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Neuropsychological triggering factors in musicians with focal dystonia

Focal dystonia is a neurological movement disorder which affects the fine motor control of a specific body location. In professional musicians, a limb or the embouchure involved in playing a musical instrument may be impacted. Focal dystonia in musicians (FDM) is characterised by a loss of voluntary motor control and can be a career-ending condition. The pathophysiology of focal dystonia, which remains incompletely understood, is mainly associated with dysfunction of basal ganglia-thalamo-cortical circuits, with impaired inhibition and dysfunctions of sensorimotor pathways. FDM is triggered by various neuropsychological and environmental factors. However the existence of psycho-psychiatric comorbidities and their possible impact on and/or contribution to the manifestation of FDM remains under-investigated. Recent studies have revealed that motor function can be altered as a result of psychological or psychiatric conditions, suggesting common neurobiological networks. Studies conducted in other forms of focal dystonia have uncovered psychiatric or other psychological comorbidities such as obsessions, phobias, anxieties and depression, whereas a limited number of investigations with FDM patients have mainly indicated elevated levels of anxiety and perfectionism. The aim of the current thesis was to provide new insights into the psychopathology of focal dystonia and its possible consequences for motor performance in affected musicians. The investigation was divided into three different studies (chapters), each exploring a different aspect of the overall topic. The first chapter comprises a comprehensive exploratory analysis of the psychological profile of FDM patients based on standardised psycho-diagnostic instruments. Findings indicate that in comparison to healthy controls, half of the FDM patients exhibited elevated instances of psychological traits related to anxiety, perfectionism and dysfunctional stress-coping features. Furthermore, results suggest that these conditions pre-dated the onset of the disease and may have contributed as aggravating risk factors to the development of FDM. We suggest that the existence of FDM patients with and without psychopathology could reflect different mal-adaptive processes mediated via different circuits of the cortico-basal ganglia-thalamic loops. Most of the features in the FDM patients diagnosed with psychopathology were related to elevated levels of stress and anxiety. Therefore the second chapter focuses on the design of a complex experimental paradigm which examines physiological parameters (electro-myography [EMG] and fine motor performance) in relaxed and stressful conditions, in combination with objective assessments (electrocardiography [ECG], cortisol) of the hypothalamic-pituitary-adrenal (HPA) axis. Due to the fact that no similar paradigm has previously been implemented for patients with focal dystonia, a pilot study with a small number of patients was conducted. Findings suggest that the experimental design is feasible and serves its purpose. The final chapter encompasses a combined design derived from the first two chapters. Possible electrophysiological differences were examined i) between FDM patients and healthy controls, ii) among FDM patients before and after stress and iii) between patients with and without psychopathology. Findings indicate that FDM patients are characterised by increased sensitivity to psychosocial stressors, in comparison to healthy controls. The impact of stress is expressed as an increase in muscular co-contraction of the affected hand, which can be explained as a “natural” physiological response under stressful conditions. Finally, no motor outcome differences are found between patients with and without psychopathology, however results indicate that musicians with psychopathology had, on average, developed dystonia around a decade earlier than the remainder of the patients, emphasising the contribution of psycho-psychiatric conditions to the manifestation of dystonia. Summarising, the current thesis suggests the existence of psychopathology in about 50% of musicians with focal dystonia. FDM patients with and without psychopathology did not differ in their motor performance, however there is clear evidence that psychopathology can be an aggravating factor, which may accelerate or even trigger the manifestation of dystonia. The current thesis supports the concept that motor and psycho-psychiatric features share common neurobiological networks in patients with focal dystonia.

Die fokale Dystonie ist eine neurologische Krankheit, die sich in unwillkürlichen Verkrampfungen, Fehlbewegungen und Verlust der feinmotorischen Kontrolle eines umschriebenen Körperteils auswirkt. Bei Berufsmusikern tritt diese Erkrankung meist aufgabenspezifisch als Handdystonie oder als Ansatzdystonie beim Spiel des Instrumentes auf. Nicht selten bedroht die fokale Musikerdystonie (FDM) die Berufsfähigkeit. Die Pathophysiologie der Erkrankung ist noch nicht völlig aufgeklärt. Einerseits werden Dysfunktionen der Basalganglienschleife vermutet, andererseits ein Inhibitionsdefizit in sensomotorischen Netzwerken und/oder maladaptive Plastizität auf allen Ebenen der motorischen Systeme. Obwohl schon länger bekannt ist, dass verschiedene psychologische Faktoren zur Auslösung der Musikerdystonie beitragen können, sind diese psychischen Komorbiditäten bislang nicht ausreichend erforscht worden. Bereits seit längerem wird angenommen, dass motorische Funktionen durch psychologische Faktoren und psychiatrische Erkrankungen beeinflusst werden können, was für eine gemeinsame neurobiologisch-strukturelle Verankerung spricht. So konnten in Studien zu anderen Dystonien psychiatrische Begleiterkrankungen wie Zwangskrankheiten, Phobien, Angststörungen und Depressionen  überdurchschnittlich häufig nachgewiesen werden. Untersuchungen zur Musikerdystonie ergaben vor allem Hinweise auf erhöhte Angstbereitschaft und auf perfektionistische Charakterstrukturen. Das Ziel dieser These war, neue Einsichten hinsichtlich psychopathologischer Auslöser und Begleiterscheinungen der Musikerdystonie zu gewinnen und mögliche Auswirkungen dieser Komorbiditäten auf die Spielfertigkeit zu untersuchen. Die Untersuchung dieser Fragen ist in drei verschiedenen Studien in jeweils separierten Kapiteln dargestellt. Das erste Kapitel widmet sich einer umfassenden explorativen Analyse der psychologischen Profile gesunder Musiker und Musiker mit Musikerdystonie auf der Grundlage standardisierter psychodiagnostischer Instrumente. Die Ergebnisse zeigen, dass im Vergleich zu gesunden Musikern die Hälfte der Dystoniepatienten erhöhte Angstbereitschaft, Perfektionismus und dysfunktionale Stress-Coping-Mechanismen aufwiesen. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass diese psychologischen Charakteristika bereits vor Ausbruch der Dystonie nachweisbar waren und möglicherweise als Risikofaktoren zur Auslösung der Dystonie beitrugen. Die Existenz von zwei unterschiedlichen Kategorien von Musikerdystonien mit oder ohne psychopathologische Komorbiditäten könnte auf unterschiedlichen maladaptiven Prozessen in spezifischen Segmenten der Basal-ganglienschleife beruhen. Da die vorherrschenden psychopathologischen Befunde mit erhöhter Stress- und Angstbereitschaft einhergingen, konzentrierte sich die zweite Studie auf ein experimentelles Design, das unter experimentellen Bedingungen Stressreagibilität, motorische Leistung und psychophysiologische Parameter (Elektromyographie, Elektrokardiographie, Cortisolspiegel im Speichel) objektiv unter Ruhebedingungen und unter Stress erfasste. Da bislang kein derartiges experimentelles Paradigma bei Musikern mit Dystonie existierte, wurde zunächst an wenigen Probanden eine Pilotstudie durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Studie zeigten, dass das Experiment in der geplanten Art und Weise durchführbar war. Das dritte Kapitel umfasst eine große Untersuchung, in der die experimentellen Designs beider Studien kombiniert wurden. Unterschiede in psychophysiologischen Parametern und in der motorischen Leistung wurden a.) zwischen gesunden Musikern und Musikern mit Dystonien und b.) bei Musikern mit Dystonie vor und nach Stress, und c.) bei Musikern mit Dystonie und unterschiedlichen psychopathologischen Profilen erfasst. Die Studie ergab, dass Musiker mit Dystonie im Vergleich zu gesunden Musikern eine deutlich erhöhte Stressbereitschaft haben. Stress wirkte sich bei gesunden und bei erkrankten Musikern vor allem in einer muskulären Kokontraktion bei feinmotorischen Leistungen, etwa dem Tonleiterspiel, aus. Dies kann als eine physiologische Reaktion auf psychische Anspannung aufgefasst werden. Das Tonleiterspiel unterschied sich nicht bei Patienten mit oder ohne psychischen Komorbiditäten. Ein interessantes Nebenergebnis war, dass Musiker mit psychopathologischen Komorbiditäten im Durchschnitt etwa 10 Jahre früher eine Dystonie entwickelten als Musikern ohne derartige Begleiterkrankungen. Dies weist auf die wichtige Rolle psychopathologischer Faktoren als Trigger der Musikerdystonie hin. Zusammenfassend belegt die vorliegende These das Vorliegen psychopathologischer Befunde bei ca. 50% der Musiker mit Dystonien. Patienten mit oder ohne psychiatrische Komorbiditäten unterschieden sich zwar nicht in der motorischen Performanz beim Spielen des Instruments, aber die Ergebnisse zeigen, dass psychopathologische Faktoren die Entwicklung einer Dystonie auslösen oder zumindest beschleunigen können. Die vorliegende These unterstützt das Konzept gemeinsamer neurobiologischer Netzwerke für motorische und psychopathologische Symptome bei der Musikerdystonie.

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