Der Bien
Die Honigbiene erreicht in Deutschland einen Nutzwert von rund vier Milliarden Euro jährlich. Damit ist sie nach Rindern und Schweinen das drittwichtigste Nutztier. Neben der Bestäubungsleistung für ungefähr 70 % aller Nutz- und 80 % der Wildpflanzen spielt die Honigbiene heute noch eine große Rolle als Nahrungsmittel- und Rohstofflieferant. Im Zeitalter gesunder Lebensart und alternativer Medizin erfreut sich die Apitherapie zunehmender Beliebtheit. Trotzdem gingen die Zahl der Bienenhalter und die Anzahl der gehaltenen Völker in den letzten Jahrzehnten nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa, ja sogar weltweit deutlich zurück. Die Ursachen für den Rückgang sind vielfältiger Natur. Eine wesentliche Rolle spielt aber auch heute noch die Bedrohung der Bienenvölker durch bakterielle, virale und parasitäre Krankheitserreger. Die zunehmende Globalisierung des Handels mit Bienen und Bienenprodukten führt dazu, dass sich bekannte, aber auch neue Bienenkrankheiten und Parasitosen, die vorher ohne Schäden zu verursachen auf heimische Rassen in begrenzten geografischen Regionen existierten, sich weltweit ausbreiten und auf oder in neuen Wirten oft hohe Verluste verursachen. Beispiele dafür sind die heute weltweite Ausbreitung der Milbe Varroa destructor und die damit verbundenen hohen Völkerverluste sowie die neue Gefahr, die mit der Ausbreitung des Kleinen Bienenbeutenkäfers, Aethina tumida, oder der Tropilaelaps-Milbe verbunden sind. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf der Grundlage von Recherchen in Archivunterlagen aus den Archiven des Landkreises Mecklenburg-Strelitz, der Stadt Neustrelitz und dem Landesarchiv Mecklenburg-Vorpommern, die Entwicklung der Bienenseuchengesetzgebung und damit verbundener Bekämpfungsmaßnahmen an Hand der zwei für die Bienenhaltung sehr verlustreichen Krankheiten, der Amerikanischen Faulbrut und der Varroose, von 1896 bis in die Gegenwart darzustellen. Gleichzeitig wird durch Aufarbeitung der herzoglichen Rechtssetzungsverfahren und Zeitzeugenberichten aus dem Karbe-Wagner Archiv und dem Walter-Hackert Archiv in Neustrelitz ein Überblick über die Bienenhaltung, Bienenkrankheiten sowie über die regionale Imkergeschichte in den Großherzogtümern Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin gegeben. Erste Versuche zur Beschreibung von Bienenkrankheiten und Vorschläge zu deren Bekämpfung gab es bereits in der Antike. Es gibt Hinweise in den verschiedenen Schriftgütern, die darauf schließen lassen, dass die Faulbruterkrankung der Bienen bekannt war. Das erste in hochdeutscher Sprache von Nikol Jakob verfasste Bienenbuch „gründlichen und nützlichen unterricht von Wartunge der Bienen“ erschien 1568. Dieses Buch verdient nicht nur deshalb besondere Beachtung, weil es das erst Bienenbuch in deutscher Sprache ist, sondern weil in ihm ein Verfahren zur Bekämpfung der Faulbrut beschrieben wird, das an das heutige Bekämpfungsverfahren erinnert. In der Beschreibung der Ursachen dieser Bienenerkrankung bleibt es jedoch noch tief in den mittelalterlichen Ansichten gefangen. Im 17. und 18. Jahrhundert erschienen viele Schriften über die Bienenzucht, Bienenpflege und Bienenhaltung, die sich auch mit den Krankheiten der Bienen beschäftigten. Dabei führten die meisten Autoren die Faulbrut nicht nur auf eine einzige Ursache zurück. So beschreiben einige das typische Bild der Nymphenseuche, andere das der Larvenseuche, und auch nichtinfektiöse Ursachen wie verkühlte Brut und Nahrungsmangel werden aufgeführt. Nur wenige Autoren machen brauchbare Vorschläge zur Bekämpfung der Faulbrut. Einige geben jedoch erste Hinweise, wie eine Weiterverbreitung der Krankheit vermieden werden kann. Mit der Einführung bakteriologischer Untersuchungsmethoden gelang es 1885, aus faulbrütigen Larven einen sporenbildenden Bacillus anzuzüchten, den man lange für den Erreger der Faulbrut hielt. Einen gewaltigen Erfolg in der Klärung der Ursache der Faulbruterkrankung bedeutete die Entdeckung des Bacillus larvae von G. F. White (1904) und A. Maaßen (1906) als Erreger der Krankheit. 1896, bereits 10 Jahre vor der Entdeckung des Erregers der Faulbrut in Deutschland, wurde für die Großherzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin eine Verordnung zur Abwehr und Unterdrückung der Faulbrut erlassen. Der Ausbruch der Seuche wurde erstmalig anzeigepflichtig und war öffentlich bekannt zu machen. Die Bekämpfung oblag einer eigens von der Landesregierung einzusetzenden „Commission zum Schutz der Bienenzucht“, in die erfahrene Imker berufen wurden. Sowohl für die Entschädigung der Arbeit der Mitglieder der Kommission als auch der von der Krankheit betroffenen Imker wurden alle Imker verpflichtet, jährlich ihre Völker zu melden und eine Bienenabgabe zu entrichten. Eine gesetzlich vorgeschrie-bene Bekämpfungspflicht der Faulbrut gab es zu dieser Zeit in keinem weiteren Reichsgebiet Deutschlands. Das sollte bis 1929 auch so bleiben. Die 1880 ins Leben gerufene gesamtdeutsche imkerliche Vereinigung des „Bienenwirtschaftlichen Centralvereins“ setzte sich gemeinsam mit der „Wanderversammlung deutscher und österreichischer Bienenwirte“ für die Interessen der Imkerschaft ein. So traten die Vereine seit 1881 für den Erlass eines Bienenschutzgesetzes ein, vertraten ihre Interessen bei der Erarbeitung des Bürgerlichen Gesetzbuches und erreichten die Aufnahme von Regelungen zum Schwarmrecht in die §§ 961-964 BGB. Mit dem gleichen Engagement erreichten die Imker 1928 die Aufnahme der Bienen in den § 1 Abs. 2 des Viehseuchengesetzes von 1909. Mit der gleichzeitigen Einfügung des § 81a in das Viehseuchengesetz konnten die Bundesländer landesrechtliche Regelungen zur Bekämpfung der Bienenseuchen erlassen. Damit hatten die Imker jedoch nur einen Teilerfolg errungen, da sie eine reichsweite Bekämpfungspflicht angestrebt hatten. Doch bereits 1929 erließen Württemberg und Baden Vorschriften zur Anzeigepflicht von Bienenseuchen. Es folgten Braunschweig 1931, Hessen 1933, Sachsen 1934 und Mecklenburg 1935. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlief die Entwicklung in der Bienenzucht in den beiden deutschen Staaten unterschiedlich: In der DDR wurde ein bereits im Jahr 1940 dem früheren Reichsinnen- und Reichsernährungsministerium vorgelegter Gesetzesentwurf für eine reichsgesetzliche Bekämpfung der Faulbrut und Milbenseuche der Bienen überarbeitet, den nunmehr geltenden politischen Verhältnissen angepasst und wunschgemäß der Deutschen Wirtschaftskommission, der zentralen deutschen Verwaltungsinstanz in der sowjetisch besetzten Zone mit Regierungsfunktionen, übergeben. Der überarbeitete Entwurf bildete die Grundlage für die 1951 erlassene „Verordnung zum Schutz der Bienen“, die sich mit der Bekämpfung der Faulbrut und Milbenseuche beschäftigte sowie das Wandern und den Gebrauch der für die Bienen giftigen Pflanzenschutzmittel regelte. In der Bundesrepublik Deutschland wurde 1964 die Bekämpfung der bedeutendsten Bienenseuchen erstmals in einer Bundesverordnung, der „Verordnung zum Schutz gegen die bösartige Faulbrut und die Milbenseuche der Bienen“ geregelt. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung traten die landesrechtlichen Vorschriften über die Anzeigepflicht für Bienenseuchen außer Kraft. Mit dem Auftreten der Varroa-Milben in der Bundesrepublik Deutschland in den 1970er Jahren wurde 1978 die Anzeige- und Bekämpfungspflicht der Varroose in die 1964 erlassene Bienenseuchen-Verordnung aufgenommen. Die Verordnung erfuhr in den Jahren 1980, 1982, 1984 und 1988 mehrere Anpassungen zur Varroose-Bekämpfung. Trotz der wiederholten Anpassung staatlicher Bekämpfungsmaßnahmen konnte die Verbreitung der Varroose nicht verhindert werden. Zwischenzeitlich standen nach amtlicher Tierseuchenstatistik mehr als 46.000 Bienenstände unter behördlicher Sperre. In dieser Zeit hatten sich das Wissen um die Krankheit und die Behandlungsmethoden weiterentwickelt. Den Imkern wurden inzwischen verschiedene Mittel zur Behandlung ihrer Bienenvölker an die Hand gegeben, so dass sie heute in der Lage sind, ihre Völker gegen die Varroose zu schützen. 1988 wurde mit der sechsten Verordnung zur Änderung der Bienenseuchen-Verordnung die Anzeigepflicht der Varroose aufgehoben. Die Varroose wird heute als größte Bedrohung für die Imkerei weltweit angesehen. Im Ergebnis des Deutschen Bienenmonitorings in den Jahren 2004 bis 2009 wurden neben der Varroamilbe auch Viren als Ursache für die Winterverluste identifiziert. Auch bei den im Jahr 2006/2007 in den USA aufgetretenen plötzlichen Todesfällen von Bienenvölkern, „Colony Collaps Disorder“, wird vermutet, dass neben dem Flügeldeformationsvirus die Varroamilbe eine wesentliche Rolle spielt. Die Europäische Kommission hat inzwischen Maßnahmen zur Unterstützung der Bienenhalter beschlossen und führt seit zwei Jahren Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Bienengesundheit für die beamteten Tierärzte der Mitgliedstaaten im Rahmen der Initiative „Bessere Schulung für sichere Lebensmittel“ durch.
In Germany, the honey bee achieves a value in use of about four billion Euros each year. Consequently, it is the third most important working animal after cows and pigs. As well as the pollination capacity for approx. 70 % of all agricultural crops and 80 % of wild plants, the honey bee still plays a major role as a supplier of food and natural resources. In the age of healthy lifestyles and alternative medicine, apitherapy is enjoying an increasing popularity. Despite this, the number of beekeepers and the number of colonies kept has considerably declined over the last few decades, not just in Germany but throughout the whole of Europe and even the world. The causes for this decline are varied. However, a fundamental role is still played by the threat to colonies through bacterial, viral and parasitic pathogens. The increasing globalisation of trade with bees and bee products is leading to both known and new bee diseases and parasitic diseases, which previously existed in confined geographical regions without causing damage to domestic breeds, now spreading throughout the world and often causing huge losses to or in new host animals. Examples of this are the global distribution of the Varroa destructor mite and the high colony losses connected with this, as well as the new risk, which is connected with the distribution of the small hive beetle, Aethina tumida, or the Tropilaelaps mite. The objective of this essay is to outline the development of the Bee disease legislation and the affiliated control measures from 1896 to the present day on the basis on the two most loss-intensive diseases, the American foulbrood and varroosis, based on research into archived documents from the archives of the administrative district of Mecklenburg-Strelitz, the city of Neustrelitz and the state archive of Mecklenburg-Western Pomerania. At the same time, by revisiting the ducal legislative procedures and contemporary eye-witness accounts from the Karbe-Wagner archive and the Walter-Hackert archive in Neustrelitz, an overview will be given of beekeeping, bee diseases and regional beekeeper history in the grand duchies of Mecklenburg-Strelitz and Mecklenburg-Schwerin. In the ancient world, initial attempts have been made to describe bee diseases and suggestions to combat these. There is information in various documents, which allow the conclusion to be drawn that the foulbrood bee disease was known. The first bee handbook written in standard German by Nikol Jakob: “thorough and useful lessons on the maintenance of bees” was published in 1568. This book not only merited special attention because it was the first German-language bee handbook. It also deserved special consideration because it described a procedure to combat foulbrood that is reminiscent of today’s control methods. However, it still remains trapped deep in medieval views when describing the causes of this bee disease. In the 17th and 18th century, many writings were published about bee culture, bee care and beekeeping, which also dealt with the diseases of bees. Most authors did not attribute foulbrood to one single cause. Some describe the typical image of the nymph plague, others that of the larvae plague, and even non-infectious causes such as cold offspring and lack of food are listed. Only a few authors make feasible suggestions on how to combat foulbrood. However, some give initial advice on how further spreading of the disease can be avoided. With the introduction of bacteriological investigation methods, it was possible in 1885 to cultivate spore-forming Bacillus from foulbrood larvae, which was long considered to be the pathogen of foulbrood. The discovery of the Bacillus larvae by G.F. White (1904) and A. Maaßen (1906) as the pathogen of the disease was a tremendous success in the clarification of the cause of the foulbrood disease. In 1896, still 10 years before the discovery of the foulbrood pathogen in Germany, a decree on the defence and suppression of foulbrood was issued for the grand duchies of Mecklenburg-Strelitz and Mecklenburg-Schwerin. The outbreak of the disease had to be notified for the first time and had to be made known to the public. The control was subject to a “Commission for the Protection of Apiculture” introduced by the state government, in which experienced beekeepers were appointed. Both to reimburse for the work of the commission members and of those beekeepers affected by the disease, all beekeepers were obliged to register their colonies on an annual basis and pay a bee charge. There was no legally prescribed obligation to control foulbrood in any other German territory at this time. This was also to remain the case until 1929. The pan-German beekeepers association of the “Central commercial bee association”, which was founded in 1880, appointed itself in the interests of the beekeeping industry together with the “Migratory convention of the German and Austrian beekeeping industry”. Since 1881, the associations have argued the case for the decree of a bee protection law, represented their interests in the development of the German Civil Code and achieved the inclusion of regulations relating to swarm law in §§ 961-964 of the BGB. In 1928, with the same commitment, the beekeepers managed to have bees accepted into § 1 Para. 2 of the law on infectious diseases in cattle of 1909. With the simultaneous incorporation of § 81a into the Law on infectious diseases, the Federal states were able to issue state regulations to combat bee diseases. But the beekeepers had only achieved a partial victory, as they had strived for an empire-wide obligation to control. However, by 1929, Württemberg und Baden had issued regulations concerning the duty to inform about bee diseases. Braunschweig followed in 1931, Hesse in 1933, Saxony in 1934 and Mecklenburg in 1935. After the Second World War, the development in apiculture was different in the two German states: In the GDR, a bill for Reich-wide legal control of foulbrood and acarine disease of bees, which had already been submitted to the previous Reich interior ministry and Reich ministry of food in 1940, was revised, adapted to the valid political conditions of the time and submitted, as requested, to the German economic commission, the central German administrative authority in the Soviet occupation zone with government functions. The revised bill formed the basis for the “Ordinance of the protection of bees” which was issued in 1951, which dealt with the control of foulbrood and acarine disease as well as regulating migratory beekeeping and the use of pesticides harmful for bees. In the Federal Republic of Germany, the control of the most important bee disease was regulated in 1964 for the first time in a Federal ordinance, the “Ordinance for the protection against American foulbrood and acarine disease of bees”. With the coming into effect of this regulation, the state-wide regulations concerning the duty to inform for bee diseases became invalid. With the appearance of the varroa mite in the Federal Republic of Germany in the 1970s, the duty to inform and control varroosis was incorporated into the 1964 Bee disease ordinance in 1978. The ordinance experienced several amendments relating to the control of varroosis in 1980, 1982, 1984 and 1988. Despite the repeated amendment of state control measures, the spread of varroosis could not be prevented. In the meantime, official animal disease statistics stated that more than 46,000 apiaries were under official restrictions. In this time, the knowledge about the disease and treatment methods had further developed. Beekeepers now had various resources available to them to treat their colonies, so that they are now in the position to protect their colonies from varroosis. In 1988, the duty to inform about varroosis was suspended with the sixth ordinance to amend the Bee disease ordinance. Today, varroosis is considered to be the biggest threat for apiculture worldwide. As a result of German bee monitoring between 2004 and 2009, viruses were also identified as the cause of winter losses, together with varroosis. In addition, in terms of the “Colony Collapse Disorder” sudden deaths occurring in 2006/2007 in the USA, it is assumed that varroosis plays a significant role together with the deformed wing virus. The European Commission has now passed measures to support beekeepers and has held further education events on the subject of bee health for official veterinarians of the member states for the last two years as part of the “Better Training for Safer Food” initiative.
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