The evolution of social dominance in mouse lemurs (Microcebus spp.) : the effect of sex and species on social interaction
Die Reproduktion ist ein grundlegendes Merkmal der Life-history aller Arten, welches zur Artendiversität und Evolution beiträgt. Bei Säugetieren spielt das Sozialverhalten eine wichtige Rolle bei der Koordination der Reproduktion. Bei tagaktiven Primaten mit komplexen sozialen Systemen, basieren egalitäre und despotische soziale Beziehungen auf agonistischen Konflikten, gegenseitiger Fellpflege, Koalitionen und räumlicher Nähe. Dabei ist soziale Toleranz ein wichtiges Konzept, welches affiliative und agonistische Muster in gruppenlebenden Arten maßgeblich beeinflusst. Im Gegensatz zu unserem umfangreichen Wissen über die Evolution von Sozialbeziehungen bei tagaktiven Primaten, ist bislang wenig über nachtaktive Arten, die in verstreuten Sozialsystemen leben, bekannt. Das Ziel dieser Arbeit ist es, diese Lücke zu füllen, indem die zwischenartliche Variation des zeitlichen Verlaufs der Reproduktion und die soziale Toleranz an 12 eng verwandten Arten untersucht wurden. Diese gehören einer artenreichen, nachtaktiven Lemurengruppe an und leben in verstreuten Sozialsystemen. In der ersten Studie habe ich untersucht, ob Unterschiede im jährlichen Verlauf der Reproduktion zwischen diesen Mausmakiarten auftreten und wie diese Variation durch phylogenetische und ökologische Faktoren erklärt werden können. In einer zweiten Studie habe ich untersucht, wie sich die soziale Toleranz zwischen sechs nah verwandten Mausmakiarten (Microcebus myoxinus, M. lehilahytsara, M. mamiratra, M. margotmarshae, M. ravelobensis, M. bongolavensis and M. danfossi) unterscheidet und wie diese Variation durch phylogenetische, ökologische und reproduktionsspezifischer Faktoren erklärt werden können. Hierzu habe ich intra- und intersexuelle Interaktionen unter Nutzung eines standardisierten sozialen Begegnungsexperimentes untersucht. Für die erste Studie wurde die Variation im zeitlichen Ablauf der Reproduktion von 12 Mausmakiarten erfasst, indem für vier Arten Literatur herangezogen wurde, für zwei Arten Langzeitdaten der Arbeitsgruppe Zimmermann/Radespiel ausgewertet wurden und für sechs Arten neue Daten in Madagaskar erhoben wurden. Um den Reproduktionszustand zu erfassen, wurden bei den Männchen die Hoden vermessen während bei den Weibchen die Vaginalzytologie und der Zitzenstatus erfasst wurden. Basierend auf der Literatur wurden die untersuchten Arten vier phylogenetischen Clustern zugeordnet und durch ökologische Faktoren wie Waldhabitat, Tageslängenfluktuation, Temperatur und jährlicher Niederschlag charakterisiert. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die 12 Arten in ihrem jahreszeitlichen Reproduktionsmuster unterschieden und dass diese Variation am Besten durch ein Zusammenspiel von phylogenetischen und ökologischen Faktoren erklärt werden konnte. Für die zweite Studie habe ich zwischenartliche Variationen in der sozialen Toleranz an sechs Mausmakiarten untersucht. Hierzu habe ich inter-individuelle Muster von affilitiven und agonistischen Verhaltensweisen sowie soziale Dominanz erfasst, indem ich experimentell zusammengestellte Dyaden in einem standardisierten Begegnungsexperiment beobachtet habe. Die sechs untersuchten Mausmakiarten gehören drei verschiedenen phylogenetischen Clustern an, die zwei Waldhabitate (trochen versus feucht) bewohnen und sich hinsichtlich ihres jahreszeitlichen Reproduktionsmusters (siehe Studie 1) unterscheiden. Sechs Männchen-Weibchen Dyaden und sechs Männchen-Männchen Dyaden wurden in einem standardisierten Begegnungsparadigma für die ersten drei Stunden der Aktivitätsphase an sechs aufeinanderfolgende Tagen beobachtet. Die gemeinsame Nutzung des zur Verfügung stehenden Raumes, die Frequenz des nicht-agonistischen Körperkontakts, die Aggressionsrate und die Anzahl intra-sexueller und inter-sexueller Konflikte wurden quantifiziert und analysiert. Die Ergebnisse zeigen verschiedene Level von sozialer Toleranz in den sechs verschiedenen Arten, die sich durch ein komplexes Zusammenspiel von Waldhabitat und Reproduktionsmuster erklären lassen, wobei der phylogenetische Faktor von geringer Bedeutung ist. Zusammenfassend, geben die beiden Studien neue Einblicke in die Divergenz der jährlichen Reproduktionsmuster von Microcebus spp., welches die taxonomische Unterteilung der sechs untersuchten Arten unterstützt. Überdies zeigen die Ergebnisse, dass die sechs Arten sich auch im Grad der sozialen Toleranz unterscheiden. Obwohl das jährliche Reproduktionsmuster und die soziale Toleranz von ökologischen Faktoren beeinflusst waren, so war dieser Faktor nicht ausreichend, um die zwischenartlichen Variationen vollständig zu erklären. Stattdessen war ein Zusammenspiel von ökologischen und phylogenetischen Faktoren für das Reproduktionsmuster und zwischen ökologischen und reproduktionsspezifischen Faktoren für die soziale Toleranz wichtig. Folglich deuten die Ergebnisse dieser Doktorarbeit darauf hin, dass die derzeitigen ökologischen Hypothesen nicht ausreichend sind die komplexen Beziehungen zwischen Ökologie, Reproduktion und Aggression in dieser Primatenradiation zu erklären. Weitere Studien sind daher notwendig, welche alle Mausmakiarten und ihr Reproduktionsmuster mit einbeziehen.
Reproduction is a fundamental trait in the life history of any species and contributes to species diversity and evolution. In mammals, social behavior plays an important role for reproduction and its coordination. In diurnal primates, with their complex societies, egalitarian to despotic social relationships are established and maintained via agonistic conflicts, allogrooming, coalitions, as well as by spatial affiliation. Thereby, social tolerance is a very important concept, strongly influencing the patterns of affiliation and aggression in group-living species. In contrast to our knowledge on the evolution of social relationships in group-living, diurnal primates, our knowledge on nocturnal species living in dispersed social systems is very limited. The aim of this thesis is to fill this gap by investigating interspecific variation of reproductive schedules and social tolerance in 12 species of a closely related, highly speciose nocturnal lemur radiation the mouse lemur, which live in socially dispersed social systems. In a first study, I investigated differences in the reproductive schedule of these mouse lemur species and how they can be explained by phylogenetically and/or ecological factors. In a second study, I investigated how social tolerance is affected by phylogeny, ecology, and reproductive activity by exploring the variation in inter-sexual (male-female) and intra-sexual (male-male) interactions of six closely related species (Microcebus myoxinus, M. lehilahytsara, M. mamiratra, M. margotmarshae, M. ravelobensis, M. bongolavensis and M. danfossi), using a standardized social encounter paradigm. For the first study, the variation in reproductive schedules was assessed in 12 species of the smallest-bodied primate radiation (Microcebus spp.) by compiling literature records on reproduction for four species, by analyzing long-term data from the working group Zimmermann/Radespiel for two species, and by assessing reproductive status for further six species in Madagascar. To assess the reproductive status, testes size was measured for males, vaginal cytology and teat status was documented for females. Based on existing literature, the study species were assigned to four phylogenetic clades, characterized by forest type (dry forest, humid forest) and with regard to environmental parameters such as day length fluctuations, temperature, and yearly rainfall. The results showed that the 12 species differed in their reproductive schedule and that this variation could be best explained by an interplay between phylogenetic relatedness and forest type. For the second study, I evaluated the interspecific variation in social tolerance in six mouse lemur species (Microcebus spp.) by assessing inter-individual patterns of affiliative and agonistic behavior as well as social dominance in experimentally formed social dyads with a standardized social encounter paradigm. The six different mouse lemur species belong to three different clades, inhabit two contrasting habitats (dry vs humid forest), and differed regarding their reproductive state. Six male-female pairs and six male-male pairs of each species were observed during the standardized social encounter experiments over three hours/a day at the beginning of the night for six days. The joint stay in sleeping box, the joint use of space, frequency of non-agonistic body contacts, aggression rates, and the number of intra-sexual and intersexual conflicts were quantified and analysed. The results showed different levels of social tolerance in the six mouse lemur species. This variation was significantly affected by habitat type and reproductive activity, but less influenced by phylogeny. All in all, the two studies provided a new insight into the divergence in reproductive schedules, which supports the taxonomic distinctiveness of these mouse lemur species. Moreover, the regulation of social tolerance varied considerably across species. Although both reproductive schedule and social tolerance were affected by ecological factors, ecology was not a sufficient variable to explain interspecific variations. Instead, an interplay between ecology and phylogeny for reproductive schedule and an interplay between reproductive activity and ecology for social tolerance was important to explain the observed inter-specific variations in reproductive schedule and social tolerance. Thus, the findings suggest that current ecological hypotheses are insufficient to explain the complex relations between ecology, reproduction, and aggression in this primate radiation. Thus, further studies are needed on all lemur species in different reproductive states.
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