Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Die Rolle entzündlicher Prozesse für die Entwicklung von spontanen Anfällen, Neurodegeneration und Verhaltensänderungen in Epilepsie-Modellen

Epilepsien zählen zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Bis heute gibt es keine Möglichkeit, die Entwicklung einer Epilepsie, die Epileptogenese, zu verhindern. Die pharmakologische Therapie ist auf die symptomatische Anfallsunterdrückung beschränkt. Bei einem Großteil der Temporallappenepilepsie-Patienten kann mit einer solchen Therapie aufgrund einer Pharmakoresistenz keine Anfallsfreiheit erreicht werden. Zudem leiden mehr als die Hälfte der erwachsenen Epilepsiepatienten unter psychischen Komorbiditäten wie beispielsweise Verhaltensänderungen oder Lern- und Gedächtnisdefiziten. Diese Umstände verdeutlichten die Notwendigkeit der Entwicklung Epilepsie-präventiver Strategien. Die anti-inflammatorische Behandlung stellt diesbezüglich einen vielversprechenden Ansatz dar. Unter den zahlreichen Entzündungsmediatoren werden der Cyclooxygenase-2 (COX-2) und dem Interleukin-1β (IL-1β) eine Schlüsselrolle zugesprochen. Im resektierten Gehirngewebe epileptischer Patienten wurden erhöhte Konzentrationen dieser Entzündungsmediatoren gefunden. Tierexperimentell konnte gezeigt werden, dass sowohl ein Status epilepticus (SE) als auch einzelne Anfälle zu einem Anstieg der COX-2 und des IL-1β führen. Die pharmakologische Inhibition der COX-2 und des IL-1β deutete im Tiermodell auf eine potenzielle antiepileptogene Wirkung hin und führte zu neuroprotektiven Effekten. Die Beeinflussung der langfristigen Konsequenzen eines SE (wie die Entwicklung spontaner Anfälle und Verhaltensänderungen) durch die Inhibition der COX-2 und des IL-1β ist noch nicht ausreichend untersucht; potenzielle antiepileptogene Effekte konnten in den bisherigen Studien zumeist in akuten Anfallsmodellen beobachtet werden. Ziel dieser Ph.D.-Arbeit war es, das antiepileptogene Potenzial der COX-2- und IL-1β-Inhibition in chronischen Epilepsie-Modellen zu untersuchen. Dazu wurde im ersten Projekt der hoch selektive COX-2-Hemmer Parecoxib nach chemisch-induziertem SE verabreicht. Anschließend folgte die Untersuchung der langfristigen Effekte der COX-2-hemmenden Behandlung auf die Entwicklung spontaner Anfälle, neurodegenerativer Veränderungen und Verhaltensauffälligkeiten. Das zweite Projekt dieser Arbeit erfolgte in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Frau Prof. Annamaria Vezzani (Mario Negri Institute for Pharmacological Research, Mailand). Dabei fanden ein elektrisches und ein chemisches Epilepsie-Modell Verwendung. Eine duale IL-1β-Hemmung erzielten der Interleukin-1-Rezeptorantagonist Anakinra und der Caspase-1-Inhibitor VX-765. Die Auswirkungen der IL-1β-Inhibition wurden anhand neuroinflammatorischer- und neurodegenerativer Veränderungen sowie des Auftretens spontaner Anfälle beurteilt. Die Parecoxib-Therapie konnte die Entwicklung spontaner Anfälle nicht verhindern. Auffällig war jedoch, dass die mit Parecoxib behandelten Tiere weniger schwer ausgeprägte Anfälle zeigten. Ein neuroprotektiver Effekt der Parecoxib-Behandlung war in Subregionen des Hippocampus und im piriformen Cortex zu verzeichnen. Bei den Parecoxib-behandelten Tieren traten Epilepsie-assoziierte Verhaltensänderungen sowie die Lern- und Gedächtnisdefizite auf, allerdings war teilweise eine Verminderung dieser Beeinträchtigungen zu beobachten. Die Behandlung mit Parecoxib nach SE führte demzufolge nicht zu einer Epilepsie-Prävention, jedoch zu einer Modifikation des Krankheitsverlaufs. Im zweiten Projekt konnte eine Reduktion der Neuroinflammation durch die IL-1β-Inhibition erst sieben Tage nach SE beobachtet werden. Zu demselben Zeitpunkt zeigte sich ein gering ausgeprägter neuroprotektiver Effekt im Cortex, im Hilus des Gyrus dentatus und in der Amygdala. Während der siebentägigen Behandlungszeit traten spontane Anfälle auf. Inwieweit diese Anfälle Folgeerscheinungen des SE waren oder ob sie die ersten Anfälle einer sich entwickelnden Epilepsie darstellten, ist nicht bekannt. Derzeitig werden Versuche mit einer längeren Anfallsdetektion durchgeführt, um diese Frage zu beantworten und weitere Erkenntnisse über die antiepileptogene Wirkung der IL-1β-Inhibition zu gewinnen. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass ein chemisch oder elektrisch erzeugter SE zu einer Entzündungsreaktion im Gehirn führt und dass diese durch eine anti-inflammatorische Therapie beeinflusst werden kann. Damit leistet diese Arbeit einen Beitrag zur Aufklärung der Bedeutung der Neuroinflammation in der Epileptogenese. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Beeinflussung der Neuroinflammation durch die Inhibition der COX-2 oder des IL-1β Bestandteil einer Epilepsie-präventiven Strategie sein könnte.

Epilepsy is one of the most common neurological disorders. As of this writing, there is no known therapy to interrupt the development of epilepsy, i.e. the epileptogenesis. The current pharmacological treatment of epilepsy is solely based on the suppression of symptoms (i.e., seizures) by anticonvulsant drugs. However, this therapy is not able to achieve a seizure-free state for pharmacoresistant patients and more than 50% of the epileptic adults suffer from psychiatric comorbidities, diminishing their quality of live even further. Therefore, it is necessary to explore new epilepsy preventing therapies. In this regard anti-inflammation seems to be a very promising strategy. Accumulating clinical and experimental evidence indicates that inflammation is a key causative factor in epileptogenesis. Among various inflammatory mediators, cyclooxygenase-2 (COX-2) and interleukin-1β (IL-1β) are discussed to play a major role in the development of epilepsy. High concentrations of COX-2 and IL-1β were found in resected brain tissue of epileptic patients. Several experimental studies demonstrate an increase of these mediators after status epilepticus (SE) as well as after spontaneous seizures. In experimental models the inhibiton of COX-2 and IL-1β indicates a promising antiepileptogenic effect and prevents neurodegeneration. Similar to human epileptic patients, epileptic rodents exhibit epilepsy-associated behavioral alterations and an impairment of learning and memory. To further clarify how inhibiting COX-2 and IL-1β modifies the long term consequences of SE (such as the development of spontaneous seizures and behavioral alterations) more research is needed; the promising antiepileptogenic effects were as yet mostly measured in acute seizure models. This Ph.D.-thesis was aimed to investigate the antiepileptogenic potential of COX-2- and IL-1β-inhibition in chronic models of epilpsy. In the first project of this thesis, the selective COX-2-inhibitor parecoxib was administered after a chemically induced SE. In order to evaluate the effects of COX-2 inhibition, the development of spontaneouse seizures, neurodegeneration, and behavioral alterations were investigated. The second project was performed in cooperation with Prof. Annamaria Vezzani’s group (Mario Negri Institute for Pharmacological Research, Mailand). In this project an electrical and a chemical model of epilepsy was used. Dual inhibition of IL-1β was applied by the IL-1-receptor antagonist anakinra and by the caspase-1-inhibitor VX-765. The development of spontanous seizures, neuroinflammation and neurodegeneration was measured for benchmarking the treatment outcome. Administrateing parecoxib after SE did not temper the development of spontaneous seizures. However, parecoxib treated animals showed less severe seizures and a neuroprotective effect was measured in subregions of the hippocampus and in the priforme cortex. Further, parecoxib mildly diminished both the epilepsy-associated behavioral alterations and the impairment of learning and memory. In conclusion, the administration of parecoxib after SE did not prevent epileptogenesis but led to disease-modifying effects. In the second project a reduced neuroinflammation was achieved seven days after SE by inhibiting IL-1β. At that time a slight neuroprotective effect was observed in the cortex, in the hilus of the dentate gyrus and in the amygdala. Spontaneous seizures occurred during the seven days lasting treatment period. It is not known, whether these seizures were aftereffects of SE or the first seizures of a developing epilepsy. To answer this question, ongoing experiments with a longer timespan of seizure detection are performed. The present results show that an electrically or chemically induced SE causes an inflammatory response in the brain which can be treated by a systemic anti-inflammatory therapy. Therefore, this study will help to better understand the role of neuroinflammation in epileptogenesis. These results suggest that targeting COX-2 or IL-1β could be included in the development of antiepileptic drugs.

Cite

Citation style:
Could not load citation form.

Access Statistic

Total:
Downloads:
Abtractviews:
Last 12 Month:
Downloads:
Abtractviews:

Rights

Use and reproduction:
All rights reserved