Observational Field Study on Pastures with Common Ragwort (Senecio jacobaea L.) from an Animal Health and Nature Conservation Perspective

Artenreiche Weiden enthalten von Natur aus potenziell toxische Pflanzen, wie z.B. Jakobs-Kreuzkraut (Senecio jacobaeaL.). Die in dieser Pflanze enthaltenen Pyrrolizidin Alkaloide (PA) stellen ein Risiko für Weidetiere dar. In einer über zwei Jahre angelegten Feldstudie mit 70 Schafen auf einer jakobs-kreuzkraut-reichen Weide, haben wir daher dokumentiert, in welchem Umfang Schafe das Jakobs-Kreuzkraut (JKK) freiwillig fressen und welche Auswirkungen die Aufnahme des JKKs auf die Vegetation und die Tiergesundheit hat.

 

Die Studie wurde auf einer 5,25 Hektar großen, eingezäunten, Fläche des “Stellmoorer Tunneltals”, in Hamburg, Norddeutschland, durchgeführt. Die Gesamtfläche wurde in neun gleichgroße Teilflächen unterteilt, auf denen jeweils Verbiss und Botanik Plots eingerichtet wurden. Im zwei Wochen Rhythmus wurde das Fressverhalten der Schafe sowie die Aufnahme der Jakobs-Kreuzkraut Biomasse durch das Zählen, und zeitweise auch Schätzen, von fehlenden halben und ganzen Blättern, Blütenknospen, Trieben und Stängeln über zwei Weidesaisons von May bis Oktober 2020 und 2021 überwacht und dokumentiert. Die Datenbetrachtung pro Jahr und Weidesaison sowie die Verkleinerung der Weidefläche erfolgte in vier gleich große Zeitabstände von jeweils 6 Wochen (Weideperiode). Nach der Schlachtung von sieben Tieren als Kontrollgruppe, startete das Projekt mit 63 Schafen, von denen im Folgenden jeweils sieben Tiere im sechs Wochen Rhythmus geschlachtet wurden. Parallel wurde die gesamte Weidefläche um eine Teilfläche reduziert, um eine Besatzdichte von 12 Schafen/Hektar zu erhalten. Bei der Schlachtung wurden Blut- und Lebergewebsproben entnommen. Im Blut wurden hämatologische Parameter und die Enzymaktivitäten, im Lebergewebe der Kupfergehalt bestimmt und das Lebergewebe zusätzlich histopathologisch untersucht. Alle sechs Wochen wurden Proben von der Vegetation und vom JKK gezogen, um die Futtermittelqualität, u.a. Faser- und Proteingehalt mittels der Weender Analyse, aber auch den Zuckergehalt sowie Makro- und Mikroelemente (nur einmal jährlich), zu bestimmen. Zusätzlich wurde auf den Botanik Plots die Artenvielfalt bestimmt sowie die Blühhorizonte und die Ertragsanteile der Gräser, Kräuter und des JKKs nach der Methode von Londo geschätzt. Bei der statistischen Analyse wurde der Fokus auf die Beziehung zwischen der Biomasse des gefressenen JKKs, der Futterverfügbarkeit und -qualität sowie die Gesundheitsparameter der Schafe gelegt.

 

Die Ergebnisse zeigen, dass die Schafe kontinuierlich frisches JKK in der Größenordnung zwischen 1,2-4,9 kg Frischsubstanz (uS) im Jahr 2020 und zwischen 1,0-2,2 kg uS im Jahr 2021 pro Schaf und Tag gefressen haben. Je mehr Biomasse das JKK entwickelt hat, desto höher war der Zuckeranteil (r=0.59-0.74) und desto mehr haben die Schafe das JKK gefressen (r=0,94-0,95). In den beiden ersten Weideperioden beider Jahre, war der Zuckeranteil des JKKs jeweils am höchsten und lag insgesamt weit über dem der restlichen Vegetation (196 g/kg Trockensubstanz (TS) im May 2021 and 234 g/kg TS im June 2020). Obwohl es Studien gibt, in denen Schafe erst angelernt werden mussten, das JKK zu fressen oder sie die Futteraufnahme von JKK ganz verweigert haben, zeigen die Daten dieser Studie, dass die Schafe bei freier Futterauswahl freiwillig und gerne signifikante Mengen an JKK gefressen haben, ohne vorher angelernt worden zu sein und dies, obwohl eine große Auswahl alternativer Futterpflanzen zur Verfügung stand (im Jahr 2020 war der Ertragsanteil der Gräser doppelt so hoch, wie der des JKKs, wohingegen der der Kräuter zunächst gleich blieb und sich dann im Folgejahr verdoppelte). Zucker ist offenbar die entscheidende Variable für die Attraktivität des JKKs und führte, zumindest im ersten Jahr zu dem hohen Konsum. Im zweiten Jahr hat möglicherweise der höhere Proteingehalt im JKK diese Präferenz noch weiter verstärkt. Insbesondere im Hochsommer, wenn der übrige Weideaufwuchs trocken wird, erweist sich das JKK für die Schafe noch als nährstoffreiches und wertvolles Futtermittel.

 

Diese Studie zeigt, dass unsere Schafe freiwillig signifikante Mengen an JKK gefressen haben. Zusätzlich beweist die Bestimmung der Pflanzenarten, dass mit durchschnittlich 22 Arten im Jahr 2020 und 21 Arten im Jahr 2021, die Schafe das JKK zu keinem Zeitpunkt aufgrund von mangelnden Alternativen gefressen haben. Dies wird durch die Tatsache unterstrichen, dass der Ertragsanteil der Gräser und Kräuter nie unter 52,50% im Jahr 2020 und 50,83% im Jahr 2021 fiel.

 

Trotz der intensiven und kontinuierlichen Aufnahmen von JKK im Jahr 2020 und der geringeren, aber ebenfalls kontinuierlichen Aufnahmen im Jahr 2021, wurden keine größeren gesundheitlichen Auswirkungen festgestellt. Bei den wöchentlich stattfindenden tierärztlichen Kontrollen blieben das Verhalten und die Körperkonstitution der Schafe, unabhängig von der Dauer der Exposition des JKKs, unverändert. Der Body Condition Score (BCS) lag am Ende des zweiten Jahres sogar über 3,5. Vor dem Hintergrund, dass jedes Schaf aus der zuletzt geschlachteten Gruppe im Jahr 2020 im Verlauf der ersten Weidesaison im Durchschnitt 360 kg uS JKK gefressen hat und damit die letale Dosis von 2-4 kg uS JKK/kg Körpergewicht für ein durchschnittliches Schaf von 60 kg bis zu dreimal überschritten hat, ist dies sehr überraschend. Die sieben Schafe der letzten Gruppe der zweiten Weidesaison im Jahr 2021 haben kumulativ über beide Weidesaisons (2020/2021) sogar im Durchschnitt jeweils 535 kg uS JKK gefressen. Während beider Weidesaisons wurden keine typischen Anzeichen von PA Intoxikation, wie z.B. die Lebervenenverschlusskrankheit (VOD), bei der sich kleine Zweige der Lebervenen verschließen und zu Aszites, Ödemen, reduzierter Urinabgabe und schließlich auch zur Leberzirrhose und dem Tod führen können [70], festgestellt, ebenfalls keine anderen typischen Symptome, wie akutes Leberversagen, Anorexie, Depression, Ikterus and Photosensibilisierung.

 

Entgegen den Erwartungen konnte über den gesamten Projektzeitraum von zwei Jahren, kein kumulativer Anstieg von Kupfer in der Leber festgestellt werden. Dies beweist möglicherweise den Punkt, dass es Indikationen dafür gibt, dass einige Tiere resistent oder eine höhere Toleranzschwelle bei oraler Aufnahme von JKK haben, aber empfindlich auf die PAs reagieren, wenn diese injiziert werden. Dies mag eine weitere Erklärung für den guten Gesundheitszustand unserer Schafe sein, und widerlegt die These, dass Schafe zwar eine Weidesaison ohne Symptome überleben können, aber dann in der darauffolgenden Saison an zentralnervösen Symptomen erkranken oder erkranken können, eine Hämoglobinurie mit hohen Kupferwerten entwickeln und dann schließlich an chronischem Leberversagen verenden. Trotzdem wir bewusst weiße Tiere ausgesucht haben, konnten wir keine Anzeichen von Photosensibilisierung feststellen, dafür aber die normalen Anzeichen eines Sonnenbrandes, wie Krusten und kleine Bläschen, wie sie auch in anderen Herden der gleichen Rasse vorkommen und die nicht mit der Aufnahme von JKK in Verbindung stehen.

 

Es gibt über 6000 PA beinhaltende Pflanzen, die über 650 unterschiedliche Toxine enthalten, welche tödliche Auswirkungen auf Vieh haben können. Jedoch, auf diese zweijährige Studie bezugnehmend, ist es offensichtlich, dass Schafe (weiße, hornlose Schnucken und deren Kreuzungen) in der Lage sind, in vivo über einen Zeitraum von zwei Jahren, große Mengen JKK aufzunehmen, ohne dabei typische Anzeichen einer PA Intoxikation zu entwickeln. Daher sind sie eine gute Alternative zur biologischen Bekämpfung von JKK auf JKK-reichen Weiden.