Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Grund der amtlich festgestellten Gefährlichkeit und dem gezeigten Verhalten des Hundes im Niedersächsischen Wesenstest seit Abschaffung der Rasseliste?
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden die Wesenstestgutachten von 124 Hunden ausgewertet, welche aufgrund einer Gefährlichkeitseinstufung nach §7 des Niedersächsischen Gesetzes zum Halten von Hunden den Niedersächsischen Wesenstest absolvieren mussten. Es konnten nur Gutachten verwendet werden, welchen eine Kopie des amtlichen Schreibens der zuständigen Behörde beilag, aus welcher der Grund für die Feststellung der Gefährlichkeit hervorging. Die Wesenstests fanden im Zeitraum vom Dezember 2003 bis Dezember 2016 auf dem Gelände der Tierärztlichen Hochschule statt. Die Auswertung der Wesenstests erfolgt durch wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Institutes für Tierschutz und Verhalten der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Es wurde untersucht, ob sich ein Zusammenhang zwischen dem Grund der Gefährlichkeitseinstufung und dem gezeigten Verhalten des Hundes im Niedersächsischen Wesenstest erkennen lässt. Des Weiteren wurden die Rasse, das Alter, sowie das Geschlecht des Hundes erfasst und in die Auswertung einbezogen. Das gezeigte Verhalten der Hunde während des Wesenstests wurde im Anschluss skaliert. Dabei stand die Skalierung „1“ für keine beobachteten aggressiven Signale, während bei den übrigen Skalierungen zwischen „2“ und „7“ aggressive Signale in unterschiedlicher Ausprägung (Eskalationsstufen) beobachtet werden konnten. Der Wesenstest umfasste insgesamt 33 Testsituationen aus den Kategorien „Hund-Mensch-Kontakt“, „Hund-Umwelt-Kontakt“ und „Hund-Hund-Kontakt“. Die Gründe für die Gefährlichkeitseinstufung wurden in „Mensch gebissen“, „Tier gebissen“ und „Mensch und Tier gebissen“ unterteilt. Die Ergebnisse zeigten, dass bei 111 Hunden der statistisch erfassten 122 Hunde kein inadäquat oder gestört aggressives Verhalten im Niedersächsischen Wesenstest beobachtet werden konnte. Die Mehrheit der Hunde (66 Hunde; 54,10%) hat im Vorfeld ein anderes Tier gebissen, wobei alle Hunde den Niedersächsischen Wesenstest bestanden haben, welche ein artfremdes Tier (Schaf, Reh, Kaninchen, Katze) gebissen haben. 39 Hunde (31,97%) wurden wegen eines Beißvorfalls mit einem Menschen als gefährlich eingestuft und 17 Hunde (13,93%) erhielten die Gefährlichkeitsfeststellung aufgrund eines Beißvorfalls mit einem Menschen und einem anderen Hund. Zwei Hunde wurden wegen der Bedrohung eines Menschen als gefährlich eingestuft und fanden statistisch keine Berücksichtigung. Es war ein signifikanter Zusammenhang zwischen einem Beißvorfall mit einem Menschen und einer Auffälligkeit im Sinne von aggressivem Verhalten in den Kategorien des Hund-Mensch-Kontaktes und Hund-Umwelt-Kontaktes im Wesenstest erkennbar. Auffällig war zudem, dass am häufigsten Hunde der Gruppe, welche im Vorfeld einen Menschen gebissen hatte, den Wesenstest nicht bestanden haben (6 Hunde; 50%) Vorstellig waren zu 53,23% reinrassige Hunde und zu 46,77% Mischlinge. Eine Häufung einer bestimmten Rasse konnte folglich nicht ausgemacht werden. Bei dem Großteil der vorgestellten Hunde (89 Hunde; 71,77%) handelte es sich um Rüden. Auffällig war ebenfalls, dass zehn der zwölf Hunde, welche den Niedersächsischen Wesenstest nicht bestanden haben, ebenfalls männlich waren. Acht Hunde, welche den Wesenstest nicht bestanden haben, waren zum Testzeitpunkt unter fünf Jahre alt, während lediglich vier der durchgefallenen Hunde älter als fünf Jahre waren. Des Weiteren ergab die Analyse, dass bei Mischlingen auffällig häufiger Drohverhalten während des Niedersächsischen Wesenstests beobachtet werden konnte, als bei reinrassigen Hunden. Inadäquat aggressives Verhalten konnte bei keinem der erfassten Hunde während des Wesenstests beobachtet werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der Niedersächsische Wesenstest prinzipiell dazu geeignet ist, Individuen mit inadäquat oder gestört aggressivem Verhalten zu erkennen. Außerdem gibt der Grund der Gefährlichkeitseinstufung durch die zuständige Behörde durchaus Tendenzen an, in welcher Kategorie des Wesenstests der Hund gestört aggressives Verhalten zeigen wird und ob er den Wesenstest besteht oder nicht. Dabei wird der Niedersächsische Wesenstest eher von jüngeren Hunden unter fünf Jahren, sowie männlichen Hunden, nicht bestanden. Eine Häufung bestimmter Rassen nach Gefährlichkeitseinstufung konnte, wie schon bei MITTMANN (2002) und RIEDEL (2014) beschrieben, auch in der vorliegenden Arbeit nicht festgestellt werden. Es sollte folglich ein besonderes Augenmerk auf eine gute Sozialisation des Hundewelpen, sowie eine umfassende Sachkunde des Halters im Bereich Hundeverhalten und Hundetraining gerichtet werden. Auch die Hund-Halter-Beziehung und die Grunderziehung des Hundes haben entscheidenden Einfluss auf das Verhalten des Hundes, können Bedrohungs- oder Gefährdungslagen Dritter vorbeugen und zu einem harmonischen Miteinander führen.
For the purpose of constructing this thesis, 124 Temperament Tests of dogs that underwent the Temperament Testing in Lower Saxony based on the assessment of dangerousness according the §7 of the Dogs Act of Lower Saxony (NHundG) were evaluated. In this progress, we restricted the considered Temperament Tests to only those having a copy of the official document enclosed, which allowed to conclude the cause for the assessment of dangerousness. The Temperament Tests were held within a time period of December 2003 until December 2016 on the Hannover University of Veterinary Medicine campus. The evaluation of the Temperament Tests were conducted by scientific assistant staff of the Insitute for Animal Protection and Behaviour of Hannover University of Veterinary Medicine. The purpose of this work was to determine whether the official cause for the assessment of dangerousness correlates with the behaviour of the affected dogs shown in the Temperament Testing. In addition, breed, age as well as sex of the dog was collected and included in the evaluation. The dog’s behaviour expressed throughout the Temperament Testing, was scaled as such: A scale of „1“ represents no observed aggressive behaviour, while the remaining scales from „2“ to „7“ represent a range of aggressive behaviour (levels of escalation). The Temperament Test is composed of 33 test situations coverting the categories „dog-human-contact“, „dog-environment-contact“ and „dog-dog-contact“. The causes for the assessment of dangerousness are classified into „human bitten“, „animal bitten“ and „human and animal bitten“. The results showed that inadequate or disorderly aggressive behaviour was not observed in 111 of the 122 dogs tested in the context of the Temperament Testing. The results showed that while a majority of the dogs (66 dogs, 54,10%) hat previously bitten another animal, all of the dogs that hat bitten an animal of other species (sheep, roe deer, rabbit, cat) passed the test. 39 dogs (31,97%) were classified as dangerous due to a previous incident of biting a human, while 17 dogs (13,93%) were classified as dangerous as a result of biting a human as well as another dog. Two dogs had threatened a human and were not statistically evaluated. One could observe a significant correlation between the classification of „dangerous“ due to a previous incident of biting a human and conspicuous findings in terms of aggressive behaviour in the categories „dog-human-contact“ and „dog-environment-contact“ as part of the Temperament Test. Furthermore, it is noticeable that prevalently, dogs which had previously bitten a human, failed the Temperament Test (6 dogs, 50%). 53,23% of the dogs presented were purebred, while 46,77% were crossbreeds. An accumulation of a certain dog breed could therefore not be observed. The majority of the dogs presented were mal dogs (89 dogs, 71,77%). It is also noticeable that 10 out of the 12 dogs not passing the Temperament Testing in Lower Saxony happened to be male. 8 dogs that failed the Temperament Test were under 5 years old at the time of testing, while only 4 of the failing dogs exceeded the age of 5 at the time they underwent the Temperament Testing. Furthermore, the analysis showed that aggressive posture occured more frequently in crossbreeds as compared to pure-breeds. Inadequately aggressive behaviour could not be observed in any of the dogs tested according to the test. The results indicate that in principle, the Temperament Testing in Lower Saxony is eligible in order to identify individuals that will show inadequate or disorderly aggressive behaviour. Moreover, the given cause for dangerousness certified by the authority in charge in fact suggests tendencies regarding the category in which the dog will show disorderly aggressive behaviour and whether or not it will pass the Temperament Test. Meanwhile, the Temperament Test is more likely to be failed by younger dogs under the age of five as well as male dogs. An accumulation of certain dog breeds in relation to the assessment of dangerousness could not be demonstrated in the results at hand, a finding that is in accordance with the results previously described in MITTMANN (2002) and RIEDEL (2014). Thus, one should turn the attention to achieving a good socialization of the dog puppy, as well as a comprehensive understanding and knowledge of the owner concerning dog keeping and dog training. Additionally, the relationship between the dog and its owner, as well as the upbringing of the dog may have a major impact on the dog’s behaviour and can prevent aggressive postures in a third party or the occurrence of critical and dangerous incidents and therefore promote a harmonic togetherness.
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