Pharmakokinetik von unfraktioniertem Heparin bei Hunden mit einer verminderten glomerulären Filtrationsrate infolge chronischer Niereninsuffizienz
Ziel dieser Studie war es, den Einfluss einer verminderten Nierenfunktion infolge chronischer Niereninsuffizienz (CNI) auf die Pharmakokinetik von unfraktioniertem Heparin (UFH) beim Hund zu untersuchen. In die Studie wurden 32 Hunde mit einer verminderten glomerulären Filtrationsrate (GFR: <1,25 ml/kg/min) infolge CNI und 20 Hunde mit einer GFR im Normbereich (3–6 ml/kg/min) aufgenommen. Vier Gruppen von Hunden erhielten entweder 500 Internationale Einheiten (I.E.)UFH/Kilogramm Körpermasse (kg KM) subkutan (Kontrolle [Gruppe 1]: n=10; CNI [Gruppe 2]: n=10) oder 50 I.E.(UFH)/kg KM intravenös (Kontrolle [Gruppe 3]: n=10; CNI [Gruppe 4]: n=22) injiziert. Die GFR sowie die Harnstoff- und Kreatinin-Konzentration wurden am Tag vor Untersuchung der UFH-Kinetik bestimmt. Bei Hunden mit subkutaner Heparinapplikation (Gruppen 1 und 2) wurden Blutentnahmen vor der Injektion und dann 15 und 30 Minuten, sowie 1, 2, 3, 4, 6, 8, 10, 12 und 24 Stunden nach der Injektion durchgeführt. Bei Hunden mit intravenöser Heparinapplikation (Gruppe 3 und 4) erfolgten Blutentnahmen vor der Injektion und dann 2, 5, 10, 15 und 30 Minuten, sowie 1, 2, 3, 4, 6 und 8 Stunden nach der Injektion. Als UFH-Präparat wurde ein kommerzielles, aus Schweinedarmmukosa gewonnenes Natrium-Heparin (Liquemin®, Hoffman La Roche) benutzt. Für alle Versuchszeitpunkte wurde die Plasmaheparinaktivität, die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT), die Thrombinzeit (TZ), die Antithrombin-(AT)-Aktivität, die Plasmaalbuminkonzentration, die Thrombozytenzahl und der Hämatokrit bestimmt. Die Messung der Plasmaheparinaktivität erfolgte anhand eines Faktor-Xa abhängigen chromogenen Substrattestes, die gemessenen Werte wurden hinsichtlich der Verdünnung durch das Antikoagulanz (Citrat) korrigiert. Die Bestimmung der aPTT und TZ erfolgte anhand koagulometrischer Methoden, der AT-Aktivität anhand eines chromogenen Substrattests, der Albumin-, Kreatinin- und Harnstoffkonzentration anhand photometrischer Testverfahren und die Messung der Thrombozytenzahl sowie des Hämatokrits mit Hilfe eines automatischen Blutzellzählgerätes. Nach subkutaner Injektion von 500 I.E.(UFH)/kg KM zeigten die Hunde mit CNI eine signifikant niedigere maximale Plasmaheparinaktivität ([Cmax]; CNI: 0,54 I.E./ml; 0,34–1,25 I.E./ml [Median; Minimum–Maximum]; Kontrolle: 0,96 I.E./ml; 0,41–1,65 I.E./ml; Mann-Whitney-Test: p=0,0481) und eine signifikant höhere totale Clearance ([Cltot]; CNI: 1,27 ml/min/kg; 0,48–1,91 ml/min/kg; Kontrolle: 0,65 ml/min/kg; 0,48–1,78 ml/min/kg; Mann-Whitney-Test: p=0,0444) im Vergleich zur nierengesunden Kontrolle. Der Zeitpunkt der maximalen Plasmaheparinaktivität ([Tmax]; CNI: 274 min; 209–423 min; Kontrolle: 293 min; 206–435 min; Mann-Whitney-Test: p=0,3812) sowie die Halbwertszeit ([T50]; CNI: 190 min; 146–295 min; Kontrolle: 203 min; 144–304 min; Mann-Whitney-Test: p=0,3251) zeigten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen. Nach intravenöser Injektion von 50 I.E.(UFH)/kg KM zeigten die Hunde mit CNI eine signifikant niedrigere Cmax (CNI: 0,34 I.E./ml; 0,23–0,67 I.E./ml; Kontrolle: 0,71 I.E./ml; 0,54–0,85 I.E./ml; Mann-Whitney-Test: p<0,0001), eine deutlich höhere Cltot (CNI: 4,1 ml/min/kg; 0,94–13,5 ml/min/kg; Kontrolle: 1,50 ml/min/kg; 1,11–2,41 ml/min/kg; Mann-Whitney-Test: p=0,0002) sowie eine signifikant kürzere T50 (CNI: 23,4 min; 8,5–62,0 min; Kontrolle: 32,8 min; 21,1–40,2 min; p=0,0092). Die aPTT-Ratio bzw. TZ-Ratio, d. h. das Verhältnis aus aktuellem Messwert und Ausgangswert, erreichte nach subkutaner Injektion von UFH einen bei beiden Gruppen ähnlichen Maximalwert (aPTT: CNI: 2,1x [Median]; Kontrolle: 2,2x; Wilcoxon-Test: p>0,4500; TZ: CNI: 2,4x; Kontrolle: 3,6x; Wilcoxon-Test: p=0,5708), während nach intravenöser Injektion ein signifikant höherer Maximalwert bei den nierengesunden Hunden im Vergleich zu Hunden mit CNI auftrat (aPTT: CNI: 1,9x; Kontrolle: 2,4x, Wilcoxon-Test: p= 0,0463; TZ: CNI: 2,9x; Kontrolle: 1,9x; Wilcoxon-Test: p=0,0124). Der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman (rs) für die Beziehung zwischen Plasmaheparinaktivität und aPTT- bzw. TZ-Ratio lag zwischen 0,77 und 0,85 (p=0,001) ohne wesentliche Unterschiede in Abhängigkeit vom Testverfahren bzw. der Nierenfunktion. Bei Hunden mit CNI war die AT-Aktivität signifikant niedriger im Vergleich zur nierengesunden Kontrolle (Varianzanalyse: p<0,05). Der deutlichste Abfall der AT-Aktivität zeigte sich nach subkutaner Heparingabe bis zum Ende des Versuchszeitraumes bei der nierengesunden Kontrollgruppe (um 13,8 % des Ausgangswertes), während bei den anderen Gruppen weniger auffällige Veränderungen vorlagen. Die Thrombozytenzahl von nierengesunden Hunden und Hunden mit CNI zeigte weder nach subkutaner noch nach intravenöser UFH-Applikation Gruppenunterschiede (Varianzanalyse: p>0,05). Deutliche Unterschiede ergaben sich zwischen verschiedenen Zeitpunkten nach subkutaner UFH-Injektion (p=0,0026), die ein geringgradiges zwischenzeitliches Absinken der Thrombozytenzahl widerspiegelten. Der Hämatokrit bei Hunden mit CNI war signifikant niedriger im Vergleich zur nierengesunden Kontrolle (Varianzanalyse: p<0,05). Deutliche Unterschiede der Varianzanalyse zwischen den verschiedenen Zeitpunkten (Varianzanalyse: p<0,05) spiegelten wider, dass zu einzelnen Zeitpunkten in verschiedenen Gruppen geringgradige Verminderungen im Vergleich zum Ausgangsniveau auftraten. Mögliche Erklärungen für die überraschenden Ergebnisse der pharmakokinetischen Untersuchung bei Hunden mit CNI, d. h. erhöhte Cltot und verkürzte T50 bei verminderter GFR, sind eine gesteigerte Elimination von UFH durch ein aktiviertes monozytäres Phagozytosesystem (MPS) und Endothelzellen, eine gesteigerte Neutralisierung von UFH durch Plättchenfaktor 4 (PF 4), eine gesteigerte Bindung an Heparin-bindende Proteine wie Fibrinogen oder andere Akute-Phase-Proteine (wie z. B. Vitronektin), sowie eine vermehrte Durchlässigkeit der glomerulären Basalmembran für UFH. Weiterhin führte der niedrigere Hämatokrit bei Hunden mit CNI zu einem Verdünnungseffekt, der die niedrigere Plasmaheparinaktivität bei diesen Hunden erklären kann. Die niedrigeren Ratios von aPTT und TZ bei Hunden mit CNI nach intravenöser Injektion von UFH entsprechen den niedrigeren Plasmaheparinaktivitäten. Die niedrigere AT-Aktivität und der niedrigere Hämatokrit bei den Hunden mit CNI sind gut definierte Folgen der CNI. Das teilweise beobachtete AT-Absinken ist, da anhand der Plasmaalbuminkonzentration für Verlust- und Verdünnungseffekte korrigiert, als Folge der Heparinwirkung anzusehen. Der geringgradige Abfall von Thrombozytenzahl und Hämatokrit während des Versuchszeitraumes ist durch die Vielzahl der Blutentnahmen zu erklären. Die Ergebnisse dieser Studie deuten die Gefahr von subtherapeutischen Plasmaheparinaktivitäten bei Hunden mit CNI an. Im Hinblick auf die Aufklärung der Ursache der beschleunigten UFH-Elimination bei Hunden mit CNI wäre es von Interesse, die PF-4- und ß-Thromboglobulin Konzentration bei Hunden mit CNI zu bestimmen sowie Untersuchungen mit wiederholten Injektionen von UFH durchzuführen. Ebenso wäre es interessant, bei diesen Patienten den inflammatorischen Status und damit die Funktion des MPS sowie die Konzentration von Heparin-bindenden Akute-Phase-Proteinen (z. B. Vitronektin) zu untersuchen.
The objective of this study was to examine the influence of a decreased renal function caused by chronic renal insufficiency (CRI) on the pharmacokinetics of unfractionated heparin (UFH) in dogs. Thirty-two dogs with a reduced glomerular filtration rate (GFR: <1,25 ml/kg/min) due to chronic renal insufficiency and twenty dogs with normal GFR (3–6 ml/kg/min) were included in this study. Four groups of dogs received either 500 International Units (I.U.)UFH/kilogram body mass (kg BM) subcutaneously (control [group 1]: n=10; CRI [group 2]: n=10) or 50 I.U.(UFH)/kg BM intravenously (control [group 3]: n=10; CRI [group 4]: n=22). From all dogs included in this study, the renal function was determined using the GFR and urea and creatinine concentrations one day before the heparin injection. In dogs receiving subcutaneous heparin (groups 1 and 2), blood samples were taken before the heparin injection as well as 15 and 30 minutes and 1, 2, 3, 4, 6, 8, 10, 12 and 24 hours after the injection. In dogs receiving intravenous heparin (group 3 and 4), blood samples were taken before the heparin injection as well as 2, 5, 10, 15 and 30 minutes and 1, 2, 3, 4, 6 and 8 hours after the injection. The experiments were performed using a commercial sodium heparin (Liquemin®, Hoffman La Roche) produced from porcine intestinal mucosa. The plasma heparin-activity, activated thromboplastin time (aPTT), thrombin time (TT), antithrombin-(AT)-activity, plasma albumin concentration, platelet count and haematocrit were measured at all time points. The plasma heparin-activity was measured using a factor Xa-dependent chromogenic substrate assay and the values were corrected to eliminate the dilution by anticoagulant (citrate). The aPTT and TT were measured using coagulometric methods, the AT-activity using a chromogenic substrate assay, albumin, creatinine and urea concentrations were determined using photometric assays, the platelet count and haematocrit using an automatic blood cell counter. After subcutaneous injection of UFH, dogs with CRI showed significantly lower maximum plasma heparin-activity values ([Cmax]; CRI: 0.54 I.U./ml; 0.34–1.25 I.U./ml [median; minimum–maximum]; control: 0.96 I.U./ml; 0.41–1.65 I.U./ml; Mann-Whitney-test: p=0.0481) and significantly higher total clearance results ([Cltot]; CRI: 1.27 ml/min/kg; 0.48–1.91 ml/min/kg; control: 0.65 ml/min/kg; 0.48–1.78 ml/min/kg; Mann-Whitney-test: p=0.0444) than dogs with normal renal function. The time of the maximum plasma heparin-activity ([Tmax]; CRI: 274 min; 209–423 min; control: 293 min; 206–435 min; Mann-Whitney-test: p=0.3812) and the half-live ([T50]; CRI: 190 min; 146–295 min; control: 203 min; 144–304 min; Mann-Whitney-test: p=0.3251) were not significantly different between the groups. After intravenous injection, dogs with CRI showed significantly lower Cmax values (CRI: 0.34 I.U./ml; 0.23–0.67 I.U./ml; control: 0.71 I.U./ml; 0.54–0.85 I.U./ml; Mann-Whitney-test: p<0.0001), higher Cltot values (CRI: 4.1 ml/min/kg; 0.94–13.5 ml/min/kg; control: 1.50 ml/min/kg; 1.11–2.41 ml/min/kg; Mann-Whitney-test: p=0.0002) and shorter T50 values (CRI: 23.4 min; 8.5–62.0 min; control: 32.8 min; 21.1–40.2 min; Mann-Whitney-test: p=0.0092) when compared to dogs with normal renal function. Ratio-values were calculated for aPTT and TT as qoutients of actual results and baseline values (before UFH-application). After subcutaneous injection, the maximum ratio (aPTT: CRI: 2.1x [median]; control: 2.2x; Wilcoxon-test: p>0.4500; TT: CRI: 2.4x; control: 3.6x; Wilcoxon-test: p=0.5708) was similar in the different groups. After intravenous injection, the maximum ratio in dogs with CRI was signifcantly lower in comparison to dogs with normal renal function (aPTT: CRI: 1.9x; control: 2.4x, Wilcoxon-test: p=0.0463; TT: CRI: 2.9x; control: 1.9x; Wilcoxon-test: p=0.0124). The rank correlation coefficient according to Spearman (rs) for the relationship between plasma heparin-acivity and aPTT- or TT-ratio was between 0.77 and 0.85 (p=0.001), without significant differences related to the clotting test or the renal function status. The AT-activity was significantly lower in dogs with CRI than in dogs with normal renal function (analysis of variance [ANOVA]: p<0.05). The AT-activity decreased significantly in dogs with normal renal function after subcutaneous UFH-application (by 13 % of the baseline value) and showed less significant changes in the other groups. The platelet count showed no significant differences between the different groups (ANOVA: p>0.05), neither after subcutaneous nor after intravenous heparin injection. ANOVA showed significant differences between time points after subcutaneous injection (p=0.0026) reflecting minor declines of the platelet count at different times. The haematocrit was significantly lower in dogs with CRI in comparison to dogs with normal kidney function (ANOVA: p<0.05). Clear differences of the ANOVA between different times (p<0.05) reflected the fact that minor declines of the haematocrit in comparison to the baseline value occurred in different groups at various times.
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