Strategien der Endometritisbehandlung und Auswirkung auf die klinische Heilung und die Fruchtbarkeit von Milchkühen im Rahmen der Integrierten Tierärztlichen Bestandsbetreuung
Ziel vorliegender retrospektiver Studie war es zu untersuchen, welchen Effekt unterschiedliche Vorgehensweisen bei Vorliegen einer chronischen Endometritis im Rahmen einer Integrierten Tierärztlichen Bestandsbetreuung auf die Reproduktionsleistung von Milchkühen haben. Insbesondere sollte geklärt werden, ob eine sofortige Therapie in jedem Fall erforderlich ist oder ob auch eine abwartende Haltung unter Ausnutzung des Selbstheilungsprozesses und Minimierung der Arzneimittelanwendung vergleichbare Ergebnisse liefert. An der Studie nahmen 283 Tiere mit chronischer Endometritis teil. Die Tiere stamten aus 7 Betrieben, die vom Arbeitsbereich Bestandstiermedizin der Klinik für Rinder der Tierärztlichen Hochschule Hannover betreut wurden. Die Diagnose wurde ab dem 14. Tag p.p. mittels rektaler und vaginoskopischer Untersuchung gestellt. Betriebe sowohl mit 14tägigen als auch mit 28tägigen Betreuungsintervallen wurden einbezogen. Zum Zeitpunkt der Diagnose wurde die Entscheidung für eine Behandlung bei 212 Kühen (74,91 %, Gruppe A) auf eine spätere Untersuchung verschoben. 71 Tiere (25,09 %, Gruppe B) wurden sofort behandelt. Zwischen Diagnosestellung und klinischer Heilung wurde bei 35 Tieren (Subgruppe A2) der Gruppe A (16,5 % dieser Gruppe) eine Therapie und bei 14 Kühen (Subgruppe B2) der Gruppe B (19,7 % dieser Gruppe) ein Wechsel der Anfangstherapie durchgeführt. 177 Kühe (Subgruppe A1) der Gruppe A blieben ohne Behandlung und 57 Tiere (Subgruppe B1) der Gruppe B wurden entweder nur einmal bzw. wurden bei einer eventuellen Wiederholung mit demselben Medikament behandelt. Die Verbesserung der klinischen Symptomatik war annähernd gleich bei den Tieren, die eine Behandlung bekommen haben, und denen, die unbehandelt geblieben sind. Die Präparate umfassten die üblichen Arzneimittel zur lokalen Behandlung der chronischen Endometritis (desinfizierende Präparate oder Antibiotika), oder Prostaglandine zur parenteralen Behandlung. 1) Der wichtigste Faktor, der die Einordnung einer chronischen Endometritis beeinflusste, war der Zeitpunkt der Diagnosestellung. Bei den Tieren mit einer Diagnosestellung ≤21. Tag p.p. war der Anteil von schweren Endometritiden hoch-signifikant höher als wenn die Diagnosestellung nach diesem Zeitpunkt erfolgte. 2) Die klinische Heilung war sehr hoch (98,59 %) und nur ein Tier wurde aufgrund einer therapieresistenten Endometritis verwertet. Bis zum Ende des Puerperiums zeigten 14 % der Tiere, basierend auf den vaginalen Befunden, keine vollständige klinische Heilung. Schon ab der ersten Nachkontrolle (39 ± 11 d p.p.) war die Gebärmutter sehr häufig unter der Hand zu versammeln (98,23 %) und kein Geruch des vaginalen Sekrets (92,93 %) mehr vorhanden. Abnormaler Ausfluss dauerte in der Regel noch länger an, aber er wurde in 78 % dieser Fälle (81 aus 103) nur als eitriger Schleim oder Flocken charakterisiert. 3) Unter den Bedingungen dieser retrospektiven Feldstudie zeichnete sich eine Gruppierung der Kühe in solche mit guter (Subgruppe A1 und B1) und solche mit schwacher (Subgruppe A2 und B2) Heilungstendenz ab. Diese Differenzierung war der Grund für eine Erst- bzw. für eine zusätzliche Behandlung. Allerdings hatte dieser Wechsel der ursprünglichen Entscheidung (A und B) allgemein wenig Einfluss auf die klinische Heilung, so dass die Subgruppen A1 und B1 trotzdem schneller die klinische Heilung im Vergleich zu den Subgruppen A2 und B2 erreichten. 4) Das Vorhandensein eines Corpus luteums oder der Schweregrad einer Endometritis spielten eine unwesentliche Rolle innerhalb einer Gruppe. Im Gegensatz dazu führte eine spätere Diagnosestellung zu einer signifikant späteren Besserung der klinischen Symptomatik in allen Gruppen. Unter Berücksichtigung der unbehandelten Gruppe (A1) kann man davon ausgehen, dass die Infektion des Uterus eher als ein dynamischer Prozess angesehen werden kann, der während des ganzen Puerperiums stattfindet, als nur ein statisches Ereignis im Frühpuerperium. 5) Die zwei Subgruppen, bei denen die klinische Heilung signifikant später auftrat (A2 und B2) und folglich eine Behandlung erst später oder mit einem Therapiewechsel vorgenommen wurde, haben bei einigen der Fertilitätskennzahlen die besseren Ergebnisse aufgewiesen. Man kann davon ausgehen, dass ein verlängerter Zeitraumbis zur klinischen Heilung nicht unbedingt mit einer Erniedrigung der Reproduktionsfähigkeit der Tiere zusammenhängt. 6) Es gab allgemein keine klare Überlegenheit einer Behandlungsstrategie auf die Gesamtheit der Fertilitätskennzahlen. Durch das Zusammenwirken von verschie-denen Faktoren war eine positive Wirkung einer Behandlung hauptsächlich auf den Erstbesamungserfolg, den Trächtigkeitsindex und die Konzeptionsrate festzustellen. 7) Das Verzichten auf eine Behandlung bei Tieren mit schwerer Symptomatik kann nicht empfohlen werden. Ein schwach-positiver Einfluss einer Therapie konnte außerdem nachgewiesen werden, wenn kein Corpus luteum vorhanden war und wenn die Diagnosestellung nach dem 21. Tag p.p. gestellt wurde. Die Verschiebung der Entscheidung (A2) für oder gegen eine Behandlung hat allerdings keinen negativen Einfluss auf die Fertilitätsparameter und kann sogar zu einer Verbesserung hinsichtlich des Erstbesamungserfolgs, des Trächtigkeitsindexes und der Konzeptionsrate beitragen. Diese Tatsache spricht für eine höhere Effektivität einer Behandlung mit zunehmendem Abstand zur Abkalbung. 8) Obwohl die Tiere mit Risikofaktoren bei der Geburt (Torsio uteri, Schwer-, Früh- oder Totgeburt, Geburt von Zwillingen oder Abort) und mit einer Retentio secundinarum einen höheren Anteil an schweren Endometritiden hatten als die nicht komplizierten Fälle, waren diese Unterschiede nur im ersten Fall als Tendenz vorhanden. Die Risikofaktoren bei der Geburt schienen keinen Einfluss auf die klinische Heilung zu haben, während eine Nachgeburtsverhaltung zu einer Verlängerung dieses Zeitraums als Tendenz führte. Eine intensive Beobachtung der Tiere im Frühpuerperium kann folglich den negativen Einfluss dieser Faktoren ausgleichen. Diese zwei Faktoren haben keine weitere Erniedrigung der Fertilitätskennzahlen als die Endometritis an sich selbst zur Folge. 9) Managementfaktoren, wie eine starke Verminderung des Ernährungzustandes der Tiere bzw. eine hohe Milchleistung, und das Auftreten von Ovarialzysten nach dem Ende des Puerperiums haben fast alle Fertilitätskennzahlen der betroffenen Kühen deutlich supprimiert. Die großen Unterschiede zwischen den Betrieben betonen die Wichtigkeit eines umfassenden Managements in der puerperalen und auch postpuerperalen Phase.
It was the aim of this retrospective study to examine the effects of different strategies of a herd health management program for the treatment of chronic endometritis on the reproductive performance of dairy cattle. In particular, it was the objective of this study to clarify whether or not a treatment at the time of diagnosis was under all circumstances necessary or if a waiting period between diagnosis and treatment, attempting to profit from the self cure of the animals and reduce the use of medication, brought the same results. Two hundred and eighty-three animals with chronic endometritis from seven dairy farms, which took part in the herd health program offered by the Production Medicine Unit of the Clinic for Cattle of the University of Veterinary Medicine Hannover, participated in this study. Diagnosis of endometritis started from the 14th day postpartum on by means of palpation through the rectum and vaginoscopy. The animals were re-examined in 14 or 28 days intervals depending on the farm’s management program. At the time of diagnosis, the decision for a treatment was postponed in 212 cows (74,91 %, Group A), while 71 animals (25,09 %, Group B) were treated immediately. Between time of diagnosis and clinical cure, a treatment was initiated in 35 animals (Subgroup A2) of Group A (16,5 % of this group), while a change in medication was made in 14 animals (Subgroup B2) of Group B (19,7 % of this group). Consequently, 177 animals of Group A (Subgroup A1) remained without treatment and 57 animals of Group B (Subgroup B1) were treated with only one medication. The improvement of the clinical symptoms was similar between animals that did and did not receive a treatment. The animals were treated using routine medication, either locally (disinfectants or antibiotics) or systemically (analogs of PGF2α). 1) The most important single factor that affected the classification of severity of a chronic endometritis was the time of diagnosis. The animals by which the diagnosis took place ≤21st day postpartum showed a highly statistically significant greater percent of severe endometritis compared with the animals by which the diagnosis followed beyond this time. 2) The clinical cure rate was very high (98,59 %) and only one animal was culled because of an endometritis that was resistant to therapy. Only 14 % of the animals did not show a complete clinical cure based on vaginal results by the end of the puerperium (42nd day). Already at the first re-examination (39 ± 11 d postpartum) the uterus could be gathered under the hand in 98,23 % of the cases and moreover, there was no ill smelling vaginal discharge in 92,93 % of the animals. The presence of abnormal vaginal discharge persisted for a longer period, but it was characterised as mucopurulent or clear with the presence of purulent flakes in 78 % of these cases (81 from 103). 3) Under the conditions of this retrospective field study, a grouping of the animals into those with a fast (Subgroups A1 and B1) and those with a slow (Subgroups A2 and B2) clinical cure became apparent. This tendency for a slow clinical cure was the reason to start or repeat a treatment. On the other hand, the change of our primary decision to treat (Group B) or not to treat (Group A) an animal had little influence on the outcome of the clinical cure, so that the Subgroups A1 and B1 reached a clinical cure significantly earlier compared to the Subgroups A2 and B2. 4) The presence of a Corpus luteum or the severity of endometritis did not play an important role within a group. On the contrary, the animals of all groups with a diagnosis >21st day postpartum reached the clinical cure at a later time than cows with a diagnosis ≤21st day. Considering the group of untreated animals (A1), it seemed that the infection of the uterus was more a dynamic process that took place throughout the whole puerperium than a static event that occured only during the first days postpartum. 5) The two subgroups, which reached the clinical cure later (A2 and B2) and which were consequently treated later for the first time, or with a change of the treatment, revealed better results concerning some of the fertility measures. As a consequence, a slower clinical cure might not necessarily be related to a suppressed fertility. 6) In general, there was no clear superiority of a treatment strategy with respect to the fertility measures. With regard to other factors, a positive effect of treatment was found for the first service conception rate, the pregnancy index and the conception rate. 7) In cases of severe endometritis, a treatment could be recommended. Additionally, a weak positive influence of a treatment could be established in the absence of a Corpus luteum at the time of diagnosis or, when the diagnosis was made after the 21st day postpartum. The postponement of the decision (Subgroup A2) to treat or not to treat did not have a negative influence on fertility measures. The animals of Group A2 revealed an improvement of the first service conception rate, the pregnancy index and the conception rate. This fact represents a higher effectiveness of a treatment with increasing interval from calving. 8) Although the animals with risk factors (torsio uteri, dystocia, early birth or stillbirth, birth of twins or an abort) and with retained fetal membranes had a higher rate of severe endometritis compared with cases without complications, this difference was only present as a trend in the first case. Risk factors did not seem to have a negative influence on the clinical cure, while the retention of the fetal membranes caused a slower clinical cure as a tendency. Intensive care of the animals in the first days of the puerperium can consequently counterbalance the negative influence of these factors. Risk factors and retained fetal membranes did not suppress the fertility measures of the animals any further. 9) Management factors, such as a high reduction of the body condition and a milk production higher than 10000 kg, as well as the appearance of ovarian cysts after the 42nd day postpartum suppressed statistically significantly almost all of the fertility measures of animals diagnosed with chronic endometritis. The large differences in the fertility measures between farms, stress the importance of a comprehensive management program in the puerperium as well as in the period thereafter.
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