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Antepartale Einschätzung des Risikos postpartaler Produktionserkrankungen anhand metabolischer, endokrinologischer und immunologischer Blutparameter bei Milchkühen

Die Transitperiode ist der Zeitraum mit der höchsten Inzidenz von Erkrankungen bei Milchkühen. Ziel der vorliegenden Studie war es zu prüfen, ob den in den ersten drei Laktationswochen auftretenden Produktionskrankheiten Veränderungen von metabolischen, endokrinologischen oder immunologischen Blutparametern vorausgehen, die bereits ante partum eine Beurteilung des postpartalen Krankheitsrisikos zulassen. Da eine reduzierte Funktionsfähigkeit von neutrophilen Granulozyten (PMN) als eine Ursache für eine erhöhte Inzidenz von Erkankungen in der Transitperiode angesehen wird, wurde die Phagozytoseleistung von PMN und deren Abhängigkeit von dem Hormon Insulin-like groth factor-I (IGF-I) in diesem Zeitraum geprüft. Als präventiver Ansatz für die Verbesserung des Gesundheitsstatus in der Transitperiode wurde in einer weiteren Studie der Einfluss eines unmittelbar nach der Kalbung verabreichten Roboranspräparates auf Futteraufnahme, metabolische Leitparameter und die Phagozytose-Aktivität und -Kapazität von PMN untersucht. Die Untersuchungen wurden an 41 pluriparen (3,2 – 8,8 Jahre, 2. – 5. Laktation) und 18 primiparen (2,0 – 3,2 Jahre) Kühen der Rasse Holstein-Friesian durchgeführt. Die Blutprobenentnahmen erfolgten in den Wochen -6, -4, -3, -2 und -1 ante partum, am Tag der Kalbung sowie in den Wochen 1, 2, 4, 8, 16 post partum. Die immunologischen Parameter wurden zwischen der Woche 3 ante partum und Woche 4 post partum mittels Durchflusszytometrie bestimmt. Eine Roborans-Tränke wurde einem Teil der Kühe unmittelbar nach der Abkalbung ad libitum angeboten. Die klinische Untersuchung der Tiere erfolgte wöchentlich und zusätzlich bei Auffälligkeiten im klinischen Status. Es bestanden signifikante Differenzen in metabolischen und endokrinologischen Blutparametern zwischen primi- und pluriparen Kühen. Produktionserkrankungen stellten dabei vor allem ein Problem pluriparer Kühe dar (Inzidenz in den ersten drei Laktationswochen 61% gegenüber 33% bei Erstkalbinnen). Die Serumkonzentrationen von Bilirubin, BHBS und NEFA, sowie die Plasmakonzentrationen von IGF-I zeigten bereits antepartal signifikante Unterschiede zwischen Kühen, die in den ersten drei Wochen der Laktation gesund blieben, und Kühen, die in diesem Zeitraum unter einer Produktionskrankheit litten. Bei differenzierter Betrachtung der einzelnen Krankheitsbilder ergab sich, dass antepartal erhöhte Konzentrationen von Bilirubin, BHBS und NEFA spezifisch und indikativ für das Auftreten einer Ketose und/oder Labmagenverlagerung post partum waren. Die Bestimmung von NEFA-Konzentrationen im Serum erwies sich als der am besten geeignete Parameter für die antepartale Abschätzung des Risikos einer postpartalen Ketose und/oder Labmagenverlagerung. Hierfür ergaben sich bei Probennahme in der Woche 2 ante partum eine Sensitivität und ein positiv prädiktiver Wert von 83% sowie eine Spezifität und ein negativ prädiktiver Wert von 94%. Für die antepartale Abschätzung des Risikos anderer Produktionserkrankungen (Metritis, Retentio secundinarum, Hypocalcämie und Mastitis) erwies sich die Bestimmung der NEFA Konzentration im Serum als nicht geeignet. IGF-I erwies sich als einziger der in dieser Studie antepartal bestimmten Parameter als unabhängig von der Art der in den ersten drei Laktationswochen auftretenden Produktionskrankheit. Bei Kühen, die eine Erkrankung entwickelten, ergaben sich antepartal niedrigere Plasmakonzentrationen verglichen mit Kühen, die postpartal gesund blieben. Die Plasma-Gesamtkonzentration des IGF-I in der zweiten Woche vor der Kalbung (gesunde Kühe: 106,2 ± 11,1 ng/ml, kranke Kühe 67,6 ± 6,5 ng/ml) konnte zur Abschätzung des Risikos für eine Produktionserkrankung herangezogen werden. Hierfür ergaben sich eine Sensitivität und ein positiv prädiktiver Wert von 79%, sowie eine Spezifität und ein negativ prädiktiver Wert von 68%. Der an humanen neutrophilen Granulozyten in vitro festgestellte positive Einfluss von IGF-I auf neutrophile Granulozyten wurde ex vivo bei Kühen nicht belegt. Der Prozentsatz phagozytierender PMN (Phagozytoseaktivität) unterschied sich antepartal nicht zwischen primiparen und pluriparen Kühen. In Woche eins und zwei post partum wurde bei pluriparen Kühen verglichen mit primiparen Kühen eine signifikant höhere Phagozytoseaktivität, in Woche 2 vor der Kalbung eine signifikant höhere mittlere Fluoreszenzintensität der PMN (Phagozytosekapazität), als Ausdruck der Anzahl phagozytierter Bakterien pro Zelle, festgestellt. Die Anzahl von PMN stieg zum Zeitpunkt der Geburt deutlich an und zeigte signifikant höhere Werte bei primiparen verglichen mit pluriparen Kühen. Das Phagozytosepotential von pluriparen Kühen, ein aus der Phagozytoseaktivität und der Phagozytosekapazität gebildetes Produkt, schien dasjenige von primiparen Kühen tendenziell zu übertreffen, ein statistisch signifikanter Unterschied zeigte sich in Woche 2 post partum. Die Phagozytosegesamtleistung wurde als ein Produkt aus dem Phagozytosepotential und der Anzahl von PMN berechnet und unterschied sich nicht zwischen primiparen und pluriparen Kühen. Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine geringere Phagozytoseaktivität primiparer Kühe verglichen mit pluriparen Kühen nicht zwangsläufig zu einer schlechteren Abwehrlage führen muss, sondern es scheint, dass durch eine höhere Anzahl an PMN die schlechtere Phagozytoseaktivität kompensiert wird. Eine Bestimmung der Phagozytoseaktivität und Phagozytosekapazität ohne Einbeziehung der Anzahl von PMN ist folglich unzureichend, und führt zu einer falschen Einschätzung im Vergleich primiparer und pluriparer Kühe. Die Phagozytoseleistung scheint demnach nicht ursächlich für eine erhöhte Krankheitsinzidenz von pluriparen, verglichen mit primiparen Kühen zu sein. Die Aufnahme großer Flüssigkeitsmengen unmittelbar post partum (35,8 ± 11,7 L), erreicht durch eine hohe Akzeptanz des eingesetzten Roboranspräparates, korrelierte positiv mit der in den ersten drei Tagen nach der Kalbung aufgenommenen Menge einer Teil-TMR. Übereinstimmend hiermit zeigte sich bei Kühen, die mehr als 20 Liter der eingesetzten Roboranstränke aufnahmen, ein signifikanter Abfall der Serumkonzentrationen an NEFA zwischen dem Tag der Kalbung und Woche eins post partum (p=0.005). Darüber hinaus zeigte sich in Woche eins post partum bei diesen Kühen eine signifikant höhere Phagozytoseaktivität der PMN, verglichen mit Tieren, die reines Wasser aufnahmen. Die Ergebnisse zum Einsatz des Roboranspräparates hatten lediglich orientierenden Charakter, dennoch konnten positive Effekte statistisch gesichert werden und zeigen, dass sich der Einsatz des verwendeten Roboranspräparates möglicherweise positiv auf die Inzidenz von Produktionserkrankungen in der Transitperiode auswirken könnte. Anhand der in dieser Studie ermittelten Daten ist die Erkennung von Risikotieren bereits antepartal möglich. Dies erlaubt eine gezielte Beobachtung und frühst mögliche Behandlung betroffener Tiere mit dem Ziel die Inzidenz oder die Ausprägung von Produktionserkrankungen in der Transitperiode zu senken. Darüber hinaus wurden präventive Ansätze zur Beeinflussung des Gesundheitsstatus bei Kühen deutlich.

In dairy cows, the transition period is typically accompanied with the highest incidence of production diseases. The objective of this study was to examine whether parameters assessed ante partum can be predictive for the development of production disease during the first three weeks of lactation. Subsequently, the most applicable antepartal blood parameter for assessment of the postpartal health status was determined. Impaired function of neutrophilic granulocytes (PMN) during the peripartal period is reported to be one of the major reasons for increased susceptibility of dairy cows to infection and additionally plays a role in development of retained fetal membranes. In vitro studies suggested that Insulin-like-growth factor-I (IGF-I) enhances PMN function. Therefore, another aim of this study was to determine the effects of pregnancy, parturition, and early lactation on PMN phagocytic activity and capacity. Moreover, we tested the hypothesis that differences in IGF-I plasma concentrations affect PMN function. Finally, the influence of a roborant drink upon these parameters was investigated. In total, 41 pluriparous (3.2 – 8.8 yr, 2nd – 5th lactation) and 18 primiparous (2.0 – 3.2 yr) Holstein Friesian cows were used as blood donors in this study. Blood sampling was carried out once weekly on the same day between 6:00 and 10:00 A.M. (6, 4, 3, 2, 1 wk before the day of predicted calving (wk 0) and 1, 2, 4, 8, 16 wk post partum), except for the samples of calving, which were taken within ten minutes after calving. Immunological parameters were determined with flow cytometry between week 3 ante partum and week 4 post partum. Water supplemented with a mixture of roborants was offered to one group of cows directly after calving. Clinical examination was performed once weekly and additionally if perceptible deviations from physiological state became apparent. Significant differences in metabolic blood parameters led to a differentiated consideration of primiparous and pluriparous cows. Moreover, in accordance with previous publications it was affirmed that production diseases are primarily a problem of pluriparous, not primiparous cows. The percentage of primiparous cows suffering from a production disease during the first three weeks of lactation was exceeded twice by pluriparous cows. Ante partum, serum concentrations of total bilirubin, BHBA, and NEFA, as well as plasma concentrations of IGF-I significantly differed between cows that were healthy during the first three weeks of lactation compared to cows suffering from a production disease. On considering production diseases separately, increased concentrations of total bilirubin, BHBA and NEFA determined ante partum were found to be specific and indicative for the post partal development of ketosis and/or a left displacement of abomasum. Nevertheless, NEFA serum concentrations ante partum were highly suited for calculating the risk for developing ketosis and displacement of abomasum post partum. Regarding concentrations in week two ante partum, a sensitivity and a positive predictive value of 83% as well as a specificity and a negative predictive value of 94% were detected. It was moreover found that determining antepartal NEFA concentrations was unsuitable for calculation of the risk of occurrence of other production diseases (metritis, retained fetal membranes, hypocalcaemia, mastitis). IGF-I was the only antepartal measured blood parameter in this study, which was independent of the nature of the disease, occurring during the first three weeks of lactation. Antepartal IGF-I plasma concentrations of cows suffering from a production disease (67.6 ± 6.5 ng/ml) were lower compared to healthy cows (106.2 ± 11.1 ng/ml). Thus, IGF-I was the most appropriate antepartal blood parameter for the assessment of the postpartal health status. Regarding concentrations in week two ante partum, led to a sensitivity and a positive predictive value of 79% as well as a specificity and a negative predictive value of 68%. IGF-I concentrations decreased significantly around parturition and, starting from the point of calving, displayed significantly higher IGF-I concentrations in primi- than in pluriparous cows. Ante partum no differences between primiparous and pluriparous cows were detected in IGF-I concentrations. Results of in vitro studies, indicating that IGF-I enhances human PMN function, could not be confirmed by ex vivo results of bovine PMN. Phagocytic activity was similar between primi- and pluriparous cows ante partum, but phagocytic capacity was significantly higher in pluriparous cows in week two ante partum compared to primiparous cows. Moreover, during the first two weeks postpartum, phagocytic activity in pluriparous cows exceeded that of primiparous cows significantly. In contrast, blood PMN count was significantly higher in primiparous compared to pluriparous cows at time of calving. Phagocytic power tended to be higher in pluriparous cows compared to primiparous cows, whereby a significant difference was found in week two post partum. Phagocytic overall performance expressed similar values in primi- and pluriparous cows. These results indicated that primiparous cows compensated their impaired PMN function by a higher number of PMN. Thus, we can not suggest a suppression of the immune system on the whole in primiparous cows without comprising the total number of neutrophilic granulocytes at present. High liquid intake (35.8 ± 11.7 L) directly after calving, attained by high acceptability of the used supplement, correlated positively with quantitative intake of a partly mixed ration during the first three days of lactation. Proportionally to increased feed intake, serum NEFA concentrations decreased significantly in cows whose liquid intake was above 20 litres between calving and week one post partum. Furthermore, phagocytic activity in these cows was significantly higher compared to cows which only had access to water. Even though the analyses concerning use of a roborant drink had only exploratory character, the derived results were statistically sound and may provide an opportunity to reduce the incidence of production diseases. Present results demonstrated that already ante partum, there is a possibility to recognize cows at risk of developing production diseases. This allows treatment at the earliest possible and offers an approach in reducing the incidence or severity of production diseases.

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