Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Systematische Entwicklung neuer Wirkstoffe für die kausale Therapie von Prionkrankheiten

Transmissible Spongiforme Enzephalopathien (TSE) stellen eine Gruppe von Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) dar, welche sowohl im Tierreich als auch beim Menschen vorkommen und mit einem stets tödlich verlaufenden, neurodegenerativen Krankheitsprozess einhergehen. Sie sind gekennzeichnet durch die Fehlfaltung und Aggregation des wirtseigenen Prion-Proteins und lösen die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) bei Rindern, die Traberkrankheit (Scrapie) bei Schafen und Ziegen und die Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung (CJK) beim Menschen aus. Trotz intensiver Forschung stehen bisher weder wirkungsvolle Therapeutika noch geeignete Prophylaktika zur Verfügung. Ziel dieser Arbeit war daher die Identifizierung neuer Wirkstoffe zur Linderung, Behandlung und/oder Verhütung von Prion-Erkrankungen. Der erste Teil der vorgelegten Arbeit basierte auf dem Einsatz eines am FLI durch GEISSEN (2011) etablierten in vitro-Screeningmodells, welches auf der Verwendung permanent Scrapie-infizierter Zelllinien und dem Nachweis der Hemmung der PrPSc-Akkumulation und/oder der Destabilisierung bereits bestehende PrPSc-Aggregate durch ein Dotblot-System, beruht. Mittels dieses zellbasierten Hochdurchsatzverfahrens wurde eine Substanzbibliothek (DIVERset 2, ChemBridge), welche einen Pool von 10.000 strukturell unterschiedlichen Substanzen mit potentieller biologischer Aktivität umfasst, auf potentielle Wirkstoffe getestet. Insgesamt konnten 52 hochwirksame Substanzen, die die Konversion undAkkumulation des Prion-Proteins hemmen und/oder bestehende PrPSc-Aggregate auflösen, ermittelt und 7 inhibitorische Strukturmotive identifiziert werden. Um die Wirksamkeit auch im lebenden Organismus zu testen, wurden im zweiten Teil dieser Arbeit die in vitro identifizierten Substanzen im Tiermodell überprüft. Die Auswahl der Substanzen für die in vivo-Testung erfolgte anhand der durch die mittlere inhibitorische Konzentration (IC50) determinierten Wirkstärke. Insofern wurden ein Diphenylpyrazol-Derivat (DPP-1), vier Piperazin-Derivate (PD 1-4) sowie 14 weitere im Zellkulturversuch hochpotente PrPSc-Inhibitoren in vivo überprüft. Die Substanzen wurden, nach Abklärung der Unschädlichkeit für den Gesamtorganismus (Toxizität), an Scrapie-infizierten Mäusen getestet. So konnte das therapeutische Potential von Piperazin-Derivaten im Mausmodell bestätigt und die therapeutische Wirksamkeit des Diphenylpyrazol-Derivates (DPP-1) bei einer intraperitonealen Applikation als auch nach oraler Gabe gezeigt werden. Dies weist neben der signifikanten Wirksamkeit auch auf eine hinreichende orale Bioverfügbarkeit und eine potentielle Blut-Hirn-Schranken-Gängigkeit des Pyrazol-Derivates hin. Zudem erzielte das eingesetzte Pyrazol auch im prophylaktischen Applikationsmodell eine signifikante Verlängerung der Inkubationszeit und bestätigte damit sein Potential Prion-Erkrankungen sowohl im peripheren als auch im neuronalen Gewebe zu behandeln. Zur Bestimmung potentieller molekularer Wirkungsmechanismen der gefundenen Substanzen wurden im Rahmen dieser Arbeit weitere in vitro-Untersuchungen durchgeführt. Da keine direkte Interaktion der identifizierten Pyrazol-, und Piperazinverbindungen mit PrP/PrPSc-Aggregaten gezeigt werden konnte, beruht ihre TSE inhibitorische Wirkung vermutlich auf einem indirekten Wirkungsmechanismus, wie der Wechselwirkung mit Ko-Faktoren der Protein(-fehl)faltung und/oder Prionenaggregation, der Beeinflussung neuroinflammatorischer Prozesse und/oder der Funktion als Antioxidationsmittel. Schließlich konnte auch die orale Wirkung von Helmkrauttee im Mausmodell durch eine signifikante Verlängerung der Inkubationszeit gezeigt werden. Hierbei induzierten auch die reinen Inhaltstoffe des Tees, die Flavonoide Baicalin und Baicalein, einen direkte Hemmung der PrP-Akkumulation in vitro. Zusammenfassend gelang somit mittels in vitro-Verfahren die Identifizierung von neuen Substanzklassen gegen Prion-Erkrankungen, deren therapeutische und gegebenenfalls sogar prophylaktische Wirksamkeit auch im Tierversuch bestätigt werden konnte. Über den Einsatz bei TSE-Erkrankungen hinaus bestehen vielleicht weitere Einsatzmöglichkeiten bei anderen Protein-Fehlfaltungskrankheiten wie z.B. Morbus Alzheimer oder Huntington. So wurde die neue Substanzklasse der Diphenylpyrazole von WAGNER (2013) in einem Mausmodell für Morbus Parkinson eingesetzt, wodurch signifikante therapeutische Effekte erzielt wurden.

Transmissible spongiform encephalopathies (TSE) represent a group of fatal neurodegenerative disorders in animals and humans. They are characterized by the conversion of host encoded cellular prion protein (PrPC) into an abnormal pathological isoform named PrPSc. Prion diseases include Bovine Spongiform Encephalopathy (BSE) in cattle, Scrapie in sheep and Creutzfeldt-Jakob-Disease (CJK) in humans. Although intensive research and different treatment strategies against TSE has been performed over the last decades, no effective therapeutics or prophylactics are currently available. Therefore, the goal of this study was to identify new compounds that can potentially be used for the prophylaxis of the disease or for the management of clinical signs caused by prion diseases. In the first part of the work an in vitro cell based high throughput screening assay in a 96-well format was used, which dealt with scrapie-infected cells and applied a dotblot-system for the detection of potential inhibitors. Using this assay one compound library (DIVERset 2, ChemBridge) including a total number of 10.000 structurally different but potentially bioactive compounds was screened. Finally, 52 highly effective compounds based on 7 different structural motifs could be identified. Further selection of test compounds for in vivo testing was made by determining their medium inhibitory concentration (IC50). In the second part of the study the in vivo effectiveness of the compounds was evaluated in a mouse scrapie model. For this purpose one diphenylpyrazole-derivative (DPP-1), four piperazine-derivatives (PD 1-4) as well as 14 additional PrPSc-inhibitors, that displayed the highest effectivity in vitro, were selected. The animal experiments revealed a significant delay in incubation time after treatment with one piperazine (PD 3) and the diphenylpyrazole-derivative (DPP-1). Moreover, DPP-1 displayed significant therapeutic as well as prophylactic effects after intraperitoneal as well as oral administration. The results therefore confirm the bioavailability and capability to cross the blood-brain-barrier of the pyrazole-derivative. Since no direct interference of the pyrazole- and piperazine-derivatives with PrP/PrPSc-aggregates was observed, an indirect mode of action was proposed like an interaction with cofactors involved in the protein (mal-)formation and or aggregation, potential anti-oxidative effects and/or an influence on neuroinflammatory processes. In addition, the effect of the traditional medicinal herb Scutellaria lateriflora was evaluated in a mouse model which resulted in a significant prolongation of the incubation period after oral application. Moreover, a direct inhibition of PrP-accumulation was observed in vitro, which can be attributed to two of the ingredients, the flavonoids Baicalin and Baicalein. In conclusion new high effective substance classes against prion disease were identified in vitro and confirmed by in vivo testing. The evaluated substance classes may also represent the basis for the development of effective inhibitors of other neurodegenerative diseases like Alzheimer’s Disease or Morbus Huntington. Consequential the new group of diphenylpyrazoles was already successfully tested in a mouse model for Parkinson disease (WAGNER et al. 2013).

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