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Nanostrukturiertes Biomaterial als Gehörknöchelchenersatz: tierexperimentelle Untersuchungen zur Biokompatibilität

In der rekonstruktiven Mittelohrchirurgie besteht ein hoher Bedarf an biokompatiblen, stabilen, schallübertragenden Materialien. In der vorliegenden Studie wurden neue Materialien für den Gehörknöchelchenersatz in zwei verschiedenen Tiermodellen auf ihre Biokompatibilität getestet. Im ersten Tiermodell wurden dabei Bioverit® II mit einer Siliziumdioxid-Nanobeschichtung (Bioverit® II + SiO2), Chitosan-Hydroxylapatit (Chi-HA) und reines Bioverit® II als Kontrolle in Form von Tablettenförmigen Probekörpern in das Unterhautgewebe im Nacken von 38 Kaninchen eingesetzt. Nach Implantationszeiten von 28, 85 und 300 Tagen wurden die Tiere euthanasiert und die Probekörper mit dem anhaftenden Gewebe entnommen. Sie wurden in Glutardialdehyd fixiert, mit Hilfe einer aufsteigenden Alkoholreihe dehydriert und nach abschließender Trocknung im Wärmeschrank in Epoxidharz eingebettet. Nach Schleifen, Polieren und Färben der Oberfläche erfolgte die Untersuchung mittels Auflichtmikroskopie. Alle Implantate zeigten keinerlei Hinweise auf Entzündungs- oder Abstoßungsreaktionen. In der Unterhaut konnte kein neu gebildeter Knochen gefunden werden. Alle auf Bioverit® II basierenden Implantate wurden bereits nach 28 Tagen von einer dünnen Bindegewebskapsel umgeben. Lediglich nach 300 Tagen schien diese bei den beschichteten Implantaten etwas dicker zu sein. Das Material war in fast allen Fällen völlig unverändert. Die Chi-HA Implantate besaßen im Gegensatz dazu zu allen Zeitpunkten wesentlich dickere Bindegewebskapseln und das Material selbst zeigte in allen Fällen deutliche Anzeichen eines Abbaus. Diese fielen in Form von Fissuren und Löchern auf, die zum Teil mit Zellen besiedelt waren. Im zweiten Tiermodell wurden Bioverit® II + SiO2 und reines Bioverit® II in Form von 1 mm großen, zylindrischen Probekörpern in die Mittelohren von BALB/c Mäusen eingesetzt. Hier sollte der Vorteil der genetisch völlig erschlossenen Maus genutzt werden, um neben der Histologie auch die Möglichkeit einer späteren Genanalyse zu haben. Nach Implantationszeiten von 2, 6 und 12 Wochen wurden für die Histologie jeweils 4 Mäuse pro Material euthanasiert und beide Felsenbeine entnommen. Wie schon im ersten Teil der Studie erfolgte die Fixation in Glutardialdehyd, Dehydrierung in einer aufsteigenden Alkoholreihe und abschließende Trocknung im Wärmeschrank. Die Proben wurden in Epoxidharz eingebettet, geschliffen, gefärbt und unter Nutzung der Auflichtmikroskopie dokumentiert. Bereits nach zwei Wochen war bei beiden Materialien ein an Kontaktstellen mit dem umliegenden Gewebe beginnender, dünner Bindegewebsüberzug zu erkennen. Die Ausbreitung dieses Überzugs war beim beschichteten Material minimal stärker ausgeprägt und nahm bei beiden Materialien mit der Zeit zu. Außerdem traten schon nach zwei Wochen die ersten Epithelzellen auf, die sich über die Bindegewebszellen breiteten. Gleichzeitig zeigte sich bei beiden Materialien eine Neubildung von Knochen. Dieser begann ebenfalls, sich an Kontaktstellen mit umliegendem Knochen zu bilden und breitete sich von hier weiter über die Implantatoberfläche aus. Mit zunehmender Implantationszeit nahmen die Anzahl der Proben mit neuem Knochen und auch die Menge zu. Die beschichteten Proben zeigten eine stärkere Knochenbildung. Auch im Mausmodell konnten keinerlei Entzündungsreaktionen festgestellt werden. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chi-HA aufgrund seiner mangelnden Integrität für den Einsatz als Gehörknöchelchenersatz nicht geeignet ist. Da es sich aber als biokompatibel erwiesen hat und ein sehr enger Kontakt zwischen Material und umgebenden sowie einwandernden Zellen zu erkennen war, wäre ein Einsatz im Tissue engineering durchaus denkbar. Die beiden auf Bioverit® II basierenden Materialien zeigten in beiden Tiermodellen sowohl eine hohe Stabilität als auch eine sehr gute Biokompatibilität. Da die Nanostruktur die Bildung neuen Knochens förderte, kann man sie in Zukunft einsetzen, um die knöcherne Anbindung von Gehörknöchelchenprothesen an die Stapesfußplatte zu unterstützen. Das neu etablierte Mausmodell ist aufgrund der hohen Manipulationstoleranz der Tiere und den zum Kaninchen vergleichbaren Gewebsreaktionen sehr gut für die Testung neuer Materialien für den Gehörknöchelchenersatz geeignet. Auch in der Tiermedizin tritt das Problem der Schwerhörigkeit bei Patienten auf. In experimentellen Ansätzen werden Tiere bereits erfolgreich mit Hörhilfen versorgt, die sich auch in der Praxis einsetzen ließen.

In the reconstructive middle ear surgery there is a general need of biocompatible materials which are processible, long term stable and provide the sound transmission. In this study we tested new materials for the reconstruction of the ossicular chain in two different animal models. In the first model we compared the reaction to platelets of Bioverit® II which was coated with a silica-nanostructure (Bioverit® II + SiO2) and chitosan-hydroxyapatite composites (Chi-HA) in subcutaneous tissue in the neck of rabbits. Pure Bioverit® II served as a control. After periods of 28, 85 and 300 days the animals were sacrificed and the specimens were excised. Further on, they were fixed, embedded in epoxy resin and analyzed histologically. All coated Bioverit® II implants showed a thin capsule of connective tissue. After 300 days, these capsules tended to be thicker than in pure Bioverit® II. No signs of inflammation were observed and the materials appeared unaltered by visual inspection. In case of chitosan-hydroxyapatite composites, massive capsules consisting of dense connective tissue were found, and the material showed signs of biodegradation in form of fissures and cavities which were partly populated with cells. However, even in this material we could not find any inflammatory cells. None of the materials in subcutaneous tissue revealed signs of a development of new bone. In the second part of this study, we determined the suitability of a mouse middle ear model by using the already tested materials Bioverit® II + SiO2 and pure Bioverit® II. We could compare the results with a previous study in rabbits. BALB/c mice were implanted in groups of twelve per material. After two, six and twelve weeks, four mice per group were sacrificed and both petrous bones were removed. They were fixed, embedded in epoxy resin, and analyzed histologically. Already after two weeks, all implants revealed an incipient growth of thin connective tissue layers over the surface, followed by a spreading of epithelial cells. Both materials induced an osseogenic response which was increasing with time after implantation. However, we could find that the tissue reaction was more intense in the coated Bioverit® II specimens. Signs of inflammation or foreign body reaction were not observed. In conclusion, all tested materials were highly biocompatible. Due to its lack of integrity, Chi-HA composites are not appropriable for reconstructive middle ear surgery. However, it could be successfully used in tissue engineering as the connective tissue cells interact strongly not only with the surface of the material, but also with all internal disruptions. In contrast, the Bioverit® II implants are characterized by a good stability. As the nanostructure enhanced the formation of new bone in the middle ear of mice, it could be useful to coat TORPs just in the direction of the stapes footplate. In this location a bony fixation of the implant is desired to provide a dislocation. At least we found out that the mouse model described is highly suitable for evaluation of new materials in the middle ear. The animals reacted tolerantly to all manipulative treatment and their tissue responses to the implants were comparable to the results in rabbits. Furthermore, the possibility of a gen-array-analysis is an important advantage. Hearing impairment is a serious problem in veterinary patients as well. Therefore, the experiences gained in numerous experimental evaluations about hearing aids in vivo would be useful for practical applications in animals.

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