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Klinische Pilotstudie zur Prüfung einer neuen antiepileptischen Wirksubstanz an Hunden mit idiopathischer Epilepsie

In this prospective clinical pilot study a new antiepileptic and anxiolytic drug, AWD 131-138, was evaluated in twenty-nine dogs with newly diagnosed or chronic idiopathic epilepsy to verify the anticonvulsant effectiveness of this new substance which could be shown experimentally before. Dogs with idiopathic epilepsy represent the only genetic and naturally occurring animal model of epilepsy. Similar to human epilepsy animals may be selected into dogs with pharmacoresistant seizures and dogs with pharmacosensitive seizures. Therefore and because of strong clinical similarity the dog represents an ideal tool to study the efficacy of antiepileptic drugs. In dogs only a few antiepileptic drugs can be used succesfully as a life long treatment and in about one third of the cases pharmacoresistency is observed. The need for new antiepileptic drugs for dogs is obvious. In the present study the data obtained from 29 dogs treated with the new antiepileptic substance AWD 131-138 were compared to results from 82 dogs with conventional antiepileptic medication (phenobarbital, primidone and add-on treatment with potassium bromide) obtained retrospectively. To enter the study all dogs had to fulfill the following criterias: normal clinical and neurological examination, no abnormalities in special examinations and two or more seizures before beginning of treatment. In dogs with chronic epilepsy the phenobarbital serum concentrations had to be in the therapeutic range. In all cases seizure frequency, duration and severity were analyzed. Reduction of seizure frequency using AWD 131-138 in twelve dogs with newly diagnosed idiopathic epilepsy was comparable with the reduction in 70 dogs treated either with phenobarbital or primidone. Comparison of treatment groups by ANOVA did not indicate any significant difference between the efficacy of the three drugs AWD 131-138, phenobarbital and primidone. In 29 dogs with chronic epilepsy and add-on therapy with either AWD 131-138 in seventeen or potassium bromide in twelve dogs the supplementation with another substance had an effect on the seizure frequency. Dogs improved to a similar degree in both groups. In addition to the reduction of seizure frequency, during the AWD 131-138 medication the seizure duration and severity were affected. The ictus of grand mal seizures was shortened in more than one third of the cases. In contrary, in phenobarbital treated dogs the median values of ictus duration increased during the medication. The most obvious difference between treatment with the new substance AWD 131-138 and the conventional medication occurred evaluating side effects which were only rarely reported. In summary the present pilot study confirms that the new substance AWD 131-138 has a potent anticonvulsant effect in dogs with idiopathic epilepsy. AWD 131-138 is equipotent to conventional antiepileptic drugs such as phenobarbital or primidone. Chronic oral administration is well tolerated and less side effects were observed in comparison to traditional antiepileptic drugs.  

Epilepsien stellen bei Mensch und Wirbeltier die häufigsten neurologischen Erkrankungen des Gehirns dar, insbesondere Hund und Katze sind betroffen (OLIVER 1980, SCHWARTZ-PORSCHE 1984, LÖSCHER et al. 1985, FREY 1989). Sie treten beim Menschen und beim Hund mit einer Prävalenz von 0,5-1% auf (US Department of Health, Education and Welfare 1977, JANZ 1979, LÖSCHER et al.1985, KERÄNEN und RIEKKINGEN 1988, FORRESTER et al. 1989, SRENK et al. 1994). Unter dem Begriff Epilepsie wird eine Vielzahl von Krankheiten und Syndromen zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit ein plötzliches Auftreten von vorübergehenden (paroxysmalen), spontanen Entladungen einzelner Nervenzellen, Neuronengruppen oder des gesamten Großhirns ist (LÖSCHER 1993, JAGGY und STEFFEN 1995a). Wenn keine anfallsauslösenden Ursachen, wie Läsionen im zentralen Nervensystem (ZNS) oder extraneurale Störungen, die das Gehirn sekundär beeinflussen, nachweisbar sind, liegt die idiopathische, genuine oder genetische Form der Epilepsie vor. Im Unterschied dazu setzt bei der erworbenen, symptomatischen Form eine pathologische Veränderung die Krampfschwelle herab und provoziert klinische Anfälle (JAGGY und STEFFEN 1995a). Bei ca. 45 % der Hunde mit Anfallsleiden wird die idiopathische Epilepsie im Ausschlussverfahren diagnostiziert (PODELL et al. 1995; JAGGY und STEFFEN 1995 a und c). Bei dieser Form der Epilepsie treten beim Hund in 80-90% der Fälle vornehmlich generalisierte tonisch-klonische Anfälle auf, die mit Bewusstseinsverlust einhergehen (Grand Mal Anfälle) (SCHWARTZ-PORSCHE 1984; LÖSCHER et al. 1985, LÖSCHER 1986; JAGGY und STEFFEN 1995 a und c). Die in der Literatur beschriebene Altersgrenze für das erste Auftreten von epileptischen Anfällen bei Hunden ist sehr weitläufig und liegt zwischen 6 Monaten bis hin zu 13 Jahren. Die meisten Autoren beschreiben jedoch, dass die ersten Anfälle bei Hunden mit idiopathischer Epilepsie meist zwischen dem 1. bis 3. Lebensjahr zu verzeichnen sind (BIELFELDT et al. 1971, OLIVER und LORENZ 1993, CHRISMAN 1991, SCHWARTZ-PORSCHE 1984 und FORRESTER et al. 1989, VANDEVELDE et al. 2001). Im Hinblick auf die Entstehung epileptischer Anfälle sind in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht worden. Als Ursache der Epilepsien wird ein Ungleichgewicht zwischen den exzitatorischen und inhibitorischen Neurotransmittern vermutet (FENNER und HAAS 1989). Einem Verlust der GABAergen Inhibition (BURNHAM 1989; LÖSCHER 1989) steht die Hypothese eines initialen Überwiegens von Glutamat und der exzitatorischen Transmission (MCNAMARA 1988; DINGLEDINE et al. 1990) gegenüber. Weiterhin spielen bei der Epileptogenese veränderte Ionenkanäle und Störungen an den Neurotransmitter Rezeptoren eine wichtige Rolle (OWENS und KRIEGSTEIN 2001). Hunde mit idiopathischer Epilepsie sind als Tiermodell für die Epilepsieforschung des Menschen gut geeignet (LÖSCHER et al. 1985 und LÖSCHER 1986), da bei beiden Spezies Pharmakosensibilität und Pharmakoresistenz bei der Anfallsbehandlung auftreten können. Ziel einer antiepileptischen Behandlung ist Anfallsfreiheit und möglichst wenig unerwünschte Nebenwirkungen während der Therapie. Beim Hund kann nur auf wenige Antiepileptika wie Phenobarbital, Primidon und Kaliumbromid zugegriffen werden (SCHWARTZ-PORSCHE 1984, FREY und SCHWARTZ-PORSCHE 1985, FREY 1986, SCHWARTZ-PORSCHE und JÜRGENS 1991, LÖSCHER 1994). Neuere antiepileptische Wirkstoffe, die bereits in die Humanmedizin Einzug gefunden haben, finden beim Hund keine Anwendung aufgrund zu kurzer Eliminationshalbwertszeiten und zu geringer therapeutischer Plasmakonzentrationen (LÖSCHER 1994). Mit den derzeit zur Verfügung stehenden Antiepileptika werden oft nicht zufriedenstellende Behandlungserfolge erzielt. Etwa ein Drittel der Tiere wird anfallsfrei, ein weiteres Drittel zeigt eine deutliche Reduktion der Anfallsfrequenz und –intensität und bei dem verbleibenden Drittel kann medikamentös keine Besserung der Anfallsfrequenz und/oder der Intensität verzeichnet werden. Diese Hunde gelten als therapie- oder pharmakoresistent (SCHWARTZ-PORSCHE et al. 1982, FREY und SCHWARTZ-PORSCHE 1985, LÖSCHER et al. 1985, LÖSCHER und SCHWARTZ-PORSCHE 1986, HEYNOLD et al. 1997). Zusätzlich werden Nebenwirkungen beobachtet, die meist dosisabhängig auftreten (SCHWARTZ-PORSCHE et al. 1981, 1982 und 1985, SCHWARTZ-PORSCHE 1984, FREY 1989, PODELL 1996, LÖSCHER 1995). Zu diesen gehören ein erhöhtes Schlafbedürfnis, Gangstörungen, Schwäche, Polyphagie, Polydypsie und Polyurie (SCHWARTZ-PORSCHE et al. 1981, 1982 und 1985, BUNCH et al. 1982 und LÖSCHER 1995). Unter der Therapie wird zudem häufig ein Ansteigen von Leberenzymen beobachtet (SCHWARTZ PORSCHE et al. 1985, LÖSCHER 1995). Es besteht daher ein dringender Bedarf nach neuen, besser wirksamen und verträglicheren Antiepileptika für den Hund. Basierend auf den Ergebnissen einer vorklinischen, experimentellen Studie von LÖSCHER und POTSCHKA (nicht publizierte Daten, 1998 a und b), bei der sich eine potente antiepileptische Wirkung und eine für den Hund günstige Pharmakokinetik bestätigte, wurde in vorliegender Arbeit eine neue Substanz AWD 131-138 an Hunden mit idiopathischer Epilepsie überprüft. In dieser Pilotstudie wurde an insgesamt 29 Hunden, die in der Klinik für kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover wegen spontan auftretender Krampfanfälle vorgestellt worden waren, die neue antiepileptische Substanz AWD 131-138 getestet. Das Projekt war für einen Zeitraum von bis zu 9 Monaten geplant und wurde unter der Nummer 509c-42502-00A19 bewilligt. Alle Hunde, die an der Studie teilnahmen, erfüllten folgende Einschlusskriterien: vor Behandlung mit AWD 131-138 hatten sie mindestens zwei oder mehr epileptische Anfälle. Bei der klinischen Allgemeinuntersuchung und der neurologischen Untersuchung fielen keine besonderen Befunde auf. Eine ausgedehnte Blutuntersuchung (Blutbild inkl. Differentialblutbild und blutchemische Analysen), sowie weitere Untersuchungen (Computertomographie des Schädels, Liquor cerebrospinalis) waren normal. Im Rahmen dieser Ausschlussdiagnostik wurde der Verdacht einer idiopathischen Epilepsie gestellt. Bei Hunden, die bereits mit einem Antiepileptikum behandelt wurden, musste die gemessene Serumkonzentration im therapeutischen Bereich liegen. Bei 12 Hunden wurde die idiopathische Epilepsie neu diagnostiziert, 17 Hunde hatten eine chronische Epilepsie und wurden entweder mit Phenobarbital oder Primidon vorbehandelt. Bei diesen Tieren erfolgte die AWD 131-138 Therapie als Kombinationstherapie. Allen 29 Besitzern wurde ein Fragebogen zugesandt. In diesem sollten Auskünfte über das Anfallsgeschehen vor und nach der Substanzgabe sowie eventuell auftretende Nebenwirkungen dokumentiert werden. Die Messung der AWD 131-138-Konzentration im Plasma erfolgte durch die Firma, VIATRIS GmbH & CoKG, Frankfurt am Main (KNEBEL u. DONATH, unveröffentlichte Daten 1998). Für die Substanz AWD 131-138 lag die niedrigste zu messende Quantifikationsgrenze bei 0.5 ng/mL und das Detektionslimit bei 0.2 ng/mL. Diese Messungen wurden durchgeführt, um die Pharmakokinetik der Substanz bei an idiopathischer Epilepsie erkrankten Hunden nach einmaliger oraler Applikation und um die Compliance der Besitzer während des Studienverlaufs zu überprüfen. Die Dosierung von AWD 131-138 schwankte je nach Ansprechen auf die Therapie zwischen 20 und 60 mg/kg Körpergewicht und Tag. Als Kontrollgruppe wurden 82 Hunde, die in der Zeit von Dezember 1999 bis Juni 2001 an der Tierärztlichen Hochschule Hannover untersucht wurden und an idiopathischer Epilepsie erkrankt waren, retrospektiv evaluiert. Bei diesen Hunden wurden die konventionellen Antiepileptika Phenobarbital, Primidon und Kaliumbromid eingesetzt. Grosse Hunderassen waren in dieser Studie überrepräsentiert, Anfallstyp, Anfallsfrequenz und die Intensität der epileptischen Anfälle waren bei den einzelnen Hunden unterschiedlich. Die Reduktion der Anfallsfrequenz bei Hunden, die nur mit der neuen Substanz AWD 131-138 behandelt worden waren, war vergleichbar mit den Hunden, die eine Therapie mit den konventionellen Antiepileptika Phenobarbital oder Primidon erhalten hatten. Es konnte keine statistische Signifikanz zwischen den einzelnen Behandlungsgruppen gesehen werden. Die Reduktion der Anfallsfrequenz bei Hunden, die mit Phenobarbital oder Primidon therapiert wurden, entsprachen zusätzlich Studienergebnissen wie sie von SCHWARTZ-PORSCHE et al. (1985) beschrieben wurden. Bei Hunden, die auf die Monotherapie mit Phenobarbital oder Primidon nicht ansprachen, wurde eine zusätzliche Gabe von AWD 131-138 oder Kaliumbromid verabreicht. Durch dieses zweite Antiepileptikum konnte in beiden Gruppen eine Reduktion der Anfallshäufigkeit bei einigen Hunden beobachtet werden. Die Anfallsdauer und die Schwere der Anfälle vor und während der Therapie wurden ebenfalls ausgewertet. Die Dauer des Iktus während eines Grand Mal Anfalls war in mehr als einem Drittel der Patienten, die mit AWD 131-138 behandelt wurden, verkürzt. Bei mit Phenobarbital therapierten Hunden wurde dieses Phänomen nur bei 1/10 der Hunde beobachtet, der Median der Iktusdauer war in dieser Gruppe sogar erhöht, der Iktus somit teilweise verlängert. Bei allen Therapiegruppen wurde beobachtet, dass die postiktale Phase während der Therapie kürzer war. Zusätzlich zu dieser Anfallsverkürzung wurde bei einigen Hunden beobachtet, daß während der AWD 131-138 Behandlung die Intensität einzelner epileptischer Anfälle schwächer war bzw. daß fokale Anfälle zugunsten von Grand Mal Anfällen auftraten. Bei Anfallsserien konnte eine Reduktion an Einzelanfällen gesehen werden. Viele Besitzer beschrieben zudem eine subjektive Besserung der Anfallsintensität. Eine positive Wirkung der Substanz AWD 131-138 fiel bei Betrachtung der Nebenwirkungen wie Polyphagie, Polydipsie, Müdigkeit und Gangabnormalitäten auf. Bei der Therapie mit AWD 131-138 wurden im Vergleich zu den etablierten Antiepileptika wesentlich weniger Nebenwirkungen beobachtet. Die Compliance der Besitzer war bei den mit AWD 131-138 behandelten Hunden als sehr gut zu bezeichnen, speziell weil zu Anfang und während der Therapie keine Sedation auftrat. Regelmässig durchgeführte Blutuntersuchungen waren bei Hunden mit AWD 131-138 Monotherapie normal, ein Ansteigen der Leberenzyme (ALT, AP, GLDH), wie es bei der chronischen Applikation von Phenobarbital oder Primidon beobachtet wird, konnte nicht nachgewiesen werden. Zusammenfassend ist zu berichten, daß mit der neuen Substanz AWD 131-138 in der vorliegenden klinischen Pilotstudie eine gute antikonvulsive Wirkung bei Hunden mit idiopathischer Epilepsie festgestellt werden konnte, die äquipotent zur Wirkung von konventionellen Antiepileptika wie Phenobarbital oder Primidon ist. Bei der chronischen Behandlung wurde AWD 131-138 sehr gut toleriert und es wurden deutlich weniger unerwünschte Nebenwirkungen im Vergleich zu den etablierten Antiepileptika beobachtet. Folgestudien mit einer größeren Patientenzahlen müssten dies bestätigen.  

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