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Euthyroid-Sick-Syndrom bei Hunden mit idiopathischer Epilepsie

Das Auftreten von Krampfanfällen stellt eines der häufigsten neurologischen Symptome bei Hund und Katze dar. Da eine Unterfunktion der Schilddrüse eine häufige Erkrankung des Hundes ist und die Ursache für eine symptomatische Epilepsie sein kann, kommt der Messung der Schilddrüsenhormonwerte im Rahmen der diagnostischen Abklärung von Krampfanfällen eine große Bedeutung zu. Die Interpretation der Ergebnisse dieser Hormonspiegelbestimmung wird dadurch erschwert, dass durch verschiedene nicht von der Schilddrüse ausgehende Erkrankungen und durch die Behandlung mit zahlreichen Medikamenten die Schilddrüsenhormonwerte im Blut erniedrigt erscheinen trotz uneingeschränkter Funktion dieses Organs. Dieses Phänomen, das als Euthyroid-Sick-Syndrom bezeichnet wird, tritt bei Hunden, die aufgrund eines Anfallsleidens mit dem Antikonvulsivum Phenobarbital behandelt werden, in einer Häufigkeit von bis zu 40% auf, obwohl klinisch keine Anzeichen für eine Schildrüsenunterfunktion (Hypothyreose) vorliegen. Ziel dieser Arbeit war es, den Einfluss der idiopathischen Epilepsie an sich auf die Entstehung dieses Syndroms zu beurteilen. Dazu wurden 113 Hunde mit Anfallsleiden, zu denen zuverlässige Angaben bezüglich des bisherigen Anfallsgeschehens, der durchgeführten Diagnostik und der bisherigen Therapie vorlagen, retrospektiv ausgewertet. 94 dieser 113 Hunde litten unter idiopathischer Epilepsie. 60 dieser 94 Patienten erhielten bis zum Zeitpunkt der Blutentnahme keine antikonvulsive Therapie, wohingegen 34 Hunde bereits antikonvulsiv therapiert wurden. 19 weitere Hunde waren an einer sekundären Epilepsie erkrankt. In 38,3% der Hunde mit neu diagnostizierter, nicht behandelter idiopathischer Epilepsie wurden Schilddrüsenhormonwerte festgestellt, die typisch für ein Euthyroid-Sick-Syndrom waren (TT4 ≤ 1,3 µg/dl und cTSH ≤ 0,45 ng/ml). Klinisch zeigte keines dieser Tiere Anzeichen für eine Schilddrüsenunterfunktion wie Hautveränderungen, Bewegungsunlust, Gewichtszunahme, erhöhte Cholesterinwerte oder Anzeichen für eine anderweitige Erkrankung abgesehen von der idiopathischen Epilepsie. Eine signifikante Korrelation bestand zwischen der Anfallsfrequenz bzw. dem anfallsfreien Intervall und der Höhe des Thyroxin-Wertes im Blut. Je länger zwei Anfälle auseinander lagen (niedrige Anfallsfrequenz), desto höher war der gemessene Schilddrüsenhormonwert. Alle übrigen Anfallsparameter wie Art, Dauer und Schwere der Anfälle und Zeitpunkt des Beginns des Anfallsgeschehens bis zum Zeitpunkt der Diagnosestellung standen in keinem signifikanten Zusammenhang mit der Veränderung der untersuchten Hormonwerte. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass auch die idiopathische Epilepsie des Hundes ein Auslöser des Euthyroid-Sick-Syndroms ist. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass eine Schilddrüsenunterfunktion Ursache für Krampfanfälle sein kann, ist eine sorgfältige diagnostische Abklärung erforderlich, um zwischen einer Hypothyreose und einem durch eine nicht schilddrüsenbedingte Erkrankung ausgelösten Euthyroid-Sick-Syndrom zu unterscheiden. Hierfür ist eine kombinierte Messung des TT4- und des cTSH-Basalwertes zu empfehlen. Im Falle eines nicht eindeutigen Ergebnisses kann ergänzend ein TRH-Stimulationstest durchgeführt werden. Unabhängig vom gewählten Verfahren muss die Blutentnahme vor Einleitung einer Narkose oder Beginn einer antikonvulsiven Therapie stattfinden, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Auf Basis dieser Arbeit ist die Häufigkeit des Auftretens eines Euthyroid-Sick-Syndroms bei Hunden mit caniner idiopathischer Epilepsie durch das Antikonvulsivum Phenobarbital neu zu evaluieren.

Euthyroid sick syndrome is a common finding in dogs and is due to nonthyroidal illness or treatment with any of a variety of drugs such as phenobarbital. In dogs with epilepsy treatment with anticonvulsant drugs can lead to subnormal plasma thyroid hormone concentrations despite of normal thyroid function. 113 dogs with seizure activity were retrospectively evaluated to determine the influence of idiopathic epilepsy (IE) on thyroid hormone concentrations. Blood samples were taken from 60 dogs suffering from IE prior to initiation of anticonvulsant therapy. Control groups consisted of 34 dogs with IE and receiving anticonvulsants and 19 dogs with secondary epilepsy. Thyroid concentrations consistent with euthyroid sick syndrome were diagnosed in 38% of dogs with untreated IE without any signs of hypothyroidism or concomitant diseases. There was a significant correlation (r = 0.363, P = 0.01) between seizure frequency and plasma thyroid hormone concentrations, with the longer the interval between two seizure events the higher the total thyroxine concentrations. There was no correlation between the degree of alteration of thyroid hormone concentrations and the time span between the most recent seizure event and blood collection, the type of the most recent seizure event, the duration of the complete seizure history, or the predominant seizure type. These results suggest that IE can be a reason for euthyroid sick syndrome in dogs. The effect of phenobarbital on plasma thyroid hormone concentrations must be investigated in future studies, as it may be less pronounced than expected.

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