Charakterisierung der Yersinia enterocolitica-Infektion im Minipigmodell
In Nordeuropa ist Yersinia (Y.) enterocolitica der dritthäufigste bakterielle Erreger von Gastroenteritiden beim Menschen. Die Yersiniose kommt dabei gehäuft bei Kleinkindern vor und kann ernste immunogene Spätfolgen, wie eine reaktive Arthritis oder das Erythema nodosum, hervorrufen. Im Jahr 2011 wurden in Deutschland 3.397 Erkrankungsfälle gemeldet. Y. enterocolitica ist ein in erster Linie durch Lebensmittel übertragener Zoonoseerreger. Das Schwein gilt dabei als Reservoirwirt und rohes Schweinefleisch als Hauptinfektionsquelle für den Menschen. Sowohl in humanen Patienten als auch in Mastschweinebeständen kommt der Bioserotyp 4/O:3 am häufigsten vor. Dennoch konzentrierten sich bisherige Studien auf den Bioserotypen 1B/O:8 und experimentelle Infektionen fanden in erster Linie im Mausmodell statt. Vor diesem Hintergrund wurde im ersten Teil der vorliegenden Arbeit ein Infektionsmodell für Y. enterocolitica im Minipig etabliert, das Studien zur Kolonisation und Infektion von Y. enterocolitica im Schwein ermöglicht. Dieses Minipigmodell zeichnete sich durch sehr gut reproduzierbare Ergebnisse und die Vorteile der Minipigs in Bezug auf Unterbringung und Handhabung der Tiere aus. Das Versuchsdesign und Vergleiche mit früheren Studien in Hybridschweinen lassen eine Übertragbarkeit auf das Infektionsgeschehen in Mastschweinebeständen als sehr wahrscheinlich annehmen. Im zweiten Teil der Arbeit wurden die beiden Serotypen O:3 und O:8 in dem zuvor etablierten Minipigmodell vergleichend untersucht. Dabei konnten deutliche Unterschiede bezüglich der quantitativen und qualitativen Organbelastung, der Ausscheidung mit den Faeces und der Immunantwort festgestellt werden. Während der Serotyp O:8 (YeO:8) Stamm 8081v nur die Tonsillen und, in minimaler Ausprägung, den Darmtrakt der Schweine kolonisierte, konnte der Serotyp O:3 (YeO:3) Stamm Y1 aus allen intestinalen und extraintestinalen Organen reisoliert werden. Zudem wurde YeO:3 von den Tieren länger und häufiger mit dem Kot ausgeschieden und führte zu einer spezifischen Immunantwort, die in mit YeO:8 infizierten Ferkeln ausblieb. Eine mögliche Erklärung für diesen stark unterschiedlichen Phänotyp im Schwein stellt die unterschiedliche Expression des Virulenzfaktors Invasin der beiden Serotypen dar. Die invA-Expression wird durch den Transkriptionsfaktor RovA aktiviert. Im Gegensatz zu YeO:8 exprimiert YeO:3 ein stabileres RovA und verfügt zudem über ein Insertionselement (IS1667) im invA-Promotorbereich. Diese beiden Unterschiede führen zu einer vermehrten Invasinbildung in Y. enterocolitica Serotyp O:3. In Koinfektionsversuchen mit verschiedenen YeO:3-Deletionsmutanten wurden daher im dritten Teil der Arbeit die Auswirkungen der Invasinexpression auf die Infektion des Schweins durch Y. enterocolitica untersucht. Während eine YeO:3 RovA-Stabilitätsmutante, die das weniger stabile RovA des YeO:8 exprimierte, im Vergleich mit dem Wildtypstamm nur eine verminderte Besiedlung des Ileums aufwies, konnte bei einer YeO:3 PinvaΔIS1667-Mutante, der das Insertionselement im invA-Promotorbereich fehlte, eine Attenuierung gegenüber dem Wildtyp in allen Darmabschnitten gezeigt werden. Der Einsatz einer invasinA-Knockout-Mutante (ΔinvA) im Minipigmodell wies schließlich eine deutliche Attenuierung der ΔinvA-Mutante auf. Diese Beobachtungen zeigen, dass Invasin eine wichtige Rolle im Infektionsgeschehen von Y. enterocolitica spielt. Allerdings erklären sie nur teilweise die Unterschiede zwischen YeO:3 und YeO:8, weshalb weitere Unterschiede in der Regulation von Virulenzfaktoren der beiden Serotypen angenommen werden können. Im letzten Abschnitt der vorliegenden Arbeit wurden die Ergebnisse aus Infektionsversuchen im Minipig mit aus dem Mausmodell stammenden verglichen. Hierbei konnten große Unterschiede zwischen den beiden Wirtsspezies festgestellt werden. Insbesondere YeO:8 zeigte eine sehr unterschiedlich ausgeprägte Virulenz. Auch das Vorhandensein eines stabileren RovAs und des Insertionselements IS1667 bei YeO:3 scheint in der Maus von geringerer Bedeutung zu sein als im Schwein. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse dieser Studien darauf hin, dass der Serotyp O:3 vermutlich besser an das Schwein als Wirtsspezies angepasst ist als YeO:8. Die Unterschiede zum Mausmodell unterstreichen die Bedeutung experimenteller Infektionen im natürlichen Wirt für die Zoonoseforschung.
Yersinia (Y.) enterocolitica is the third most prevalent bacterial cause of human gastroenteritis in Northern Europe. Yersiniosis mainly appears in infants. It may cause severe sequelae such as reactive arthritis or erythema nodosum. In 2011 in Germany 3,397 cases of Yersiniosis have been reported. Y. enterocolitica is an important food-borne zoonotic pathogen. Swine are considered as a reservoir and raw pork as the main source of infection in humans. Bioserotype 4/O:3 is the most prevalent bioserotype in human patients as well as in fattening pigs. However, most experimental infection studies used bioserotype 1B/O:8 and were carried out in the mouse model. Therefore, in the first part of the present study an experimental infection model for Y. enterocolitica has been established in Minipigs. The established model was suitable for comparison of colonization and infection of Y. enterocolitica in pigs. It was characterized by reproducible results and the advantages of minipigs in handling and housing. The experimental design and comparable studies in cross-breed pigs suggest that the minipig model reflects natural infections in piggeries. In the second part of the study serotype O:3 and O:8 strains were investigated comparatively in the previously established model, revealing substantial differences concerning the quantitative and qualitative organ burden, fecal shedding and seroconversion. While serotype O:8 (YeO:8) strain 8081v colonized only the tonsils and, to a low extent, the gut, serotype O:3 (YeO:3) strain Y1 was reisolated from intestinal and extraintestinal organs. YeO:3 was shed for a longer time period and, in contrast to YeO:8, induced an adaptive immune response in the infected piglets. A possible explanation for the very different phenotypes of both serotypes in the pig might be a diverse expression of the virulence gene invA. The transcription factor RovA activates invA expression. YeO:3 expresses a more stable RovA due to one single point mutation and possesses an insertion sequence element (IS1667) in the invA promoter region, whereas YeO:8 carries a less stable RovA and lacks the IS1667. These differences lead to increased amounts of invasin synthesized by Y. enterocolitica serotype O:3. During the third phase of the study, the impact of different invA expression on pig infections by Y. enterocolitica was studied by experimental coinfections using different YeO:3 deletion mutant strains. A RovA stability mutant, expressing less stable RovA of YeO:8, showed only minor disadvantages in colonization of the ileum compared to the wildtype strain. In contrast, YeO:3 PinvaΔIS1667 lacking the IS element showed a reduced colonization of all gut parts. The invA knockout mutant strain (ΔinvA) showed a significantly attenuated phenotype in the minipig model, indicating that invasin plays an important role in the infection process of Y. enterocolitica . However, this only partially explains the differences observed between YeO:3 and YeO:8 in minipig infection. Therefore, so far unknown differences in regulation of virulence factors are assumed to contribute to Y. enterocolitica infections of swine. Finally, experimental results from the minipig infections were compared with those from a mouse model, revealing substantial differences between the two host species. The low organ burden of YeO:8 detected in pigs could not be observed in mice and expression of a stable RovA and possession of the IS1667 in YeO:3 seems to be of less importance in mice than in pigs. In conclusion, the results obtained from this work suggest that serotype O:3 might be better adapted to pigs than YeO:8. The differences between minipig and mouse model emphasize the importance of experimental infection studies in the natural host for zoonoses reseach.
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