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Abschätzen der diagnostischen Testgenauigkeit ohne Goldstandard bei bedingt abhängigen Tests : Methodische Entwicklung von Modellen der latenten Klassenanalyse

Ein diagnostischer Test in der (Veterinär-)Medizin beurteilt anhand festgelegter Parameter, ob bei einem Individuum ein bestimmtes Ereignis (Krankheit, Infektion etc.) vorliegt. Er bildet die Grundlage für die Berechnung epidemiologischer Maßzahlen wie der Prävalenz und damit für die Einschätzung der Häufigkeit des Auftretens des Ereignisses. Jedoch kommt jeder Test in der Praxis zu einem Anteil falscher Ergebnisse. Dieser Anteil muss bekannt sein, um die Prävalenz korrigieren zu können und eine mögliche Verzerrung der Ergebnisse zu verhindern. Wird ein neuer Test entwickelt, muss zunächst diese Fehlerrate und damit ein Wert für Sensitivität und Spezifität bestimmt werden, indem der Test mit einem (goldenen) Standard verglichen wird.

Liegt ein solcher Goldstandard nicht vor, so stellt die latente Klassenanalyse eine geeignete Methode für den Vergleich dar. Sie nutzt die Ergebnisse mehrerer diagnostischer Tests, die auf dieselben Individuen angewendet werden. Anhand der daraus resultierenden Antworten und dem Anteil übereinstimmender Testergebnisse bestimmt die latente Klassenanalyse die latente Klasse, also den unbekannten Ereignisstatus aller beprobten Individuen. Mit diesen Werten berechnet sie sowohl die Prävalenz in der Stichprobe als auch die Testgüten aller verwendeten Tests. Eine wichtige Voraussetzung ist hierbei die bedingte Unabhängigkeit der Tests. Das bedeutet, dass innerhalb einer latenten Klasse ein Test keine Hinweise auf das Ergebnis eines anderen Tests geben darf. Werden Tests mit demselben biologischen Prinzip verwendet, ist diese Bedingung nicht mehr erfüllt.

Deshalb wurde die latente Klassenanalyse in dieser Arbeit so weiterentwickelt, dass keine bedingte Unabhängigkeit mehr benötigt wird. Die Methode erweitert das klassische latente Klassenmodell um einen Term für die bedingte Abhängigkeit der Tests. Die Parameter schätzt sie dann in einem Algorithmus mithilfe frequentistischer Methoden. In dieser Arbeit wurde diese Methode zunächst anhand von Simulationsstudien evaluiert. Diese zeigten, dass die erweiterte latente Klassenanalyse unter der Voraussetzung gut gewählter Startwerte in der Lage war, die Parameter genau abzuschätzen. Mit diesem Wissen wurde die Methode auf einen realen Datensatz angewendet. Dieser Datensatz enthielt die Ergebnisse von 812 Schweinen, die mit sechs ELISA-Tests auf das Porzine Reproduktive und Respiratorische Syndrom untersucht wurden. Mit geeigneten Startwerten war der neu entwickelte Algorithmus in der Lage, die Prävalenz, die Testgüten und die Abhängigkeiten der sechs Tests zu bestimmen.

Somit konnte in dieser Arbeit anhand der Ergebnisse beider Studien die Anwendbarkeit der neu entwickelten latenten Klassenanalyse auf bedingt abhängige diagnostische Tests belegt werden. Zusätzliche Modifizierungen für eine vereinfachte Nutzbarkeit und einen größeren Anwendungsbereich sind im Rahmen zukünftiger Arbeiten möglich.

A diagnostic test in (veterinary) medicine uses defined parameters to assess whether a specific event (disease, infection, etc.) is present in an individual. It forms the basis for calculating epidemiological measures such as prevalence and thus for estimating the frequency of occurrence of the event. However, every test comes in practice to a proportion of false results. This proportion must be known in order to be able to correct the prevalence and prevent a possible bias in the results. If a new test is developed, this error rate and therefore a value for its sensitivity and specificity needs be determined first by comparing the test with a (gold) standard.

If such a gold standard is not available, latent class analysis is a suitable method for comparison. It uses the results of several diagnostic tests applied to the same individuals. Based on the resulting response patterns, the latent class analysis determines the latent class, i.e., the unknown event status of all sampled individuals. Applying these values, the method calculates both the prevalence in the sample as well as the test accuracy of all tests used. An important assumption of the latent class analysis is the conditional independence of the tests. This means that within a latent class a test does not give any indication of the result of another test. If tests with the same biological principle are used, this condition is no longer met.

Therefore, in this work the latent class analysis was further developed so that conditional independence is no longer required. The new method extends the classical latent class model by a term for the conditional dependency. It then estimates the parameters in an algorithm using frequentist methods. In this work the method was first evaluated in different simulated scenarios. They showed that the extended latent class analysis was able to estimate the parameters precisely under the condition of well-chosen starting values. With this knowledge, the method was applied to a real-world data set. The data set contained the results of 812 pigs tested for porcine reproductive and respiratory syndrome using six ELISA tests. The newly developed algorithm was able to determine the prevalence, the test accuracy and the dependencies of the six tests using suitable starting values.

Thus, the applicability of the newly developed latent class analysis for conditionally dependent diagnostic tests was proven in this work based on the results of both studies. Additional modifications of the method for a simplified applicability and a larger area of application are possible in the context of future work.

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