Isolierung, in vitro Kultivierung und Charakterisierung von keimbahnspezifischen Stammzellen beim Schwein
Die ersten im Säugerorganismus auftretenden Keimzellen sind die Vorläuferkeimzellen; sie bilden damit den Ursprung der männlichen Keimbahn. Aus ihnen entwickeln sich im Laufe der Embryonalentwicklung die Gonozyten. Diese sind dann bis zu 4 Monate post natum im Hoden nachweisbar. Wandern die Gonozyten aus der Mitte der Tubuli seminiferi an die Basalmembran werden aus ihnen die spermatogonialen Stammzellen. Sie bilden den Ursprung der Spermatogenese im adulten Organismus. Die keimbahnspezifischen Stammzellen geben einerseits genetische Informationen direkt an die nächste Generation weiter und stellen damit ein primäres Ziel für genetische Modifikationen dar und andererseits können sie in der regenerativen Medizin zur Behandlung und Erforschung der Unfruchtbarkeit eingesetzt werden. Da es bisher nur von Nagetieren etablierte Linien spermatogonialer Stammzellen gibt, diese aber für die Beantwortung vieler Fragestellungen ungeeignet sind, ist es notwendig auch von Nutztieren diese Linien zu etablieren. Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes in vitro Kultursystem. Da das Schwein eine hohe physiologische und anatomische Ähnlichkeit mit dem Menschen aufweist, ist es für die Beantwortung einiger Fragestellungen besonders gut geeignet. Ziel der vorliegenden Doktorarbeit war es deshalb, keimbahnspezifische Stammzellen aus juvenilen und adulten Schweinehoden zu isolieren und ein in vitro Kultursystem zu etablieren. Dazu wurden zunächst die drei Kulturmedien KSOM, MEM α und StemPro-34 verwendet und miteinander verglichen. Zu diesem Zweck wurde an Tag 1, 4, 7 und 20 der in vitro Kultur die Vitalität der kultivierten Zellen mit Hilfe von Trypan Blau bestimmt. Dabei zeigte sich, dass in beiden Altersgruppen in allen Medien die Vitalität im Laufe der Zeit abnahm. Die höchste Vitalität und Proliferation konnte tendenziell bei juvenilen und adulten testikulären Zellen im StemPro-34 Medium beobachtet werden. Vor der weiteren in vitro Kultur wurde zunächst die Ausgangsdichte der ausgesäten Zellen optimiert. Bei den juvenilen testikulären Zellen erwies sich eine Ausgangsdichte von 60.000/cm2 als am besten geeignet. Allerdings wurde bei der mikroskopischen Beobachtung festgestellt, dass die juvenilen testikulären Zellen sehr stark proliferierten und es deshalb nötig war, die Kulturplatten nach einer gewissen Zeit zu spülen und den Überstand auf einer neuen Kulturplatte weiter zu kultivieren. Für dieses Verfahren war das Spülen der Kulturplatten nach 2h bei einer Ausgangsdichte von 150.000/cm2 am besten geeignet. Im Gegensatz dazu konnte bei den adulten testikulären Zellen nur eine sehr geringe Proliferation beobachtet werden. Deshalb war hier eine höhere Ausgangsdichte von 200.000/cm2 am besten zur in vitro Kultur geeignet. Als nächstes wurden die Zellen aus den drei Ausgangsmedien mit Hilfe der RT-qPCR und Immunfluoreszenzfärbungen näher charakterisiert. Dafür wurden Markergene gewählt, die spezifisch für keimbahnspezifische Stammzellen (PGP 9.5/UCHL-1), spätere Stadien der Keimzellen (VASA), Leydigzellen (LHCGR), Sertolizellen (GATA4) und für Zellen der glatten Muskulatur (ACTA2) waren. Dabei zeigte sich in beiden Altersgruppen in MEM α die höchste Expression von PGP 9.5. Allerdings konnte bei den adulten testikulären Zellen durch den Zusatz von 10% FCS zu KSOM auch in diesem Medium eine höhere PGP 9.5 Expression nachgewiesen werden, deshalb war davon auszugehen, dass auch der höhere Anteil von PGP 9.5 positiven Zellen im MEM α Medium gegenüber StemPro-34 im höheren Serumanteil begründet war. Deshalb und auf Grund der Ergebnisse der Trypan Blau Färbung sowie der morphologischen Beobachtungen wurden zur Optimierung der Kulturbedingungen Wachstumsfaktoren (GDNF und IGF-1) und Hormone (FSH und Testosteron) in unterschiedlichen Konzentrationen dem StemPro-34 Medium zugesetzt. Die Auswirkungen der verschiedenen Kulturzusätze auf die in vitro Kultur von juvenilen und adulten testikulären Zellen wurden wieder mit Hilfe der RT-qPCR und Immunfluoreszenzfärbungen mit dem gleichen Markerpanel analysiert. Leider hatte keiner der getesteten Kulturzusätze einen positiven Einfluss auf die Expression von PGP 9.5 in der in vitro Kultur von juvenilen und adulten porcinen testikulären Zellen. Im letzten Teil der Arbeit wurden zwei Methoden (Differentielles Plattieren und Dichtegradientenzentrifugation) zur Anreicherung der keimbahnspezifischen Stammzellen von juvenilen und adulten Tieren eingesetzt und optimiert. Beim Differentiellen Plattieren wurde das Anheftungsverhalten der verschiedenen Zellpopulationen an der Kulturplatte nach 16-18h (über Nacht), 3 Tagen und 11 Tagen mit Hilfe der RT-qPCR untersucht. Außerdem wurde dabei der Einfluss des Serumanteils (1% und 10%) im Medium beurteilt. Dabei zeigte sich, dass sich bei den juvenilen testikulären Zellen die somatischen Zellen sehr schnell an der Kulturplatte anhefteten und die Expression von PGP 9.5 im Laufe der Zeit auf der Kulturplatte gegenüber dem Überstand zu nahm. Im Gegensatz dazu war bei den adulten testikulären Zellen kaum ein Anheften der verschiedenen Zellpopulationen zu sehen. Die Ausnahme bildeten in diesem Fall die Zellen der glatten Muskulatur. Bei beiden Altersgruppen hatte der Serumanteil im Medium keinen Einfluss auf das Anheftungsverhalten der unterschiedlichen Zellpopulationen. Auf Grund dieser Ergebnisse erwies sich das Differentielle Plattieren bei adulten testikulären Zellen als nicht praktikabel um SSCs anzureichern. Nach der Optimierung der Bedingungen für die Dichtegradientenzentrifugation mit Percoll wurden für die juvenilen testikulären Zellen Percollkonzentrationen von 20%, 23%, 27%, 30% und 40% und für die adulten testikulären Zellen Percollkonzentrationen von 20%, 30%, 40% und 50% eingesetzt. Unter diesen Bedingungen entstanden dann 4 bzw. 3 Fraktionen. Diese wurden mit Hilfe der RT-qPCR und Immunfluoreszenzfärbungen untersucht. Bei den juvenilen testikulären Zellen war in den Fraktionen 1 bis 3 eine Anreicherung von PGP 9.5 positiven Zellen gegenüber der Ausgangszellpopulation zu beobachten. Bei den adulten testikulären Zellen war hingegen in keiner der drei Fraktionen eine Anreicherung der spermatogonialen Stammzellen zu beobachten. Aus diesem Grund wurden auch nur die angereicherten Fraktionen der juvenilen testikulären Zellen für die weitere in vitro Kultur verwendet. Wegen der Beobachtung von SSC ähnlichen Zellen bzw. Kolonien im StemPro-34 Medium und der hohen Vitalität und hohen Anzahl lebender Zellen wurde dieses Medium neben MEM α zur Kultivierung der angereicherten Zellpopulationen eingesetzt. Die Ergebnisse der Immunfluoreszenzfärbung zeigten, dass bei der in vitro Kultur von Fraktion 2 in MEM α die meisten Gonozyten vorhanden waren. Dabei ist aber zu beachten, dass MEM α 10% FCS und StemPro-34 nur 1% FCS enthielt. Um also beurteilen zu können, ob dieser Effekt auf dem höheren Serumanteil beruhte oder nicht, müsste man beide Medien mit dem gleichen Serumanteil einsetzten und miteinander vergleichen. Die Ergebnisse dieser Doktorarbeit zeigen noch die Schwierigkeiten bei der Etablierung eines in vitro Kultursystems für porcine keimbahnspezifische Stammzellen. Die detaillierte Analyse der genauen Zusammensetzung der testikulären Zellpopulation in vitro in den drei Kulturmedien und des Anheftungsverhaltens der verschiedenen Zellpopulationen gibt aber erste Hinweise, die bei der Entwicklung eines solchen Systems sehr hilfreich sein können. So ist es z.B. notwendig, den genauen Einfluss des Serums und den weiterer Kulturzusätze auf die keimbahnspezifischen Stammzellen zu untersuchen. Dazu könnte bei den juvenilen Stammzellen die hier etablierte Anreicherung mittels Percoll oder eine Kombination aus beiden hier verwendeten Anreicherungsmethoden eingesetzt werden.
The first germ cells present in mammal organisms are primordial germ cells. They are the origin of the male germline. During embryogenesis they further develop into gonocytes. They are present inside the testis until 4 months after birth. When migrating from the inside of the seminiferous tubules towards the basement membrane theses gonocytes become spermatogonial stem cells. They establish and maintain spermatogenesis in the adult testis. Male germline stem cells have received a great deal of attention in recent yeras, as they transfer genetic information directly to the next generation. Therefor genetic modification of these cells could be applied to create targeted mutated animals. Furthermore they could be used to study some forms of male infertility. Up to now, only mouse and rat germline stem cells have been successfully cultured in vitro over prolonged periods of time. However, domestic animals, in particular the domestic pig, are excellent large animal models, in which the establishment of a functional in vitro culture system could be studied. Therefore the aim of the study was to isolate germline specific stem cells from juvenile and adult porcine testis and establish an in vitro culture system. To do so the first step was to test and compare the three culture media KSOM, MEM α and StemPro-34 for the in vitro culture of porcine germline specific stem cells. To compare the three media the survival rate of the cells was analysed by trypan blue staining on day 1, 4, 7 and 20 of the in vitro culture. In both age groups it was seen that the viability of testicular cells dropped during in vitro culture. The highest proliferation and viability was observed in StemPro-34 medium. This was the case in both age groups. Before further studies were done the seeding density of the in vitro cultured testicular cells was optimized. In the case of juvenile testicular cells it was observed that a seeding density of 60.000/cm2 worked best. During morphological examination by phase-contrast microscopy a high proliferation rate of juvenile testicular cells was observed. For that reason it was necessary to flush the culture plates after a certain time and to culture the non adherent cells on a new culture plate. For this purpose a seeding density of 150.000/cm2 and flushing after 2 hours worked best. In contrast to that the proliferation rate of adult testicular cells was very low. Therefore a higher seeding density of 200.000/cm2 was chosen to culture testicular cells from this age group. To further characterise the in vitro cultured testicular cells in the three different media they were analysed by RT-qPCR and immunohistochemistry using specific markers for germline stem cells (PGP 9.5/UCHL-1), spermatocytes (VASA), leydig cells (LHCGR), sertoli cells (GATA4) and peritubular myoid cells (SMA). The results showed the highest expression of PGP 9.5 in MEM α medium for both age groups. However, if KSOM was supplemented with 10% FCS, which was in accordance with the serum content of MEM α, the same expression levels of PGP 9.5 could be observed in KSOM. From that it was concluded, that the higher expression of PGP 9.5 in MEM α was only due to the higher serum content. For further experiments StemPro-34 was chosen as culture medium, because of the high observed proliferation and viability of testicular cells in this culture medium. Additionally the culture of testes cells from piglets in StemPro-34 medium showed germ stem-like cell cluster. To optimize the in vitro culture conditions StemPro-34 was supplemented with hormones (FSH and testosterone) and growth factors (GDNF and IGF-1) in different concentrations. The effect of the different culture supplements was analysed by RT-qPCR and immunohistochemistry using the same specific markers. Unfortunately none of the tested supplements had a positive effect regarding the expression of PGP 9.5 in the in vitro culture of porcine testicular cells. In the last part of the study two different methods (differential plating, density gradient centrifugation) were tested and optimized for enrichment of germline specific stem cells. The differential plating was used to analyse the attachment of the different cell populations of the testis to the culture plate after 16-18 hours (overnight), 3 days and 11 days by RT-qPCR. Moreover, the influence of different serum concentrations (1% and 10% FCS) was evaluated in this experiment. The results showed that juvenile testicular cells attached very quickly to the culture plate. The expression of PGP 9.5 on the culture plate increased over the time. In contrast to that the different cell populations of the adult testicular cells showed nearly no attachment to the culture plate. Except for the peritubular myoid cells. In both age groups no influence of the serum content could be observed. Based on this results the differential plating method was not applicable to enrich spermatogonial stem cells. After optimization a 20%, 23%, 27%, 30% and 40% Percoll gradient was used to separate juvenile testicular cells and a 20%, 30%, 40% and 50% Percoll gradient was used to seperate adult testicular cells. The obtained 4 respectively 3 fractions were analysed by RT-qPCR and immunohistochemistry. Our findings showed that in the case of juvenile testicular cells fraction 1 to 3 were enriched in PGP 9.5 positive cells towards the original cell population. Whereas in the Percoll fractions of adult testicular cells no enrichment of PGP 9.5 positive cells in comparison to the original cell population could be achieved. Due to these results only fractions 1 to 3 of juvenile testicular cells were used for further in vitro culture. The selection of the culture medium was based on the previous results of morphological examination and trypan blue staining where StemPro-34 and MEM α showed a higher proliferation rate and viability than KSOM. And since none of the supplements had a positive effect on the expression of PGP 9.5 in the in vitro culture of testicular cells it was not useful to use them again. Therefore only MEM α and StemPro-34 were used for the in vitro culture of the enriched Percoll fractions. The characterisation of these cultures by immunohistochemistry for PGP 9.5 showed that in fraction 2 cultured in MEM α most PGP 9.5 positive cells could be observed. But you still have to mention that MEM α contained more serum than StemPro-34. To find out whether this was the reason for the higher PGP 9.5 expression StemPro-34 would also have to be tested with 10% FCS. The results of this doctoral thesis show the difficulties to establish a functional in vitro culture system for porcine germline specific stem cells. But the detailed analysis of the composition of the in vitro cultured testicular cells in the three different culture media and the attachment of the different cell populations show that the first steps are made for the further development and establishment of a functional in vitro culture system for porcine germline specific stem cells. To achieve this aim the influence of serum and other culture supplements on the in vitro culture of porcine testicular cells has to be evaluated. For further studies the successful established protocol for the enrichment of gonocytes with density gradient centrifugation could also be used as well as a combination of both enrichment methods.
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