Effekte unterschiedlicher Aufzuchtkonzepte auf Gewichtsentwicklung, Gesundheitsstatus und metabolische Leitparameter von Holstein-Kälbern
Die zügige Aufzucht gesunder Kälber ist eine entscheidende Voraussetzung für die Remontierung leistungsstarker Hochleistungskühe mit belastbarer Konstitution. Ergebnisse zahlreicher epidemiologischer und experimenteller Studien zeigen, dass die Wachstumsrate von Jungtieren in den ersten Lebenswochen auch langfristig Konsequenzen für das spätere Leistungspotential der adulten Tiere hat. Als Eckpfeiler einer optimierten Kälberaufzucht gelten eine bedarfsgerechte Fütterung und entsprechende Konditionierung der trockenstehenden Kühe, ein systematisches Geburtsmanagement, die Verabreichung einer möglichst hohen Menge von Erstgemelk in den ersten Lebensstunden, ein hoher Hygienestandard im Abkalbebereich und im Haltungssystem der Kälber, ein systematisches Behandlungsprotokoll erkrankter Tiere sowie eine Fütterungsintensität, die tägliche Gewichtszunahmen von mindestens 800 g gewährleistet. Derzeit existieren in der Praxis in Deutschland hauptsächlich zwei unterschiedliche Aufzuchtformen für Kälber: Zum einen erfolgt die Aufzucht bei Kälbern der Fleischrassen im Rahmen der Mutterkuhhaltung, zum anderen werden in Milchviehbetrieben Kälber nach der Geburt von den Muttertieren separiert und durch i. d. R. täglich zweimaliges Vertränken von Milch oder Milchaustauschertränke aufgezogen. Die eingesetzten Tränkemengen sind gemäß der etablierten Tränkeempfehlungen relativ gering (z. B. Liter Vollmilch entsprechend 10 % des Körpergewichts pro Tag) . Ziel der Studie war es zu evaluieren, welche Auswirkungen eine ad libitum Vollmilch-Fütterung in den ersten drei Lebenswochen auf das Wachstum, den Gesundheitsstatus und metabolische Leitparameter hat, verglichen mit einer in Deutschland etablierten restriktiven Fütterungsstrategie. Die Bullenkälber der Rasse „Deutsche Holstein“ wurden entweder in den ersten drei Lebenswochen ad libitum (angesäuerter Vollmilch ad lib., 1.-21. Lebenstag; AdL; N = 24) oder restriktiv (4 L Vollmilch pro Tag, 1.-7. Lebenstag; 6 L Milchaustauscher [MAT]-Tränke pro Tag [120 g/L], 8.-21. Lebenstag; CG; N = 24) getränkt. Wasser, Heu und Kälberstarter standen allen Tieren jederzeit zur freien Aufnahme bereit. Ab der vierten Lebenswoche wurden alle Kälber identisch mit restriktiven Mengen MAT (6 L/d, 120 g/L) getränkt und ab der fünften bis zur zehnten Lebenswoche stufenweise (step-down Methode) abgetränkt. Die täglich aufgenommenen Mengen an Kraftfutter sowie der Gesundheitsstatus aller Kälber wurden täglich erfasst. Bei jedem Kalb wurden am 2., 12., 21. und 70. Lebenstag Blutproben entnommen und auf metabolische Leitparameter hin untersucht. In der 9. oder 10. Lebenswoche wurde ein intravenöser Glucosetoleranztest (ivGTT) durchgeführt. Nach Abschluss der Tränkeperiode wurden alle Bullenkälber des Versuchs unter gleichen Bedingungen aufgezogen und gemästet. Die Fütterung basierte dabei auf Kraftfutter und Maissilage. Die Schlachtung erfolgte gegen Ende des siebten Lebensmonates (Rosé-Mast). Innerhalb der ersten drei Lebenswochen zeigten die AdL-Kälber höhere tägliche Zunahmen im Vergleich zu den restriktiv gefütterten Kontrollkälbern (1,281 ± 0,05 vs. 0,391 ± 0,03 kg/d, P < 0,001). Die mittlere Milchaufnahmemenge der AdL-Kälber variierte um 10,2 ± 0,4 kg/d. Weder die Inzidenz von Durchfallerkrankungen in den ersten drei Lebenswochen (AdL: 68 %, CG: 88 %, P = 0,30) noch die Dauer der Durchfallerkrankungen (AdL: 3,4 ± 0,4 d, CG: 4,2 ± 0,9 d) wurde durch die unterschiedliche Fütterung beeinflusst. Die ad libitum getränkten Kälber zeigten eine größere Gesamtkraftfutteraufnahme zwischen der 4.-10. Lebenswoche (49,7 ± 2,7 vs. 38.0 ± 3,1 kg/Kalb, P = 0,006). Verglichen mit den CG-Kälbern waren in der zweiten und v.a. dritten Lebenswoche höhere Glucose-, Harnstoff-, Gesamtprotein- und Insulinwerte im Serum sowie höhere Plasma insulin-like growth factor-I (IGF-I)-Werte bei den AdL-Tieren nachweisbar. Bei den Konzentrationen von Cholesterin und den unveresterten Fettsäuren (NEFA) konnten keine Gruppenunterschiede ermittelt werden. Die bei den AdL-Kälber in Vergleich zu den CG-Kälbern niedrigeren GH-Konzentrationen weisen auf eine Entkopplung der somatotropen Achse hin. Abgesehen von höheren IGF-I-Werten bei den AdL-Kälbern konnten in der zehnten Lebenswoche keine Gruppenunterschiede in den metabolischen Blutparametern mehr gefunden werden. Im durchgeführten ivGTT konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen ermittelt werden. Das Körpergewicht der ad libitum getränkten Tiere bei der Schlachtung war tendenziell höher verglichen mit den Kontrollkälbern (322,4 ± 5,7 vs. 308,3 ± 4,8 kg, P = 0,07). Allerdings wurde die weitere Entwicklung der Tiere nicht nur durch die Fütterung innerhalb der ersten drei Lebenswochen beeinflusst, sondern war von vielen weiteren Einflussfaktoren abhängig. Hervorzuheben sind dabei die Parität der Muttertiere, das Geburtsgewicht und der Gesundheitsstatus auch nach der zehnten Lebenswoche. Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass ein ad libitum Angebot von angesäuerter Milch während der ersten drei Lebenswochen in Einzelhaltung praktikabel und ökonomisch tragfähig ist. Zusätzlich zu den wirtschaftlichen Vorteilen einer intensiveren Fütterung von Aufzuchtkälbern führt dies Konzept zu einer artgerechteren Fütterung der Kälber durch ein Angleichen der Tränkeintensität an das der Mutterkuhhaltung und einem dem natürlichen Saugbedürfnis eher entsprechenden Aufzuchtverfahren.
The efficient rearing of young calves represents a decisive precondition for the replenishment of capable high-yielding dairy cows with a superior constitution. Results of numerous epidemiological and experimental studies reveal evidence that the growth rate of youngstock in the first weeks of life exhibits long-lasting consequences for the subsequent performance in later life. Key elements of an optimized calf rearing to meet the requirement of feeding and conditioning of dry cows, a systematic calving management, the administration of a maximal amount of colostrum during the first hours of life, a high hygienic standard in the calving pen and the housing area of the calves, a standardized treatment protocol of calves suffering from disease and a feeding intensity ensuring daily weight gains of at least 800 g. At present there are two different rearing systems for calves in Germany established: on the one hand, calves of beef cows are reared in cow-calf operations. On the other hand, in almost all dairies calves are separated within the first hours of life from the dam and fed twice daily milk or milk replacer (MR). The amounts of milk used are low according to established recommendations (e. g., an amount of milk according to 10 % of body weight daily). It was the objective to investigate the impact of feeding bull calves milk ad libitum throughout the first three weeks of life on growth, health status and key metabolic parameters, compared to an established restrictive protocol. Singleton Holstein bull calves were fed acidified milk ad libitum for the first three weeks of life (ad libitum acidified milk during d 1-21; AdL; N = 24) or restrictively (4 L acidified milk/d during d 1-7; 6 L MR/d [120 g/d], during d 8-21; CG; N = 24). Water, hay and calf starter were freely available to both groups. As of week four of life, all calves were fed similarly restricted amounts of MR (6 L/d, 120 g/L), and gradual step-down weaning took place from week five to ten. Individual intakes of feed as well as health status were assessed daily. Key metabolic parameters in blood were analyzed for each calf on d 2, 12, 21 and 70 of life. An intravenous glucose tolerance test (ivGTT) was carried out in week nine or ten. After weaning, all bull calves were raised under similar conditions; feeding was based on concentrates and corn silage. Slaughter took place at eight month of age. Within the first three weeks, average daily weight gain was higher in AdL calves compared to the CG calves (1.281 ± 0.05 vs. 0.391 ± 0.03 kg/d, P < 0.001). Milk intake of AdL calves during the first three weeks averaged 10.2 ± 0.4 kg/d. Feeding level neither affected the incidence of scouring in the first three weeks (AdL: 68 %, CG: 88 %, P = 0.30) nor the duration of scouring (AdL: 3.4 ± 0.4 d; CG: 4.2 ± 0.9 d). Starter intake (week 4-10) was higher in the AdL compared to the CG calves (49.7 ± 2.7 vs. 38.0 ± 3.1 kg/calf, P = 0.006). Serum glucose, urea, insulin and plasma insulin-like growth factor-I (IGF-I) concentrations were higher in the first three weeks in AdL compared to CG calves. Concentrations of cholesterol and non-esterified fatty acids (NEFA) did not differ between the groups. GH levels were lower in AdL calves compared to the CG calves indicating a decoupling of the somatotropic axis. At an age of ten weeks, no differences in blood concentrations of key metabolic parameters were found, except for higher IGF-I concentrations in the AdL than in the CG calves. IvGTT revealed no significant differences between the groups. At slaughter, the body weight of AdL calves tended to be higher than that of the CG calves (322.4 ± 5.7 vs. 308.3 ± 4.8 kg, P = 0.07). Influencing factors with significant effects on body weight at slaughter included birth weight, parity of the dam and health status during the fattening period. Results indicate that the feeding of acidified milk ad libitum during the first three weeks of life to rearing calves is practicable and economically sound. In addition, a higher feeding intensity allows a species-appropriate nutrition of the calf as it is somewhat similar to the situation of a calf reared together with the dam.
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