Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)TiHo eLib

Phänomenologie und Genese pathologischer Veränderungen des alternden Auges beim Tiermodell Mausmaki (Microcebus murinus)

In der vorliegenden Doktorarbeit wurde der Mausmaki erstmals systematisch vor dem Hintergrund der Entstehung und Entwicklung altersbedingter Augenerkrankungen untersucht und dessen Bedeutung für neue Forschungsansätze in den Bereichen der Katarakt- sowie Glaukomforschung eingeschätzt. Mit Hilfe der Untersuchungen konnte zum ersten Mal ein umfassender Überblick der auftretenden Augenerkrankungen bei in Gefangenschaft lebenden Mausmakis geschaffen werden. Dabei zeigten die Untersuchungen, dass Nukleussklerose mit 59 % (n = 229) die häufigste Trübungsform und Katarakt mit 31 % (n = 120) häufigste Erkrankung des Mausmakiauges darstellt. Diese Ergebnisse unterstützen die Befunde bei anderen in der Literatur beschriebenen Tierarten sowie beim Menschen. Beide Trübungsformen sind stark altersabhängig. Im Verlauf des achten Lebensjahres ist nahezu jedes Tier von mindestens einer der beiden Trübungsformen betroffen. Auf Basis des allgemeinen Auftretens innerhalb verschiedener Kolonien, der fehlenden familiären Häufung sowie der zeitlichen Nähe der Trübungsentstehung zu der beschriebenen maximalen Lebenserwartung in freier Wildbahn ist zu vermuten, dass sowohl der Nukleussklerose als auch der Katarakt eine artspezifische, genetische Determination zugrunde liegt.   Für die Ermittlung des physiologischen Augeninnendrucks beim Mausmaki wurde das TonoVet® als ein beim Mausmaki praktikables Tonometer identifiziert und kalibriert. Anschließend wurde der Durchschnittswert des Augeninnendrucks auf Basis von über 250 Tieren ermittelt. Dabei ordnete sich der berechnete Wert von 20.3 +/- 2.8 mmHg in den Bereich anderer Säugetierarten ein. Die ermittelten Werte wurden anschließend auf Altersabhängigkeit hin untersucht, wobei keine signifikante Korrelation festgestellt werden konnte. Abschließend wird der Nutzen des Mausmakis für die Glaukomforschung diskutiert mit der Schlussfolgerung, dass aufgrund des fehlenden erhöhten Augeninnendrucks im höheren Alter sowie dem Mangel an Glaukomfällen, der Mausmaki kein geeignetes Tiermodell für die Forschung an altersbedingten, hypertensiven Augenerkrankungen darstellt.   Bei der Untersuchung, ob fotoperiodische Zyklen einen Einfluss auf die Entstehung von Augentrübungen haben, ist festzustellen, dass Tiere, die unter verkürzten fotoperiodischen Zyklen gehalten werden, Linsentrübungen früher entwickeln als Tiere, die unter normalen fotoperiodischen Zyklen gehalten werden. Dabei ist auffällig, dass der Entstehungszeitpunkt um den gleichen Faktor beschleunigt wurde wie das fotoperiodische Jahr. Die Entstehung von Linsentrübungen ist somit mehr von den fotoperiodischen Jahreszyklen als der chronologisch verstrichenen Zeit abhängig. Als einen möglichen Grund hierfür wird in der vorliegenden Arbeit der Torpor vermutet, der eine stark variierende Stoffwechsellage mit sich bringt. Tiere in beschleunigten fotoperiodischen Haltungsbedingungen unterliegen den dabei verlangsamten Stoffwechselprozessen häufiger als Tiere die unter normalen fotoperiodischen Haltungsbedingungen leben. Dies könnte dazu führen, dass oxidative Prozesse, welche in der Literatur als wichtige Ursachen der Kataraktentstehung diskutiert werden, verstärkt auftreten und frühzeitig zur Entstehung von Katarakt führen.   Diese Studie hat dazu beigetragen, die Vielzahl der Augenerkrankungen für in Gefangenschaft lebende Mausmakis grundlegend zusammenzufassen und das zeitliche Auftreten altersbedingter Augenerkrankungen genauer abzuschätzen. Augenerkrankungen werden aufgrund dieser Arbeit leichter zu diagnostizieren und zu behandeln sein. Außerdem lässt sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit schlussfolgern, dass der Mausmaki für die Katarakt- und evtl. auch für die Diabetesforschung, aber nicht für die Glaukomforschung ein geeignetes Tiermodell darstellt.

The aim of this thesis was to shed light on the emergence and development of age-related eye diseases in the grey mouse lemur to assess its significance for new research approaches regarding cataract and glaucoma. This study is the first comprehensive analysis of eye diseases in captive mouse lemurs. The results of this thesis show that nuclear sclerosis represents the most common type of opacity with an incidence of 59 % (n = 229), whereas cataract is the most common eye disease in mouse lemurs with an incidence of 31 % (n = 120). These findings are in line with previous studies on other animal species. An analysis of the cases revealed that both types of opacity are strongly age-related and that almost every individual around the age of eight years suffers from at least one of the two opacities. Due to the occurrence in different colonies, the missing familial incidence as well as the appearance of opacities around the age of the maximum life expectancy in the wild, it is postulated that a species-specific genetic determination underlies both nuclear sclerosis and cataract.   The TonoVet® was calibrated as a practicable tonometer for the assessment of the physiological intraocular pressure in mouse lemurs. Subsequently, the average intraocular pressure based on more than 250 individuals was assessed. The value of 20.3 +/- 2.8 mmHg was within the range of other mammalian species. Further analyses revealed that the intraocular pressure is not age-dependent.   The investigation whether photoperiodic cycles influence the genesis of lens opacities revealed that individuals kept under accelerated photoperiodic cycles develop lens opacities earlier than animals kept under normal photoperiodic cycles. Notably, the timing when these conditions arise is accelerated by the same amount as the period cycles. Therefore, the genesis of opacities depends more on photoperiodic cycles than on chronological time. One possible reason behind this could be the seasonally triggered torpor causing significant metabolic changes. Individuals kept under accelerated photoperiodic cycles experience decelerated metabolic conditions more frequently which could lead to intensified oxidative processes causing the earlier emergence of cataract. In conclusion, the mouse lemur represents a valuable model organism for research on cataract which is a frequently occurring disease in this species and can additionally be influences by the photoperiodic regime.   In this thesis a range of eye diseases of mouse lemurs in captivity were identified, described and tested for a linkage with age. Future studies will benefit from the methodological validations and results of this studies which facilitate the diagnosis and treatment of eye diseases. Furthermore, the findings indicate that the mouse lemur represent a suitable model organism for research on diabetes and cataract but not for research on glaucoma.

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