Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Untersuchungen über die Rolle der extrazellulären Matrix in frühen und späten Läsionen im Rückenmark von Mäusen nach experimenteller Infektion mit dem murinen Theiler-Enzephalomyelitisvirus

In der Literaturübersicht werden zunächst der virale Erreger sowie die Pathogenese und das Krankheitsbild der murinen Theilervirus-Enzephalomyelitis beschrieben und ihre Bedeutung als experimentelles Tiermodell für die Multiple Sklerose des Menschen erläutert. Darüber hinaus wird auf die extrazelluläre Matrix (EZM) des zentralen Nervensystems eingegangen, wobei eine Darstellung der molekularen Bestandteile und ihrer Funktionen unter physiologischen und verschiedenen pathologischen Konditionen erfolgt.   In die Studie eingegangen ist Rückenmarksgewebe von weiblichen SJL/JHanHsd-Mäusen, die mit dem BeAn-Stamm des murinen Theiler-Enzephalomyelitisvirus (TMEV) infiziert waren. Die Tiere wurden im Alter von 5 Wochen intrazerebral infiziert und jeweils in 6er-Gruppen 0, 7, 14, 28, 56, 98 und 196 Tage nach der Infektion (post infectionem, p.i.) getötet. Als Kontrollgruppe standen Plazebo-infizierte, weibliche SJL/JHanHsd-Mäuse zur Verfügung, die zu korrespondierenden Zeitpunkten untersucht worden waren.   Zunächst erfolgte die Charakterisierung der histopathologischen Veränderungen im Rückenmark anhand von Hämatoxylin-Eosin-gefärbten Schnitten. Für den histochemischen Nachweis der Extrazellularsubstanz fanden eine Azan-, PAS- und modifizierte Pikrosiriusrot-Färbung sowie eine Versilberung nach Gomori Verwendung. Zur immunhistologischen Darstellung definierter, überwiegend astrozytär produzierter Matrixmoleküle wurden Antikörper gegen Aggrecan, Brevican, Decorin, Kollagen I, Neurocan, Phosphacan und Tenascin-C eingesetzt. Zusätzlich erfolgte der immunhistologische Nachweis der Basalmembran (BM)-Komponenten Entactin, Fibronektin, Kollagen IV, Laminin und Perlecan. Dabei wurden die histochemischen und immunhistologischen Untersuchungen vorwiegend an Formalin-fixiertem, Paraffin-eingebettetem Gewebe nach EDTA-Entkalkung durchgeführt. Lediglich für die immunhistologische Darstellung der drei Antigene Entactin, Perlecan und Tenascin-C war die Verwendung von OCT-eingebettetem Gefriermaterial erforderlich. Neben einer semiquantitativen Beurteilung der Schnitte wurde im Thorakalmarkquerschnitt morphometrisch die Fläche der positiven Reaktion als prozentualer Anteil an der Gesamtfläche der weißen Substanz ermittelt. Bei den Plazebo-Mäusen konnte über den Versuchsverlauf mit keiner der angewandten Methoden eine altersabhängige Veränderung der EZM hinsichtlich Ausmaß oder Zusammensetzung festgestellt werden. Jedoch variierten die spezifischen physiologischen Expressionsmuster der einzelnen immunhistologisch dargestellten Matrixmoleküle. So zeigte Phosphacan als einziges EZM-Molekül eine ausgedehnte Expression in der weißen Substanz des unveränderten Rückenmarks. Im Gegensatz dazu beschränkte sich der Nachweis der übrigen EZM-Komponenten weitgehend auf die Meningen oder die abgehenden Nerven bzw. im Fall der Basalmembranbestandteile auf Gefäßwände. Im Rückenmark der TMEV-infizierten Mäuse ließ sich schon mit dem Auftreten erster Demyelinisierungsprozesse ab dem 28. Tag p.i. eine progrediente Akkumulation von Extrazellularsubstanz in der weißen Substanz darstellen. Diese war räumlich streng auf Entmarkungsherde beschränkt und konnte anhand der Spezialfärbungen als bestehend aus Mukosubstanzen und kollagenen Fasern charakterisiert werden. Die immunhistologischen Untersuchungen ergaben deutliche Unterschiede zwischen den akkumulierten Matrixmolekülen hinsichtlich des Ausmaßes und der Art der TMEV-induzierten Alterationen. So zeigte die Immunreaktivität der beiden Proteoglykane Aggrecan und Brevican im Verlauf der chronischen demyelinisierenden TME keinerlei Veränderungen. Ein progredienter Verlust der Immunreaktivität wurde für Phosphacan innerhalb von TMEV-induzierten Entmarkungsherden beobachtet. Hingegen konnte ab dem 28. Tag p.i. eine progrediente Akkumulation der BM-Komponenten Kollagen IV, Laminin und Perlecan sowie des Glykoproteins Tenascin-C innerhalb von Entmarkungsherden detektiert werden. Ab dem 56. Versuchstag wurden intraläsional zusätzlich Decorin, Entactin, Kollagen I und in sehr geringem Umfang Neurocan nachgewiesen. Eine extrazelluläre Fibronektin-Deposition war erst ab dem Tag 98 p.i. darstellbar. Bei allen EZM-Molekülen mit einer läsionsassoziiert gesteigerten Expression zeigte sich eine progressive Akkumulation im Verlauf der Läsionsentwicklung, die jedoch zu jedem Untersuchungszeitpunkt auf Entmarkungsherde beschränkt blieb. Innerhalb der betroffenen Areale wiesen alle Matrixbestandteile eine netzartige Anordnung, ausgehend vom Zentrum der Läsion, auf. Die BM-Komponenten Entactin, Kollagen IV, Laminin und Perlecan zeigten darüber hinaus noch eine perivaskuläre Ablagerung. Für nahezu alle untersuchten Moleküle konnten statistisch signifikante Unterschiede zwischen den TMEV-infizierten und den Plazebo-Mäusen über die gesamte Versuchsdauer oder an einzelnen Untersuchungszeitpunkten ermittelt werden.   Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass es im Rahmen der chronischen demyelinisierenden TME zu massiven Alterationen der extrazellulären Matrix innerhalb von Entmarkungsherden kommt. Das beobachtete Verteilungsmuster der akkumulierten Matrix spricht angesichts einer ebenfalls läsionsassoziierten Astrogliose dafür, dass es sich bei der zellulären Quelle der EZM-Moleküle hauptsächlich um aktivierte Astrozten handelt. Vor allem für die Basalmembrankomponenten ist jedoch zusätzlich eine Produktion durch Endothelzellen sowie eingewanderte meningeale Fibroblasten anzunehmen. Angesichts der sehr unzureichenden morphologischen und funktionellen Regeneration bei der chronischen demyelinisierenden TME ist anzunehmen, dass diese weitgehend ungeordnete Matrixablagerung überwiegend regenerationshemmend wirkt. Diese Wirkung wird vermutlich durch die Bildung einer teils mechanischen, teils biochemischen Barriere für migrierende Zellen und regenerierende Axone hervorgerufen. Weitere In-vivo- und In-vitro-Untersuchungen sind notwendig, um diesen Effekt und den Anteil einzelner Matrixmoleküle daran näher zu charakterisieren. 

In the literature section, a short review of the pathogenesis and disease signs of Theiler´s murine encephalomyelitis is given and its role as an animal model for human multiple sclerosis is described. Secondly, an overview on the extracellular matrix (ECM) of the central nervous system is provided concerning its components and functions under physiological and pathological conditions.   Spinal cord tissue of female SJL/JHanHsd mice infected with the BeAn strain of Theiler´s murine encephalomyelitis virus (TMEV) was used in this study. The animals were infected intracerebrally at the age of 5 weeks and killed in groups of six on day 0, 7, 14, 28, 56, 98 and 196 post infection (p.i.). Placebo (sham)-infected female SJL/JHanHsd mice killed at corresponding times served as controls.   Histopathological findings in the spinal cord were characterized by the hematoxylin and eosin stain. For the histochemical detection of the extracellular matrix, different methods including the azan stain, the periodic acid Schiff reaction and a modified picrosirius red stain as well as Gomori´s silver method were used. Immunhistochemical detection of predominantly astrocyte-derived matrix molecules was performed using antibodies specific for aggrecan, brevican, collagen I, decorin, neurocan, phosphacan and tenascin-C. Furthermore, antibodies against the basal membrane (BM) components collagen IV, entactin, fibronectin, laminin and perlecan were applied. Histochemical and immunhistochemical investigations were carried out mainly on formalin-fixed, paraffin-embedded tissue decalcified in EDTA. Frozen sections were used for detection of entactin, perlecan and tenascin. Slides were evaluated semi-quantitatively and by morphometry. Thereby, the percentage of the positive reacting area compared to the total white matter area was determined.   In placebo mice, none of the stainings or antibodies applied detected any age related changes of the spinal cord ECM. However, immunhistochemically detected matrix molecules showed a protein specific expression pattern. Thereby, phosphacan was the only molecule that showed an extensive expression in the white matter of the intact spinal cord. In contrast, the immunoreactivity of the remaining investigated ECM components was restricted to meninges and nerve roots or in the case of BM molecules to vessel walls. In TMEV-infected mice, a progressively increased accumulation of the ECM in the white matter lesions of the spinal cord was observed as early as day 28 p.i. The accumulated matrix consisted of collagen fibers and mucosubstances and was restricted to demyelinated lesions. Immunoreactivity of the accumulated matrix molecules displayed significant differences with respect to the amount and the distribution within TMEV-induced alterations. Aggrecan and brevican immunoreactivity showed no changes during chronic demyelinating TME. Following infection, a progressive reduction of phosphacan immunreactivity within demyelinated lesions was noticed. However, tenascin-C as well as the BM components collagen IV, laminin and perlecan accumulated within demyelinated spinal cord lesions starting on day 28 p.i. Decorin, entactin, collagen IV and small amounts of neurocan were detected intralesionally 56 days p.i. An extracellular deposition of fibronectin appeared not until 98 days p.i. All lesion associated up-regulated ECM molecules showed a progressively increased deposition during lesion development. However, this was restricted exclusively to demyelinated areas. Within the lesions, all matrix components displayed a reticular pattern starting from the lesion center. In addition, enhanced immunoreactivity of the BM molecules collagen I, entactin, laminin and perlecan was detected in perivascular regions. All ECM components with increased or decreased expression during TME showed significant differences between placebo- and TMEV-infected mice either over the entire observation period or at particular time points.   Summarized, the provided data indicated that severe alterations of the extracellular matrix occur within spinal cord lesions during chronic demyelinating TME. Due to the fact, that astrogliosis occurs simultaneously with demyelination, the observed pattern of matrix deposition suggests that activated astrocytes represent the main cellular source of the accumulated ECM. However, an additional contribution by endothelial cells and invading meningeal fibroblasts to the intralesional production of the matrix molecules must be assumed. Considering the insufficiency of morphological and functional regeneration in chronic demyelinating TME, the accumulated matrix seemed to have predominantly inhibitory properties upon regeneration. This effect may result from building-up a physical and biochemical barrier on migrating cells as well as sprouting axons. Additional in vivo and in vitro investigations are needed to further characterize the role of particular molecules upon this process.

Cite

Citation style:
Could not load citation form.

Access Statistic

Total:
Downloads:
Abtractviews:
Last 12 Month:
Downloads:
Abtractviews:

Rights

Use and reproduction:
All rights reserved