Langzeiteffekt einer Therapie mit Imepitoin bei Hunden mit Epilepsie
Zur Behandlung der Epilepsie sind in Deutschland drei Wirkstoffe zugelassen. Seit 2012 ist in Europa Imepitoin als first-line Antiepileptikum mit einer Empfehlung von der EMA für generalisierte tonisch-klonische Krampfanfälle bei Hunden mit idiopathischer Epilepsie zugelassen. Dieser verhältnismäßig neue Wirkstoff hat in Studien eine ähnlich gute Wirkung zur Reduktion der Anfallsfrequenz wie Phenobarbital bei Monotherapien und wie Kaliumbromid bei Polytherapien gezeigt, hat aber ein höheres Sicherheitsprofil. Die am häufigsten beschriebenen Nebenwirkungen sind Polyphagie, Hyperaktivität, Polyurie, Polydipsie, Somnolenz, Hypersalivation, Erbrechen, Durchfall, Ataxie, Apathie, Vorfall des dritten Augenlides, eingeschränktes Sehvermögen und Geräuschempfindlichkeit. Die Wirksamkeit von Imepitoin bei Auftreten von Status epilepticus und/oder ClusterAnfällen wurde in verschiedenen Studien kontrovers diskutiert. In vorliegender retrospektiver monozentrischer Studie sollte folgende Hypothese untersucht werden: Imepitoin weist unter Praxisbedingungen bei Beobachtung einer heterogenen Kohorte und Langzeittherapie eine gute Wirksamkeit bei Hunden mit Epilepsie auf. Die Studienteilnehmer wurden aus dem Patientenstamm der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover entnommen. Inkludiert wurden Hunde mit Epilepsie unabhängig von ihrer ätiologischen Diagnose, die zwischen 2011 und 2020 in der Klinik für Kleintiere an der Hochschule vorstellig wurden. Der Anfang der Datenerhebung war im Oktober 2019 und endete im Juni 2020. Die Umfrage erfolgte retrospektiv mittels eines Fragebogens, der aus validierten Fragen zusammengestellt wurde und online über das Programm „LimeSurvey“ oder auf Wunsch schriftlich ausgefüllt werden konnte. Nach Suche im Patientenverwaltungsprogramm nach den Begriffen „Hund“ und „Pexion ®“ konnten 292 potenzielle Studienteilnehmer/- Teilnehmerinnen kontaktiert werden. 126 Fragebögen wurden vollständig ausgefüllt, 35 teilweise. Nach Einsicht aller Antworten und möglichen Ergänzungen durch das klinikinterne Programm „EasyVet“ konnten 113 Fragebögen in die Studie aufgenommen werden. Im Durchschnitt litten die Hunde in dieser Studie 3,5 Jahre an Epilepsie und standen im Durchschnitt 2,29 Jahre unter Therapie mit Imepitoin. 73,45% (83/113) der Hunde hatten idiopathische Epilepsie und 21,24% (24/113) strukturelle Epilepsie. 5,31% (6/113) waren idiopathische Epileptiker unbekannter Genese. Mittels vorliegender Antworten konnte die aufgestellte Hypothese in vielen Aspekten bestätigt werden. Imepitoin zeigte eine Reduktion der Anfallsdauer und Anfallshäufigkeit. Auch bezüglich der Wahrnehmung der Lebensqualität der Hunde durch die Besitzer konnte ein positiver Effekt erzielt werden. Im Detail: Bei 43,36% (49/113) der Studienteilnehmer konnte eine Anfallsreduktion von mindestens 50% festgestellt werden. Davon wurden 25 Tiere anfallsfrei. Bei 1,77% (2/113) konnte eine Anfallsreduktion von unter 50% beobachtet werden, bei 15,04% (17/113) kam es zu einer Erhöhung der Anfallsfrequenz. Die Reduktion der Anfallshäufigkeit war statistisch signifikant (p<0,001) Hinsichtlich des Auftretens von Cluster-Anfällen konnte festgestellt werden, dass Imepitoin zu keiner signifikanten Reduktion dieser Anfälle führte (p=0,57). 56,64% (64/113) der Hunde litten weder vor noch nach Therapiebeginn an Cluster-Anfällen. 14,16% (16/113) hatten zwar vor dem Therapiebeginn Cluster-Anfälle, wurden aber unter Imepitoinapplikation frei davon. 18,58% (21/113) litten sowohl vor als auch nach Therapiebeginn an Cluster-Anfällen und 10,62% (12/113) entwickelten erst unter Therapie mit Imepitoin diesen Anfallstyp. Hinsichtlich des Status epilepticus zeigte Imepitoin eine schlechtere Wirksamkeit (p=0,44). 55,75% (63/113) der Hunde litten weder vor noch nach Therapiebeginn an Status epilepticus, während 20,35% (23/113) sowohl vor als auch nach Therapie mit Imepitoin daran litten. 9,73% (11/113) wurden unter Therapie frei von diesem Anfallstyp und 14,16% (16/113) entwickelten erst nach Therapiebeginn einen Status epilepticus. Sowohl die Anfallslänge als auch die Anfallshäufigkeit beeinflussen die Wahrnehmung der Lebensqualität der Hunde durch die Besitzer. Nach Auswertung der entsprechenden Fragen konnte festgestellt werden, dass für 35,39% (40/113) der Besitzer die Anfallsschwere ihrer Hunde akzeptabler geworden ist unter Therapie mit Imepitoin, während 17,70% (20/113) diese als weniger akzeptabel empfanden (p=0,001; Effektstärke:0,3). 42,47% (48/113) sagten aus, dass die Anfallshäufigkeit akzeptabler geworden sei nach Therapiebeginn, während 14,15% (16/113) die Anfallshäufigkeit als schlechter empfanden (p<0,001; Effektstärke:0,37). Hinzu kommt, dass 38,05% (43/113) der Besitzer die Therapie der Anfälle mit Imepitoin als insgesamt erfolgreich „unter Kontrolle“ empfanden (p<0,001; Effektstärke 0,35). Die Besitzer waren zu 46,04% (52/113) weniger besorgt in Hinsicht auf die Anfällshäufigkeit, während 7,07% (8/113) besorgter waren (p<0,001; Effektstärke:0,56). 51,32% (58/113) waren in Hinsicht auf die Anfallsschwere ihrer Hunde weniger besorgt, während 6,19% (7/113) nach Therapiebeginn besorgter waren (p<0,001; Effektstärke:0,61). Darüber hinaus konnte unter einer Therapie mit Imepitoin das Auftreten von Verhaltensänderungen beobachtet werden. Verhaltensänderungen ihres Hundes mit Epilepsie wurden von 34,51% (39/113) der Besitzer beobachtet. Diese Hunde zeigten vor Therapiebeginn mit Imepitoin Verhaltensänderungen, die sich bei 14 Hunden nach Therapiebeginn verstärkten, während sie sich bei 24 nicht verstärkten. Zusätzlich beobachteten 26,54% (30/113) der Besitzer, dass ihre Hunde neue Verhaltensänderungen nach Therapiebeginn mit Imepitoin entwickelten, wie zum Beispiel vermehrte Anhänglichkeit, Ängstlichkeit oder Antipathie gegenüber fremden Hunden. Aber auch positiv empfundene Verhaltensänderungen konnten beobachtet werden, wie zum Beispiel gesteigerte Energie oder ruhigeres Verhalten.
In Germany three antiepileptic drugs are approved for the treatment of canine epilepsy. Since 2012, Imepitoin has been approved in Europe as a first-line antiepileptic drug with a recommendation from the EMA for treatment of generalized tonic-clonic seizures in dogs with idiopathic epilepsy. For this relatively new antiepileptic drug a similar efficacy in reducing seizure frequency was shown in comparison to phenobarbital as a monotherapy and to potassium bromide as add-on treatment. Imepitoin has a higher safety profile. The most reported side effects are polyphagia, hyperactivity, polyuria, polydipsia, somnolence, hypersalivation, vomiting, diarrhoea, ataxia, apathy, third eyelid prolapse, impaired vision and noise sensitivity. The efficacy of Imepitoin regarding the occurrence of status epilepticus and/or cluster seizures has been controversially discussed in various studies. The aim of this retrospective monocentric study was to investigate the following hypothesis: Imepitoin shows good efficacy in the long-term treatment of epilepsy in dogs under practice condition and observing a heterogenous cohort of patients. Study participants were selected from the patient population of the Clinic for Small Animals of the University of Veterinary Medicine Hannover. Dogs with epilepsy, regardless of diagnosis, presented to the Clinic for Small Animals at the University of Hanover between 2011 and 2020 were included. The start of data collection was in October 2019 and ended in June 2020. A survey was created using validated questions that could be completed online via the program "LimeSurvey" or, if desired, in writing. After searching the patient management program for the terms "dog" and "Pexion®", 292 potential study participants could be contacted. 126 questionnaires were completed, 35 only partially. After reviewing all responses 113 questionnaires could be included in the study. On average, the dogs in this study suffered from epilepsy for 3,5 years and were on treatment with imepitoin for an average of 2,29 years. 73,45% (83/113) were dogs with idiopathic epilepsy and 21,24% (24/113) had structural epilepsy. 5,31% (6/113) had idiopathic epilepsy of unknown etiology. The hypothesis could be proven and imepitoin was effective regarding seizure frequency and duration and quality of life of the dogs and their owners. In detail: 43,36% (49/113) of the study participants showed a seizure reduction for at least 50%, 25 animals became seizure-free. A seizure reduction of less than 50% was observed in 1,77% (2/113), and an increase in seizure frequency occurred in 15,04% (17/113). The reduction in seizure frequency was statistically significant (p=0,001). Treatment with imepitoin did not lead to a significant reduction of cluster seizures (p=0,57). 56,64% (64/113) of the dogs did not suffer from cluster seizures either before or after initiation of treatment, and 14,16% (16/113) had cluster seizures before initiation of therapy but became free of them under imepitoin. 18,58% (21/113) suffered from cluster seizures both before and after initiation of therapy and 10,62% (12/113) developed this seizure type under therapy with imepitoin. Regarding status epilepticus, treatment with imepitoin resulted in no significant efficacy (p=0,44). 55,75% (63/113) of the dogs did not suffer from status epilepticus either before or after initiation of treatment, while 20,35% (23/113) suffered from it both before and after therapy with imepitoin. 9,73% (11/113) became free of this seizure type during therapy and 14,16% (16/113) developed status epilepticus only after initiation of therapy. Both seizure duration and seizure frequency influenced the owners' perception of the dogs' quality of life. After evaluation of the corresponding questions, it was found that for 35,39% (40/113) of the owners the seizure severity of their dogs had become more acceptable under therapy with imepitoin, whereas 17,70% (20/113) found it less acceptable (p=0,001; Effect size:0,3). 42,47% (48/113) said that seizure frequency had become more acceptable after starting therapy, whereas 14,15% (16/113) felt that seizure frequency had become less acceptable (p<0,001; Effect size:0,37). In addition, 38,05% (43/113) of owners felt that under therapy with imepitoin, the seizures were successfully "controlled" (p<0,001; Effect size:0,35). 46,04% (52/113) of the owners were less concerned about seizure frequency, while 7,07% (8/113) were more concerned (p<0,001; Effect size:0,56). 51,32% (58/113) were less concerned about seizure severity in their dogs while 6,19% (7/113) were more concerned after initiation of therapy (p<0,001; Effect size:0,61). Furthermore, the occurrence of behavioural changes was observed during therapy with imepitoin. Behavioural changes were observed by 34,51% (39/113) of the owners. These dogs showed behavioural changes before initiation of therapy with imepitoin that increased in 14 of the dogs after initiation of therapy, whereas they did not increase in 24. In addition, 26,54% (30/113) of the owners observed that their dogs developed new behavioural changes after starting treatment with imepitoin, such as increased devotion, anxiety, or antipathy toward other dogs. However, positively perceived behavioural changes were also observed, such as increased energy or calmer behaviour.
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