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Die Dioxinbelastung von Schlachtrindern aus einer Färsenvornutzung auf exponiertem Grünland nach einer Ausmast mit unbelastetem Futter

Die Nutzung dioxinexponierten Grünlands zur Futtermittelgewinnung oder in Form einer Beweidung ist mit dem Risiko von Höchstgehaltüberschreitungen in Futter- und Lebensmitteln verbunden. Dennoch gibt es gewichtige Gründe (u. a. der Hochwasserschutz), die für eine weitere Nutzung solcher exponierten Standorte sprechen. Sofern die Produktionsbedingungen (Futtermittelgewinnung, Tierfütterung und -haltung) an die Exposition angepasst werden, sind entsprechende Grenzwerte für Futter- und Lebensmittel auch durchaus einzuhalten. In dieser Arbeit sollte geprüft werden, ob eine besondere Form der Rindfleischerzeugung, nämlich die Färsenvornutzung, die Nutzung dioxinexponierten Grünlands erlaubt. Die Hypothese, die dem hier untersuchten Konzept zugrunde lag, lautete: Wird vor der Schlachtung das evtl. dioxinbelastete durch unbelastetes Futter ersetzt, so geht die Dioxinbelastung im Tier so weit zurück, dass sicheres Rindfleisch (Dioxingehalt < Höchstgehalt) gewonnen wird. Der geringe Dioxingehalt im Schlachtkörper sollte insbesondere durch eine Ausmast mit unbelasteten FM in den letzten Monaten vor der Schlachtung erzielt werden. Nicht zuletzt erfolgt auch eine gewisse Entlastung durch eine Dioxinabgabe mit der Milch. Hierzu wurde ein Betrieb ausgewählt, dessen Grünland besonders exponiert ist (Elbtalaue). Auf diesem „Versuchsbetrieb“ standen 51 Färsen (drei Gruppen: F I, F II, F III) für den Feldversuch zur Verfügung, die zunächst (potentiell) dioxinbelastete Futtermittel (FM) bekamen: Weideaufwuchs (Sommer: Weidehaltung im Elbdeichvorland) bzw. belastete Grassilagen (Winter: Stallhaltung). Um die z. T. hoch belasteten FM überhaupt einsetzen zu können, bedurfte es einer Ausnahmegenehmigung. Für eine fundierte Einschätzung der Dioxinbelastung von Standort, Futtermitteln und Tieren wurden diverse Matrizes auf den Gehalt an Dioxinen (PCDD/F) sowie dioxinähnlichen PCB (dl-PCB) mittels HRGC/HRMS untersucht (LAVES, Oldenburg). Es wurden u. a. Bodenproben (LUFA Nord-West, Hameln) von der Weidefläche (Elbdeichvorland) sowie die „belasteten“ FM (Gras bzw. -silagen aus dem Elbdeichvorland) untersucht. Um sicherzustellen, dass vor der Schlachtung ausschließlich unbelastetes Futter zum Einsatz kam, wurde dieses entsprechend untersucht. Von den Färsen wurden Kolostrum- und Milchproben, sowie – nach Schlachtung – Muskulatur- (Einzeltierprobe) und Leberproben (Poolprobe) entnommen. Die Schlachtkörper wurden bis zum Eintreffen der Ergebnisse „vorläufig beschlagnahmt“ und nur freigegeben, wenn keine Höchstgehaltüberschreitungen vorlagen. Da die Lebern ohnehin verworfen werden mussten (Status „Risikobetrieb“), konnte von Einzeluntersuchungen abgesehen werden (aus Kostengründen nur Poolproben). Zusätzlich zu den 51 Färsen, die das Konzept durchliefen, wurden auch Muskulatur- und Leberproben einiger weiterer Tiere des Betriebes untersucht: Eine Färse (bis zur Schlachtung belastete FM), 6 Altkühe (5,5 Monate unbelastete FM vor Schlachtung), ein Absetzer (3,5 Mon. unbelastete FM vor Schlachtung) sowie 2 totgeborene Kälber. Wesentliche Ergebnisse Die Bodenproben enthielten Dioxingehalte von 44,0 bis 153 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg TS (Beleg für die besondere Exposition der Weidefläche). Die „belasteten“ Grassilagen wiesen Dioxingehalte von 1,71 bis 4,82 WHO-PCDD/F-TEQ/kg FM (88 % TS) auf und überschritten somit alle den zulässigen Höchstgehalt (0,75 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg FM [88 % TS]). Auch zwei Weideaufwuchsproben wiesen hohe Gehalte auf (0,74 bzw. 3,64 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg FM [88 % TS]). Die Dioxingehalte in den übrigen Proben des Weideaufwuchses variierten zwischen 0,11 und 0,46 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg FM (88 % TS). Die „unbelasteten“ FM hatten Dioxingehalte zwischen 0,09 und 0,41 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg FM (88 % TS). Die Muskulatur der vorgenutzten Färse F 0, die bis zur Schlachtung mit (potentiell) dioxinbelastetem Futter versorgt wurde, enthielt 3,65 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett (> Dioxinhöchstgehalt: 2,50 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett). Des Weiteren wurde der Summenhöchstgehalt (PCDD/F + dl-PCB) überschritten. Die Färsen der Gruppe F I erhielten über einen Zeitraum von 3 / 3,5 / 4 / 5 / 5,5 bzw. 10 Monate vor der Schlachtung nur unbelastete FM. In deren Muskulatur variierten die Dioxingehalte zwischen 0,61 und 1,73 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett (alle < Höchstgehalt). Bei den Färsen der Gruppe F II erfolgte die Umstellung 5 / 7 bzw. 9,5 Monate vor der Schlachtung. Die Muskulatur wies 1,04 bis 2,26 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett auf (alle < Dioxinhöchstgehalt). Eine einzelne Probe überschritt allerdings den Summenhöchstgehalt (hoher dl-PCB-Gehalt). Die Färsen aus der Gruppe F III erhielten für 2,75 / 4,5 / 5 bzw. 5,75 Monate vor der Schlachtung unbelastete FM. Die Belastung in den Schlachtkörpern variierte zwischen 1,04 und 3,29 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett (1 Probe > Dioxinhöchstgehalt). Die Leberpoolproben der Schlachtrinder aus den Gruppen F I – F III wiesen Dioxingehalte von 6,22 bis 20,11 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett auf und überschritten somit alle den Höchstgehalt (4,50 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g Fett). Schlussfolgerungen Es ist selbst bei einer Beweidung dioxinbelasteten Grünlands und der Nutzung von Grundfuttermitteln, die z. T. eine erhebliche Belastung aufweisen, möglich „unbedenkliches“ Rindfleisch (PCDD/F-Gehalt < Höchstgehalt) zu produzieren. Dies ist jedoch nur zu erreichen, wenn belastetes Futter rechtzeitig vor der Schlachtung der Tiere abgesetzt und durch unbelastete Futtermittel ersetzt wird. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass, sofern die Tiere vor ihrer Schlachtung über mindestens 3 Monate mit unbelastetem Futter versorgt wurden und in dieser Zeit Körpermassenzunahmen von ca. 10 % erreichten, sowie zusätzlich noch einen Teil der Dioxine über die Milch abgeben konnten (nicht zwingend erforderlich), die Belastung soweit zurückging, dass die Muskulatur der vorgenutzten Färsen keine kritischen Dioxingehalte aufwies. Es ist also möglich, auf dioxinexponiertem Grünland Rindfleisch zu erzeugen, das höchsten Qualitätsansprüchen gerecht wird und im Sinne des Verbraucherschutzes als „unbedenklich“ anzusehen ist. Jedoch muss ausdrücklich betont werden, dass die Lebern solcher Tiere nicht als Lebensmittel verwendet werden dürfen. Ferner muss beachtet werden, dass eine Umsetzung dieses Konzeptes nur unter besonderen Auflagen möglich wäre, d. h. erst nach Änderungen in den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen, da Futtermittel zum Einsatz kämen, die gar nicht eingesetzt werden dürften (Dioxingehalt > Höchstgehalt), d. h. das generelle Verbot für Futtermittel mit einer Überschreitung der Höchstgehalte bei den unerwünschten Stoffen würde durch den Aspekt „Zeit vor der Gewinnung von Lebensmitteln“ aufgeweicht.

The use of dioxin contaminated grassland for feed production or grazing is associated with the risk of exceeding the maximum permitted levels in feed or food. Nevertheless, there are some substantial arguments (e. g. flood prevention) for an ongoing use of these exposed areas. It is achievable to produce feed and food with dioxin contents below the maximum levels if the production conditions (roughage production, feeding and animal husbandry) are adapted to this special situation of exposure. The aim of this study was to investigate whether a special form of fattening of primiparous beef cows (so called „Färsenvornutzung“) would allow the use of grassland which is exposed to dioxins with regards to maximum permitted levels. The hypothesis of this concept was: If the dioxin contaminated feedstuffs are substituted by uncontaminated ones before slaughter the dioxin body burden of the animal decreases, resulting in “safe“ beef (dioxin content < maximum permitted level). The dioxin burden in the carcasses should be reduced by fattening with uncontaminated feed during the last months before the slaughter of the animals. Some reduction in the body burden may occur due to the dioxin excretion via milk, too. Therefore, a farm with eminently exposed grassland was chosen (Lower Saxonian Elbe Valley) as the subject of this field work. This farm provided 51 heifers (3 groups: F I, F II, F III) which initially received potentially contaminated feed: grass in the summer (grazing on the outer dike) and contaminated grass silage during winter housing. For using the partly high contaminated feed an official permit was necessary. For a well-founded assessment of the dioxin contamination of the habitat, feed and the animals, multiple matrices were analyzed by HRGC/HRMS for their dioxin (PCDD/F) as well as dl-PCB contents (LAVES, Oldenburg). These matrices included, among others, soil samples (LUFA Nord-West, Hameln) of the pasture (outer dike of the river Elbe) as well as “contaminated“ feed (grass silage and grass from areas on the outer dike). To ensure that only uncontaminated feedstuffs were used before the slaughter, these feedstuffs were analyzed, too. The primiparous beef cow´s colostrum and milk as well as – after slaughter – muscle (individual samples) and liver (pooled samples) were collected. The carcasses only entered the food chain if the results did not exceed the maximum permitted level. Because the livers were discarded anyway, owing to the high-risk status of the farm (“Risikobetrieb”), individual samples were not necessary (pooled samples due to financial reasons). Additionally to the 51 heifers participating in this concept, muscle and liver samples of further animals were collected and analyzed: one heifer (contaminated feed until slaughter), 6 cows (5.5 months uncontaminated feed before slaughter), one weaning calf (3.5 months uncontaminated feed before slaughter) and two stillborn calves. Essential results The soil samples contained 44.0 - 153 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg DM (proof of the particular exposition of the pasture). The “contaminated” grass silages had dioxin contents of 1.71 - 4.82 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg feed (88 % DM) so that all exceeded the maximum level (0.75 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg feed [88 % DM]). Two grass samples showed high dioxin contents (0.74 resp. 3.64 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg feed [88 % DM]), too. In all remaining grass samples, the dioxin contamination varied between 0.11 and 0.46 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg feed (88 % DM). The “uncontaminated” feed contained 0.09 – 0.41 ng WHO-PCDD/F-TEQ/kg feed (88 % DM). The muscle sample of the primiparous beef cow F 0 (contaminated feed until slaughter) had a dioxin content of 3.65 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat (> maximum level: 2.50 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat). Furthermore, the sum of PCDD/F and dl-PCB exceeded the maximum level, too. The heifers belonging to the group F I were fed with uncontaminated feed 3 / 3.5 / 4 / 5 / 5.5 resp. 10 months before the slaughter. The dioxin content in their muscle samples varied between 0.61 and 1.73 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat (all < maximum level). The heifers belonging to the group F II were fed with uncontaminated feed for 5 / 7 resp. 9.5 months before the slaughter. The muscle samples contained 1.04 - 2.26 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat (all < maximum level). One single sample exceeded the maximum permitted level for the sum of PCDD/F + dl-PCB (high dl-PCB content). The heifers belonging to the group F III were fed with uncontaminated feed for 2.75 / 4.5 / 5 resp. 5.75 months before the slaughter. The dioxin burden in their carcasses varied between 1.04 and 3.29 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat (1 sample > maximum level). The pooled liver samples of these primiparous beef cows (group F I – F III) contained dioxin contents of 6.22 - 20.11 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat so that all exceeded the maximum level (4.50 pg WHO-PCDD/F-TEQ/g fat). Conclusions The production of “safe“ beef (PCDD/F content < maximum level) from animals grazing on dioxin loaded grassland and by feeding roughage containing notable amounts of PCDD/F is possible, but only if the contaminated feedstuffs were substituted by uncontaminated ones for a sufficient period of time before the slaughter of the animals. The results of this study show that if the animals were fed uncontaminated feed at least 3 months before slaughter and – in this time – their body weight increased about 10 % and additionally, some dioxins were excreted via milk (no absolute necessity), the dioxin burden in the carcasses of these animals decreased below the maximum permitted level for beef. In accordance with these results, it may be possible to use dioxin exposed grassland for the production of “safe” beef – regarding the consumer protection – which is of a high quality. Nevertheless, it should be noted that the livers of all these animals have to be excluded from the food chain by all means. However, the implementation of this feeding-concept would require a change in the current legislation: The restrictions associated with the universal feed ban for feeds exceeding the maximum permitted level of contamination would necessarily have to be eased in order to allow the use of feed exceeding the maximum permitted level for “undesirable substances” for a certain time.

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