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Untersuchungen zu frühen Erreger-Wirts-Interaktionen bei der Mastitis des Rindes

Die Mastitis ist die wirtschaftlich bedeutendste Einzelerkrankung in der Rinderproduktion, für die es bisher nur unbefriedigende Prophylaxe- und Therapiekonzepte gibt. Als Teil eines wissenschaftlichen Gesamtkonzeptes trägt die vorliegende Arbeit dazu bei, Mechanismen aufzuklären, die an der Pathogenese der Mastitis beteiligt sind. Dabei stehen Ereignisse und Mechanismen im Mittelpunkt des Interesses, die in der frühen Phase der Erreger-Wirts-Interaktionen eine Rolle spielen.   Mastitiden treten vermehrt in der peripartalen Phase des Rindes auf und werden in diesem Zeitraum oft durch die Erreger Staphylococcus aureus (S. aureus) und Escherichia coli (E. coli) hervorgerufen. Deshalb wurde in dieser Arbeit geprüft, ob Bestandteile der beiden Erreger (sog. PAMPs) unter dem Einfluss peripartal relevanter Sexualsteroide, die Funktionalität in-vitro-generierter Makrophagen beeinflussen. Ein sehr empfindlicher Parameter zur Charakterisierung der Funktionalität von Makrophagen stellt deren Eigenschaft dar, nach Stimulierung mit PAMPs, Faktoren zu sezernieren, welche zum Absterben neutrophiler Granulozyten führen.   In allen untersuchten bovinen Leukozytenpräparationen (neutrophile Granulozyten [PMN], mononukleäre Leukozyten [MNC], Monozyten, in-vitro-generierte Makrophagen [MdM]) konnten immunhistologisch und oder mittels PCR sowohl der Progesteronrezeptor als auch die Östrogenrezeptoren-α und –β nachgewiesen werden. Progesteron und Östradiol-17β führten hochdosiert zu einer signifikanten Senkung der Absterberate anteiliger PMN von einer CpG-stimulierten Gesamtleukozytenpopulation. LPS-stimulierte MdM konnten unter dem Einfluss von Östradiol-17β ein Absterben von PMN verstärken. Während Progesteron keinen Einfluss auf die Zahl reiner, vitaler PMN nach Stimulation mit PAMPs nahm, starben tendenziell mehr PMN in Anwesenheit des Hormons, wenn Kokulturen der Zellen mit MdM und LPS oder der Kombination von LPS und einem CpG-Motiv stimuliert wurden. Östradiol-17β hingegen verstärkte hochsignifikant das LPS-induzierte, MdM-abhängige Sterben der PMN, nicht aber das durch LPS und durch das CpG-Motiv additiv induzierte Sterben. MdM exprimieren die Erregerrezeptoren TLR-2 und TLR-4 (Toll-like-Rezeptor-2, -4) sowie das bovine β-Defensin 5 (BNBD5). Im Gegensatz zu Progesteron senkte Östradiol-17β nicht signifikant die Expression aller drei mittels quantitativer PCR untersuchter Gene. Damit konnte gezeigt werden, dass Hormone die Reaktionsfähigkeit von Immunzellen auf Erregerbestandteile modulieren können.   Um zu prüfen, ob bovine Makrophagen in ihrem Immunphänotyp polarisiert sein können, wurde der Arginin-Metabolismus näher analysiert. Erstmals wurde das Enzym Arginase in bovinen MdM und MNC nachgewiesen. Eine Induktion seiner Aktivität erfolgte bereits während der Kultivierung und ließ sich durch Stimulation mit LPS nicht signifikant steigern. Eine abhängige Regulation konnte für bovine MdM nicht gezeigt werden: Während LPS eine signifikante Steigerung der NO-Produktion hervorrief, zeigten sich keine Korrelationen der Arginase-Aktivität. Während im murinen System die Regulation der alternativen Schlüsselenzyme induzierbare NO-Synthase (pro-inflammatorisch) und Arginase (anti-inflammatorisch) meist streng dichotom erfolgt, galt dies nicht für bovine Zellen. Der Arginin-Metabolismus beim Rind kann daher nicht als Hinweis auf einen vorherrschenden Immunphänotyp dienen.   Ein Kernpunkt der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung eines Mastitis-Infektionsmodells für das Rind. Unter streng definierten Bedingungen soll damit die frühe Phase (24-72 h) einer akuten klinischen (E. coli) sowie einer subklinisch bis chronischen (S. aureus) Mastitis simuliert werden. Die anschließende Quantifizierung von Entzündungszellen im Sekret zu unterschiedlichen Zeiten der Infektion, deren durchflusszytometrische Erfassung und Differenzierung, sowie die Messung der TLR-Expression und β-Defensingenexpression im Eutergewebe und in Lymphknoten mittels quantitativer RT-PCR sollten Mechanismen der frühen Infektionsabwehr näher charakterisieren. Die Qualität des entwickelten Mastitismodells begründet sich einerseits im straffen Vorabscreening der Versuchstiere (Rasse: Holstein-Friesian, 1. Laktation, 3.-5. Laktationsmonat, Freiheit von Mastitiserregern sowie somatische Zellzahl in der Milch [SCC] <100.000 Zellen/ml über mindestens zwei Wochen vor Versuchsbeginn). Andererseits wurden während der simulierten Mastitis regelmäßig die Körpertemperatur, die Milchleistung, die Eutersekretbeschaffenheit, der Euterpalpationsbefund, das Allgemeinbefinden und das Differentialblutbild dokumentiert. Erste mit Hilfe des Modells erhobene Daten waren:   Alle mit E. coli infizierten Tiere reagierten mit Fieber innerhalb von 12 h. Bei den mit S. aureus über 24 und 72 h infizierten Tieren war keine signifikante Erhöhung der Körpertemperatur festzustellen. Die tägliche Milchleistung sank sowohl bei Tieren, die mit E. coli als auch mit S. aureus infiziert wurden signifikant entsprechend der Versuchszeiträume. Alle mit E. coli infizierten Tiere zeigten innerhalb des 24-stündigen Experiments geringgradige Störungen des Allgemeinbefindens, hochgradige Veränderungen des Eutersekretes (Flocken, Verlust des Milchcharakters) und eine hochgradige entzündliche Schwellung betroffener Euterviertel. Tiere, die mit S. aureus infiziert wurden, zeigten hingegen keine bis geringgradige klinische Anzeichen einer Mastitis. Im Gegensatz zu den 24-stündigen Infektionen mit S. aureus, zeigten die über 72 h infizierten Tiere i.d.R. deutlichere Symptome einer klinischen Mastitis (zunehmende Flockenbildung in der Milch bei erhaltenem Milchcharakter). Bei allen Tieren, die mit E. coli infiziert wurden, war bereits nach 12 h eine signifikante Leukopenie, mit Neutropenie und Lymphopenie zu beobachten. Während einer 24-stündigen Infektion mit S. aureus wurden keine signifikanten Veränderungen der Zahl zirkulierender Leukozyten beobachtet. Hingegen kam es bei einer 72-stündigen Infektion zu einem transienten, signifikanten Abfall der PMN 48 h post infectionem. Sowohl E. coli als auch S. aureus konnten aus den zuvor infizierten Eutervierteln reisoliert werden. Nach Infektion mit E. coli ließ sich ein markanter, signifikanter Anstieg des SCC bereits 12 h post infectionem feststellen. Während einer 24-stündigen Infektion mit S. aureus war eine nur schwache, jedoch signifikante SCC-Erhöhung in Versuchs- und Kontrollvierteln nachzuweisen. Bei den über 72 h dauernden Infektionen mit S. aureus war die SCC-Dynamik sehr heterogen: Bei vier Tieren war ein signifikanter SCC-Anstieg zu beobachten, bei zwei Tieren nicht. Nach Infektion mit E. coli oder S. aureus stieg der Anteil neutrophiler Granulozyten in der Milch und blieb im weiteren Verlauf der Infektion erhöht. Es wurde eine starke positive Korrelation zwischen SCC-Wert und absoluter PMN-Zahl in der Milch gefunden. Es konnten keine signifikanten Unterschiede der Zusammensetzung zwischen untersuchten Viertelanfangs- und –endgemelken nachgewiesen werden. Eine sequentielle Infektion konnte aufzeigen, dass eine vorangegangene Infektion die Reaktionsbereitschaft auf nachfolgende Infektionen beeinflusst. Eine zweite Infektion nach 12 h mit E. coli konnte keine Erhöhung der Zellzahl herbeiführen. Ein zunächst heterogener SCC-Anstieg nach Infektion mit S. aureus verursachte 60 h später eine verbesserte, einheitliche Reaktionsbereitschaft. Grundsätzlich konnte die Expression der TLR-2, -3, -4, -6 sowie auch boviner β-Defensine (insbesondere des BNBD5) in allen untersuchten Eutervierteln, sowie in Euter- und Buglymphknoten nachgewiesen werden. Eine signifikante Hochregulation der Expression konnte für TLR-2 und –4, sowie für bovine β-Defensine nach Infektion mit E. coli in den infizierten Eutervierteln, den Euterlymphknoten und teilweise in den somatischen Zellen des Milchsekrets gezeigt werden. S. aureus bewirkte erst nach 72-stündiger Infektion und lediglich bei den β-Defensinen eine signifikante Expressionssteigerung in den Euterlymphknoten beider Seiten.   Mit Hilfe des im Rahmen dieser Arbeit erstellten Mastitismodells wurden orientierte Daten zur Einschätzung der Bedeutung von Erreger-Erkennungs-Rezeptoren für frühe Erreger-Wirts-Interaktionen in der Milchdrüse erlangt. Nach Erweiterung des Untersuchungsspektrums steht damit ein Instrument zur Verfügung, das zur Klärung einer ganzen Reihe spezifischer Fragestellungen zur Pathogenese von Mastitiden eingesetzt werden kann. Folgeexperimente dieser Arbeit werden vor allem Problemstellungen zur Bedeutung unterschiedlich hoher Milchzellzahlen auf die frühen Erreger-Wirts-Mechanismen, die Krankheitsverläufe nach Einsatz von Erregerstämmen mit unterschiedlichen Pathogenitätseigenschaften, aber vor allem auch molekularen Grundlagen von Infektions- und initialen Abwehrmechanismen in der Milchdrüse anhand Transkriptom- und Proteomanalysen beinhalten. Erworbene Erkenntnisse werden als Grundlage zur Definition neuer Parameter für das Merkmal „Eutergesundheit“ dienen. Langfristig sollen neue Kandidatengene für die Zucht von Kühen mit verbessertem Immunschutz identifiziert und funktionell validiert werden.

Mastitis is the most important disease in dairy production in terms of economic impact. However, concepts for prophylaxis and therapy are still unsatisfactory. This work is part of a scientific framework project and deals with mechanisms participating in the pathogenesis of mastitis. We focus especially on events and mechanisms during the early phase of the host defense.   Mastitis occurs rather frequently during the periparturient period, often due to Staphylococcus aureus or Escherichia coli infection. Thus, it was tested whether pathogen associated molecular patterns (PAMPs) of these bacterial species influence the function of in vitro generated macrophages (MdM) in the context of relevant sexual steroid hormones. The accelerated killing of cocultured neutrophilic granulocytes by secreted factors of stimulated MdM was taken as a very sensitive read-out system. All studied leukocyte populations (polymorphonuclear neutrophils [PMN], mononuclear cells [MNC], monocytes and MdM) contained progesterone and estrogen (α, β) receptors as proven by immune-histological assessment or PCR. Progesterone and estradiol-17β, at high concentrations, significantly inhibited the induced killing of PMN in a CpG-stimulated leukocyte population. LPS-stimulated MdM enhanced the killing of PMN under the influence of estradiol-17β. Progesterone had no effect on the number of pure and viable PMN after PAMP stimulation. More PMN died in the presence of progesterone if cocultures of PMN and MdM were stimulated with LPS or the combination of LPS and a CpG motif. Estradiol-17β also enhanced significantly the LPS-induced, MdM-dependend killing of PMN, but not the killing induced by LPS or LPS+CpG motif. MdM expressed the pattern recognition receptors TLR-2 and TLR-4 (Toll like receptor-2, -4) and the bovine β-defensin 5 (BNBD5). In contrast to progesterone, estradiol-17β did not reduce significantly the expression of all three genes, as determined by quantitative RT-PCR. In summary, it could be shown that the tested hormones are able to modulate the response of immune cells to PAMPs.   A possible polarization of the immune phenotype of bovine MdM was analyzed by investigating the arginine metabolism. For the first time the enzyme arginase could be detected in bovine MdM and MNC. Arginase was already induced during cell culturing and the activity was not or irregularly enhanced after LPS stimulation. In contrast, LPS significantly induced an enhanced NO production. In the murine system the regulation of the alternative key enzymes inducible nitric oxide synthase (iNOS, pro-inflammatory) and arginase (anti inflammatory) is strictly dichotomic. This seems not to be the case for bovine cells and thus, the bovine arginase metabolism cannot serve as an indicator for a dominating immune phenotype or the immune polarization of a cell type.   One main part of this work was the development of a mastitis infection model in cattle aiming to simulate the early phase (24-72 h) of an acute clinical (E. coli) and a subclinical to chronic (S. aureus) mastitis under strictly defined conditions. Mechanisms of the early immune defense were characterized by quantification of inflammatory cells in the milk at different times after infection, their flow cytometrical differentiation, and the measurement of TLR and β-defensin expression in udder tissue and lymphnodes with quantitative RT-PCR. The quality of the mastitis model is based on the pre screening of the animals (Holstein-Frisian, first lactation, 3rd-5th month of lactation, free from mastitis pathogens and somatic milk cell counts [SCC] <100.000 cells/ml for at least two weeks before challenge). During the simulated mastitis, the body temperature, the milk yield, the consistency of the udder secretions, the palpational findings of the udder tissue, the general condition and the differential blood counts were regularly documented. The data generated with this model can be summarized as follows: All animals infected with E. coli had fever within 12 h. In contrast, no animal infected with S. aureus responded with fever. The daily milk yield dropped significantly in both animal groups. All animals infected with E. coli had a slightly impaired general condition within a 24 h experiment, high degree changes of the milk secretions (flakes, loss of milk character) and a profound inflammatory swelling of the affected quarter of the udder. Animals infected with S. aureus showed no or only modest clinical signs of mastitis. In opposition to the group examined 24 h after infection, the 72 h group exhibited more drastic symptoms of clinical mastitis (increasing number of flakes but maintaining the milk character). In all heifers infected with E. coli a significant leukopenia, with neutropenia and lymphopenia was observed 12 h after host contact. However, infection with S. aureus did not lead to such a significant drop in the white blood cell count. Only 72 h post infectionem a transient decline of circulating leucocytes was detected. E. coli as well as S. aureus could be reisolated from previously infected udder quarters.   After infection with E. coli, a significant increase of the SCC could be noted already 12 h post infectionem. During a 24 h infection period with S. aureus only a weak but significant raise in SCC in the infected and control quarters was seen. Infections with S. aureus for 72 h resulted in a heterogeneous SCC dynamic. In four animals, the SCC increase was significant, in two animals it was not. After E. coli or S. aureus infection the percentage of milk neutrophilic granulocytes increased and stayed at higher levels during the infection period. The correlation between SCC and absolute milk PMN counts was strong positive. With respect to cell composition there were no significant differences in probes taken at beginning and end of milking. The sequential infection of quarters showed, that previously infected quarters influence the reaction of subsequently infected quarters. A second infection, 12 h after the first infection, did not result in a SCC increase. And, a heterogeneous increase in SCC after S. aureus infection turned to a homogenous reaction when adjacent quarters were infected 60 h later. Basically, expression of TLR-2, -3, -4, -6 and bovine β-defensins (especially BNBD5) could be demonstrated in all investigated udder quarters, in lnn. mammarii and lnn. cervicales superficiales. A significant upregulation could be shown for TLR-2, –4, and bovine β-defensins after E. coli infection in the infected quarter tissues, the lnn. mammarii and partially in the somatic milk cells. S. aureus induced a significant upregulation of β-defensin expression in both lnn. mammarii only 72 hours after infection.   Using the established mastitis model, preliminary data were generated to estimate the meaning of pathogen recognition receptors for early host pathogen interactions in the udder. After extending the investigation spectrum this model can serve as a useful instrument for the clarification of a whole set of specific questions regarding the pathogenesis of mastitis. Follow-up experiments will focus mainly on the meaning of varying milk cell numbers on the early host pathogen mechanisms, the development of the disease after using pathogen strains of different pathogenicity, and the molecular basics of initial defense mechanisms after an infection by means of transcriptome and proteome analysis. The acquired knowledge will help to define new parameters for the term “udder health”. On a long-term basis new candidate genes are to be identified and validated functionally for the breeding of cows with improved immune protection.

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