Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Eutergesundheitssituation, Tiergesundheitsmanagement und Antibiotikaverbrauch in Milchviehbetrieben

Der größte Anteil antibiotischer Präparate in der Milchviehhaltung wird im Bereich der Mastitistherapie eingesetzt, welcher in Anbetracht der zunehmenden Resistenzproblematik kritisch zu hinterfragen ist. Zunehmende Verantwortung und immer weitere gesetzliche Reglementierungen stellen Landwirt*innen und Tierärzt*innen vor enorme Herausforderungen. Um die geforderten Veränderungen und Anpassungen erfolgreich umzusetzen ist die Bereitschaft aller Beteiligten zur Zusammenarbeit, sowohl zwischen den Ländern als auch auf nationaler Ebene wichtig. Im ersten Teil der Arbeit wurde im Rahmen des ENOVAT-Projektes ein Webinar durchgeführt, in dem acht Mastitisexperten ihre Behandlungsansätze für klinische Mastitiden in der Laktation vorstellten. Ziel war es, den Status quo der Behandlungsmethoden in Europa zu erfassen und vergleichend darzustellen. Weiterhin wurde mit Hilfe einer Umfrage und Datenanalyse auf 99 Milchviehbetrieben in Nord-, West- und Ostdeutschland der Umgang mit antimikrobiellen Mitteln auf deutschen Milchviehbetrieben untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass Penicilline europaweit immer häufiger als Mittel der ersten Wahl angesehen werden. Allerdings finden einige, für die Humanmedizin kritische Antibiotika immer noch eine gewisse Anwendung. Der Einsatz dieser Wirkstoffe wird jedoch immer mehr hinterfragt, wozu unter anderem zunehmende gesetzliche Reglementierungen beigetragen haben. Da sowohl in Europa als auch speziell in Deutschland oftmals Landwirt*innen und das Personal an der Durchführung der Behandlungen beteiligt sind, müssen zur Etablierung von Veränderungen neben gesetzlichen Vorgaben insbesondere deren Wünsche und Anliegen berücksichtigt werden. Wichtig für Landwirt*innen sind vor allem gute Erfahrungen mit der Wirksamkeit der jeweiligen Methode sowie eine einfache praktische Anwendbarkeit. Im zweiten Teil der Arbeit wurden Zusammenhänge zwischen Eutergesundheitssituation und -management und dem Antibiotikaeinsatz auf deutschen Milchviehbetrieben untersucht mit der Fragestellung, von welchen Aspekten der Antibiotikaeinsatz direkt abhängig ist. Auf den 44 untersuchten Betrieben ist eine Tendenz zu einer geringeren Anzahl klinischer Mastitisfälle zu erkennen. Dies wirkt sich ebenfalls positiv auf den Antibiotikaeinsatz aus, denn laut den Ergebnissen wiesen Betriebe mit mehr klinischen Mastitisfällen einen höheren Antibiotikaverbrauch auf. Um zukünftig die Eutergesundheit zu verbessern und damit gleichzeitig den Antibiotikaeisatz zu reduzieren, muss noch mehr an der Prävention neuer Infektionen gearbeitet werden, worin die Landwirt*innen insgesamt unterschiedlich erfolgreich waren. Die Behandlungsweise stellte sich als ein weiterer Einflussfaktor auf den Antibiotikaeinsatz heraus. Moderne, sich an den aktuellen Empfehlungen aus der Wissenschaft und Literatur orientierende Behandlungsmethoden können den Antibiotikaverbrauch reduzieren. Ein Großteil der Betriebe wendete ein solches Behandlungskonzept bereits vollständig oder zumindest in Teilen an. Ein Bestandteil dieses ganzheitlichen Ansatzes ist der Einsatz von Schnelltests auf den Betrieben, an deren Anwendung insgesamt ein zunehmendes Interesse zu erkennen ist. Ein möglicher Weg für eine flächendeckende Etablierung von on-farm Tests könnte ihre Aufnahme in Behandlungspläne sein. Die Ergebnisse dieser Untersuchung motivieren, sich kritisch mit Behandlungsplänen bei klinischen Mastitiden auf Milchviehbetrieben auseinanderzusetzen. Betriebe mit vorhandenen Plänen wiesen in dieser Untersuchung einen höheren Antibiotikaverbrauch auf. Dies steht im Kontrast zu den Ergebnissen anderer Studien, in denen das Vorhandensein von Behandlungsplänen mit einem reduzierten Antibiotikaeinsatz assoziiert war. Voraussetzungen dafür scheint eine regelmäßige Überprüfung sowie Anpassung an die aktuelle Situation in der Herde zu sein. Demnach sind einige Stellschrauben vorhanden, über die die Menge der eingesetzten antimikrobiellen Präparate reduziert werden könnte.

The largest proportion of antibiotic agents in dairy farming is used in the area of mastitis therapy, which must be critically questioned in the context of the increasing resistance development of microorganisms. Increasing responsibility and more and more legal regulations pose enormous challenges to farmers and veterinarians. To successfully implement the required changes and adaptations, the willingness of all stakeholders to cooperate, both between countries and at the national level, is important. In the first part of the work, a webinar was conducted within the ENOVAT project in which eight mastitis experts presented their treatment approaches for clinical mastitis in lactation. The aim was to record and compare the status quo of treatment methods in Europe. Furthermore, the use of antimicrobials on German dairy farms was investigated using a survey and data analysis on 99 dairy farms in northern, western, and eastern Germany. The results show that penicillins are increasingly being considered as first-line agents throughout Europe. However, some critically important antimicrobials for human medicine are still used to some extent. Nevertheless, the use of these agents is increasingly being questioned to which increasing legal regulations have contributed. Since farmers and farm staff are often involved in the application of treatments, both in Europe and especially in Germany, their wishes and concerns must be considered in addition to legal regulations to establish changes. It is important for farmers to have good experience with the effectiveness and applicability of the respective method. In the second part of the study, correlations between udder health situation and management and the use of antibiotics on German dairy farms were investigated with the question of which aspects the use of antibiotics is directly dependent on. On the 44 farms investigated, a tendency towards a lower number of clinical mastitis cases can be observed. This also has a positive effect on antibiotic use, because according to the results, farms with more clinical mastitis cases showed a higher antimicrobial consumption. To improve udder health in the future and thus reduce antibiotic use at the same time, more work needs to be done on the prevention of new infections, in which the farmers' overall success varied. The treatment method was identified as another factor influencing antibiotic use. Modern treatment methods based on current recommendations from science and literature can reduce antibiotic consumption. The majority of farms studied were already applying such a treatment concept in full or at least in part. One component of this holistic treatment approach is the use of on-farm rapid tests. A positive trend can be seen here, as there is a growing interest in rapid on-farm diagnostics. One possible way to establish on-farm rapid testing could be its widespread inclusion in treatment plans. The results of this study motivate to take a critical look at treatment plans for clinical mastitis on dairy farms. Farms with existing plans had higher antibiotic use in this study. This contrasts with the results of other studies in which the presence of treatment plans was associated with reduced antibiotic use. Prerequisites for this seem to be a regular review as well as adaptation to the current situation in the herd. Accordingly, there are several levers that could be used to reduce the number of antimicrobial agents used.

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