Morphology of the Genital Organs of Male and Female Giant Anteaters (Myrmecophaga tridactyla) and Southern Tamanduas (Tamandua tetradactyla)
Die beiden Ameisenbärarten, der Große Ameisenbär (Myrmecophaga tridactyla) und der Südliche Tamandua (Tamandua tetradactyla) gehören zu den Xenarthra, einer der vier Überordnungen der Plazentasäugetiere. Xenarthra umfassen neben Ameisenbären auch Faultiere und Gürteltiere und nehmen eine basale Position im Stammbaum der Plazentatiere ein. Der Große Ameisenbär wird, wie auch andere Arten der Xenarthra, von der International Union for Conservation of Nature (IUCN) als gefährdet eingestuft. Trotzdem wurde bisher wenig zu Ameisenbären und deren Reproduktion geforscht. Das Ziel dieser Arbeit war es, Grundlagendaten zur Morphologie der Reproduktionsorgane der Großen Ameisenbären und Südlichen Tamanduas zu sammeln, um eine Referenz für weiterführende Studien zu Reproduktionsparametern zu bieten. Zu diesem Zweck wurden im Rahmen eines Monitorings von Straßentotfunden Sektionen von männlichen und weiblichen Großen Ameisenbären und Südlichen Tamanduas in Brasilien durchgeführt und die Reproduktionsorgane wurden makro- und mikroskopisch analysiert. Das zweite und vierte Kapitel der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die generelle Morphologie der Reproduktionsorgane von männlichen und weiblichen Großen Ameisenbären mit Merkmalen beim Südlichen Tamandua übereinstimmt. Beide Arten zeigen morphologische Besonderheiten, die bei fast allen Xenarthra zu beobachten sind, wie intraabdominale Hoden oder einen unpaaren Uterus. Männliche Große Ameisenbären besitzen zudem ein gut entwickeltes Überbleibsel des Müllerschen Ganges mit histologischen Charakteristika von Vagina, Uterus und Uterushörnern und vermutlich sekretorischer Funktion. Diese Struktur hat beim männlichen Südlichen Tamandua nur eine sehr rudimentäre Ausbildung. Dagegen zeigen sowohl weibliche Große Ameisenbären als auch weibliche Südliche Tamanduas persistierende Wolffsche Gänge, die Merkmale von Nebenhoden und Samenleiter aufweisen und in dieser Arbeit zum ersten Mal beschrieben wurden. Während der normalen Geschlechtsentwicklung bei Plazentatieren bilden sich die Müllerschen Gänge beim männlichen Tier und die Wolffschen Gänge beim weiblichen Tier zurück. Die Persistenz von gut ausgebildeten Geschlechtsgängen des anderen Geschlechts bei Ameisenbären ist deshalb ein außergewöhnliches Merkmal. Das dritte Kapitel dieser Arbeit fokussiert sich auf die Spermatogenese beim Großen Ameisenbären. Die Charakteristika der Keimzellpopulationen zeigten Ähnlichkeiten zu anderen Plazentatieren, wie auch Xenarthra, und insgesamt konnten acht Stadien des Keimepithelzyklus definiert werden. Im vierten Kapitel wird ein Fallbericht eines weiblichen Südlichen Tamanduas vorgestellt, der während des Totfundmonitorings seziert wurde. Das Tier zeigte einen Filarienbefall in den Ovarien und Ähnlichkeiten zu zwei Fallberichten beim Südlichen Tamandua, die fast 100 Jahre zurückliegen. Dadurch wird die Frage aufgeworfen, ob die Art besonders empfänglich für einen Filarienbefall in den Ovarien ist und ob die Infektion den Reproduktionserfolg betroffener Individuen beeinträchtigen kann. Die Daten, die in dieser Studie gesammelt wurden, können als Referenz für zukünftige Forschungsarbeiten zu Charakteristika wie sexuelle Reife, Reproduktionsstatus, Saisonalität und Reproduktionsgesundheit dienen. Außerdem können sie Orientierung bieten für die Anwendung von diagnostischen Methoden oder Techniken assistierter Reproduktion wie exfoliative Zytologie zur Östrusdetektion oder Spermasammlung. Ein weitergehendes Studium der Ätiologie der persistierenden Geschlechtsgänge bei Ameisenbären kann auch Erkenntnisse über die Geschlechtsdifferenzierung bei Plazentatieren im Allgemeinen liefern. Während die morphologischen Besonderheiten bei Ameisenbären, die in dieser Arbeit beschrieben wurden, mit Sicherheit zur Eigentümlichkeit der Arten beitragen, kann ihre wissenschaftliche Beschreibung auch dazu dienen, den weitverbreiteten Aberglauben über das obskure Geschlecht der Ameisenbären zu entmystifizieren und dadurch den Schutz der Tierarten voranzutreiben.
The anteater species, giant anteater (Myrmecophaga tridactyla) and southern tamandua (Tamandua tetradactyla) belong to the Xenarthra, one of the four superorders of placental mammals. Xenarthra comprise anteaters, sloths and armadillo species and occupy a basal phylogenetic position in the placental mammal tree. Along with other xenarthran species, the giant anteater is classified in a Threatened category by the International Union for Conservation of Nature. Knowledge on life history traits in anteaters including characteristics of reproduction, however, is scarce. The aim of the present study was to gather baseline data on the reproductive morphology of the giant anteater and the southern tamandua as a reference for further studies on reproductive characteristics. For this purpose, necropsies of male and female roadkill giant anteaters and southern tamanduas were performed in Brazil and genital organs were studied macro and microscopically. The second and fourth chapter of this work revealed that the general morphology of the genital organs in male and female giant anteaters was in accordance with features observed in southern tamanduas. Both anteater species presented some peculiar features shared by most xenarthrans, like intraabdominal testes and a simple uterus. Male giant anteaters, furthermore, showed a well-developed vestige of the Müllerian ducts with vaginal, uterine and uterine tube-like characteristics and supposedly secretory functions. This Müllerian vestige had only a rudimentary homologue in male southern tamanduas. In contrast, in both, female giant anteaters and female southern tamanduas, persisting Wolffian ducts resembling epididymides and deferent ducts were described in this study for the first time. During normal sexual differentiation in eutherian mammals, Müllerian ducts degenerate in male specimens and Wolffian ducts regress in females. The persistence of well-differentiated genital ducts of the opposite sex in anteaters singles out the species among placental mammals. The third chapter of this work focussed on details of spermatogenesis in the giant anteater. The characteristics of germ cell populations showed similarities to other eutherian mammals including other xenarthran species and eight stages of the seminiferous epithelium cycle were defined. The fourth chapter, finally, contains a case report on ovarian filariasis in a free-ranging southern tamandua necropsied during the present study. The case adds to two previously described cases of the same condition in two female southern tamanduas reported almost 100 years ago and raises the question whether the species is especially susceptible to ovarian filariasis and whether the condition might have an impact on reproductive success of affected individuals. The data on reproductive morphology gathered in the present study might serve as a reference for future investigations on reproductive features like sexual maturity, reproductive status, seasonality or reproductive health in anteater species and might guide diagnostic procedures or assisted reproduction techniques, including exfoliative cytology for oestrus monitoring or methods of semen collection. Furthermore, studying the etiology of the persisting Müllerian and Wolffian ducts in anteaters might help in understanding mammalian sex determination in general. While those findings certainly contribute to the peculiarities of the species, they might also serve to demystify popular tales about the obscure sex of anteaters and thus promote conservation of the species.
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