Investigations on the distribution and transmission of Schmallenberg virus in sheep and goat flocks
Das Schmallenberg-Virus (SBV) trat 2011 als neue virale Erkrankung von Wiederkäuern erstmals in Deutschland und weiten Teilen Europas auf. Das klinische wie auch das pathologische Bild ist geprägt von missgebildeten und meist tot geborenen Lämmern und Kälbern, welches durch eine intrauterine Virusübertragung vom Muttertier auf den Embryo bzw. Fetus verursacht wird. Das SBV gehört zu den Bunyaviridae, Genus Orthobunyavirus und wird vornehmlich durch Gnitzen übertragen. Kleine Wiederkäuer waren klinisch sehr viel stärker von SBV-Infektionen betroffen als Rinder, was sich teilweise in sehr hohen wirtschaftlichen Verlusten der betroffenen Schaf- und Ziegenherden niederschlug. Missgebildete und meist tot geborene Lämmer, aber auch durch unüberwindbare Geburtsprobleme verendete oder euthanasierte Muttertiere, waren Hauptgründe für diese teils massiven Verluste. Ziel dieser Arbeit war es, Daten über die Epidemiologie und Verbreitungswege dieser neu aufgetretenen Viruserkrankung zu erhalten. Durch einen SBV-spezifischen Fragebogen wurden Daten zum klinischen Bild der SBV-Infektion erhoben und Betriebsdaten erfragt, die mit einer Erkrankung der Herde in Zusammenhang stehen könnten. Im ersten Teil der Arbeit (vgl. Manuskript Ι) konnten Erkenntnisse über die Verbreitung des neuen Virus innerhalb von Ziegenherden in den bis dato (2011/2012) am stärksten betroffenen deutschen Bundesländer (Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) anhand von serologischen Untersuchungen auf Antikörper gegen SBV gewonnen werden. Dazu wurden von Januar bis Mai 2012 40 zufällig ausgesuchte Ziegenherden in den sechs besagten Bundesländern mit einem SBV-spezifischen Fragebogen zu SBV-Infektionen in ihrem Bestand und Betriebsdaten befragt und insgesamt 1065 Serumblutproben von weiblichen Ziegen im Alter von über einem Jahr gewonnen. Diese wurden anschließend serologisch mittels eines ELISA auf Antikörper gegen das SBV getestet, um herauszufinden, wie weit sich das neue Virus bereits ausgebreitet hat und wie hoch die Intra-Herden-Prävalenz innerhalb einer Herde ist. Die serologischen Untersuchungen ergaben eine mediane Intra-Herden-Prävalenz der 40 beprobten Ziegenherden von 36.7% (Min-Max: 0 - 93,3%). 95% der beprobten Ziegenherden wiesen Antikörper gegen das SBV auf. Nur zwei Betriebe waren serologisch negativ. Somit sind Ziegenherden in Deutschland deutlich weniger von SBV-Infektionen betroffen als Schaf- und auch Rinderherden, für welche die mediane Intra-Herden-Prävalent mit 60% (Schaf) bzw. 80-90% (Rind) veranschlagt wird. Mittels statistischer Analysen konnte ein signifikanter Unterschied zwischen Ziegenherden, die in ganzjähriger Stallhaltung gehalten werden und Ziegenherden, die ganzjährig draußen gehalten werden, festgestellt werden (P-Wert: 0,0001). Dieser Unterschied lässt sich dadurch erklären, dass die Ziegen in ganzjähriger Stallhaltung gegen die Überträger des SBV, vornehmlich Culicoides spp., geschützt sind. Gnitzen zeigen in ihrer Aktivität saisonale Verteilungen mit Aktivitätsmaxima von März bis November. Des Weiteren sind die meisten Gnitzen dämmerungs- und nachtaktiv. Anders als die meisten Rinder in Deutschland werden Ziegen in Stallhaltung vornehmlich auf Tiefstreu gehalten. Schaf- und auch Ziegendung ist sehr fest und trocken und bietet Gnitzenlarven, welche sich aquatisch entwickeln, kaum Entfaltungsraum. Rinder hingegen, vor allem intensiv gehaltenen Milchkühe und Mastbullen, werden zum größten Teil auf Vollspaltenboden mit untergelagertem Güllekeller gehalten. Rindergülle ist sehr flüssig und nährstoffreich. Die Lagerung der flüssigen Gülle bietet Gnitzenlarven somit optimale Fortpflanzungs- und Entwicklungsbedingungen. Auch ist in diversen Studien beschrieben, dass Culicoides spp. Rinder als Blutmahlzeitenquelle kleinen Wiederkäuern gegenüber bevorzugen, was die Unterschiede in der Intra-Herden-Prävalenz erklären könnte. Im zweiten Teil der Arbeit (vgl. Manuskript II) wurden von Januar bis Mai 2012 81 (64 Schaf- und 17 Ziegenherden) zufällig ausgewählte Schaf- und Ziegenherden in Niedersachsen befragt und beprobt. Niedersachsen lag in der 2011/2012 erstmals auftretenden SBV Epidemie im Zentrum des Geschehens. Viele Schaf- und auch Ziegenhalter meldeten teilweise horrende Verluste auf Grund von missgebildeten Lämmern und unüberwindbaren Geburtshindernissen. Von insgesamt 2260 weiblichen Schafen und Ziegen im Alter von über einem Jahr wurden Serumblutproben entnommen und mittels ELISA auf Antikörper gegen das SBV untersucht. Die mediane Intra-Herden-Prävalenz lag für Schafe bei 58,7% (Min‑Max: 6,5 – 100%) und für Ziegen signifikant niedriger (P-Wert: 0,0058) bei 43,8% (Min‑Max: 5,6 – 93,3%). Unterschiede in der Intra-Herden-Prävalenz bezüglich einzelner Schafrassen konnten statistisch nicht gesichert werden. Es war jedoch auffällig, dass Herden von Haarschafen tendenziell geringere Intra-Herden-Prävalenzen aufwiesen als Wollschafrassen. Auch die zweite Studie kommt zu dem Schluss, dass Ziegenherden deutlich weniger von SBV Infektionen betroffen sind als andere domestizierte Wiederkäuer. Erklärungen für diese Ergebnisse liegen möglicherweise in unterschiedlichen Haltungsbedingungen und unterschiedlichen Wirtspräferenzen der Vektoren des Virus zu Grunde. Auch der speziesspezifische Geruch von Ziegen könnte Gnitzen vom Stechen abhalten und dadurch eine wichtige Rolle spielen. Diese Untersuchungen verdeutlichen somit, dass sowohl Schaf- als auch Ziegenherden in Deutschland längst nicht vollständig mit dem SBV durchseucht sind und daher das Risiko von erneuten SBV-Infektionen mit möglicherweise hohen Lämmerverlusten in den nächsten Ablammperioden bestehen bleibt. Diese Umstände könnten dazu beitragen, dass SBV‑Infektionen in Zentral- und Nordeuropa in Zukunft enzooztisch auftreten. Zuverlässigen Schutz gegen erneute Infektionen würde zurzeit nur eine Impfung erzielen. In Deutschland ist derzeit aber noch kein zugelassener Impfstoff verfügbar. Diverse Pharmaunternehmen arbeiten unter Hochdruck an einer zuverlässigen Vakzine. In Großbritannien ist für die Sommermonate 2013 vorläufig ein Impfstoff zum Schutz gegen das SBV zugelassen worden. Weitere Präventionsmaßnahmen, um das Risiko von SBV-Infektionen einzudämmen, sind strikte und kontinuierliche Behandlungen mit Repellents, Stallhaltung während der Deckzeit und der ersten Trächtigkeitsmonate und eine Verlegung der Deckzeit in die kälteren Monate des Jahres. Allerdings bieten alle diese Maßnahmen keinen vollständigen Schutz gegen das SBV, da kommerziell erhältliche Repellents die stechenden Insekten erst nach einer stattgefundenen Blutmahlzeit töten und das Virus somit schon übertragen worden sein könnte. Sogar in den kältesten Wintermonaten können noch Gnitzen in Stallgebäuden gefunden werden, wenn auch in deutlich reduzierter Anzahl. Des Weiteren wird in beiden Studien deutlich, dass die Erforschung und Überwachung von Culicoides ssp. in den letzten Jahrzehnten völlig vernachlässigt worden ist. Es fehlt an Informationen zur Lebensweise und Biologie der Insekten und auch an Entomologen. Überwachungsprogramme einheimischer aber auch exotischer Insekten sollten nach zwei vektorübertragenen Epidemien, die uns in den letzten Jahren mit BTV und SBV ereilt haben, angeregt und in die Tat umgesetzt werden. Außerdem wäre es sehr sinnvoll, aus Übersee angelieferte Waren und Tiere nicht nur auf pathogene Keime, sondern auch auf mitgebrachte Insekten und Schädlinge zu kontrollieren, da die zunehmende Globalisierung und Klimaerwärmung sicherlich weitere für europäische Verhältnisse untypische Erkrankungen mit sich bringen wird.
Schmallenberg virus (SBV) primarily entered Germany and almost all parts of Europe in 2011 as a new viral disease in ruminants. Clinical and pathomorphological findings are characterised by malformed and stillborn lambs and calves. These findings are caused by an intrauterine viral transmission from the mother animal to the embryo/foetus. SBV belongs to the family Bunyaviridae, genus Orthobunyavirus and is primarily transmitted by biting midges. Small ruminants were clinically affected to a much higher degree by SBV-infections than cattle resulting in partly massive economic losses for sheep and goat farmers. Malformed and stillborn lambs and goat kids as well as mother animals who died or had to be euthanized due to dystocia or obstructed labours were main reasons for these losses. The aim of this study was to acquire data on the epidemiology and transmission patterns of this newly emerging viral disease. A SBV-specific questionnaire was raised in order to collect data regarding clinical symptoms of SBV-infections and operational data of the farms which might be helpful to understand the transmission and distribution of the disease. Manuscript Ι outlines information about the distribution of the new virus within goat flocks in the thus far most affected federal states of Germany (Hesse, Lower Saxony, Mecklenburg Western-Pomerania, North Rhine-Westphalia, Saxony-Anhalt and Schleswig-Holstein) based on serological analyses. For this purpose 40 randomly selected goat flocks located in the six mentioned German federal states were asked for SBV-infections in their flocks and for operational data of their farms for the months January until May 2012. Concurrently, 1065 serum samples were obtained from female goats older than one year. These were analysed for antibodies against SBV by ELISA in order to detect the post exposure and the within-herd-prevalence of SBV. Serological analysis revealed a median within-herd-prevalence of 36.7% (min-max: 0-93.3%). 95% of the flocks had antibodies against SBV. Only two flocks were seronegative. Hence, German goat flocks are distinctly lesser affected by SBV-infections than sheep flocks or cattle herds with within-herd-prevalences of 60% (sheep) or 80-90% (cattle), respectively. Statistical analysis revealed a significant difference between goat flocks which are kept permanently indoors and goat flocks which are kept out on pasture day and night (P value: 0.0001). A possible explanation for these findings is the fact that permanently housed goats have a certain protection against Culicoides spp. which are the main vectors of SBV. Biting midges show a seasonal activity throughout the year with peaks from March until November. Furthermore biting midges are crepuscular or nocturnal. In contrast to most cattle herds in Germany, permanently housed goats are mainly kept on deep litter. Goat and sheep droppings are very arid and firm which makes it hard for larval stages of Culicoides spp. to immigrate as they develop aquatically. By contrast, cattle, especially intensive farmed dairy cattle and fattening bulls, are kept on slatted floors with cesspools below. Cattle slarry is very liquid and nutrient-rich. The storage of this liquid manure in huge cesspools provide perfect breeding and development conditions for larval stages of Culicoides spp.. Several studies describe that Culicoides spp. prefer cattle as blood meal hosts in comparison to small ruminants. These facts might also explain the differences concerning the within-herd-prevalences of cattle and small ruminants. Manuscript ΙΙ describes a serosurvey of SBV-infections of sheep and goat flocks in Lower Saxony, Germany. Therefore 81 randomly selected farmers of sheep and goat flocks (64 sheep and 17 goat flocks) were interviewed regarding SBV-infections in their flocks and asked for operating data of their farms for the months January until May 2012. Lower Saxony was located in the core region of the SBV epidemic in 2011/2012. Several sheep and goat farmers reported massive losses due to malformed newborns and dystocia. Serum samples were obtained from 2260 female sheep and goats older than one year. Serological analyses in order to detect antibodies against SBV were performed by ELISA. The calculated median within-herd-prevalence was 58.7% for sheep (min-max: 6.5-100%) and 43.8% (min‑max: 5.6‑93.3%) for goats which is significantly lower (P value: 0.0058) than for sheep. Differences in the percentage of within-herd-prevalences of different sheep breeds could not be confirmed by statistical tests, but nevertheless it was evident that flocks of hair sheep breeds had lower within-herd-prevalences than wool sheep breeds. Therefore manuscript ΙΙ confirms the first results outlined in manuscript Ι, that goat flocks are less affected by SBV-infections than other domestic ruminant species. Possible explanations for these findings are the different housing and management systems as well as different host preferences of the virus carrying vectors. The species-specific odour of goats may also keep biting midges away from choosing goats as blood meal hosts. Hence, both studies reveal that an infestation of German sheep and especially goat flocks is not nearly complete as many animals have not yet built any antibodies against SBV and are therefore not protected against SBV-infections. These occurences may, however, result in the birth of malformed goat kids and sheep lambs in the following lambing seasons. This situation might contribute to establish an enzootic SBV situation in central and northern Europe. The only reliable prevention method would be vaccination but there is yet no licenced vaccine on the German market available. Currently several pharmaceutical companies are working on reliable vaccines and in the United Kingdom a provisional authorisation of an inactivated SBV vaccine was released for the summer period 2013. Further prevention methods to reduce the risk of SBV infections are strict and continuous treatments with repellents, housing of animals during mating and early pregnancy and rescheduling the mating period to the colder period of the year. However it must be admitted that all of these measures do not offer a 100% protection against SBV as most repellents only kill the insects after a blood meal. Thus, the virus might already been transmitted. Culicoides spp. might also be found inside stables, even during the coldest winter month although then in a much lower quantity. Moreover, both studies outline that investigations and surveillance programs of Culicoides spp. were disregarded almost completely during the last decades. Information on mode of life and biology are rare as well as entomologists. Surveillance programs of indigenous but also on exotic arthropod vectors should be encouraged and implemented after two vector borne epidemics (BTV and SBV) which ran over Europe in recent years. Furthermore, it would be advisable to control goods and animals not only for pathogenic agents but also for brought in insects and vermin as the increasing globalization and climate warming probably entail new unusual diseases for European conditions.
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