Vergleich zweier Zuführungssysteme zur Elektrobetäubung von Schlachtschweinen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Fleischbeschaffenheit
Die Zuführung zur Betäubung stellt für Schweine eine der wesentlichsten Belastungsquellen im Schlachtablauf dar. In vielen Schlachtbetrieben wird ein schonender Umgang des Personals mit den Tieren während der Vereinzelung und des Zutriebs durch eine unzureichende bauliche Gestaltung dieser Bereiche erschwert, so dass häufig sowohl das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigt als auch die Fleischbeschaffenheit erheblich negativ beeinflusst werden. In der vorliegenden Arbeit sollte der Frage nachgegangen werden, inwieweit sich bauliche Maßnahmen, die zu einer Senkung der während der Zuführung zur Betäubung auf die Schweine einwirkenden Belastung führen, vorteilhaft auf die Fleischqualität auswirken. Dazu wurden ein herkömmliches und ein neuartiges, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover entwickeltes Zuführungssystem verglichen. Es wurden insgesamt 438 Mastschweine aus dem Bundeshybridzuchtprogramm (BHZP) in zwei nacheinander im selben Schlachtbetrieb stattfindenden Messperioden untersucht. In der ersten Messperiode, in der 228 Tiere untersucht wurden, verfügte der Schlachtbetrieb über ein herkömmliches Zuführungssystem (altes System). Dies diente gewissermaßen als Kontrolle. Dabei gelangten die Schweine aus der im Wartestallbereich gelegenen Vereinzelungsbucht in einen zur Betäubungsfalle führenden Einzeltreibgang. In der zweiten Messperiode, nach einem Umbau des Zutriebs wurden 210 Schlachtschweine untersucht. Der neue Zutrieb zur Betäubung wurde nach ethologischen Gesichtspunkten entwickelt (neues System). Im neuen System erfolgt die Vereinzelung und der Zutrieb optisch und akustisch von Wartestall und Schlachthalle getrennt, und im Zutrieb werden die Tiere auf einem Förderband stehend automatisch in die Betäubungsfalle transportiert. Um die Fleischbeschaffenheit der Schlachtkörper zu beurteilen, wurden jeweils 45 Minuten nach der Schlachtung der pH-Wert (pH1) und die Fleischtemperatur (T1) (Portamess® 651,2, Firma Knick, Berlin) sowie 24 Stunden nach der Schlachtung wiederum der pH-Wert (pHult) und die Fleischtemperatur (Tult) sowie das Wasserbindungsvermögen (Q-Wert, Filterpapierpressmethode) und die Fleischfarbe (Minolta Chromameter®, L*-, a*-, b*-Werte) ermittelt. Sämtliche Messungen wurden für den M. semimembranosus (SM) und den M. longissimus dorsi (LD) durchgeführt. Weiterhin wurde am Tag nach der Schlachtung die Schultergürtelmuskulatur auf das Vorhandensein und das Ausmaß von Muskelblutungen untersucht. Zudem wurden Zusammenhänge zwischen Parametern der Fleischqualität und ethologischen, physiologischen und hämatologischen Belastungsindikatoren, die im Rahmen eines parallel durchgeführten Dissertationsvorhaben erhoben wurden, berechnet. Die Ergebnisse zeigen, dass durch das neue, tierschonende Zuführungssystem eine vergleichsweise gute Fleischbeschaffenheit noch weiter verbessert werden konnte. So lagen die pH1-Werte im neuen System sowohl im SM (6,47) als auch im LD (6,48) signifikant (p < 0,05 bzw. p < 0,01) höher als im alten System ( pH1 SM = 6,43, pH1 LD = 6,42). Im SM sank die T1 nach Einbau des neuen Zuführungssystems signifikant (p < 0,001) um 0,4 °C, wohingegen sie im LD um etwa 0,3 °C (p < 0,05) anstieg. Die pHult-Werte lagen im neuen System sowohl im SM mit 5,60 als auch im LD mit 5,51 signifikant (p < 0,001) niedriger als im alten System (pHult SM = 5,67, pHult LD = 5,57), was einer tieferen Fleischreifung entspricht. Auch die Tultlag nach Einbau des neuen Zuführungssystems in beiden untersuchten Muskeln signifikant niedriger: Im SM sank sie von 6,63 °C auf 6,37 °C, im LD von 5,33 °C auf 4,64 °C (p < 0,001). Die Schlachtkörper von Schweinen, die im neuen System der Betäubung zugeführt wurden, wiesen ein verbessertes Wasserbindungsvermögen auf. Im SM stieg der Q-Wert von durchschnittlich 0,51 im alten System auf 0,53 im neuen (p < 0,01), im LD von 0,52 auf 0,53 (p < 0,05). Die Farbmessung erbrachte teilweise unerwartete Ergebnisse. Während der Farbhelligkeitswert (L*-Wert) im SM im neuen System von 46,98 auf 46,03 sank, stieg er im LD von 47,56 auf 48,53. Die Signifikanz beider Differenzen betrug p < 0,001. Für die a*-Werte fanden sich in beiden Muskeln (SM, LD) keine systembedingten Unterschiede (SM altes System = 7,31, SM neues System = 7,27, LD altes System = 7,45, LD neues System = 7,46). Dagegen sanken die b*-Werte nach Einbau des neuen Zuführungssystems im SM (2,81 zu 2,11) und im LD (3,63 zu 3,34) signifikant (p < 0,001 bzw. p < 0,01) ab. Schlachtkörper von Schweinen, die im neuen, System zur Betäubung gelangten, wiesen im Vergleich zum alten System deutlich seltener und in einem erheblich geringeren Umfang Muskelblutungen auf. Dabei reduzierte sich im Bereich der Schultergürtelmuskulatur die Häufigkeit von petechialen Blutungen von 68 % auf 4 % (p < 0,001) und die von diffusen Blutungen betroffene Muskelfläche verringerte sich von durchschnittlich 6 cm2 auf 1 cm2 (p < 0,001). Signifikante, jedoch überwiegend wenig straffe Korrelationen konnten sowohl zwischen Merkmalen der Fleischbeschaffenheit (pH1, pHult, T1, Wasserbindungsvermögen) und ethologischen, physiologischen und hämatologischen Belastungsindikatoren, als auch zwischen Muskelblutungen und hämatologischen und physiologischen Belastungsindikatoren (Lactat, Herzfrequenz) gefunden werden. Die nach dem Einbau des neuen Zuführungssystems nachgewiesene Verbesserung der Fleischqualität kann auf die im Vergleich zum alten System erheblich geringere physische und emotionale Belastung der Schweine während der Vereinzelung und des Zutriebs zurückgeführt werden. Die über eine Nutzung des Erkundungsverhaltens erreichte Erleichterung der Vereinzelung und der schonende automatische Transport im Zutrieb tragen dazu bei, dass bei Schweinen, die im neuen System der Betäubung zugeführt werden, der prämortale Abbau des Muskelglykogens (Glykogenolyse) in einem vergleichsweise geringeren Umfang stattfindet. Hierdurch sinkt zum Einen das Risiko für die Entstehung von PSE-Fleisch, wie durch die höheren pH1-Werte, die geringeren T1-Werte und das erhöhte Wasserbindungsvermögen gezeigt werden konnte, zum Anderen sinkt durch eine Schonung der Energiespeicher auch das DFD-Risiko, wie es die tieferen pHult-Werte belegen. Die erhebliche Reduzierung der petechialen und diffusen Muskelblutungen bei gleichbleibenden Betäubungsbedingungen kann ebenfalls dem Faktorenkomplex „Vorbelastung“ zugeordnet werden. Im Falle der diffusen Muskelblutungen verdeutlicht auch die gefundene positive Korrelation mit dem Lactatgehalt im Stichblut den Zusammenhang zwischen Belastungen im prämortalen Zeitraum und erhöhter Blutungsneigung. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass eine Verbesserung des Tierschutzes, wie sie hier durch eine verhaltensgerechte bauliche Gestaltung des Zuführungssystems erreicht wurde, dazu beiträgt, das Risiko für verschiedene Qualitätsmängel von Schweinefleisch in teilweise erheblichem Umfang zu verringern. Darüberhinaus gilt die Verbesserung des Wohlbefindens von Schlachtschweinen zusätzlich als eigenes Qualitätskriterium. Daher sollte versucht werden, den in den letzten Jahren erfolgten Erkenntnisgewinn zur Senkung der prämortalen Belastung von Schlachtschweinen vermehrt in die Praxis umzusetzen, wodurch auch der Forderung der Tierschutz-Schlachtverordnung nach Vermeidung unnötiger Schmerzen, Leiden und Schäden eher Rechnung getragen würde.
Moving pigs to the stunning point is one of the most important sources of stress in slaughtering pigs. In many abattoirs it is difficult for the drivers to handle pigs carefully during separation and access to the restrainer because these areas are often poorly designed. This may lead to problems which can impair the animals´ welfare and which can affect subsequent meat quality. This dissertation investigates to what extent constructional measures, which lead to a reduction of the strain occuring during the conveyance to the stunning point, are able to have postive effects on meat quality. Therefore a conventional conveyance system and a new one, which had been developed in cooperation with the Institute for Animal Hygiene, Animal Welfare and Farm Animal Behaviour of the School of Veterinary Medicine Hannover (TiHo Hannover), were compared with regard to their effects on subsequent meat quality. The investigation included a total of 438 slaughterpigs of a German hybrid breeding programme (BHZP) and was divided in two measuring-periods which both took place in the same slaughter plant. In the first period 228 pigs were investigated in the conventional system (old system). In the old system the pigs were sent one by one through a single file race which led to the stunning point. The preceding separation of pigs from the group took place in a pen which was located inside the lairage area. After the slaughter plant had been reconstructed the second measuring period took place. It included 210 pigs which now were moved to the stunning point in the new developed conveyance system which design considers ethological aspects (new system). In the new system separation of pigs from the group and access to the restrainer take place in a special room which is visually and acoustically separated from lairage and slaughtering section and the access functions automatically: the pigs are transported to the restrainer by a conveyor belt on which the pigs are standing. In order to asses meat quality pH (pH45, pH1) and temperature (T45, T1) measurements were performed 45 min post slaughter (Portamess® 651-2. Fa. Knick, Berlin). Further measurements were performed at 24 h post mortem. They consisted of pH (pHult), temperature (Tult), water holding capacity (filter papar pressing method, Q-value) and colour measurements according to the CIELAB-system (Minolta® chromameter). All measurements included the M. semimembranosus (SM) and the M. longissimus dorsi (LD). Further at the day after slaughter the muscles of the shoulder were investigated concerning the incidence and the extent of „blood splashes“ (petechial haemorrhages) and diffuse haemorrhages. Moreover correlations between meat quality parameters and ethological, physiological and biochemical stress indicators, which had been collected in a parallel performed dissertation-project, were calculated. The results show, that a comparatively good meat quality could be improved farther by the utilization of the new developed, gentle working conveyance system. pH1-values in SM (6,47) and LD (6,48) were significantly (p < 0,05, p < 0,01) higher in the new system than in the old one (pH1 SM = 6,43, pH1 LD = 6,42). In the SM the temperature 45 min post slaughter (T1) declined after the installation of the new system by 0,4 °C (p < 0,001) whereas temperature in the LD rised by 0,3 °C (p < 0,05). pHult-values in SM (5,60) and LD (5,51) were significantly (p < 0,001) lower in the new system than in the old one (pHult SM = 5,67, pHult LD = 5,57), what represents a better ulimate pork quality. Also the Tult in both investigated muscles (SM and LD) was lower after the installation of the new conveyance system. In the SM it decreased from 6,63 °C to 6,37 °C, in the LD from 5,33 °C to 4,64 °C (p < 0,001). Carcasses of pigs, which had been driven through the new conveyance system, showed an improved water holding capacity. In the SM the Q-value increased from 0,51 (old system) to 0,53 (p < 0,01), in the LD it rised from 0,52 to 0,53 (p < 0,05). Colour measurements gave inconsistent results. Whereas Lightness (L*-value) in the new system decreased in the SM from 46,98 to 46,03 it increased in the LD from 47,56 to 48,53 (p < 0,001). In both investigated muscles (SM and LD) there were no significant differences between the a*-values in the old and the new system. However b*-values decreased after the installation of the new system in SM (from 2,81 to 2,11) and LD (from 3,63 to 3,34) significantly (p < 0,001, p < 0,01). Carcasses of pigs which had passed the new system showed less frequently and to a smaller extent haemorrhages. In the muscles of the shoulder region the frequency of petechial haemorrhages diminished from 68 % to 4 % (p < 0,001) and the muscle-area with diffuse haemorrhages decreased from 6 cm2 to 1 cm2 (p < 0,001). Significant, but predominantly low correlations could be found between parameters of meat quality (pH1, pHult, T1, water holding capacity) and ethological, physiological and biochemical indicators of stress and also between haemorrhages and biochemical and physiological (lactate, heart rate) stress indicators. The established improvement of meat quality in the new conveyance system can be explained by the compared to the old system distinct reduction of physical and emotional stress during separation and access to the stunning point. The facilitation of separation, which had been realized by using pigs´exploratory behaviour, and the gentle, automatical transport during access help to reduce the extent of premortal muscle glycogenolysis. In this manner on the one hand the risk for the development of PSE-meat is diminished, as it could be shown by higher pH1-values, lower T1-values and improved water holding capacity, and on the other hand by the preservation of energy reserves in muscles the risk for the development of DFD-meat is diminished as well, as it is proved by deeper pHult-values. The distinct reduction of petechial and diffuse haemorrhages in the muscles of the shoulder under constant stunning conditions can be related to the complex „pre-slaughter stress“. In the case of diffuse haemorrhages the found positive correlation with lactate in the sticking blood also illustrates the importance of pre-slaughter stress for the incidence of haemorrhages. This dissertation shows, that an improvement of animal welfare, as it is reached in this case by a well-designed conveyance system, can help to reduce the risk for the development of different types of aberrant pork quality to a – in some cases – great extent. In addition to that the improvement of the welfare of slaughter pigs is reagarded as a quality criterion in ist own right. Therefore it is to consider if the new knowledge about reducing the pre-mortal strain of slaughter animals, which had been gained in the last years, should be realized in slaughter practice more intensively. In this manner the demand of the German regulation for the protection of animals during slaughter (Tierschutz-Schlachtverordnung) for the avoidance of unnecessary pain, suffering and damages would be taken into account in a more serious way.
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