Untersuchungen zur Eutergesundheit bei Ammenkühen
Die Ammenkuhhaltung ist eine Form der kuhgebundenen Kälberaufzucht, bei der mehrere Kälber gleichzeitig von einer Ammenkuh aufgezogen werden. Solche Alternativen zur konventionellen Kälberaufzucht gewinnen angesichts der wachsenden Kritik der Verbraucher an der frühen Trennung von Kuh und Kalb zunehmend an Bedeutung. Zum jetzigen Zeitpunkt mangelt es allerdings an Wissen über die Auswirkungen der Ammenkuhhaltung auf die Tiergesundheit. In Bezug auf die Kälbergesundheit konnten bislang keine negativen Folgen festgestellt werden. Die Kälber scheinen vor allem von dem Aufwachsen in einer sozialen Gruppe sowie dem Ausleben eines natürlichen Saugverhaltens zu profitieren. Bei der Ammenkuh kann das Säugen mehrerer Kälber gegebenenfalls zu einer Verbesserung der Eutergesundheit beitragen. Die ausführliche Literatur dazu wird in der ersten Publikation beschrieben. Nichtsdestotrotz fehlt es an aktuelleren und methodisch präzisen Studien. Das gilt ebenso im Hinblick auf einen möglichen Transfer von Mastitiserregern zwischen Ammen und Saugkälbern. Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es deshalb, die Entwicklung der Eutergesundheit von Ammenkühen über die Dauer der Säugeperiode zu beobachten und den Austausch bestimmter Erreger während des Saugvorganges zu analysieren. Dadurch sollten erste Kenntnisse über mögliche Herausforderungen in der Ammenkuhhaltung erworben und eine Grundlage für weiterführende Studien geschaffen werden. Im Rahmen einer Pilotstudie wurden die entsprechenden Untersuchungen auf einem großen EU-Bio-Betrieb durchgeführt, auf dem die ammengebundene Kälberaufzucht praktiziert wird. Die zugehörigen Ergebnisse sind Inhalt der zweiten und dritten Publikation dieser Doktorarbeit. Für die zweite Publikation wurde der Eutergesundheitsstatus der Ammen zu Beginn und kurz vorm Ende der circa 3,5-monatigen Säugeperiode erfasst. Es sollte festgestellt werden, ob das Säugen mehrerer Kälber mit einer Zunahme intramammärer Infektionen und einer Verschlechterung der Euterkonstitution assoziiert ist. Dafür wurden zu beiden Zeitpunkten Viertelgemelksproben genommen und die Euter klinisch untersucht. Die Ergebnisse der Milchproben von 99 Ammen 6 zeigen eine hohe Prävalenz von opportunistischen Erregern wie NaS und Coryneformen. Demnach scheint die Erregerverteilung bei Ammenkühen während der ersten Laktationsmonate mit der bei gemolkenen Kühen vergleichbar zu sein. Auffallend war ein vermehrter Nachweis von Pasteurellen am Ende der Ammenperiode. Die Einteilung der Euterviertel in verschiedene Mastitiskategorien zeigt signifikante Unterschiede zwischen beiden Untersuchungszeitpunkten. Es konnten eine Abnahme der Viertel mit Mastitis sowie eine Zunahme der Viertel mit latenten Infektionen beobachtet werden. Die bakteriologische Heilungsrate infizierter Viertel war hoch, die zytologische Heilungsrate dagegen niedrig. Den Infektionen am Ende der Ammenperiode lagen vor allem Neuinfektionen zugrunde. Persistierende Infektionen spielten eine untergeordnete Rolle. Die Ergebnisse legen die Annahme nahe, dass das Säugen mehrerer Kälber zu einer Verbesserung der Eutergesundheit in Form eines Rückganges von Entzündungen führen kann. Gleichzeitig kommt es vermutlich zu einer Erregerübertragung während des Saugens und damit einer Zunahme an intramammären Infektionen. Die niedrige zytologische Heilungsrate könnte auf eine stärkere Belastung der Zitzen durch das ständige Besaugen von mehreren Kälbern hindeuten. Weiterhin könnten ein durch das Saugen beeinträchtigter Zitzenverschluss sowie der Kontakt mit der Maulhöhlenflora der Kälber dazu beitragen. Die Anzahl der Ammenkälber und die Dauer der Ammenperiode spielen dabei möglicherweise ebenfalls eine Rolle. Weitere Untersuchungen mit einer gemolkenen Kontrollgruppe sind notwendig, um betriebsspezifische Effekte auszuschließen. Bei der klinischen Euteruntersuchung von 91 Ammenkühen kam es zwischen den beiden Untersuchungen zu einigen signifikanten Veränderungen. Dazu gehörten eine Zunahme an Zitzen- und Euterhautverletzungen, eine Abnahme an Euterödemen, eine Zunahme an Eutervierteln mit einer als normal beurteilten Konsistenz sowie eine Zunahme an Eutervierteln ohne Anzeichen einer Zwischeneuterdermatitis. Des Weiteren wurde eine signifikante Zunahme von Zitzenlänge, Zitzenumfang und Zitzendurchmesser beobachtet. Ein eindeutiger Rückschluss auf das Saugen der Kälber ist häufig nicht möglich, da einige der Veränderungen im Verlauf der Laktation physiologisch sein könnten und vergleichbare Studien fehlen. Insgesamt scheinen die Veränderungen größtenteils eher unerheblich zu sein und nicht auf eine dauerhafte Verschlechterung der Euterkonstitution hinzudeuten. Weiterführende Studien über die Zeit der Ammenperiode hinaus sowie mit einer Kontrollgruppe könnten diesbezüglich weiteren Aufschluss geben. Im Mittelpunkt der dritten Publikation steht der Austausch von Mastitiserregern zwischen Kuh und Kalb während des Saugvorganges. Dafür wurden am Ende der Ammenperiode Tupferproben aus der Maulhöhle von 345 Ammenkälbern genommen und mit den Milchprobenergebnissen der zugehörigen Ammen und Mutterkühe verglichen. Die Tupferproben zeigten eine hohe Prävalenz von NaS und Streptokokken sowie eine niedrige Prävalenz Mastitis-assoziierter Erreger. Anhand von Stammvergleichen konnten bei P. multocida, S. aureus, S. sciuri und Sc. suis Übereinstimmungen zwischen Kühen und Kälbern festgestellt werden. In Bezug auf P. multocida weisen bereits frühere Studien auf eine mögliche Übertragung beim Säugen hin. Zudem ließ sich dieser Erreger in der vorliegenden Studie ausschließlich bei den Ammenkühen am Ende der Säugeperiode und nicht am Anfang oder bei den Mutterkühen nachweisen. Ein Eindringen in die Milchdrüse beim Saugen der Kälber wird daher als sehr wahrscheinlich erachtet. Bei S. aureus wird von demselben Übertragungsweg ausgegangen. Isolate von S. sciuri und Sc. suis aus der Maulhöhle einiger Kälber zeigten ebenfalls Stammgleichheit zu Isolaten aus der Milchdrüse der zugehörigen Ammen beziehungsweise Mutterkühe. Beide Erreger sind häufig in der Umwelt nachweisbar und spielen als Mastitiserreger kaum eine Rolle. Eine Kontamination der Proben oder eine Aufnahme des Erregers aus der Umgebung wird deshalb als weitaus wahrscheinlicher beurteilt als eine Übertragung während des Saugvorganges. Eine Übertragung von Mastitiserregern der Mutterkuh auf die Amme über das Kalb als Vektor konnte nicht belegt werden. Die Erkenntnisse dieser Studie zeigen unterschiedliche Auswirkungen der ammengebundenen Kälberaufzucht auf die Eutergesundheit der Ammenkühe. Einerseits konnte über die Dauer der Ammenperiode ein Rückgang an Entzündungen in der Milchdrüse festgestellt werden. Andererseits wurden gleichzeitig eine Zunahme an latenten Infektionen und eine niedrige zytologische Heilungsrate beobachtet, die mit einem Erregeraustausch zwischen Amme und Saugkälbern zusammenhängen könnten. Eine Übertragung von P. multocida und S. aureus wird dabei als sehr wahrscheinlich erachtet und könnte für die Gesundheit von Ammen und Kälbern sowie die interne Biosicherheit in einem solchen Haltungssystem eine Herausforderung darstellen. Die Veränderungen am Euter selbst waren nicht gravierend, wenngleich der ursächliche Zusammenhang zum Säugen mehrerer Kälber noch nicht abschließend festgestellt wurde. Nichtsdestotrotz liefert diese Studie damit wichtige Grundlagen für die Schwerpunkte weiterer Untersuchungen auf dem Gebiet der ammengebundenen Kälberaufzucht.
The foster cow system is a type of a mother-bonded calf rearing system in which multiple calves are reared simultaneously by one foster cow. In view of the increasing consumer criticism of the early separation of cow and calf after calving, such alternative rearing systems are coming more into focus. However, the available literature on the effects of a foster cow system on animal health is scarce. Regarding the health of the calves, no adverse effects have been observed so far. The calves generally benefit from growing up a in a social group of different aged cattle and experiencing natural suckling behaviour. For the foster cow, suckling multiple calves could contribute to improved udder health. The detailed literature on this is described in the first publication. Nevertheless, there is a lack of recent and methodically precise studies at this point. The same applies for the possible transmission of mastitis-associated pathogens between foster cow and calves during suckling. In the present study, the objectives were to investigate the development of udder health during a foster period and to analyse the transmission of pathogens during suckling. These results should provide initial insights of any challenges in a foster cow system and form a basis for further studies. The corresponding examinations were conducted as a pilot study on a large organic dairy farm where calves are reared on foster cows. The related results are content of the second and third publication of this thesis. For the second publication, the udder health status of 99 foster cows was recorded both at the beginning and shortly before the end of the approximately 3.5 months suckling period. The aim was to detect whether suckling multiple calves is associated with an increase in intramammary infection and a deterioration of udder constitution. Therefore, at both dates quarter milk samples were taken and mammary glands were examined. The results of quarter milk samples showed a high prevalence of opportunistic pathogens as NaS and Corynebacteria spp. This indicates that the pathogen distribution in the mammary gland of an early lactating foster cow is comparable to that of milked cows in early lactation. However, at the end of the foster period, there was a marked increase in infections caused by Pasteurella spp. Classification of udder quarters into different categories of mastitis was significantly different between the two examinations. Most striking results were a decrease in udder quarters with mastitis and an increase in udder quarters with latent infections. The spontaneous bacteriological cure rate was high. In contrast, the spontaneous cytological cure rate was low. Most of the infections at the end of the suckling period were due to new infections. Persistent infections were rather insignificant. According to the results, suckling multiple calves could contribute to an improvement of udder health in the form of a decrease in intramammary inflammation. At the same time, the transmission of pathogens during suckling could lead to an increase in latent infections. The low cytological could indicate that suckling multiple calves puts more stress on the teats. Moreover, inadequate closure of the teats and recurrent contact with the oral cavity flora of different calves could play a role. So could the number of associated foster calves and the duration of the suckling period. Further investigations with a milked control group are required, also to exclude farm-specific effects. Clinical examination of the mammary glands of 91 foster cows showed some significant changes between the two time points. These included an increase of teat and udder skin lesions, a decrease in udder oedema, an increase in udder quarters with a consistency considered as normal and an increase of udder quarters without signs of udder cleft dermatitis. In addition, a significant increase in teat length, teat circumference and teat diameter was observed. Since some of these changes could also be physiological during a lactation period and comparable studies are lacking, a clear correlation with suckling multiple calves could not be established. Nevertheless, most of the changes does not seem to be serious and a permanent deterioration of udder constitution is considered unlikely. For a more precise interpretation, further studies beyond the duration of the foster period and with a milked control group are necessary. The focus of the third publication was on the transmission of mastitis-associated pathogens between cows and calves during suckling. Oral cavity swabs of 345 foster calves were taken at the end of the foster period. After microbiological examination, the results were compared with those of the quarter milk samples of the associated foster cows and dams. The oral swabs showed a high prevalence of NaS and streptococci, but a low prevalence of mastitis-associated pathogens. Concordance with pathogens in quarter milk samples was found for P. multocida, S. aureus, S. sciuri and Sc. suis. For P. multocida, previous studies provide evidence of transmission during suckling. Furthermore, the pathogen was exclusively detectable in the mammary gland of the foster cows at the end of the foster period, but neither at the beginning nor in the mammary glands of the dams. Therefore, transmission during suckling is considered very likely. The same transmission path is assumed for S. aureus. Some isolates of S. sciuri and Sc. suis from the oral cavity of foster calves also matched those of the associated foster cows and dams, respectively. Both pathogens are frequently detectable in the environment and only in rare cases a cause of mastitis. For this reason, contamination of the samples or ingestion of the pathogen from the environment is considered more likely than actual transmission during suckling. A transmission of mastitis pathogens from dam to foster cow via the suckling calf as vector could not be proven. The results of this study show different effects of foster-bonded calf rearing on the udder health of foster cows. On the one hand, a decrease in mammary gland inflammation was observed. On the other hand, multiple suckling was associated with an increase in latent infections and a low spontaneous cytological cure rate. The former could be due to a transmission of pathogens between cow and calf during suckling. In this context, a transfer of P. multocida and S. aureus is considered very likely and could pose a challenge for the health of foster cows and calves as well as for internal biosecurity. The changes on the udder itself were not serios, although the causal relationship to suckling several calves has not yet been conclusively established. Further studies are required. Nevertheless, this study provides a basis for targeting further studies on foster cow systems.
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