Untersuchungen zur Prävalenz von Anaplasma spp. in deutschen Schafherden
Auf allen Kontinenten außer der Antarktis können sich kleine Wiederkäuer mit obligat intrazellulären Bakterien der Gattung Anaplasma infizieren. In Europa und Nordamerika konnten Anaplasma phagocytophilum und Anaplasma ovis, durch Zecken übertragene Krankheitserreger mit zoonotischem Potenzial,in der Vergangenheit bei kleinen Wiederkäuern nachgewiesen werden. Die Vermehrung der Erreger findet in den Blutzellen des Wirtes statt und zu den häufigsten klinischen Anzeichen einer Infektion bei Schafen und Ziegen zählen Fieber, Lethargie und Anämie. Außerdem verursacht A. phagocytophilum die granulozytäre Anaplasmose beim Menschen (HGA), die vor allem in den USA und seltener in Europa auftritt. Bisher ist jedoch wenig über die Verbreitung von Anaplasma-Spezies in der deutschen Population kleiner Wiederkäuer bekannt. Ziel dieser Studie war es daher, 3178 Serumproben von kleinen Wiederkäuern aus 71 Betrieben, verteilt über fünf deutsche Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein), mittels eines cELISA auf IgG-Antikörper gegen das MSP5-Antigen von Anaplasma spp. zu untersuchen. Anhand eines von den Tierhaltern beantworteten Fragebogens wurden mögliche Risikofaktoren für die Infektion von kleinen Wiederkäuern mit Anaplasma-Arten erhoben. Um das Vorhandensein von A. phagocytophilum-DNS in deutschen Schafherden zu ermitteln, sind anschließend die Serumproben der Schafe von zwei Herden mit der höchsten Innerherdenprävalenz pro Bundesland in die weitere molekulare Analyse einbezogen worden. Untersucht wurden ausschließlich Anaplasma spp. seropositive Proben von Schafen, um die Wahrscheinlichkeit für einen Erregernachweis zu erhöhen. Insgesamt wurden 357 Seren aus zehn Schafherden auf das Vorkommen von A. phagocytophilum-DNS analysiert. Während in 70/71 Beständen, sowohl bei Schafen als auch bei Ziegen, Antikörper gegen Anaplasma spp. nachgewiesen wurden, konnte bei nur zwei Serumproben von Mutterschafen eines Betriebs aus Schleswig-Holstein erfolgreich A. phagocytophilum-DNS detektiert werden. Bei älteren Schafen und Ziegen sowie weiblichen Tieren war die Wahrscheinlichkeit höher, dass diese Antikörper gegen Anaplasma spp. aufwiesen. Des Weiteren war die Wahrscheinlichkeit, dass Schafe seropositiv getestet wurden, höher als bei Ziegen. Das Einsetzen von Herden zur Landschaftspflege und das Vorhandensein von Katzen und Hunden auf dem Betrieb erhöhten das Risiko erheblich, mehr als 20 % der Tiere innerhalb einer Herde seropositiv zu testen. Weder der von den Schäfern beobachtete Zeckenbefall noch prophylaktische Maßnahmen gegen Ektoparasiten hatten in dieser Studie einen statistisch gesicherten Einfluss auf die Seroprävalenz der Herden. Insgesamt liefern unsere Untersuchungen wichtige Informationen über die Verbreitung von Anaplasma spp. innerhalb der deutschen Population kleiner Wiederkäuer und diese Studie trägt zu einem besseren Verständnis der komplexen Epidemiologie der Anaplasmose bei Schafen und Ziegen bei. Der Nachweis von Antikörpern gegen Anaplasma spp. in fast allen Herden lässt darauf schließen, dass Anaplasma-Arten in kleinen Wiederkäuern hierzulande weit verbreitet und bisher möglicherweise unterdiagnostiziert sind. Zukünftig sollten Tierärzte daher bei unspezifischen klinischen Symptomen wie hohem Fieber, Anorexie, Anämie, Mattigkeit und schlechtem Wachstum bei Schafen und Ziegen eine Infektion mit Anaplasma-Spezies ausschließen. Weiterhin wurde A. phagocytophilum-DNS erstmals in Serumproben von zwei Schafen aus Schleswig-Holstein detektiert. In Schafherden, die keine klinischen Symptome des Zeckenfiebers zeigen, ist vermutlich nur eine geringe Pathogenprävalenz zu erwarten. Zusätzlich könnte die Sensitivität der PCR zur Identifikation von A. phagocytophilum in Serumproben im Vergleich zu Vollblutproben reduziert sein. Allerdings werden Seren in der Regel über einen langen Zeitraum aufbewahrt und sind daher oftmals in großer Zahl verfügbar, weshalb diese sich gut für die retrospektive Bestimmung eines Erregers in Pilotstudien eignen. Weitere Forschungsarbeiten sind erforderlich, um die Epidemiologie und die klinischen Auswirkungen von Anaplasma spp. und insbesondere A. phagocytophilum auf Schafe und Ziegen in Deutschland zu untersuchen. Des Weiteren müssen zukünftig wirksame prophylaktische Maßnahmen für kleine Wiederkäuer entwickelt werden, beispielsweise in Form einer Schutzimpfung. Solche Studien unterstützen auch den One-Health-Ansatz, da es sich um einen Zoonose Erreger handelt.
On all continents except Antarctica, small ruminants can become infected with obligate intracellular bacteria of the genus Anaplasma. In Europe and North America, Anaplasma phagocytophilum and Anaplasma ovis, tick-borne pathogens with zoonotic potential, have been detected in small ruminants in the past. The pathogens replicate in the hosts' blood cells and the most common clinical symptoms of infection in sheep and goats include fever, lethargy and anaemia. In addition, A. phagocytophilum causes granulocytic anaplasmosis in humans (HGA), which occurs mainly in the USA and less frequently in Europe. However, so far, little is known about the distribution of these pathogens in the German population of small ruminants. Therefore, the aim of this study was to screen 3178 serum samples from small ruminants from 71 farms distributed over five German states (Baden-Württemberg, Bavaria, Lower Saxony, North Rhine-Westphalia and Schleswig-Holstein) for IgG antibodies against Anaplasma spp. by cELISA based on the MSP5 antigen. Data from a questionnaire answered by the farmers were used to determine risk factors for an Anaplasma spp. infection in small ruminants. To evaluate the presence of A. phagocytophilum DNA in sheep, serum samples from the two flocks with the highest intra-flock prevalence (IFP) per federal state were included in the further molecular analysis. Only samples of Anaplasma spp. seropositive sheep were examined to increase the probability of detecting the pathogen. A total of 357 sera from ten sheep flocks were analysed for the presence of A. phagocytophilum DNA. While antibodies against Anaplasma spp. were detected in 70/71 flocks, in both sheep and goats, A. phagocytophilum DNA was successfully detected in only two serum specimens of ewes kept by the same farm in Schleswig-Holstein. Older animals and females were more likely to have antibodies against Anaplasma species. Furthermore, sheep were more likely to test seropositive than goats. Flocks used for landscape conservation and the presence of cats and dogs on the farm significantly increased the risk of more than 20% of the animals within a herd testing seropositive. Neither the tick infestation observed by the shepherds nor prophylactic measures against ectoparasites had any influence on the seroprevalence of the flocks in this study. Nevertheless, our investigations provided important information on the distribution of Anaplasma spp. within the German small ruminant population and contributes to a better understanding of the complex epidemiology of anaplasmosis in sheep and goats. The detection of antibodies against Anaplasma spp. in almost all herds suggests that Anaplasma species are widespread in small ruminants in this country and may have been underdiagnosed so far. In future, veterinarians should therefore rule out infection with Anaplasma spp. in the case of non-specific clinical symptoms such as high fever, anorexia, anaemia, inappetence and poor growth in sheep and goats. Furthermore, A. phagocytophilum DNA was detected for the first time in serum samples of two sheep from Schleswig-Holstein. Together with findings from previous studies, we conclude that A. phagocytophilum is widespread in the German sheep population. Although only a low pathogen prevalence is probably to be expected in sheep flocks that do not show clinical symptoms of tick-borne fever. In addition, the sensitivity of the PCR reaction for identification of A. phagocytophilum in serum samples might be lower compared to whole blood samples. However, sera are usually stored for a long period of time and are therefore often available in large numbers, hence they are well suited for retrospective determination of a pathogen by pilot studies. Further research is needed to investigate the epidemiology and clinical impact of A. phagocytophilum on sheep and goat in Germany. Furthermore, effective prophylactic measures for small ruminants should be developed in the future, for example in the form of protective vaccination. Since it is a zoonotic pathogen, such studies also support the One-Health approach.
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