Vorkommen und Vererbung des angeborenen Nabelbruchs bei rotbunten Holsteins
Vorkommen und Ursache des angeborenen Nabelbruches beim Rind Die vorliegende Arbeit soll einen Review über die Literatur zu Vorkommen und Genetik des angeborenen Nabelbruchs beim Rind geben. Der angeborene Nabelbruch ist eine häufige und seit langem bekannte Erkrankung bei Kälbern. Voraussetzung für einen Nabelbruch ist das Vorliegen einer Bruchpforte, durch welche Netz oder Eingeweideteile bereits bei oder kurze Zeit nach der Geburt vorfallen können. Eine Öffnung des Nabelringes von über 1–1,5 cm gilt als Nabelbruch, wenn diese sich nicht infolge der Nabelinvolution in den ersten vierzehn Lebenstagen verschließt. Fallen Netz oder Eingeweideteile durch den offenen Nabelring vor, werden äußere Haut und parietales Blatt des Bauchfells vorgewölbt und bilden einen Bruchsack. Offene Nabelringe werden häufiger beobachtet als Nabelbrüche mit ausgeprägtem Bruchsack. In Untersuchungen mit jeweils über 1000 Kälbern wurden Prävalenzen zwischen 0,65 % und 8,3 % festgestellt. Verschiedene Autoren berichten jedoch über sehr hohe Frequenzen von Nabelbrüchen bei den Nachkommen einzelner Bullen (9,7 % bis 37,5 %). Der angeborene Nabelbruch wird wesentlich von genetischen Faktoren bedingt. Die Fälle mit gehäuften Nabelbrüchen in den Nachkommengruppen wurden durch dominante Geneffekte erklärt, während in den anderen Studien von einem oder mehreren rezessiven Loci oder polygener Vererbung ausgegangen wurde. Neben dem Erbgang beeinflussen vor allem die Rasse und das Alter der Tiere bei der Untersuchung die Häufigkeit des Vorkommens. Tiere der Rasse Holstein sind im Vergleich zu Fleckvieh, Braunvieh und Kreuzungen vermehrt von Nabelbrüchen betroffen. Da ein Großteil der kleineren Nabelbrüche in den ersten Lebensmonaten spontan abheilt, werden bei älteren Tieren weniger Nabelbrüche festgestellt. Das Vorkommen angeborener Nabelbrüche kann wegen der genetischen Grundlage nur durch strenge zuchthygienische Maßnahmen kontrolliert werden. Tierärzte sollten die Landwirte auf die Erblichkeit hinweisen. Bullenkälber, deren genomischer Zuchtwert bestimmt werden soll, müssen in den ersten Lebenswochen von Tierärzten auf das Vorliegen angeborener Nabelbrüche untersucht und Merkmalsträger konsequent von der Zucht ausgeschlossen werden. Treten gehäuft Fälle auf, so sollte die Abstammung der betroffenen Kälber überprüft werden, um frühzeitig Bullen aus der Zucht zu nehmen, die eine hohe Frequenz von angeborenen Nabelbrüchen vererben. Vorkommen und Vererbung des angeborenen Nabelbruchs in der Nachkommenschaft eines rotbunten Holstein-Besamungsbullen Auf einem Milchviehbetrieb in Schleswig-Holstein wurden in der Abkalbesaison 2010/2011 auffallend viele Kälber mit Nabelbruch geboren. Alle Kälber waren Nachkommen des US-Red-Holstein-Besamungsbullen „Avanti Red“. Ziel der Untersuchung war es, das Vorkommen von angeborenen Nabelbrüchen bei den Nachkommen dieses Bullen mit Vergleichstieren derselben Rasse (Deutsche Holsteins, Farbrichtung Rotbunt, DH-RBT) und Region zu vergleichen und mögliche Einflussfaktoren zu erfassen. Auf insgesamt sieben Betrieben wurden 55 weibliche Nachkommen des Bullen „Avanti Red“ im Alter von vier bis zehn Monaten auf angeborenen Nabelbruch untersucht. In sechs zufällig ausgewählten Betrieben derselben Region wurden 69 weibliche Jungrinder der Rasse DH-RBT im gleichen Alter als Vergleichsgruppe untersucht. Bei den Nachkommen des Bullen „Avanti Red“ traten angeborene Nabelbrüche in einer Häufigkeit von 34,5 % (19 betroffene Tiere) auf, während in der Vergleichsgruppe nur zwei Rinder (2,9 %) betroffen waren. Weitere Einflussfaktoren konnten nicht festgestellt werden, so dass für diesen Fall von einem erblichen Geschehen ausgegangen werden kann. Die hohe Frequenz von Nachkommen des Bullen „Avanti Red“ mit angeborenen Nabelbrüchen und deren Auftreten im direkten Zusammenhang mit dem Einsatz des Bullen sprechen für einen autosomal dominanten Erbgang mit unvollständiger Penetranz. Ein weiteres Indiz für diesen Erbgang ist, dass für die Mütter der betroffenen Tiere und den Bullen „Avanti Red“ kein gemeinsamer Ahne gefunden werden konnte. Der Bulle „Avanti Red“ ist mit hoher Wahrscheinlichkeit als heterozygoter Träger eines Allels mit einer dominanten Wirkung auf die Entstehung von angeborenen Nabelbrüchen anzusehen.
Occurrence and reasons of congenital umbilical hernias in cattle The present study is supposed to give a review of the literature about occurrence and genetics of the congenital umbilical hernia in cattle. The congenital umbilical hernia is a common and well known disease in calves. Prerequisite for umbilical hernias is the existence of an opened umbilical ring through which omentum and parts of viscera already protrude at birth or shortly thereafter. An opening of the umbilical ring of about 1-1.5 cm is considered to be an umbilical hernia, if this does not close as a result of the remission of the umbilical cord in the first fourteen days of life. If omentum or parts of viscera fall through the open umbilical ring, outer skin and parietal peritoneum bulge out and form a sac. Open umbilical rings are more frequently observed compared to the occurrence of umbilical hernias with a distinct sac. In studies, each with more than 1000 calves, frequencies between 0.65 % and 8.3 % were found. Some authors report higher frequencies in the progeny of particular sires (9.7 % to 37.5 %). Cases with accumulated umbilical hernias in progeny groups were explained by dominant genetic effects, in other studies one or more recessive loci or a polygenetic inheritance are presumed. In addition to the mode of inheritance the breed and the age of the animals in the study affect the frequency of occurrence. Compared to German Fleckvieh, Brown Swiss and crossbred the majority of umbilical hernias occurs in the Holstein breed. Due to the fact that a majority of the smaller umbilical hernias heal in the first month of life, less umbilical hernias are found in older animals. Due to the genetic basis the occurrence of congenital umbilical hernias can only be controlled by strict breeding hygienic measures. Veterinarians should instruct farmers about the heritability. Bull calves whose genomic breeding value is to be determined, need to be examined in the first few weeks by veterinarians regarding the presence of congenital umbilical hernia and carrier should be systematically excluded from breeding. If cases of frequent occurrence emerge, the descent of the affected calves should be screened at an early stage in order to remove sires from breeding, who inherit high frequencies of congenital umbilical hernias. Prevalence and inheritance of congenital umbilical hernia in the progeny of a Red Holstein bull used in artificial insemination During the 2010/2011 calving season a remarkably large number of calves were born with umbilical hernia on a dairy farm in Schleswig-Holstein. All calves were descendants of the US Red Holstein bull „Avanti Red“ used in artificial insemination. The objective of the present study was to compare the frequency of congenital umbilical hernias in the progeny of the bull „Avanti Red“ with non-related cattle of the same breed (German Holsteins, colour variant red-pied, DH-RBT) and region and to record possible influencing factors. In seven farms 55 female progeny of the bull „Avanti Red“ aged between four and ten months were examined for the presence of a congenital umbilical hernia. In six randomly selected farms of the same region, 69 female animals of the same breed and the same age group were examined as controls. The progeny of the bull „Avanti Red“ had a frequency at 35.5 % (19 affected animals) for congenital umbilical hernia, while only two animals (2.9 %) were affected in the control group. Other factors influencing the frequency of congenital umbilical hernias could not be found. Thus, we assume a hereditary influence for the cases observed. Due to the high frequency of congenital umbilical hernias among the progeny of the bull „Avanti Red“ and the direct relationship with the use of this bull for artificial insemination, an autosomal dominant inheritance with incomplete penetrance seems very likely. A further indication for a dominant inheritance is the fact that a common ancestor could not be found for the dams of the affected calves and the bull „Avanti Red“. The bull „Avanti Red“ has to be assumed as a heterozygous carrier of an allele with a dominant effect on the development of congenital umbilical hernias.
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