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Der Veterinärdienst des Deutschen Reiches in China von 1898 bis 1914

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, ein realitätsnahes Bild des deutschen Veterinärdienstes in China zu vermitteln. Hinter dem Titel der Dissertation verbergen sich zwei Themenkreise, die in dieser Arbeit getrennt voneinander bearbeitet wurden. Im ersten Teil (Kap. 4) wurde der zivile Veterinärdienst im Schutzgebiet Kiautschou dargestellt. Im zweiten Teil (Kap. 5) wurden die militärtierärztlichen Tätigkeiten und Aufgabenbereiche im Ostasiatischen Expeditionskorps, in der Ostasiatischen Besatzungsbrigade und im späteren Ostasiatischen Detachement dokumentiert. Die Entsendung deutscher Veterinäre war vor dem Hintergrund kolonialer, kriegerischer und besatzungspolitischer Ambitionen des nach Weltgeltung suchenden wilhelminischen Reiches erfolgt. Die deutsche Okkupation in China begann mit der Inbesitznahme von Kiautschou im Jahr 1897 und seiner schrittweisen Etablierung als Handels- und Flottenstützpunkt. Den Startpunkt für das Veterinärwesen markierte der Herbst 1898, als der erste deutsche Tierarzt nach seiner Ankunft im Schutzgebiet begann seine Dienstgeschäfte aufzunehmen. Das Aufgabenspektrum der Veterinäre in Kiautschou war breit gefächert. Dazu gehörten die medizinische Versorgung der Truppenpferde der mehr als 2.000 Mann starken Garnisonsbesatzung, die Überwachung des Milchhandels, die Leitung der Tierzuchtprogramme, die Verhütung und Bekämpfung von Tierseuchen und die Verrichtung der Fleischbeschau nebst Überwachung des Fleischhandels. Die Etablierung dieser Aufgabenfelder gestaltete sich am Anfang zwar mühselig und frustrierend, war jedoch später umso erfolgreicher. Die Zucht mit Rindern und Ziegen konnte über die Jahre kontinuierlich soweit ausgebaut werden, dass es möglich wurde, der europäischen Bevölkerung von Kiautschou eine adäquate Versorgung mit Milch- und Milchprodukten gewährleisten zu können. Tierseuchen konnten nach anfänglichen Rückschlägen, teilweise sogar durch erfolgreiche Impfprogramme mit der Zeit soweit unter Kontrolle gebracht werden, dass nennenswerte Ausbrüche merklich zurückgingen. Die Fleischbeschau und die Überwachung des Fleischhandels, der größte und zeitintensivste tierärztliche Aufgabenbereich im Schutzgebiet, konnte soweit etabliert werden, dass die Chinesen, zwecks Vermarktungs-möglichkeiten, mit der Zeit keine andere Wahl mehr hatten, als ihr Vieh im Schlachthof von Tsingtau schlachten und veterinärhygienisch untersuchen zu lassen. Der Feldzug des Ostasiatischen Expeditionskorps im Jahr 1900 war im Zuge des politischen und militärischen Zusammenschlusses sechs europäischer Nationen, Japans und der USA zur Niederschlagung des Boxeraufstandes erfolgt. Dies zog eine dauerhafte Stationierung zahlreicher deutscher Truppen in weiten Teilen Chinas nach sich. Für die im rossärztlichen Dienst stehenden Veterinäre stellte die zeitintensivste tierärztliche Pflicht die medizinische Versorgung von tausenden Dienstpferden und Maultieren dar. Dies bezog sich sowohl auf die Zeit im Feld als auch während der wochenlangen Hin- und Rücktransporte per Schiff. Weitere tierärztliche Aufgaben waren die Beschaffung von neuem Tiermaterial in der Mongolei und die Seuchenverhütung und -bekämpfung innerhalb der Truppenbestände. Darüber hinaus oblag ihnen zudem die Pflicht innerhalb des militärischen Zirkels, jedoch nicht innerhalb der Bevölkerung, wie es in Kiautschou der Fall war, die Fleischbeschau durchzuführen. Die Anzahl der mit dem Ostasiatischen Expeditionskorps nach China gelangten deutschen Veterinäre war um ein vielfaches höher als in Kiautschou. Ihre Zahl schrumpfte jedoch kontinuierlich in Folge der Umstrukturierung der Truppen in die kleinere Ostasiatische Besatzungsbrigade im Jahr 1902 und der nachfolgenden Verkleinerung in das Ostasiatische Detachement. Im Jahr 1908 hatte der letzte noch verbliebene Veterinär seinen Dienst beendet und die Heimreise nach Deutschland angetreten. In Kiautschou waren bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges deutsche Veterinäre stationiert. Nachdem im August 1914 auch im Schutzgebiet der Krieg angekommen war, war schon knapp drei Monate später das deutsche Veterinärwesen in China nach 16 Jahren endgültig beendet und die deutschen Tierärzte begaben sich mit ihren Kameraden in die jahrelange japanische Gefangenschaft.

It is the objective of this paper to convey a realistic picture of the German veterinary service in China. Here two main fields of study have been identified, both of which were treated separately. Part one (chapter 4) discusses the civil veterinary service in the protected area of Kiautschou. Part two (chapter 5) deals with the veterinary activities and duties in the East Asian Expeditionary Corps, the East Asian Occupational Brigade and the East Asian Detachment. The dispatch of German veterinarians to China took place against the backdrop of colonial and expansionary ambitions of the Wilhelmine Empire, which was striving for international recognition and influence. The German occupation of China began with the appropriation of Kiautschou in 1897, and its gradual establishment as naval and trading base. In the autumn of 1898 the first German veterinarian took up work upon his arrival in the protected area, which thus marked the starting point of colonial veterinary medicine. The range of duties that veterinarians in Kiautschou encountered was of diverse nature. It comprised such tasks as the medical treatment of army horses in a gar-rison that counted more than 2.000 men, the supervision of the milk trade, the management of an animal breeding programme, disease control, meat inspections and the supervision of the meat trade. The establishment of these duties was difficult and frustrating in the beginning, but became all the more successful in the end. So could the breeding of cattle and goats be expanded as far as to guarantee an adequate supply of milk and dairy products for the European population of Kiautschou. Furthermore, over time and despite initial setbacks, animal epidemics could be brought under control, partially even with the aid of successful vaccination programmes. The biggest and most time-intensive veterinary duties in the protected areas were meat inspections and the supervision of the meat trade. Over time these were organized in such a way that the Chinese, in order to market their meat, had no other choice but to have their cattle slaughtered and inspected in the slaughterhouse of Tsingtau. The campaign of the East Asian Expeditionary Corps in the year 1900 took place amidst a political and military coalition that involved six European nations, Japan and the United States of America, with the goal to suppress the Boxer Revolt. This campaign entailed an enduring deployment of numerous German troops throughout China. The veterinarians of these troops had to look after thousands of horses and mules serving in the army, which proved to become their most time-consuming task. This also included the transport to and from the battlefield, which was conducted by ship and often took many weeks. Other veterinary tasks comprised the procurement of new animals from Mongolia as well as disease control and prevention. In addition, they were responsible for the carrying out of meat inspections within the military circle. Unlike procedures in Kiautschou, this excluded meat inspections within the local population. The total number of German veterinarians that went to China with the East Asian Expeditionary Corps was much higher than in Kiautschou. However, their number declined continuously due to the restructuring of the troops into the smaller East Asian Occupational Brigade in 1902, and subsequently the East Asian Detachement. In 1908 the last remaining veterinarian finished his service and began his journey back home to Germany. In Kiautschou, German veterinarians remained stationed for 16 years until the outbreak of World War I, which arrived in August 1914. Only three months later, the German veterinary service in China ended permanently, and, along with their comrades, the veterinarians were taken prisoners of war for years by the Japanese.

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