeitraum von vier Wochen wurden in den ersten zwei Wochen täglich die Impedanzen zwischen den Elektrodenkontakten und dem umgebenden Gewebe gemessen, anschließend wöchentlich. Nach Versuchsende wurden das Bindegewebs-wachstum und das Überleben der Spiralganglienneurone (SGN) in der Cochlea mittels konfokaler Laserscanning-Mikroskopie quantifiziert. Dabei zeigte sich, dass die PLLA-beschichteten Elektroden nach der Implantation einen erhöhten Schaden innerhalb der Cochlea verursachten. In den Impedanzmessungen waren keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen zu verzeichnen, die Werte stiegen in allen Gruppen im Versuchszeitraum gleichermaßen an. Dieser Anstieg war in der Diclofenac- und MM284-Gruppe allerdings verzögert. Das Bindegewebswachstum dehnte sich in den Gruppen mit PLLA-Beschichtung teilweise bis zum Apex aus, auch hier gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. In der PLLA- und der Diclofenac-Gruppe war die Zahl der SGN signifikant erniedrigt im Vergleich zur unbehandelten Seite, bei der MM284-Gruppe nicht. Auch wenn die polymere Beschichtung nicht flexibel genug war, scheint MM284 vor allem im Zusammenhang mit der Cochlea-Implantation Potenzial für weitere Untersuchungen zu haben. Da im Rahmen der vorliegenden Versuche die Effekte auf das Bindegewebswachstum in der Cochlea im Fokus standen, konnte auf eine vorherige Ertaubung der Tiere verzichtet werden. In vielen anderen Bereichen der Hörforschung ist eine vorherige Ertaubung der Tiere jedoch unabdingbar. Die systemische, dauerhafte Ertaubung mittels subkutaner Applikation von Kanamycin und intravenöser Gabe von Furosemid ist dafür eine seit langem etablierte Methode. Die intravenöse Verabreichung von Furosemid erforderte bislang einen invasiven Eingriff im Halsbereich der Tiere, um die Jugularvene freizulegen, da ein relativ großes Volumen (1 ml pro 500 g Körpergewicht) über einen Zeitraum von etwa 2,5 Minuten i.v. injiziert werden muss. An 11 Dunkin-Hartley-Meerschweinchen wurde geprüft, ob eine weniger invasive Applikation des Furosemids über eine Beinvene den gleichen Effekt erzielt wie über die Jugularvene. Dazu wurden spezielle Venenkatheter angefertigt, die die Punktion der Venen und die anschließende langsame Injektion des Furosemids ermöglichen. Vor und nach dem Eingriff wurden die Hörschwellen der Tiere frequenzspezifisch gemessen, um das normale Hörvermögen bzw. die erfolgreiche Ertaubung zu überprüfen. Bei 10 der 11 Tiere war die neuartige Methode der systemischen Ertaubung erfolgreich. Damit gilt die Methode als etabliert. Die Vena saphena erwies sich für die Anwendung als am besten geeignet. Das Allgemeinbefinden der Tiere war nach der Beinvenenapplikation besser als bei der Ertaubung durch Exposition der Vena jugularis. Vorteile sind des Weiteren eine deutlich kürzere Narkosezeit, was das Risiko für Nierenerkrankungen reduziert, ein weniger invasiver Eingriff, der Nebenwirkungen wie Schluck-beschwerden ausschließt, und damit eine deutliche Reduzierung von Stress für das Tier.
The aim of the present study was to optimize cochlear implants (CIs) by reducing connective-tissue growth using anti-inflammatory coatings. At the same time, during the animal experiments, special attention was paid to the implementation of the 3R principle. In the experiments, guinea pigs received CIs with dexamethasone in the silicone body and an additional surface coating consisting of poly-L-lactides (PLLA) with the drugs diclofenac and immunophilin inhibitor MM284. Over an experimental period of four weeks, impedances between the electrode contacts and the surrounding tissue were measured daily for the first two weeks and weekly thereafter. At the end of the trial, connective-tissue growth and spiral-ganglion-neuron (SGN) survival in the cochlea were quantified using confocal laser scanning microscopy. This showed that the PLLA-coated electrodes caused extended damage within the cochlea during implantation. There were no significant differences in impedance measurements between groups, with values increasing equally in all groups. However, this increase was delayed in the diclofenac and MM284 groups. Connective-tissue growth partially extended to the apex in the PLLA-coated groups; again, there were no significant differences between groups. SGN numbers were significantly lower in the PLLA and diclofenac groups compared to the untreated side, but not in the MM284 group. Although the polymeric coating was not flexible enough, MM284 appears to have potential for further investigation, particularly in the context of cochlear implantation. Since the focus of the present experiments was on the effects on connective tissue-growth in the cochlea, it was not necessary to deafen the animals beforehand. In many other areas of hearing research this is indispensable. Systemic permanent deafening by subcutaneous application of kanamycin and intravenous administration of furosemide is a long-established method for this purpose. Intravenous administration of furosemide required so far an invasive procedure at the throat of the animals to expose the jugular vein, because a relatively large volume (1 ml per 500 g body weight) must be injected i.v. over a period of approximately 2.5 minutes. In 11 Dunkin-Hartley guinea pigs, it was presently tested whether the less invasive application of furosemide via a leg vein would achieve the same effect as application via the jugular vein. For this purpose, custom-made venous catheters were constructed to allow puncture of the veins and subsequent slow injection of the furosemide. Before and after the procedure, hearing thresholds of the animals were measured frequency-specific to verify normal hearing and successful deafening, respectively. In 10 of the 11 animals, the novel method of systemic deafening was successful. Thus, the method is considered established. The saphenous vein proved to be the most suitable for the application. The general condition of the animals was better after leg-vein application than when deafening was performed by exposure of the jugular vein. Further advantages include a significantly shorter anesthesia time, which reduces the risk of renal disfunction, a less invasive procedure that eliminates side effects such as dysphagia, and thus a great reduction of stress for the animal.
Preview
Cite
Access Statistic

Rights
Use and reproduction:
All rights reserved