Untersuchungen zum onkolytischen Potenzial von Paramyxoviren am Beispiel des kaninen histiozytären Sarkoms unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung des zytoskelettalen Proteins Cortactin
Die onkolytische Virotherapie stellt einen interessanten und vielversprechenden Ansatz in der Therapie diverser Neoplasien dar. Die Literaturübersicht gibt einen Überblick über das Konzept, sowie die Historie und Entwicklung verschiedener, im Fokus der Wissenschaft stehender, onkolytischer Viren. Außerdem werden Mechanismen onkolytischer Viren in der zytoreduktiven Therapie näher beleuchtet. Des Weiteren werden das kanine Staupe- und Parainfluenzavirus als mögliche veterinärmedizinisch-relevante onkolytische Viren, der Familie der Paramyxoviridae zugehörig, aufgrund ihrer teils engen Verwandtschaft zum humanen Masernvirus, das in der humanmedizinischen Forschung bereits klinische Studien durchläuft, diskutiert. Es folgt ein Überblick über kanine histiozytäre Erkrankungen, sowohl neoplastischer, als auch reaktiver Art. Besonderes Augenmerk liegt auf dem kaninen histiozytären Sarkom, das als lokalisierte und disseminierte Variante auftreten kann. In diesem Zusammmenhang wird die permanente histiozytäre Sarkomzelllinie DH82 näher beleuchtet, die aus einem Golden Retriever isoliert wurde, der an einem disseminierten histiozytären Sarkom litt. Der letzte Abschnitt der Literaturübersicht handelt von dem zytoskelettalen Protein Cortactin, das aufgrund seiner häufig beschriebenen Überexprimierung in diversen humanen Neoplasien, einen interessanten Ansatzpunkt in der Tumortherapie darstellt. Die vorliegende Studie setzt sich aus drei, eng miteinander verknüpften, Abschnitten zusammen. Im Rahmen des ersten Abschnitts der Arbeit wurde eine vergleichende Literaturübersicht über das humane Masernvirus, seiner Funktionsweise, beschriebener Modifikationen und bislang erzielter Erfolge, aber auch Grenzen, im Vergleich zum, ebenfalls zum Genus der Morbilliviren zugehörigen, kaninen Staupevirus angefertigt. Das kanine Staupevirus wurde dabei als potentielles, veterinärmedizinisch-relevantes Virus diskutiert, das gleichzeitig ein gutes translationelles Modell zur Erforschung humaner Neoplasien am Modell des Hundes darstellt. Im zweiten Abschnitt der Arbeit wird eine vergleichende, globale Transkriptomanalyse nicht-infizierter und persistierend CDV-Ond-infizierter DH82-Zellen einen Tag nach Aussaat beschrieben. Microarray-Daten wurden generiert, differentiell exprimierte, auf- und abregulierte Gene analysiert und ihre Zugehörigkeit zu biologischen Prozessen untersucht. Weiterhin wurden die Daten mittels einer Liste an Genen, die speziell von M1 oder M2 polarisierten Makrophagen exprimiert werden, gefiltert. Ein paarweiser Vergleich der spezifischen Gene ergab eine Änderung der Expression diverser M1 oder M2 spezifischer Marker, wobei eine Polarisierung in eine der beiden Richtungen nach persistierender Staupevirusinfektion ausblieb. Eine weitere bedeutende Entdeckung stellte die Tatsache dar, dass sich besonders Gene, die an biologischen Prozessen, wie der Angio- und Vaskulogenese beteiligt sind, durch Abregulierung auszeichneten. Diese Beeinflussung der Gefäßversorgung, die einen Teil des Tumormikromilieus darstellt, stellt einen vielversprechenden Ansatz des kaninen Staupevirus auf histiozytäre Sarkomzellen im Rahmen der onkolytischen Virotherapie dar, der in weiteren, vor allem in vivo Studien und mittels akuter Infektionsschemata von Tumorzellen weiter untersucht werden sollte. Der dritte und letzte Abschnitt der vorliegenden Studie beschreibt in vitro Untersuchungen zum Migrationsverhalten nicht-infizierter und persistierend mit dem kaninen Staupevirus-Stamm Onderstepoort infizierter DH82-Zellen. Mittels Microarray-Analysen, Migrationsassay, Immunfluoreszenzfärbungen, konfokaler Laser Scanning Mikroskopie, RT-qPCR und Elektronenmikroskopie wurde der Einfluss einer persistierenden kaninen Staupevirus-Infektion auf das Migrationsverhalten, die Proliferations- und Apoptoserate und die Phagozytoseaktivität von DH82-Zellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach Aussaat untersucht. Eine literaturgestützte Auswahl relevanter Gene, die an der Genese und Funktion von Tumorzell-Ausläufern, sogenannter Invadopodien, beteiligt sind, wurde generiert. Vorliegende Microarray-Daten wurden, anhand dieser Liste, mittels paarweiser Vergleiche auf differentiell exprimierte Gene untersucht. Diese Analyse zeigte eine über sechsfache Abregulierung von Cortactin, innerhalb der persistierend CDV-Ond-infizierten DH82-Zellen, einem an der Zellmigration beteiligten zytoskelettalen Protein, das auch in diversen, humanen Neoplasien überexprimiert wird. Zur Untermauerung wurde die Anzahl an Cortactin mRNS-Transkripten mittels RT-qPCR, sowie die Anzahl Cortactin-positiver Zellen und die Cortactin-Verteilung innerhalb der Zelle, mittels Immunfluoreszenz und konfokaler Laser Scanning Mikroskopie ermittelt. Die verminderte Migrationsgeschwindigkeit von persistierend CDV-Ond-infizierten DH82-Zellen sechs und 24 Stunden nach Aussaat steht möglicherweise im Zusammenhang mit der reduzierten Anzahl an Cortactin mRNS-Transkripten sowie der überwiegend diffusen Cortactinverteilung innerhalb infizierter Zellen. Zellen mit einer randständigen Cortactinverteilung werden als aktiv angesehen. Ihre migratorische Aktivität erhalten sie durch den Aufbau von Zellausläufern und Aktinpolymerisation. Daher könnte eine persistierende Staupevirusinfektion kaniner histiozytärer Sarkomzelllen in vivo mit einem verringerten metastatischen Potenzial dieser Zellen einhergehen und einen weiteren Ansatzpunkt in der viralen Onkolyse bieten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine persistierende Staupevirusinfektion kaniner histiozytärer Sarkomzellen in vitro mit einer verringerten Migrationsgeschwindigkeit, einer verminderten Anzahl an Cortactin mRNS-Transkripten und einer überwiegend diffusen intrazellulären Cortactinverteilung, bei erhaltener Phagozytoseaktivität, gleicher Proliferations- und Apoptoserate im Vergleich zu nicht-infizierten Zellen einhergeht. Abschließend lässt sich festhalten, dass dem kaninen Staupevirusstamm Onderstepoort nach persistierender Infektion kaniner histiozytärer Sarkomzellen in vitro, eine onkolytische Funktion durch die Beeinflussung des Tumormikromilieus über eine verminderte Anzahl an mRNS-Transkripten von angio- und vaskulogenesebeteiligten Genen und eine verminderte, zelluläre Migrationsfähigkeit zugesprochen werden kann.
The oncolytic virotherapy represents an interesting and promising approach in the treatment of various malignancies. The literature review provides an overview of the concept, as well as the history and development of the different, recently in the focus of science standing, oncolytic viruses. In addition, mechanisms of oncolytic viruses used for cytoreductive therapy are examined more closely. Furthermore, canine distemper and parainfluenza viruses are discussed as potentially relevant oncolytic viruses in veterinary medicine, because of their in part close relationship to the human measles virus, which is already tested in clinical trials in human medicine. They all represent members of the family Paramyxoviridae. Following an overview of canine histiocytic neoplastic and reactive disorders is given. The permanent histiocytic sarcoma cell line DH82, isolated from a Golden Retriever suffering from a disseminated histiocytic sarcoma, is presented in detail. The final section of the literature review deals with the cytoskeletal protein cortactin which represents an interesting starting point in cancer therapy due to its often described overexpression in various human neoplasms. The present study consists of three, closely linked sections. Part of the first section of the study was a comparative literature review of the human measles virus, its mode of action, described modifications and so far recorded successes, but also limits, compared to canine distemper virus (CDV). The latter was discussed as a potentially, veterinary medicine relevant virus, which also represents a good canine translational model for research on human neoplasms. In the second section, a comparative, global transcriptome analysis of persistently CDV-Ond infected and non-infected DH82-cells one day post seeding is described. Microarray data were generated and differentially expressed up- and down-regulated genes were analyzed as well as their association with biological processes. Further, the data were filtered by a list of genes that are expressed specifically by M1 or M2 polarized macrophages. A pairwise comparison of the specific genes revealed a change in the expression of various M1 or M2 specific markers, by lacking a distinct polarization in either one of the two directions following persistent CDV-Ond infection. Another significant discovery represented the fact that, particularly genes, which are involved in biological processes such as angiogenesis and vasculogenesis, revealed prominent down-regulations. This influence on the vascular supply of tumors, which is part of the tumor microenvironment, represents a promising approach of canine distemper virus in histiocytic sarcomas in the context of oncolytic virotherapy. The third and last section of the study describes in vitro studies on the migration behavior of non-infected and persistently canine distemper virus strain Onderstepoort infected DH82-cells. Microarray analysis, migration assay, immunofluorescence, confocal laser scanning microscopy, RT-qPCR and electron microscopy were used to analyze the impact of a persistent canine distemper virus infection on tumor cell migration, proliferation and apoptotic rate and phagocytic activity at different time points post seeding. A literature-based selection of relevant genes that are involved in the genesis and function, of tumor cell protrusions, so-called invadopodia, was generated. Available microarray data were analyzed by pairwise comparisons, based on this list to discover differentially expressed genes. This analysis showed a more than six-fold down-regulation of cortactin within the persistently CDV-Ond infected DH82-cells. Cortactin is a cytoskeletal protein that is involved in cell migration and overexpressed in various, human neoplasms. To substantiate this finding, the number of cortactin mRNA transcripts was determined by RT-qPCR, and the number of cortactin-positive cells and the subcellular cortactin distribution was determined by immunofluorescence and confocal laser scanning microscopy. The reduced migratory activity of persistently infected DH82-cells six and 24 hours after seeding may be linked to the reduced number of cortactin mRNA transcripts as well as the predominantly diffuse cytoplasmic cortactin distribution pattern within infected cells. Cells with a cortical cortactin distribution are considered as being active, showing migratory activity by developing cell processes and actin polymerization. Thus, persistent canine distemper virus infection of canine histiocytic sarcoma cells in vivo might be associated with a decreased metastatic potential of these cells and provides another important approach in viral oncolysis. Summarized, persistent canine distemper virus infection of canine histiocytic sarcoma cells in vitro induces a decreased migratory activity, reduced number of cortactin mRNA transcripts and a predominant diffuse subcellular cortactin distribution, by preserved phagocytic activity and an unaltered proliferation and apoptotic rate compared to non-infected cells. Concluding, it can be assumed that the canine distemper virus strain Onderstepoort displays oncolytic activity in vitro following persistent infection of canine histiocytic sarcoma cells by influencing tumor microenvironment through a reduced number of mRNA transcripts of genes, which are involved in angiogenesis and vasculogenesis and a decreased migratory activity of infected cells.
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